Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 2. August 2018 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/2303 7. Wahlperiode 06.08.2018 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Dr. Matthias Manthei, Fraktion der BMV Ärztliches Vorgehen bei Verdacht auf Kindesmisshandlung - rechtsmedizinische Konsile und ANTWORT der Landesregierung 1. Welche Verfahrensregeln sind bei einem Verdacht auf Kindesmisshandlung durch den feststellenden Arzt einzuhalten? Die Vorgehensweise bei Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung ist für kind- und jugendnah beschäftigte Berufsgeheimnisträger bundeseinheitlich in § 4 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) geregelt. Sie richtet sich unter anderem auch an Ärztinnen und Ärzte. Im Mittelpunkt steht ein mehrstufiges Verfahren zur Beratung und Weitergabe von Informationen bei konkreten Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung. Darin eingeschlossen sind: - die Verpflichtung zur Beratung von Eltern, Kindern/Jugendlichen und Motivation zur Inanspruchnahme geeigneter Hilfen soweit der Schutz des jungen Menschen nicht infrage gestellt wird (Absatz 1), - der Anspruch des Geheimnisträgers auf Beratung zur Gefährdungseinschätzung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft (Absatz 2) und - die Befugnis zur Datenweitergabe an das Jugendamt, wenn ein Tätigwerden für dringend erforderlich erachtet wird und eine Gefährdung auf andere Weise nicht abgewendet werden kann (Absatz 3). Drucksache 7/2303 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 2. Existiert für rechtsmedizinische Konsile eine DRG-Nummer (Diagnosis Related Groups - DRG; deutsch: diagnosebezogene Fallgruppen )? a) Wenn ja, welche? b) Wenn nicht, warum nicht? Die Fragen 2, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Eine DRG ist eine diagnosebezogene Fallpauschale für eine stationäre Behandlung eines Patienten in der Somatik. Diagnosen sind in erster Linie organbezogen und daher würde ein stationär behandeltes Kind, welches seine Verletzung aufgrund von Misshandlung erworben hat, diese Verletzung als Haupt-Diagnose erhalten (zum Beispiel Schädel-Hirntrauma oder Vergiftung oder Beinbruch). Die Misshandlung kann über die Nebendiagnose T74 verschlüsselt werden, allerdings nur, wenn die Misshandlung nachgewiesen wurde, ein Verdacht ist nach den Kodierregeln noch nicht ausreichend. In der stationären Psychiatrie werden die stationären Patienten über PEPP-Pauschalen abgerechnet , hier gelten dieselben Kodiervorschriften. Das DRG-System fasst die Fälle nicht nach den Ursachen zusammen, sondern ebenfalls organbezogen. Beispielsweise wird ein Schädel- Hirntrauma über dieselbe DRG abgerechnet, unabhängig davon, wie der Patient dieses erworben hat. Seit 2018 ist im DRG-Fallpauschalenkatalog die OPS-Kinderschutzprozedur 1.945 „Diagnostik bei Verdacht auf Gefährdung von Kindeswohl und Kindergesundheit“ mit dem unbewerteten Zusatzentgelt ZE2018-152 „Mehrdimensionale pädiatrische Diagnostik“ hinterlegt. Dieses ist allerdings nur für besondere Fälle und sehr aufwendige Diagnostik mit einem multiprofessionellen Team (unter anderem wenigstens 30 Minuten Diagnostik in mindestens drei ärztlichen Disziplinen). Insofern ist Kindesmisshandlung an sich im DRG-System leider nicht abgebildet, sondern nur extrem wenige Fälle bei sehr aufwendiger Diagnostik über das ZE. 3. Aus welchen Mitteln werden die Kosten rechtsmedizinischer Konsile bestritten? Eine spezifische Refinanzierung dieser Leistungen ist aktuell nicht gegeben. 4. Wie hoch sind nach Einschätzung der Landesregierung die Kosten für ein rechtsmedizinisches Konsil? Eine detaillierte Kostenkalkulation liegt bisher nicht vor. Jeder Fall kostet aber sowohl die Rechtsmedizin als auch die Kindermediziner mehrere Stunden Zusatzaufwand. Dazu kommt aufwendige Diagnostik (bei Kinder immer unter Berücksichtigung der Strahlenbelastung), sodass je Fall von mehreren hundert Euro auszugehen ist. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2303 3 5. Wie viele rechtsmedizinische Konsile sind nach Kenntnis der Landesregierung in den Jahren ab 2012 in Mecklenburg-Vorpommern einberufen worden (bitte nach Jahren aufgliedern)? Folgende klinisch-rechtsmedizinische Untersuchungen im Rahmen der sogenannten Opferambulanz wurden nach Vermittlung der Ärzte in den Kliniken des Einzugsgebietes des Institutes für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Rostock (entsprechend der Landgerichtsbezirke Rostock und Schwerin) durchgeführt: 2012: 17 (Beginn der Vertragslaufzeit: 01.11.2012) 2013: 40 2014: 51 2015: 63 2016: 88 2017: 62 2018: 22 (bis einschl. 30.06.2018) Für das Einzugsgebiet des Institutes für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Greifswald liegen die Zahlen derzeit nicht vor. Seit 2012 sind die Konsile aber deutlich gestiegen. Die rechtsmedizinische Untersuchung ist im Prinzip die wichtigste Entscheidungsgrundlage für die Einleitung von Schutzmaßnahmen für das Kind.