Der Minister für Inneres und Europa hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 28. Februar 2017 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/242 7. Wahlperiode 01.03.2017 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Jacqueline Bernhardt und Karen Larisch, Fraktion DIE LINKE Abschiebung des Mädchens Ophelia nach Armenien und ANTWORT der Landesregierung Am 24. Januar 2017 wurde in Ludwigslust ein 18-jähriges Mädchen nach Armenien abgeschoben. Laut Schilderung des Mädchens erfolgte die Abschiebung ohne vorherige Ankündigung. Sie habe weder persönliche Sachen noch finanzielle Mittel mitnehmen dürfen. Auch ein Verabschieden von der Familie wurde dem Mädchen untersagt. 1. Inwieweit entspricht die Darstellung des Sachverhaltes nach Kenntnis der Landesregierung den tatsächlichen Gegebenheiten oder welche gegenteilige Darstellung ist der Landesregierung aufgrund der Aussagen welcher Quellen bekannt? Zu den Darstellungen von Frau Ophelia M. hat die Landesregierung nach Mitteilung der zuständigen Ausländerbehörde folgende Kenntnis: Gemäß § 59 Absatz 1 Satz 8 des Aufenthaltsgesetzes darf der Termin der Abschiebung nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise dem Ausländer nicht angekündigt werden. Dies wurde auch in dem in Rede stehenden Fall entsprechend gehandhabt. Frau M. wurde während der Abschiebemaßnahme ausreichend Gelegenheit gegeben, persönliche Gegenstände sowie finanzielle Mittel zu packen und mitzunehmen. Frau M. hat sich persönlich von ihrem Bruder verabschiedet. Dem Wunsch, sich von ihrer Mutter zu verabschieden , wurde nicht entsprochen, da davon auszugehen war, dass die Angelegenheit erneut eskaliert. Drucksache 7/242 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 2. Aufgrund welcher Einschätzungen gilt Armenien als sicheres Herkunftsland und inwieweit teilt die Landesregierung diese Einschätzung ? Für die Bewertung der Sicherheitslage von Armenien werden die Asyllageberichte des Auswärtigen Amtes herangezogen. Die Landesregierung nimmt keine eigene Einschätzung zur Sicherheitslage Armeniens vor. 3. Wann und auf welche Art und Weise wurden das Mädchen oder die Familie durch welche Behörde über die bevorstehende Abschiebung informiert? a) Wenn das Mädchen oder die Familie nicht über die bevorstehende Abschiebung informiert wurden, wie wurde dann der Rechtsschutz der Betroffenen sichergestellt? b) Inwieweit stellt eine nichterfolgte vorherige Information der Betroffenen über die bevorstehende Abschiebung und der nicht sichergestellte Rechtsschutz bei Abschiebungen einen Verstoß gegen gesetzliche oder untergesetzliche Regelungen des Landes oder des Bundes dar? Zu 3 und a) Frau M. wurde bei diversen persönlichen Vorsprachen auf ihre bestehende Ausreisepflicht und auf die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise hingewiesen. Sie wurde zudem darüber aufgeklärt , dass eine Abschiebung angestrebt wird, sollte sie ihrer Ausreisepflicht nicht freiwillig nachkommen. Gegen den letzten abgelehnten Asylfolgeantrag wurde Klage beim Verwaltungsgericht Schwerin eingereicht. Dieser wurde abgelehnt, sodass die erlassene Abschiebungsandrohung weiterhin gültig und vollziehbar war. Der Rechtsweg war damit ausgeschöpft. Zu b) Der Termin der Abschiebung darf dem Ausländer nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 59 Absatz 1 Satz 8 des Aufenthaltsgesetzes nicht angekündigt werden. Rechtsschutzmöglichkeit bestehen zuvor im Rahmen des Asylverfahrens. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/242 3 4. Wo befand sich das Mädchen zur Zeit der Abschiebung und zu welcher Uhrzeit wurde die Abschiebung durchgeführt? Die Mitarbeiter der Ausländerbehörde trafen gegen 09:45 Uhr in Begleitung von Polizeibeamten in der Wohnung der Familie M. ein. Bei Betreten der Wohnung befand sich Frau M. in ihrem Bett. 5. Wie lange befand sich das Mädchen in der Bundesrepublik Deutschland ? a) Mit welcher Begründung wurde die Abschiebung durchgeführt? b) Inwieweit droht der Familie ebenfalls die Abschiebung? c) Mit welcher Begründung darf die Familie in Deutschland bleiben? Zu 5, a), b) und c) Am 09.01.1998 reisten die Eltern von Frau M. ins Bundesgebiet ein und stellten einen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Im Verlauf des Asylverfahrens wurde am 12.02.1998 die Tochter Ophelia M. in Hagenow geboren. Am 30.10.2003 erfolgte die Abschiebung der Familie M. nach Armenien. Am 05.12.2012 reiste die Familie M. erneut ins Bundesgebiet ein und stellte beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Asylfolgeanträge. Sowohl der erste Asylantrag der Familie M. vom 07.04.1998 als auch die Folgeanträge aus den Jahren 2012 und 2013 wurden abgelehnt. Die Abschiebungsandrohung war laut Abschlussmitteilung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge seit dem 13.12.2001 beziehungsweise seit dem 05.10.2012 vollziehbar. Damit war Frau M. vollziehbar ausreisepflichtig. Da sie nicht freiwillig ausreiste, war die Abschiebung der Frau M. zu veranlassen. Die Familienmitglieder von Frau M. sind derzeit im Besitz von Duldungen gemäß § 60a Absatz 2 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes, sodass bei ihnen die Abschiebung vorübergehend ausgesetzt ist. 6. Inwieweit ist es gängige Praxis in Mecklenburg-Vorpommern, dass den Betroffenen in einer psychisch hoch emotionalen Lage behördliche Schriftstücke zur Unterschrift ausgehändigt werden, ohne die Betroffenen über den Inhalt des Schriftstückes aufzuklären, und wie verhielt es sich im vorliegenden Fall? Die Ausführungen in der Fragestellung entsprechen nicht den Tatsachen und nicht der gängigen Praxis. Die Betroffenen werden im Rahmen der Abschiebemaßnahme von den Mitarbeitern der Ausländerbehörde über den Inhalt der behördlichen Schreiben informiert und haben die Möglichkeit, diese ausführlich zu lesen. Drucksache 7/242 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Im vorliegenden Fall wollte ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde die entsprechenden Verfügungen (Widerruf der Duldung und Befristung der Wirkung der Abschiebung) bekannt geben, nachdem Frau M. im Transporter Platz genommen hatte. Frau M. teilte daraufhin mit, dass sie das alles nicht interessiere und sie auch nichts unterschreiben werde. Der Mitarbeiter der Ausländerbehörde machte einen entsprechenden Vermerk, dass die Unterschrift verweigert wurde. Darüber hinaus informierte er Frau M., dass die Verfügungen an die sie vertretende Rechtsanwaltskanzlei zugesandt werden. Des Weiteren wurde Frau M. darüber informiert, dass sie einer Wiedereinreisesperre von drei Jahren unterliege. 7. Inwieweit ist es zutreffend, dass das Mädchen weder persönliche Sachen noch finanzielle Mittel zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes mitnehmen durfte oder bei sich hatte und die Behörden somit das Mädchen in eine hilflose Lage versetzt haben? a) Wie stellt sich die gängige Praxis bei Abschiebungen bezüglich der Mitnahme persönlicher Gegenstände und finanzieller Mittel dar? b) Aus welchen Gründen wurde im vorliegenden Fall davon abgewichen ? c) Was haben die ausführenden Behörden unternommen, um das Mädchen in Armenien nicht einer hilflosen Lage auszusetzen? Die Ausführungen in der Fragestellung sind nicht zutreffend. Frau M. wurde ausreichend Zeit gegeben, persönliche Gegenstände sowie genügend finanzielle Mittel mitzunehmen. Zu a) Bei der Durchführung von Abschiebemaßnahmen wird den Betroffenen genügend Zeit gegeben, ihre notwendigen Sachen zu packen. Dabei sind die Betroffenen selbst dafür verantwortlich , ihre persönlichen Gegenstände sowie genügend finanzielle Mittel mitzunehmen. Es wird den Betroffenen auch Gelegenheit gegeben, sich Proviant für die Reise einzupacken. Zu b) Es ist nicht von der gängigen Praxis abgewichen worden. Frau M. hatte während der gesamten Maßnahme Zeit zum Packen und hatte bei der Ausreise einen gepackten Koffer bei sich. Zu c) Da Frau M. bereits lange im Vorfeld über ihre bestehende Ausreisepflicht informiert worden war, stand ihr genügend Zeit zur Verfügung, sich selbst auf ihre Ausreise nach Armenien vorzubereiten . Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/242 5 8. Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung aus dem vorliegenden Fall? Die Abschiebung von Frau M. ist rechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Durchführung der Abschiebemaßnahme erfolgte rechtsfehlerfrei. Die Landesregierung wird weiterhin Abschiebungen von vollziehbar Ausreisepflichtigen durchführen.