Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 9. August 2018 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/2424 7. Wahlperiode 10.08.2018 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Henning Foerster und Peter Ritter, Fraktion DIE LINKE Bekämpfung und Vorbeugung des Menschenhandels zur Arbeitsausbeutung und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Im Hinblick auf die Bekämpfung von Menschenhandel wurde in der Vergangenheit eine Reihe von multinationalen Verträgen beziehungsweise EU-Rechtsinstrumenten umgesetzt. Eines davon ist die Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates, die durch das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Menschenhandels vom 11. Oktober 2016 in nationales Recht umgesetzt wurde. 1. Welche konkreten Schritte wurden in Bezug auf die Implementierung der Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmebeschlusses 2002/629/JI des Rates, die in den neuen Straftatbeständen § 232 bis § 233 a StGB Eingang gefunden hat, unternommen? Im Landeskriminalamt wurde ein spezialisierter Bereich eingerichtet, der für Belange des Zeugenschutzes und des Operativen Opferschutzes zuständig ist. Die sachbearbeitenden Dienststellen übersenden diesem im Verdachtsfall ihre Gefährdungseinschätzung. Drucksache 7/2424 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Beamtinnen und Beamte der Landespolizei nehmen an der jährlich für die Polizeien von Bund und Ländern ausgerichteten Fortbildung des Bundeskriminalamtes zum Thema „Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft“ teil. Auf dieser wurden beispielsweise im Jahre 2016 die neuen Straftatbestände im Deliktsbereich „Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft“ sowie daraus erwachsene Konsequenzen für die polizeiliche Arbeit vermittelt. Die Landesregierung fördert eine Beratungsstelle für Betroffene von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung und Zwangsverheiratung (ZORA) im Hinblick auf die Umsetzung von Artikel 11 der Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates. Es werden eine Vollzeitstelle und eine Schutzwohnung mit zwei Schlafplätzen, finanziert. Die Beratungsstelle bietet Betroffenen von Menschenhandel unter anderem psychosoziale Beratung, Unterbringung in einer geeigneten Unterkunft oder die Vermittlung von medizinischer und therapeutischer Hilfe an. Des Weiteren spielt die Umsetzung von Kinderrechten in allen Aufgabenfeldern der Kinderund Jugendhilfe eine wichtige Rolle. Deshalb unterstützt die Landesregierung insbesondere im Sinne von Artikel 18 der aufgeführten Richtlinie (Prävention) dahingehende Fortbildungen, Initiativen und Projekte. Konkrete Fälle von Handel mit und Ausbeutung von Kindern sind der obersten Landesjugendbehörde jedoch bisher nicht bekannt geworden. Sollten gewichtige Anhaltpunkte dafür vorliegen, greift der staatliche Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung gemäß § 8a des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Danach ist das Jugendamt verpflichtet, alle Kinder und Jugendlichen vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen und geeignete Hilfen zur Abwendung der Gefährdung einzuleiten. 2. Welche Maßnahmen zur Bekämpfung und Vorbeugung des Menschenhandels zur Arbeitsausbeutung, insbesondere auch im Kontext von Migrationsprozessen, wurden seit der Überführung des Bereiches vom Ministerium für Soziales, Integration und Gleichstellung in das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit im Jahr 2016 ausgeführt ? a) Welcher Fachbereich bzw. welches Ressort hat die Aufsicht und Fürsorge zur Umsetzung jeglicher Maßnahmen und wie wird die Umsetzung kontrolliert? b) Welche konkreten Schritte wurden in Bezug auf die neu hinzugefügten Ausbeutungsformen der erzwungenen Bettelei und der Ausnutzung strafbarer Handlungen unternommen? c) Inwieweit kooperiert das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit mit Bund und Ländern zur weiteren Implementierung? Zu 2 Der Bedarf für Beratungs- und Unterstützungsangebote bei Verdachtsfällen von Menschenhandel zur Arbeitsausbeutung wurde im Jahr 2017 ermittelt und bewertet. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2424 3 Das Ministerium für Wirtschaft Arbeit und Gesundheit ist Mitglied der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Menschenhandel zum Zwecke der Arbeitsausbeutung“ und stimmt sich mit Bund und Ländern über Umsetzungsschritte ab. Es bezieht bei Bedarf die durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales finanzierte Servicestelle gegen Arbeitsausbeutung, Zwangsarbeit und Menschenhandel in Berlin mit ein. Zu a) Der Bereich Zeugenschutz und Operativer Opferschutz des Landeskriminalamtes ist zuständig für die Erstellung von Schutzkonzeptionen und für die praktische Umsetzung der dort beschriebenen Maßnahmen. Die Abteilung Arbeit des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit ist daneben für konzeptionelle Maßnahmen auf ministerieller Ebene im Hinblick auf Menschenhandel zur Arbeitsausbeutung zuständig. Zu b) Die Mitarbeiter der Landespolizei sind über die neuen Straftatbestände informiert. Zu c) Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 3. Wie und in welcher Form wird gewährleistet, dass Betroffene von Menschenhandel zur Arbeitsausbeutung umfassende Betreuungs- und Unterstützungsmaßnahmen erhalten? a) Durch welche Organisation und mit wie vielen Personalstellen werden diese Maßnahmen ausgeführt? b) Inwiefern beteiligt sich das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit an der Finanzierung der Unterstützungsangebote? c) Mit welchen finanziellen Mitteln, aus welchem Haushaltstitel und in welcher Höhe sind diese Maßnahmen untersetzt? Zu 3 Die Stellen der Landespolizei kooperieren mit Beratungsstellen und Hilfeeinrichtungen für Betroffene von Straftaten in Mecklenburg-Vorpommern, vergleiche Homepage der Landespolizei https://www.polizei.mvnet.de/static/POL/Dateien/PDF/IM/ C3%9Cbersicht_ Fachberatungsstellen_Stand_April_2018.pdf. Zu a) In dem in der Antwort zu Frage 2 a) aufgeführten Bereich des Landeskriminalamtes sind vier Beamte beschäftigt. Die Aufgabenwahrnehmung erfolgt integrativ. Drucksache 7/2424 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Zu b) Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit beteiligt sich derzeit nicht an der Finanzierung der Unterstützungsangebote. Zu c) Für die Umsetzung von verdeckten Maßnahmen (Zeugenschutz und Operativer Opferschutz) sind im Jahr 2018 Haushaltsmittel in Höhe von 29.000 Euro im Kapitel 0406 -Polizei, MG 64, Titel 547.01 „Verdeckte Ermittlungen und Zeugenschutz“ mitveranschlagt und können anlassbezogen in Anspruch genommen werden. 4. An welcher Stelle und in welcher Form werden neue Fälle von Arbeitsausbeutung registriert? In der Polizeilichen Kriminalstatistik für das Land Mecklenburg-Vorpommern werden auch Fälle des § 233 des Strafgesetzbuches (StGB) - Ausbeutung der Arbeitskraft - registriert. 5. Wie viele Fälle von Menschenhandel durch Arbeitsausbeutung wurden in den Jahren 2017 und 2018 registriert? Im Jahr 2017 wurde bei der Landespolizei kein Fall des Menschenhandels zum Zwecke der Ausbeutung der Arbeitskraft registriert. Für das Jahr 2018 ist die Polizeiliche Kriminalstatistik für das Land Mecklenburg-Vorpommern noch nicht fertiggestellt. 6. Gibt es eine Kooperation mit der Fachberatungsstelle ZORA, die in Mecklenburg-Vorpommern die Beratung und Betreuung von Betroffenen von Menschenhandel leistet? Bei der Bekämpfung der Kriminalität im Zusammenhang mit dem Nachtleben arbeitet die Polizei eng mit der Fachberatungsstelle ZORA sowie mit der Steuerfahndung zusammen. Das Landeskriminalamt bezieht ZORA derzeit bei jedem neuen Menschenhandelsverdachtsfall mit ein und stimmt das weitere Vorgehen ab. Ob ein Tätigwerden der ZORA sinnvoll erscheint, hängt zum Beispiel auch von der Hilfebedürftigkeit des potentiellen Opfers ab und davon, welche Hilfsangebote anderer Institutionen das Opfer bereits in Anspruch nimmt. Auf das in der Antwort zu Frage 1 beschriebene Tätigkeitsfeld von ZORA wird verwiesen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2424 5 7. Gibt es Kooperationen mit anderen Organisationen, Behörden und Ministerien zur Vorbeugung von Menschenhandel zum Zwecke der Arbeitsausbeutung? In der „Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Schleuser Mecklenburg-Vorpommern“ arbeiten Beamte des Landeskriminalamtes, der Bundespolizeiinspektion Kriminalitätsbekämpfung Rostock und des Hauptzollamtes Stralsund zusammen. Die „Gemeinsame Ermittlungsgruppe Schleuser Mecklenburg-Vorpommern“ führt Ermittlungen in Fällen von herausragender Bedeutung, die die Aufgabenbereiche mehrerer an dieser Ermittlungsgruppe beteiligter Behörden betreffen. Dazu zählt insbesondere auch die Bekämpfung des Menschenhandels zum Zwecke der Ausbeutung der Arbeitskraft. Auf die Antwort zur Frage 2 wird verwiesen. 8. In welcher Form wird in Mecklenburg-Vorpommern öffentlich wirksam auf Menschenhandel zum Zwecke der Arbeitsausbeutung aufmerksam gemacht? a) Wie werden relevante Fachkräfte in ausbeutungsgefährdeten Branchen sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer informiert? b) Werden Schulungen zur Sensibilisierung von Arbeitgebern in Mecklenburg-Vorpommern angeboten? Zu 8 Bei Vorliegen eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens wird parallel eine mediale Veröffentlichung geprüft. Zudem stellt die Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes Informationen im Internet unter nachfolgendem Link zur Verfügung: https://www.polizei-beratung.de/opferinformationen/menschenhandel/. Zu a) und b) Die Landesregierung hat derzeit keine entsprechenden Informations- und Schulungsangebote. Weitere Erkenntnisse liegen der Landesregierung nicht vor. 9. Welche Maßnahmen und welche Finanzierung sind für die Beratung und Betreuung von Betroffenen von Menschenhandel zum Zwecke der Arbeitsausbeutung für die Jahre 2020 und 2021 vorgesehen? Die Landesregierung hat hierzu noch keine Entscheidung getroffen.