Die Justizministerin hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 7. August 2018 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/2432 7. Wahlperiode 08.08.2018 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Bernhard Wildt, Fraktion der BMV Unternehmensinsolvenzen in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung 1. Wie hat sich die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Land seit 2010 entwickelt? a) Welche Branchen und welche Regionen waren jeweils betroffen? b) Welche Rechtsformen der Unternehmen waren hierbei betroffen? c) Wie lange bestand jeweils zuvor der Geschäftsbetrieb dieser Unternehmen ? Die Fragen 1, a), b) und c) werden zusammenhängend beantwortet. Drucksache 7/2432 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Im Rahmen der im Geschäftsbereich geführten Justizgeschäftsstatistik in Zivilsachen werden bei den Insolvenzgerichten die Insolvenzverfahren betreffend juristische Personen sowie für ehemals selbstständige natürliche Personen gesondert statistisch erfasst. Der Geschäftsanfall für die Jahre 2010 bis 2017 ergibt sich aus der nachfolgenden Übersicht: Jahr Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Bestand an Insolvenzverfahren am Ende des Berichtszeitraumes betreffend ehemals selbstständige natürliche Personen betreffend juristische Personen, Personengesellschaften und andere nicht natürliche Personen betreffend ehemals selbstständige natürliche Personen betreffend juristische Personen, Personengesellschaften und andere nicht natürliche Personen 2010 1.094 726 2.570 2.104 2011 1.159 653 2.508 2.033 2012 1.017 539 2.550 2.068 2013 1.037 564 2.220 1.851 2014 910 473 1.839 1.710 2015 924 447 1.753 1.647 2016 727 501 1.510 1.569 2017 616 387 1.414 1.489 Angaben betreffend die Fragen 1 a) bis 1 c) werden in der Zivilgerichtsstatistik nicht erhoben. Ergänzend wird auf die Publikationen des Statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern verwiesen , die für jede Person frei zugänglich sind unter dem Link https://www.laiv-mv.de/ Statistik/Publikationen/Statistische-Berichte/. Weitere Daten zu Unternehmensinsolvenzen lassen sich dort in der Rubrik D.III finden. 2. Wie waren bei diesen Insolvenzfällen jeweils die Unternehmensgrößen nach Umsatz und Mitarbeiterzahl? a) Welche Forderungen wurden dabei jeweils angemeldet? b) Welche durchschnittlichen Eigenkapitalquoten lagen den Insolvenzen jeweils zugrunde? c) Welche Deckungsquoten (1. im engeren Sinn, 2. im weiteren Sinn) wurden bei den abgeschlossenen Unternehmensinsolvenzen jährlich erreicht? Die Fragen 2, a), b) und c) werden zusammenhängend beantwortet. Auch zu den Fragen 2 a) bis 2 c) werden im Rahmen der bei den Gerichten in Zivilsachen geführten Statistik keine Angaben erhoben. Zur Beantwortung der Fragen wäre eine händische Auswertung der in der Antwort zu Frage 1 angegebenen Insolvenzverfahren notwendig. Die Beantwortung der Frage würde demnach insgesamt einen Aufwand begründen, der schon mit der aus Artikel 40 Absatz 1 Satz 1 der Landesverfassung folgenden Pflicht zur unverzüglichen Beantwortung Kleiner Anfragen nicht zu vereinbaren wäre. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2432 3 Im Übrigen wird auf die Verlinkung zum Statistischen Amt in der Antwort zu Frage 1 verwiesen . 3. Wie wirkte sich in den Insolvenzfällen jeweils die Struktur der Unternehmensgrößen , die Höhe der Eigenkapitalquoten und die Höhe der im Insolvenzverfahren erreichten Deckungsquoten auf die Dauer der Insolvenzverfahren und auf die weitere Beschäftigungssituation der betroffenen Mitarbeiter aus? a) Welche Auswirkungen der Höhe der Eigenkapitalausstattungen sowie der Höhe der erreichten Deckungsquoten von Forderungen ergaben sich statistisch auf die Beschäftigungssituationen der von einer Insolvenz betroffenen Arbeitnehmer (bitte aufschlüsseln für den Zeitraum 2010 - 2018 nach Branchen)? b) Welche Quote der Weiterbeschäftigung, Vermittlung und Qualifizierung konnte für die von den Insolvenzfällen betroffenen Mitarbeitern erreicht werden? Die Fragen 3, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Die Landesregierung hat keine Kenntnisse über die Auswirkungen der Insolvenzen auf die betroffenen Unternehmen. 4. Welche Auswirkungen auf die Gründungslandschaft von Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern misst die Landesregierung sowohl der Anzahl der Insolvenzfälle als auch dem Grad der Deckungsquote von Forderungen bei Unternehmensinsolvenzen bei? Wie weit haben sich aus Sicht der Landesregierung aus diesen vollzogenen Insolvenzverfahren Potenziale und Marktnischen für Neugründungen , Geschäftsübernahmen und zusätzlichen Unternehmensansiedlungen im regionalen und überregionalen Wettbewerb am Standort Mecklenburg-Vorpommern ergeben? Das Insolvenzgeschehen ist auch im bisherigen Jahresverlauf weiter rückläufig. Gleichzeitig ist die Anzahl der neu gegründeten Unternehmen in Deutschland weitgehend stabil. Ein Einfluss des Insolvenzgeschehens auf das Gründungsgeschehen wird grundsätzlich nicht gesehen. Für die meisten Neugründungen spielt das Motiv, die eigene Idee zu verwirklichen und unabhängig entscheiden zu können, eine entscheidende Rolle, unabhängig vom Erfolg oder Misserfolg anderer. Die Ursachen für Insolvenzen sind vielschichtig. Zugleich wurde die Insolvenzordnung durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (2012) mit dem erklärten Ziel geändert, die Sanierung von Unternehmen zu erleichtern. So ermöglicht beispielsweise das Schutzschirmverfahren nach § 270b der Insolvenzordnung Unternehmen eine Sanierung in Eigenverantwortung und damit eine Chance auf einen Neuanfang. Drucksache 7/2432 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 5. Welche Auswirkungen hat die Insolvenzquote aktuell auf die ganze Breite des Kredit- und Kapitalmarkts für Unternehmensfinanzierungen aus Sicht der Landesregierung? a) Wie hoch sind nach Kenntnis der Landesregierung aktuell Kreditausfallquoten in der gewerblichen Finanzierung? b) Wie entwickeln sich nach Kenntnis der Landesregierung die Kreditnachfragen in den einzelnen Segmenten? Die Fragen 5, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Die Landesregierung hat keine Kenntnisse über die Kreditausfallquoten in der gewerblichen Finanzierung und die Entwicklung der Kreditnachfragen in den einzelnen Segmenten. 6. Welche Auswirkungen hatten die erfolgten Insolvenzen und die in den Insolvenzverfahren erzielten Deckungsquoten aus Sicht der Landesregierung auf die allgemeinen Kreditvergaben im Land? Welche Auswirkungen hatte die Entwicklung der Deckungsquoten bei Insolvenzen auf die Kreditwirtschaft im Land unter dem Umstand, dass insbesondere die Ertragslage der regionalen Institute als einem wichtigen Finanzier des Klein- und Mittelstands im Bundesvergleich weiterhin unterdurchschnittlich ist? Die Landesregierung hat keine Kenntnisse über die Auswirkungen der Insolvenzen auf die Kreditwirtschaft im Land. 7. Welche Beratungsangebote stellt die Landesregierung, u. a. in Kooperation mit den Kammern, gegenwärtig für Insolvenzberatungen bereit (bitte aufschlüsseln nach Trägern)? Die Landesregierung fördert Beratungen und Hilfsangebote von anerkannten Schuldner-/Verbraucherinsolvenzberatungsstellen nach § 305 Absatz 1 Nummer 1 der Insolvenzordnung für Familien oder Einzelpersonen mit Ver- oder Überschuldungsproblemen einschließlich der Vorbereitung auf ein Verbraucherinsolvenzverfahren und eine Restschuldbefreiung. Das schließt sowohl geeignete finanzielle als auch sozialpädagogische Beratung und die Ermittlung erforderlicher weiterführender Beratung und sozialer Hilfen ebenso wie Maßnahmen im Zusammenhang mit einem Verbraucherinsolvenzverfahren ein. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2432 5 Träger der Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen sind die Caritas Mecklenburg e. V., EIBE e. V., die Volkssolidarität Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e. V., der Landkreis Nordwestmecklenburg, die Diakoniewerk im nördlichen Mecklenburg gGmbH, der Arbeitslosenverband Deutschland Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e. V., die Arbeiterwohlfahrt Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e. V., das Deutsche Rote Kreuz Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e. V., die Diakoniewerk Kloster Dobbertin gGmbH, das Diakonische Werk e. V., Perspektive e. V., der Caritasverband für das Erzbistum Berlin e. V Region Vorpommern und die Evangelische Krankenhaus Bethanien gGmbH. Das Land Mecklenburg-Vorpommern fördert nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Beratungen bei gewerblichen Unternehmen in Mecklenburg- Vorpommern (Beratungsrichtlinie, VV Meckl.-Vorp. Gl. Nr. 630-276) mit Unterstützung des Europäischen Sozialfonds (ESF) Unternehmensberatungen zu komplexen Fragestellungen der Entwicklung oder Stabilisierung vorrangig kleiner und mittlerer Unternehmen, bereits im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens. Unter anderem sind Beratungen zur Finanzierung und Liquiditätssicherung förderfähig. Ansprechperson für das Antragsverfahren ist die GSA - Gesellschaft für Struktur- und Arbeitsmarktentwicklung mbH Schwerin. Die Industrie- und Handelskammern (IHK) und Handwerkskammern (HWK) in Mecklenburg- Vorpommern bieten ihren Mitgliedsunternehmen schon im Vorfeld einer möglichen Insolvenz Beratungen zur Bewältigung von Unternehmenskrisen an. Die Beratung der Handwerkskammern wird aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und vom Land Mecklenburg- Vorpommern aus den Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert. Weiterführende Informationen sind zu finden bei den jeweiligen Kammern unter den nachfolgenden Links: - IHK für das östliche Mecklenburg-Vorpommern Neubrandenburg https://www.neubrandenburg.ihk.de/starthilfe-undunternehmensfoerderung/ unternehmenssicherung/krisenmanagement/ - IHK zu Rostock https://www.rostock.ihk24.de/starthilfe/unternehmensfuehrung/Krisenmanagement/264942 8 - IHK zu Schwerin https://www.ihkzuschwerin.de/existenzgruendung/Unternehmensfuehrung/Krisenmanagem ent/Krisenursachen_und_deren_Bewaeltigung3/3032710 - HWK Ostmecklenburg-Vorpommern https://www.hwk-omv.de/artikel/betriebsberatung-18,731,235.html - HWK Schwerin https://www.hwk-schwerin.de/artikel/betriebswirtschaft-19,100,150.html#Leistungen Kleine und mittlere Unternehmen, die sich in einer wirtschaftlich schwierigen Situation befinden (Unternehmen in Schwierigkeiten), können gemäß Rahmenrichtlinie zur Förderung unternehmerischen Know-hows mit Beratungsmaßnahmen unterstützt werden, um ihre Leistungsund Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen und Entlassungen vorzubeugen. Drucksache 7/2432 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 6 Gefördert werden Beratungen zur Wiederherstellung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in Schwierigkeiten unabhängig vom Unternehmensalter (Unternehmenssicherungsberatung ). Mit der Durchführung des Programms ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) als Bewilligungsbehörde beauftragt. In das Zuwendungsverfahren sind zusätzlich Leitstellen und regionale Ansprechpartner eingebunden. Die Förderung des Programms erfolgt aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Weiterführende Informationen sind zu finden unter dem nachfolgenden Link: http://www.bafa.de/SharedDocs/Downloads/DE/Wirtschafts_Mittelstandsfoerderung/unb_me rkblatt_un_schwierigkeiten.pdf;jsessionid=E2370244795675B50BD8A04F0CCE2BD4.2_cid 387?__blob=publicationFile&v=2. 8. Welche Auswirkungen auf die allgemeine Mentalität für Unternehmensgründungen am Standort Mecklenburg-Vorpommern haben aus Sicht der Landesregierung die aktuellen Insolvenzquoten? a) Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf die Umsetzung von innovativen Geschäftsmodellen? b) Welche Auswirkungen auf die Strukturentwicklung des Bundeslands sieht die Landesregierung bei einer langfristigen Verstetigung dieser Insolvenzquoten in den Folgejahren? Die Fragen 8, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Wie bereits in der Antwort zu Frage 4 dargestellt, wird ein unmittelbarer Einfluss nicht gesehen. Gleichwohl steht nur etwa jede zweite Person dem unternehmerischen Scheitern positiv oder überwiegend positiv gegenüber, wie eine repräsentative Studie der Universität Hohenheim (2015) zur Einstellung der deutschen Bevölkerung gegenüber unternehmerischem Scheitern zeigte. Hilfreich wäre - so das Fazit in dieser Studie - eine insgesamt breitere Akzeptanz für eine „Kultur des Scheiterns“. Die durch die Landesregierung unterstützten Aktivitäten zur Förderung von Entrepreneurship zielen darauf ab, die Gründungsperson gut vorzubereiten und beim Gründungsvorhaben zu begleiten. Bezüglich der einschlägigen Aktivitäten an den Hochschulen in Mecklenburg- Vorpommern zum Thema Entrepreneurship wird auf die Antwort der Landesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 7/2350 verwiesen.