Die Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 20. September 2018 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/2585 7. Wahlperiode 24.09.2018 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Thomas de Jesus Fernandes, Fraktion der AfD Demenzerkrankungen und ANTWORT der Landesregierung In Mecklenburg-Vorpommern leben bereits heute zwischen 30.000 und 35.000 Menschen mit Demenz, bundesweit sind es knapp 1,7 Millionen (Schweriner Volkszeitung vom 24. August 2018). 1. Wie hat sich die Anzahl der Demenzerkrankungen von 2010 bis 2018 entwickelt (bitte nach Jahr, Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln )? Es werden keine offiziellen Statistiken zur Anzahl der Demenzerkrankungen geführt. Hinweise auf die Anzahl an Demenzerkrankungen liefert allerdings die Statistik zur Pflegeversicherung in Mecklenburg-Vorpommern ab dem Jahr 2013. Die Pflegestatistik wird nur zweijährlich erhoben und veröffentlicht. Da für 2017 noch keine Pflegestatistik vorliegt, können lediglich für die Jahre 2013 und 2015 Ergebnisse für Mecklenburg-Vorpommern dargestellt werden. Erhoben wird hierbei die Anzahl der Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz. Hierunter fallen vor allem Personen mit demenzbedingten Fähigkeitsstörungen, mit geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen. Die Definition erfolgte vor dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz nach den Kriterien in § 45a Absatz 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) und zielte nicht auf die Definition von Krankheitsbildern, sondern den tatsächlichen Hilfebedarf ab. Mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz ist die Definition entfallen. Da Menschen mit Demenz häufig unter die Definition fielen, gibt die Statistik Hinweise auf die tatsächliche Anzahl der Demenzerkrankten in Mecklenburg-Vorpommern. Drucksache 7/2585 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Landkreis/kreisfreie Stadt Anzahl Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz* Jahr 2013 2015 Rostock 2.799 3.489 Schwerin 1.466 1.926 Mecklenburgische Seenplatte 3.910 4.871 Landkreis Rostock 3.401 4.233 Vorpommern-Rügen 3.794 5.016 Nordwestmecklenburg 1.989 2.476 Vorpommern-Greifswald 3.346 4.370 Ludwigslust-Parchim 2.994 3.501 Mecklenburg-Vorpommern gesamt 23.699 29.882 * Quelle: Statistisches Amt M-V/Statistische Berichte „Pflegeversicherung in Mecklenburg-Vorpommern“, 2013 und 2015 2. Wie hat sich der Personalschlüssel in der Betreuung von Demenzkranken in der Zeit von 2010 bis 2018 entwickelt (bitte nach Jahr, Anzahl der Betreuer in Verhältnis zu den betreuten Personen, Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)? Mit dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz wurde zum 1. Juli 2008 ein zusätzliches Betreuungsangebot für demenzerkrankte Menschen in vollstationären Pflegeeinrichtungen und Kurzzeitpflegeeinrichtungen mit einem Betreuungsschlüssel von 1 : 25 eingeführt, der 2013 und 2015 verbessert wurde (siehe Tabelle). Das Angebot selbst ist ab dem Jahr 2015 auf alle Heimbewohner ausgedehnt worden. Jahr Betreuungsschlüssel Bemerkung 2008 - 2012 1:25 nur für an Demenz erkrankte Heimbewohner/-innen 2013 - 2014 1:24 nur für an Demenz erkrankte Heimbewohner/-innen ab 2015 lfd. 1:20 für alle Heimbewohner/-innen Die Leistung der zusätzlichen Betreuung und Aktivierung in stationären Pflegeeinrichtungen ist ausschließlich eine Leistung zulasten der Pflegekassen oder der privaten Krankenbeziehungsweise Pflegeversicherungsunternehmen. Der Betreuungsschlüssel ist bundesgesetzlich festgeschrieben und gilt daher für alle stationären Pflegeeinrichtungen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2585 3 3. Sind die Prognosen aus dem Bericht der Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“ noch aktuell oder gab es bereits Veränderungen hinsichtlich der voraussichtlichen Anzahl der erkrankten Personen bis 2030? Der Landesregierung sind keine aktuelleren Hochrechnungen über die Entwicklung der Anzahl der an Demenz erkrankten Bürgerinnen und Bürger ab 65 Jahre in Mecklenburg- Vorpommern bekannt als die im Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“ veröffentlichte Hochrechnung. 4. Welche Förderprogramme und Hilfsprojekte bei der Betreuung von Demenzkranken gibt es (bitte nach Namen, Förderhöhe, Zeitraum der Förderung, Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)? a) Welche Förderprogramme sind explizit für die Betreuung von Demenzkranken in der Familie aufgesetzt (bitte nach Höhe, Landkreisen , kreisfreien Städten, Namen der Projekte und Förderzeitraum aufschlüsseln)? b) Wenn es keine speziellen Förderprogramme für die Betreuung von Demenzkranken in der Familie gibt, warum nicht (bitte begründen )? Die Fragen 4, a), b) werden zusammenhängend wie folgt beantwortet. Die Landesregierung fördert mit Stand 6. September 2018 folgende Projekte zur Betreuung von Demenzerkrankten: Landkreis/ kreisfreie Stadt Zuwendungsempfänger Modellbezeichnung/ Projektbezeichnung Zuwendungssumme (in Euro) Schwerin Comtact - Gesellschaft für Dienstleistungen, Infrastruktur und Bauten mbH Helferkreis Schwerin 7.817,00 Kontakt-, Informations- und Beratungsstelle für Selbsthilfegruppen Schwerin Selbsthilfegruppe in Schwerin 1.000,00 Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft, Landesverband M-V e. V. Selbsthilfeorganisation - Beratungsstelle Schwerin 500,00 Rostock Deutsche Alzheimer Gesellschaft, Landesverband M-V e. V. Helferkreis Pusteblume 2.058,65 Altenpflegerin Elvira Müller Helfer/-innenkreis Rostock 3.225,00 Rostocker Heimstiftung Betreuungsgruppe in den Pflege-Wohnparks Groß- Klein und Lütten-Klein 3.140,00 Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft, Landesverband M-V e. V. Selbsthilfeorganisation - Beratungsstelle Rostock 500,00 Drucksache 7/2585 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Landkreis/ kreisfreie Stadt Zuwendungsempfänger Modellbezeichnung/ Projektbezeichnung Zuwendungssumme (in Euro) Ludwigslust- Parchim Comtact - Gesellschaft für Dienstleistungen, Infrastruktur und Bauten mbH Helferkreis Ludwigslust 2.335,00 Comtact - Gesellschaft für Dienstleistungen, Infrastruktur und Bauten mbH Helferkreis Parchim 5.947,50 Landkreis Rostock Arbeiter-Samariter-Bund, Regionalverband Warnow- Trebeltal e. V. Helfer/-innenkreis Gemeindezentrum Dummerstorf 1.340,00 Landkreis Rostock/ Vorpommern- Rügen Deutsche Alzheimer Gesellschaft, Landesverband M-V e. V. Projekt „Zeitlos“- Betreuungsgruppe in Graal- Müritz und Ribnitz- Damgarten 1.555,65 Vorpommern- Rügen Kreisdiakonisches Werk Stralsund e. V. Helfer/-innenkreis Stralsund 3.710,00 Hansestadt Stralsund Kontakt-, Informationsund Beratungsstelle für Selbsthilfegruppen - Selbsthilfegruppe Stralsund 1.000,00 Mecklenburgische Seenplatte Deutscher Schwerhörigenbund - Landesverband der Schwerhörigen und Ertaubten M-V e. V. Betreuungsgruppen für Schwerhörige und Ertaubte in Neubrandenburg 1.770,00 Perspektive e. V. Waren Selbsthilfegruppe in Waren 500,00 Deutsches Rotes Kreuz, Kreisverband Neubrandenburg e. V. Kontakt-, Informationsund Beratungsstelle für Selbsthilfegruppen - Selbsthilfegruppe Neubrandenburg 1.000,00 Landkreis Mecklenburgische Seenplatte Modellprojekt: Erprobung einer unabhängigen Demenzberatung und Entwicklung eines Beratungskonzeptes für den Landkreis Mecklenburgische Seenplatte 42.288,60 Vorpommern- Greifswald Volkssolidarität Uecker- Randow e. V. Helfer/-innenkreis Torgelow 5.925,00 Christel Hansen Selbsthilfegruppe auf der Insel Usedom 500,00 Nordwestmecklenburg „Poeler Leben“ Kultur-, Heimat - und Sozialpflegeverein für Familie und Senioren e. V. Betreuungsgruppe auf der Insel Poel 1.600,00 Deutsches Rotes Kreuz, Kreisverband Nordwestmecklenburg e. V. Betreuungsgruppe in Wismar 2.900,00 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2585 5 Landkreis/ kreisfreie Stadt Zuwendungsempfänger Modellbezeichnung/ Projektbezeichnung Zuwendungssumme (in Euro) landesweit Deutsche Alzheimer Gesellschaft, Landesverband M-V e. V. Modellprojekt: „Aufbau niedrigschwelliger Betreuungsangebote ; Selbsthilfe Demenz in Zusammenarbeit mit Mehrgenerationenhäuser , Pflegestützpunkten und der Compass Private Pflegeberatung (bis 06/18) 26.816,27 Deutsche Alzheimer Gesellschaft, Landesverband M-V e. V. Modellprojekt: „Kompetenzzentrum Demenz“ 35.398,90 Deutsche Alzheimer Gesellschaft, Landesverband M-V e. V. Modellprojekt: „KATE - Koordinierungsstelle der Deutschen Alzheimergesellschaft , Landesverband M-V zur Verbesserung von Teilhabe- und Versorgungsstrukturen für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen durch das Erfolgsmodell Dreiklang“ 28.149,81 Die Förderprojekte gemäß § 45c Elftes Buch Sozialgesetzbuch in Verbindung mit der Betreuungsangebotelandesverordnung Mecklenburg-Vorpommern betreffen direkt oder indirekt die Betreuung von Demenzerkrankten in der Familie. Die niedrigschwelligen Betreuungsangebote (Einzelbetreuung in der Häuslichkeit, Gruppenbetreuung) zielen direkt auf die in der Häuslichkeit befindlichen demenzerkrankten Pflegebedürftigen ab und tragen zur maßgeblichen stundenweisen Entlastung der Angehörigen (Familien) bei. Die Selbsthilfeorganisationen und -kontaktstellen beraten und begleiten Angehörige oder die Betroffenen selbst und helfen zum Beispiel bei der Gründung von Selbsthilfegruppen für diesen Personenkreis. Darüber hinaus leisten sie auch regionale Öffentlichkeits- und Netzwerkarbeit im Bereich Demenz. In den Modellprojekten werden neue Konzepte und Strukturen zur Weiterentwicklung der pflegerischen Versorgung für an Demenz Erkrankte erprobt, die sich direkt auf die Pflegebedürftigen und deren Angehörige beziehen und von diesen selbst in Anspruch genommen werden können beziehungsweise auf Grundlage deren Ergebnisse Versorgungsbedarfe eruiert und/oder Versorgungslücken geschlossen werden. Drucksache 7/2585 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 6 5. Wie weit sind die Planungen der Landesregierung in Bezug auf die Demenzstrategie? a) Gibt es bereits Eckpunkte dieser Strategie in Bezug auf den ländlichen Raum und konkrete Projekte? b) Wenn ja, wie hoch wären die Fördersummen jener Projekte? c) Wenn nicht, warum nicht? Die Fragen 5, a), b) und c) werden zusammenhängend wie folgt beantwortet. Die Landesregierung plant mittelfristig die Erarbeitung einer Demenzstrategie für Mecklenburg-Vorpommern. Das vom Ministerium für Soziales, Integration und Gleichstellung geförderte, gegenwärtig laufende Modellprojekt „Aufbau eines Kompetenzzentrums Demenz Mecklenburg- Vorpommern“, in Trägerschaft des Landesverbandes Deutsche Alzheimer-Gesellschaft M-V e. V., ist in seiner Konzeption inhaltlich so ausgerichtet, dass nach Abschluss des Modellzeitraumes (Anfang des Jahres 2020) im zu erarbeitenden Abschlussbericht unter anderem auch Empfehlungen für Grundlagen einer landesweiten Demenzstrategie abgegeben werden. 6. Plant die Landesregierung, sich für eine Erhöhung der Gehälter bei Pflegekräften einzusetzen? a) Wenn ja, in welchen konkreten Maßnahmen soll dieses Engagement münden? b) Wenn nicht, warum nicht (bitte konkret begründen)? Die Fragen 6, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Im Rahmen der gemäß Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz garantierten Tarifautonomie obliegt es grundsätzlich den Tarifpartnern, insbesondere Tarifverträge über das Arbeitsentgelt zu schließen. Dies gilt auch für den Pflegebereich. Aktuell legt für den Pflegebereich aber der Bund durch die Dritte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (Dritte Pflegearbeitsbedingungenverordnung - 3. PflegeArbbV) Pflegemindestentgelte fest. Weil dadurch niedrigere Pflegemindestentgelte für Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen als für die anderen Bundesländer bestimmt werden, setzt sich die Landesregierung gegenüber dem Bund dafür ein, dass einheitliche Pflegemindestentgelte im Bundesgebiet gelten. Ein entsprechender von Mecklenburg-Vorpommern eingebrachter Antrag wurde auf der Arbeits- und Sozialministerkonferenz im Dezember 2017 beschlossen. Die Landesregierung wirbt darüber hinaus stets in Gesprächen mit den Tarifparteien für eine leistungsgerechte und faire Bezahlung der Pflegekräfte im Rahmen flächentarifvertraglicher Regelungen.