Der Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 5. Oktober 2018 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/2607 7. Wahlperiode 09.10.2018 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Stephan J. Reuken und Christoph Grimm, Fraktion der AfD TÜV-Pflicht für Windräder und ANTWORT der Landesregierung Gegenwärtig wird bundes- und landesweit über die Einführung einer TÜV-Prüfung für Windräder diskutiert. Aus einem Artikel des Nordkuriers geht hervor, dass es vermehrt zu Windkraft-Unfällen kommt und die Sicherheitslage daher zur Debatte gestellt werden muss. Zuletzt fing die Turbine eines Windrades in Krakow bei Penkun am 12. August 2018 Feuer. Problematisch an dem Feuer ist neben dem mutmaßlich technischen Defekt die Tatsache, dass der Brandherd in 100 Metern Höhe für die Feuerwehr unerreichbar blieb und dieser somit nicht zu löschen war (Nordkurier - Wer überprüft eigentlich Windräder in Deutschland? - abgerufen am: 4. September 2018). Daneben ist einer Auflistung an Windkraft-Unfällen im Artikel zu entnehmen, dass insbesondere Mecklenburg-Vorpommern bei vier Unfällen seit 2016 im Norden Deutschlands betroffen ist. 1. Wie steht die Landesregierung zu einer Einführung der TÜV-Pflicht für Windräder? Drucksache 7/2607 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Die Landesregierung hält die Einführung einer TÜV-Pflicht für Windräder nicht für erforderlich. Für die Errichtung von Windenergieanlagen (WEA) sind in Mecklenburg- Vorpommern die „Richtlinie für Windenergieanlagen, Einwirkungen und Standsicherheitsnachweise für Turm und Gründung“ (Richtlinie für WEA, Schriften des Deutschen Instituts für Bautechnik, Berlin, Reihe B Heft 8, 2012, korrigierte Fassung März 2015) sowie die Anlagen 2.4/7 und 2.7/12 der Liste der Technischen Baubestimmungen vom 30. September 2015 (AmtsBl. M-V S. 587) zu beachten. Die Richtlinie für WEA sieht bereits eine regelmäßige Prüfung für Windenergieanlagen im Betrieb vor. Diese wiederkehrenden Überprüfungen sind eine baurechtliche Betreiberpflicht. 2. Wie wird die Sicherheit der Windräder in Mecklenburg-Vorpommern durch die jeweiligen Betreiber derzeit gewährleistet? Über die geforderten wiederkehrenden Prüfungen hinaus werden durch den Betreiber oder durch ein von ihm beauftragtes Betriebsführungsunternehmen regelmäßig - je nach Bauteil - in halbjährlichen bzw. jährlichen Intervallen Wartungen der Anlagen nach Wartungspflichtenheft veranlasst. Aus Betreibersicht ist es bereits hinsichtlich Versicherungsschutzes erforderlich, eventuelle Mängel, welche bei Wartungen festgestellt werden, zu beheben. Zudem sind Windenergieanlagen mit einer automatischen Anlagensteuerung ausgestattet, die die Anlage bei einem Defekt automatisch abschaltet. 3. Wie erfolgt die Überprüfung der Einhaltung der technischen Sicherheitsstandards ? Durch wen? Die Technischen Baubestimmungen enthalten unter anderem Regelungen zum Nachweis der Standsicherheit von Turm und Gründung sowie über die Einwirkungen aus der Maschine auf Turm und Gründung, die der Beurteilung zugrunde zu legen sind. Im Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen nach Bundesimmissionsschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2013 (BGBl. I S. 1274), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2771), obliegt den unteren Bauaufsichtsbehörden die Prüfung der Standsicherheitsnachweise. Zu den dafür erforderlichen bautechnischen Unterlagen gehören verschiedene gutachtliche Stellungnahmen von Sachverständigen. Hierzu zählen beispielsweise die gutachtliche Stellungnahme eines Sachverständigen zu den Nachweisen - der Sicherheitseinrichtungen (Sicherheitsgutachten), - der Rotorblätter, - der maschinen-baulichen Komponenten und der Verkleidung von Maschinenhaus, Nabe (Maschinengutachten), - für die elektrotechnischen Komponenten und den Blitzschutz. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2607 3 Die Betreiber von Windenergieanlagen sind zudem verpflichtet, wiederkehrende Prüfungen durch unabhängige Sachverständige in regelmäßigen Intervallen durchführen zu lassen. Die Richtlinie für WEA enthält hierzu in Nummer 15 Bestimmungen. Intervalle und Umfang der wiederkehrenden Prüfungen ergeben sich jeweils aus den gutachtlichen Stellungnahmen zur Maschine und den ebenfalls durch den Sachverständigen des Maschinengutachtens zu begutachtenden Wartungspflichtenhandbuch sowie gegebenenfalls aus weiteren Auflagen in den übrigen Gutachten. 4. Wie viele Windräder mussten seit 2014 stillgelegt werden? 5. Auf welche Gründe sind die Stilllegungen zurückzuführen (bitte um Nennung der Ursache und des Anlagen-Typs)? Die Fragen 4 und 5 werden zusammenhängend beantwortet. Durch die Behörden wurde eine Windenergieanlage vom Typ Kenersys K 100 wegen eines Blattabrisses vorübergehend stillgelegt sowie vorsorglich und vorübergehend 20 Windenergieanlagen vom Typ DEWind D4-600-48-70 aufgrund eines Havariefalls an einer baugleichen Windenergieanlage in einem Windpark. Hier hatte die hydraulische Pitchsteuerung der Rotorblätter der Windenergieanlage versagt, was nach Überdrehzahl des Rotors mit anschließendem Bremsvorgang zu einer extremen Überlastung der Turmstatik mit Umsturz zur Folge hatte. 6. Welche Maßnahmen ergreift die Feuerwehr, wenn der Brandherd (wie in Krakow) nicht erreichbar ist oder aus anderen Gründen nicht gelöscht werden kann? Sollte es zu einem Feuer im oberen Teil der Windenergieanlage gekommen sein (beispielsweise im sogenannten Maschinenhaus hinter dem Rotor), sollte von der Option des kontrollierten Abbrennens und dem feuerwehrtaktischen Ziel der Verteidigung der Umgebung Gebraucht gemacht werden. Aufgrund der Anlagenhöhe reicht in der Regel kein Hubrettungsmittel in effiziente Arbeitsbereiche und es kann zu Problemen mit gegebenenfalls nicht ausreichendem Druck und/oder Löschwasser kommen. Besonders wichtig ist daher in diesem Fall das Schaffen eines Sicherheitsbereiches durch äußerst weiträumiges Absperren. Beim Abbrennen können Teile herabfallen (ein Zusammenfallen der gesamten Anlage hingegen ist unwahrscheinlich). Daher muss ein Radius von mindestens 500 Metern unzugänglich gemacht werden, bei markantem Wind ist in Windrichtung das Doppelte einzuplanen. Drucksache 7/2607 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 7. Gibt es in Mecklenburg-Vorpommern spezielle Einsatzpläne für die Feuerwehren zur Brandbekämpfung bei Windenergieanlagen? a) Wenn ja, wie sehen die konkret aus? b) Wenn nicht, warum nicht? c) Wenn nicht, ist es beabsichtigt, in naher Zukunft spezifizierte Einsatzpläne zu erarbeiten? Die Fragen 7, a), b) und c) werden zusammenhängend beantwortet. Als besonders zweckmäßig erweist es sich, bereits in der Bauplanungsphase einer Windenergieanlage tätig zu werden. Hier wird in der Regel an den Betreiber die Forderung gestellt, einen Feuerwehreinsatzplan nach DIN 14095:2007-05 (DIN - Deutsches Institut für Normung e. V., Berlin - Feuerwehrpläne für bauliche Anlagen) vorzuhalten. Kommt er dieser Forderung nicht nach, kann im Rahmen der Brandverhütungsschau nach § 19 Absatz 2 des Brandschutz- und Hilfeleistungsgesetzes M-V in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Dezember 2015 (GVOBl. M-V S. 612, 2016 S. 20) die Auflage erteilt werden, einen Feuerwehreinsatzplan vorzuhalten. Feuerwehrpläne nach DIN 14095:2007-05 bestehen aus allgemeinen Objektinformationen, einem Übersichtsplan, aus einem Geschossplan oder Geschossplänen, Sonderplan oder Sonderplänen und zusätzlich textlichen Erläuterungen. Zum besseren Verständnis der baulichen Anlage können auch Umgebungspläne, Detailpläne oder Abwasserpläne notwendig werden. 8. Wie schätzt die Landesregierung die Entwicklung der Unfälle ein, die von Windenergieanlagen insbesondere mit zunehmenden Betriebsjahren ausgeht? Trotz einer stetig zunehmenden Anzahl an Windenergieanlagen in Mecklenburg- Vorpommern und einem größer werdenden Anteil an älteren Anlagen kann in den letzten Jahren keine steigende Entwicklung hinsichtlich der Unfallhäufigkeit verzeichnet werden.