Der Minister für Inneres und Europa hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 9. Oktober 2018 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/2623 7. Wahlperiode 10.10.2018 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Nikolaus Kramer, Fraktion der AfD Ausweisungsrecht zur Gefahrenabwehr gegenüber syrischen und irakischen Intensivtätern und ANTWORT der Landesregierung Nach gewalttätigen Konflikten zwischen Zuwanderern und Deutschen vor einem Nachtclub in Frankfurt (Oder) hat der Oberbürgermeister, Rene Wilke (Linke) gefordert, das Ausweisungsrecht zur Gefahrenabwehr anzuwenden: „Wir werden dieses Recht jetzt in Anspruch nehmen und werden die Ausweisung von Intensivtätern, also denjenigen, die eine Gefahr für unsere Gesellschaft darstellen, einleiten.“ (Quelle: Junge Freiheit , Nr. 37/18, 07.09.18, S. 4.). 1. Welche rechtlichen Möglichkeiten zur Ausweisung von Intensivtätern nach Syrien oder Irak bestehen nach Kenntnis der Landesregierung gegenwärtig? Die Landesregierung weist daraufhin, dass die Regelung zur Ausweisung - wie auch alle weiteren Normen des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG) - für alle vom Anwendungsbereich des Aufenthaltsgesetzes umfassten Personen gelten und keine besonderen Regelungen für syrische beziehungsweise für irakische Staatsangehörige existieren. Grundsätzlich lässt sich zum Instrument der Ausweisung und zu den Möglichkeiten seiner Anwendung Folgendes ausführen: Die Ausweisung gemäß § 53 ff. AufenthG ist eine verwaltungsrechtliche Maßnahme der Gefahrenabwehr. Es handelt sich um einen Verwaltungsakt, mit dessen Bestandskraft der Aufenthaltstitel erlischt und der Betreffende ausreisepflichtig wird. Drucksache 7/2623 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Sie ist keine strafrechtliche Sanktion für früheres Fehlverhalten, sondern hat ausschließlich den Zweck, künftigen Beeinträchtigungen erheblicher öffentlicher Interessen vorzubeugen. Kommt der betroffene Ausländer seiner Ausreisepflicht nicht nach, kann er (bei Vorliegen der weiteren gesetzlichen Voraussetzungen) abgeschoben werden. Gemäß § 53 Absatz 1 AufenthG ist ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, auszuweisen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Für die Ausweisung muss also zum einen die Prognoseentscheidung vorgenommen werden, dass aus dem vergangenen Fehlverhalten des Ausländers auch auf eine gegenwärtige und künftige Gefährlichkeit geschlossen werden kann. Darüber hinaus muss eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Ausreise mit dem privaten Interesse des Ausländers am Verbleib ergeben, dass das öffentliche Interesse überwiegt. Bei der erforderlichen Abwägung nach den Umständen des Einzelfalles sind insbesondere die Dauer des Aufenthaltes des Betroffenen, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und für Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen. In Hinblick auf Straftäter lässt sich grundsätzlich Folgendes festhalten: Gemäß § 54 Absatz 1 Nummer 1 AufenthG wiegt ein Ausweisungsinteresse unter anderem dann besonders schwer, wenn der Ausländer wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder nach Nummer 1a dann, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist. Mit Blick auf die in der Frage 1 genannten syrischen und irakischen Staatsangehörigen ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber mit § 53 Absatz 3 und Absatz 4 AufenthG die Möglichkeit der Ausweisung für bestimmte Personengruppen erschwert und insofern die Ausweisungsvoraussetzungen angehoben hat. Hierzu zählen Personen, die als Asylberechtigte anerkannt sind, die im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings genießen oder auch Personen, die sich im Asylverfahren befinden. Bei Personen mit syrischer oder irakischer Staatsangehörigkeit, insbesondere bei erstgenannten Personen, wird - aufgrund einer sehr hohen Anerkennungsquote - eine Ausweisung in der Regel nur nach den genannten höheren rechtlichen Hürden möglich sein. Die Ausweisung von anerkannten Asylberechtigten und Personen, die im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings genießen, hat zur Voraussetzung, dass das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2623 3 Unter dieser Voraussetzung können auch Personen, die sich im Asylverfahren befinden, abgeschoben werden sowie dann, wenn eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist. 2. Wenn entsprechende gesetzliche Regelungen bestehen, aus welchen Gründen werden diese in Mecklenburg-Vorpommern bei syrischen oder irakischen Intensivtätern nicht angewendet? Die Landesregierung weist daraufhin, dass bei Erfüllung der Voraussetzungen des gesetzlichen Tatbestandes die Ausweisung der betroffenen Person verfügt wird. In dieser Frage ist den zuständigen Ausländerbehörden kein Ermessen eingeräumt. Davon zu trennen ist jedoch die Frage, ob und welche Folgen aus der Ausweisung erwachsen. Eine Ausweisung kann erfolgen, obwohl eine tatsächliche Abschiebung - insbesondere im Falle syrischer Staatsbürger - auf absehbare Zeit aufgrund der Lage im Herkunftsland zumeist nicht möglich sein wird. Gleichwohl wird die Ausweisung aufgrund der geschilderten Rechtslage ergehen und diese verhindert zumindest eine Verfestigung des Aufenthaltes der betroffenen Personen. 3. In welcher Form setzt sich die Landesregierung gegenwärtig dafür ein, dass syrische und irakische Intensivtäter zurückgeführt werden können? Im Rahmen der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) begleitet die Landesregierung auch die Entwicklungen in Syrien und im Irak. In Abstimmung mit anderen Ländervertretern wird sich die Landesregierung auch zukünftig dafür einsetzen, dass Personen, für die eine Ausweisung - insbesondere aufgrund wiederholter Straftaten - verfügt wurde, auch tatsächlich in ihr Herkunftsland zurückgeführt werden. Für Syrien besteht ein grundsätzliches Abschiebungsverbot, sodass eine Rückführung derzeit nicht möglich ist (siehe Antwort zu Frage 2). Das Abschiebungsverbot wurde erstmalig am 23. Februar 2012 angeordnet und gilt nach mehrmaliger Verlängerung bis zum 31. Dezember 2018 fort. Abschiebungen in den Irak können mögliche zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote entgegenstehen. Grundsätzlich sind Abschiebungen von Straftätern in den Irak aber möglich und werden gegebenenfalls auch durchgeführt. Drucksache 7/2623 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 4. Wie viele syrische und irakische Mehrfachtäter sind seit 2014 in Mecklenburg-Vorpommern kriminalstatistisch von den Sicherheitsbehörden erfasst worden (bitte nach Anzahl, Herkunftsland und Jahr aufgliedern)? In der anliegenden Tabelle werden die angefragten Mehrfachtäter dargestellt, die innerhalb eines Berichtsjahres mit mindestens zwei Straftaten als Tatverdächtige in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfasst wurden. Bei den zugrundeliegenden Fällen sind Straftaten gegen das Aufenthalts-, das Asyl- und das Freizügigkeitsgesetz/EU enthalten. Darüber hinaus lässt die Zählung als Mehrfachtäter keine Rückschlüsse auf die konkrete Anzahl und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten zu. Der Begriff Mehrfachtäter ist nicht gleichzusetzen mit dem Begriff Intensivtäter. Die Angaben zu den Mehrfachtätern unterscheiden sich signifikant zur Anzahl der Intensivtäter, die deutlich geringer ist. Statistisch ist es möglich, dass eine Person in mehreren Kalenderjahren mit zwei Straftaten als Mehrfachtäter gezählt wird. Eine jahresübergreifende Summenbildung führt insofern zu Fehlinterpretationen. Staatsangehörigkeit/Berichtsjahr 2014 2015 2016 2017 Mehrfachtäter irakisch 35 18 27 22 Mehrfachtäter syrisch 18 75 385 372