Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 15. Oktober 2018 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/2631 7. Wahlperiode 16.10.2018 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Henning Foerster, Fraktion DIE LINKE „Kaizen-Prinzip“ in der Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Die Berliner Zeitung berichtete am 12. September 2018 unter der Überschrift „Prämienmodell bei Bäckerkette - Wer sich krankmeldet, verliert den Bonus“ von der Anwendung des „Kaizen-Prinzips“ bei der Bäckerkette „Lila Bäcker“ sowie der Daimler AG. Demnach zahlen Unternehmen ihren Beschäftigten gestaffelte Prämien für Zeiten ohne Fehltage, zum Beispiel wegen Krankheit. In der Folge kommt es dazu, dass Beschäftigte trotz Erkrankung ihre Arbeit aufnehmen. 1. Inwieweit hat die Landesregierung Kenntnis über die Anwendung des „Kaizen-Prinzips“ oder anderer, ähnlich gelagerter Prämienmodelle bei Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern? Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Drucksache 7/2631 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 2. Wie bewertet die Landesregierung die Anwendung solcher Prämienmodelle ? Die Etablierung und Anwendung von Prämienmodellen in Unternehmen ist eine Angelegenheit der jeweiligen Tarifpartner bzw. der Unternehmen. Zu den in der Vorbemerkung genannten Prämienmodellen liegen der Landesregierung keine Informationen vor, sodass eine Bewertung nicht möglich ist. 3. Wie schätzt die Landesregierung das Potenzial der Gesundheitsgefährdung bei Anwendung des „Kaizen-Prinzips“ oder ähnlich gelagerter Prämienmodelle für Kundinnen und Kunden, Patientinnen und Patienten sowie Kolleginnen und Kollegen ein, wenn Beschäftigte trotz Erkrankung ihre Arbeit ausüben, um die Prämie nicht zu verlieren? Inwieweit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer trotz einer bestehenden Erkrankung ihrer beruflichen Tätigkeit weiterhin nachgehen können, ohne sich oder andere zu gefährden, ist nicht pauschal zu bewerten, sondern hängt von der konkreten Erkrankung und ihrer individuellen Ausprägung bei der einzelnen betroffenen Person ab. Soweit bei einer akuten Erkrankung oder im Verlauf einer chronischen Erkrankung bei der betroffenen Person ein Zustand entsteht, der eine ärztliche Arbeitsbefreiung erfordert, sollten derartige Prämienmodelle keinen Anreiz bieten, dennoch zur Arbeit zu gehen. Es wird auch auf die Pflicht der Arbeitgeber zur Gesundheitsvorsorge und -erhaltung gegenüber den Beschäftigten hingewiesen. 4. Inwieweit ist die Abfrage der Anwendung solcher Prämienmodelle Bestandteil bisheriger Arbeitsschutz- und Gesundheitskontrollen von Unternehmen, inklusive Verkaufseinrichtungen, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen etc.? a) Plant die Landesregierung entsprechende Änderungen bzw. Ergänzungen bezüglich der Kontrollen, wenn die Abfrage bisher nicht Bestandteil der Prüfungen ist? b) Warum nimmt die Landesregierung ggf. Abstand davon, die Abfrage in die Prüfung aufzunehmen? Die Anwendung derartiger Prämienmodelle ist nicht Gegenstand der vom Landesamt für Gesundheit und Soziales in den Krankenhäusern und von den Gesundheitsämtern der Landkreise und kreisfreien Städte in den in § 9 Absatz 1 des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGDG M-V) genannten Einrichtungen durchgeführten Kontrollen zur Einhaltung der Anforderungen der Hygiene und zur Einhaltung gesundheitlicher Vorschriften. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2631 3 Die Fragen a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Die Landesregierung beabsichtigt nicht, die Erfassung derartiger Prämienmodelle in die Überwachungsmaßnahmen nach § 9 Absatz 1 ÖGDG M-V aufzunehmen. Die Zielrichtung dieser Kontrollen ist, zum Schutz vor übertragbaren Krankheiten die Einhaltung der Anforderungen der Hygiene und gesundheitsrechtlicher Vorschriften zu überwachen. 5. In wie vielen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sowie Lebensmittelproduktions - und Lebensmittelverkaufsstellen wurden im Jahr 2017 in Mecklenburg-Vorpommern Hygienekontrollen durchgeführt (bitte getrennt auflisten)? a) Wie viele und welche Verstöße wurden festgestellt? b) Welche Maßnahmen wurden eingeleitet? c) Welche Ergebnisse hatten die Maßnahmen zur Folge? Die Fragen 5, a), b) und c) werden zusammenhängend beantwortet. I. Krankenhäuser 2017 sind in 39 Krankenhäusern und 54 Rehabilitationseinrichtungen Hygienekontrollen durchgeführt worden. Zur Frage, wie viele Verstöße festgestellt wurden, kann seitens der Landesregierung keine Aussage getroffen werden, da eine konkrete kleinteilige Quantifizierung der Verstöße nicht erfolgt. Folgende Mängel sind am häufigsten aufgetreten: (a=Maßnahmen des LAGuS, b=Ergebnisse): 1. Betreuung durch Krankenhaushygieniker entspricht nicht den Vorgaben der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) „Empfehlung zum Kapazitätsumfang für die Betreuung von Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen durch Krankenhaushygieniker/innen“ a. Aufforderung zur Einhaltung der Empfehlungen b. Kurzfristig ist keine Verbesserung bei der Anzahl/Quantität zu erwarten, da insgesamt in Deutschland zu wenig ausgebildete (Fachärzte, curricular fortgebildete) Krankenhaushygieniker verfügbar sind, jedoch ist bei der Qualität der Betreuung in den einzelnen Einrichtungen eine Optimierung möglich. 2. Ausstattung mit Hygienefachkräften entspricht nicht den Vorgaben der KRINKO Empfehlung „Personelle und organisatorische Voraussetzungen zur Prävention nosokomialer Infektionen“ a. Aufforderung, Hygienefachkräfte zu qualifizieren. b. In vielen Krankenhäusern läuft die Ausbildung von Hygienefachkräften an (Dauer in der Regel zwei Jahre). Drucksache 7/2631 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 3. Bauliche Mängel (zum Beispiel reine Arbeitsflächen im Spritzbereich - weniger als zwei Meter Abstand - zu Handwaschplätzen, zu wenig geeignete Lagermöglichkeiten für Sterilgut) a. Aufforderung, dies kurzfristig zu beseitigen. b. Der Aufforderung wird durch die Krankenhäuser nachgekommen. 4. Mängel bei hygienisch-mikrobiologischen Untersuchungen zum Beispiel mangelnde Reinigungsleistung und Desinfektion der Steckbecken a. Neueinstellung der Steckbeckenautomaten gefordert. b. Dies wird durch die Krankenhäuser durchgeführt. 5. In einigen Häusern wird die Verpflichtung zur Surveillance (Überwachung) nosokomialer Infektionen nicht ausreichend umgesetzt. a. Aufforderung, zum Beispiel zur Teilnahme an den entsprechenden Krankenhaus- Infektions-Surveillance-System (KISS)-Modulen [zum Beispiel auf Intensivstationen (ITS-KISS) oder im Bereich chirurgischer Eingriffe (OP-KISS)] b. Verbesserungen sind zu beobachten. II. Pflegeeinrichtungen 2017 sind in 300 Pflegeeinrichtungen Hygienekontrollen durchgeführt worden. Zur Frage, wie viele Verstöße festgestellt wurden, kann seitens der Landesregierung keine Aussage getroffen werden, da eine konkrete kleinteilige Quantifizierung der Verstöße nicht erfolgt. Folgende Verstöße wurden durch die Fachdienste Gesundheit der Landkreise und kreisfreien Städte festgestellt: - mangelnde Ordnung/Sauberkeit, falsche Desinfektionsmittel - Desorganisation, schadhaftes Mobiliar, Einrichtung der Verteilerküchen verschlissen - Reinigungs- und Desinfektionsplan entspricht nicht dem aktuellen Stand, Mängel im Reinigungs- und Desinfektionsregime - Meldepflicht gegenüber dem Gesundheitsamt wird nicht eingehalten - bauliche Mängel - Unterschreitung der geforderten Mindestpersonalausstattung und/oder Ausbildung der Mitarbeiter im Hygienemanagement - unzureichende Kontrollrhythmen (Eigenkontrolle) - ungeeignete oder unzureichende Reinlagerungskapazitäten - Hygieneplan wurde nicht eingehalten (Lagerung Sterilgut, Beschriftung Desinfektionsmittelflaschen ), Aktualisierungsdefizite im Hygieneplan - Mängel in der Wäschehygiene - fehlende hygienische-mikrobiologische Untersuchungen und Überprüfungen - kein hygienischer Umgang mit Reinigungsutensilien (Wäsche, Lagerung rein/unrein) - fehlende Standardarbeitsanweisungen Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2631 5 Folgende Maßnahmen sind angeordnet worden: - Großreinigung, Desinfektion - Änderung der Reinigungspläne und Hygienepläne, Erhöhung der Reinigungsfrequenzen - Pläne für den Ablauf von Sanierungen - Forderung nach mehr Hygienefachpersonal - Änderung der Organisation des Wäschetransfers - Belehrungen, protokollarische Terminsetzung - Maßnahmen vor Ort in Form eines aufklärenden Gespräches - Kontrollbericht mit terminierten Auflagen - Gefährdungsanalysen erstellen - Einforderung von entsprechenden Besetzungen und Ausbildungen - Einforderung der Beauftragung der entsprechenden Sicherheitsuntersuchungen und Anpassung der Frequenzen oder Dokumentationen - Einforderung der Verbesserung der Ausstattung/Nachrüstung - Information der Betreiber sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - Nachkontrollen - Amtshilfe anderer Behörden: Lebensmittelüberwachung, Heimaufsicht, Bauamt, Medizinischer Dienst der Krankenkassen Ergebnisse: - Nach Beratung und Kontrolle durch das Gesundheitsamt werden Mängel meist weitestgehend abgestellt. - Reinigung der Wäsche wird an externe zertifizierte Wäscherei ausgelagert. - Reinigungspersonal wird in Arbeitsschutzbelehrungen mit aufgenommen. - Schaffung zusätzlicher Lagerungsmöglichkeiten (rein/unrein) bzw. Optimierung von Abläufen - Renovierungsarbeiten in Planung - Mauerwerkssanierung - Neuanschaffungen von Utensilien - Neubauplanungen - Überarbeitung der Hygienepläne - Änderung des Reinigungsregimes - nachvollziehbare Verbesserungen der infektionshygienischen Situation in den Einrichtungen III. Lebensmittelproduktions- und Lebensmittelverkaufsstellen Die Lebensmittelüberwachungsbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte in Mecklenburg-Vorpommern überprüfen, ob die vom Lebensmittelunternehmer getroffenen Maßnahmen geeignet und ausreichend sind, um die Einhaltung der geltenden rechtlichen Vorschriften auf allen Stufen des Inverkehrbringens - vom Hersteller, Importeur und Großhandel bis hin zum Einzelhandel und den gastronomischen Einrichtungen - zu gewährleisten. Drucksache 7/2631 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 6 In Mecklenburg-Vorpommern gab es 2017 insgesamt 26.849 kontrollpflichtige Betriebe von denen 13.955 (52 %) überprüft wurden. Von der Gesamtzahl der Betriebe entfallen circa 21 % auf die Produktion und 30 % auf den Einzelhandel, 49 % sind Dienstleister. Für die Durchführung der amtlichen Überwachung sind im behördenübergreifenden Qualitätsmanagementsystem Vorgaben von der Planung bis zur Mängelabstellung und gegebenenfalls Sanktion vorgesehen. In den Begehungsprotokollen werden der Zeitpunkt und die Dauer der Betriebskontrolle, der Kontrollumfang und die Mängelfeststellung dokumentiert . In 7.474 Betrieben wurden Mängel festgestellt. Das sind 27,8 % von der Gesamtzahl aller Betriebe, aber 53,6 % der kontrollierten Betriebe. Es mussten 3.332 amtliche Maßnahmen getroffen werden. Die überwiegende Anzahl bestand aus mündlichen Verwarnungen, aber auch in 285 schriftlichen Verfügungen, 144 Verwarnungsgeldern, 150 Bußgeldern und 36 Strafanzeigen. Die Abstellung wird bei leichteren Mängeln durch mündliche Anordnung aufgegeben, schwerwiegende oder spezielle Mängel erfordern schriftliche Verfügungen. Unabhängig von der Mängelabstellung wird je nach Sachverhalt zusätzlich ein Verwarnungs- oder Bußgeld auferlegt. Bei dem Verdacht auf das Vorliegen einer Straftat hat die Überwachungsbehörde den Vorgang an die Staatsanwaltschaft abzugeben (Strafanzeige). Regelverstöße, die eine Ordnungswidrigkeit oder eine Straftat darstellen können, sind in den lebensmittelrechtlichen Vorschriften vorgegeben. Bei Kontrollen können vielfältige Verstöße festgestellt werden. Es sind zum Beispiel bauliche oder konzeptionelle Mängel, Fehler in der Arbeits-, Betriebs- oder Produktionshygiene, Unstimmigkeiten in der Produktzusammensetzung oder Kennzeichnung ineffektive betriebliche Eigenkontrollsysteme. Die Gründe für die 36 Strafanzeigen im Jahr 2017 waren 16 wegen irreführender Kennzeichnung , 12 wegen der Abgabe nicht sicherer, gesundheitsschädlicher bzw. nicht zum Verzehr geeigneter Lebensmittel, fünf wegen Hemmstoffnachweisen in Rohmilch und in Organen von Schlachttieren und drei wegen Höchstmengenüberschreitung von Lebensmittelzusatzstoffen und Pflanzenschutzmittelrückständen. Informationen zur Lebensmittelüberwachung finden Sie auch im Verbraucherfokus unter www.lallf.de/Broschueren. 6. Inwieweit werden das „Kaizen-Prinzip“ oder ähnlich gelagerte Prämienmodelle bei Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern angewendet, an denen das Land beteiligt ist? Derartige Modelle, wie sie in der Einleitung durch den Fragesteller beschrieben werden, gibt es in Unternehmen, die im Land Mecklenburg-Vorpommern ansässig sind und an denen das Land beteiligt ist, nicht.