Der Minister für Landwirtschaft und Umwelt hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 23. Oktober 2018 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/2659 7. Wahlperiode 25.10.2018 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Dr. Wolfgang Weiß, Fraktion DIE LINKE Benutzung von Elektromotoren auf Angelgewässern und ANTWORT der Landesregierung Abgesehen von Bundeswasserstraßen ist gemäß § 21 Abs. 3 Wassergesetz M-V (LWaG) das Befahren von Gewässern nur mit kleinen Wasserfahrzeugen ohne Motorkraft erlaubt. Das schließt auch elektrische Bootsmotoren mit ein. 1. Welche konkreten Gründe gibt es für das Verbot auch von elektrischen Bootsmotoren? Durch welche Studien oder Untersuchungen sind diese Gründe unterlegt (bitte detailliert erläutern)? Gewässerbenutzungen sowie auch das Befahren eines Gewässers, welches keine Bundeswasserstraße und kein gemäß § 2 des Wasserverkehrs- und Hafensicherheitsgesetzes (WVHaSiG M-V) für schiffbar bestimmtes Gewässer ist, bedürfen grundsätzlich der wasserrechtlichen Zulassung. Als Ausnahme von diesem Grundsatz regelt § 21 des Wassergesetzes des Landes Mecklenburg- Vorpommern (LWaG) die erlaubnisfreie Benutzung oberirdischer Gewässer im Rahmen des Gemeingebrauchs. Die landesrechtliche Regelung korrespondiert mit § 25 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG). Der Begriff des Gemeingebrauches ist in hohem Maße auch historisch geprägt und umfasst „fast ausschließlich traditionelle, minder bedeutsame Arten der Nutzung“ (Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, BVerfGE 93, 319, 339, zitiert nach Ganske in Landmann /Rohmer, Umweltrecht, § 25 WHG, Rdnr. 12). Folgerichtig hat kein Bundesland durch Gesetz den Gemeingebrauch auf das Befahren mit motorgetriebenen Wasserfahrzeugen ausgedehnt . Drucksache 7/2659 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Die konkreten Gründe, das Befahren von Gewässern mit elektromotorgetriebenen Wasserfahrzeugen (im Folgenden: Elektroboote) auch weiterhin nicht durch Landesrecht dem Gemeingebrauch gleichzustellen, sind jedoch sachlicher Art. Würde der Gemeingebrauch das Befahren mit Motorbooten umfassen, wären Fahrzeuge dieser Art in praktisch unbegrenzter Zahl auf allen oberirdischen Gewässern anzutreffen. Nicht überall ist aber das Befahren mit Motorbooten, unabhängig von der technischen Antriebsart , mit dem Gewässer- und Naturschutz vereinbar und ohne Gefahren für die auf den Booten befindlichen Personen möglich. Auch von Elektrobooten, die ebenso erhebliche Geschwindigkeiten erreichen können, kann grundsätzlich ein Wellenschlag ausgehen (mit Wirkungen bis an die Ufer), es können Wassertrübungen oder andere Auswirkungen auf die im und am Wasser lebenden Tiere und Pflanzen ausgehen. Die potenziell in die Gewässer gelangenden Schadstoffe und Lärmentwicklungen sind zwar bei Elektrobooten geringer als bei verbrennungsmotorgetriebenen Fahrzeugen. Emissionsfrei ist deren Betrieb aber nicht. Von den zum Antrieb der Elektromotorboote verwendeten Batterien beziehungsweise Akkumulatoren geht ein Gefährdungspotenzial für die Wasserqualität aus, denn sie enthalten wassergefährdende Stoffe, die bei Unfällen oder unsachgemäßem Umgang ins Gewässer gelangen können. Tritt zu den vorhandenen, als Gemeingebrauch zulässigen Befahrungen der Oberflächengewässer eine weitere Nutzergruppe zahlenmäßig unbeschränkt hinzu, können die damit verbundenen (zusätzlichen) Störwirkungen das Gewässer als Bestandteil des Naturhaushaltes erheblich und nachhaltig schädigen. Dies kann auch Bemühungen und Maßnahmen zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie - zum Beispiel zur naturnahen Entwicklung der Gewässer und deren Ufer - entgegenlaufen, sodass der gute ökologische Zustand nicht erreicht wird. 2. Unter welchen Voraussetzungen kann eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 21 Abs. 7 LWaG erteilt werden? a) In wie vielen Fällen wurden in den jeweiligen Jahren seit 2010 derartige Ausnahmegenehmigungen erteilt (bitte für die jeweiligen Wasserbehörden separat angeben)? b) Wie viele von diesen Ausnahmegenehmigungen wurden an Angler ausgegeben (bitte für die jeweiligen Wasserbehörden separat angeben. Das Wassergesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern eröffnet die Möglichkeit, das Befahren geeigneter Gewässer oder Gewässerstrecken mit Motorbooten generell (mittels Allgemeinverfügung) oder durch Einzelgenehmigungen zuzulassen. Voraussetzung ist, dass Belange des Wasserrechtes und der Gewässerbewirtschaftung und andere öffentliche Belange nicht entgegenstehen - dazu zählen insbesondere Anforderungen des Umwelt- und Naturschutzes . Von der Möglichkeit des § 21 Absatz 7 LWaG machen alle zuständigen Unteren Wasserbehörden Gebrauch (siehe Antwort zu Frage 2 a). Der Zulassung geht die gebotene sorgsame und gewässerspezifische Prüfung voraus. Die Ortskenntnis und der Sachverstand der Fachbehörden sind hier unerlässlich. Zuständig sind die Landräte der Landkreise und die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2659 3 Zu a) Folgende Fallzahlen sind bekannt: Behörde Verkehrsöffnung im Wege einer Allgemeinverfügung (Stand 24.01.2018) Einzelzulassungen (Bestehende Zulassungen zum 30.06.2017) Landkreis Ludwigslust-Parchim 138 Landkreis Nordwestmecklenburg 69 Landkreis Rostock 1.508 Landkreis Vorpommern-Rügen 0 Landkreis Mecklenburgische Seenplatte 12 239 Landkreis Vorpommern-Greifswald 16 Landeshauptstadt Schwerin 1 Hanse- und Universitätsstadt Rostock 8 StALU MM⃰ 1 Summe 13 1.979 ⃰ Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres Mecklenburg Zu b) Zur Wahrnehmung der Fachaufsicht kann die Oberste Wasserbehörde Berichte bei den Unteren Wasserbehörden anfordern. Informationen über die Zahl der an Angler ausgegebenen Zulassungen nach § 21 Absatz 7 LWaG sind für die Wahrnehmung der Aufgaben der wasserrechtlichen Fachaufsicht nicht erforderlich. Daher bestehen keine entsprechenden Berichtspflichten der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften. Der Landesregierung liegt damit kein entsprechendes Datenmaterial vor. 3. In wie vielen Fällen wurden in den jeweiligen Jahren seit 2010 Verstöße gegen das Bootsmotorenverbot aus § 21 Abs. 3 LWaG von den Ordnungsbehörden des Landes bearbeitet und sanktioniert (bitte für die jeweiligen Landkreise separat angeben)? Die Überschreitung des Gemeingebrauches ohne entsprechende Erlaubnis ist nach § 134 Absatz 1 Nummer 2 LWaG eine Ordnungswidrigkeit. Entsprechendes Datenmaterial über die landesweite Zahl ordnungsbehördlicher Verfahren liegt der Landesregierung nicht vor. Drucksache 7/2659 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 4. Welche konkreten Sanktionen wurden hierbei in den jeweiligen Fällen verhängt? Da die landesweite Zahl ordnungsbehördlicher Verfahren der Landesregierung nicht bekannt ist, ist auch zu den konkreten Sanktionen keine Aussage möglich. 5. Wie beurteilt die Landesregierung eine Abschaffung des Verbots von elektrischen Bootsmotoren bzw. die Einführung einer entsprechenden Verordnungsermächtigung nach dem Vorbild von § 43 Absatz 1a Brandenburgisches Wassergesetz (BbgWG)? Nicht auf allen Gewässern beziehungsweise Gewässerstrecken ist das Befahren mit Elektrobooten gefahrlos möglich oder mit dem Gewässer- und Naturschutz vereinbar. Zulassungen des Befahrens bedürfen einer individuellen, gewässerspezifischen Abwägung. Daher beurteilt die Landesregierung eine Abschaffung des Verbots von elektrischen Bootsmotoren auf nicht schiffbaren Gewässern äußerst kritisch. Würde eine Verordnungsermächtigung nach dem Vorbild von § 43 Absatz 1a des Brandenburgischen Wassergesetzes (BbgWG) in das Wassergesetz des Landes Mecklenburg- Vorpommern aufgenommen werden, hätte dies nicht zwangsläufig die Öffnung für den elektromotorgetriebenen Verkehr auf allen Gewässern zur Folge. Der Verordnungsgeber wäre denselben rechtlichen Rahmenbedingungen unterworfen wie derzeit die Unteren Wasserbehörden . Auch der Verordnungsgeber könnte das Befahren nur in dem Umfang zulassen, wie dies der vorhandene natürliche und ausgebaute Zustand des einzelnen Gewässers und die jeweils bestimmten Bewirtschaftungsziele erlauben. Mit einer undifferenzierten, gleichsam „blinden“ Zulassung des elektromotorgetriebenen Fahrzeugverkehrs auf allen Gewässern im Land wäre auch nach Einräumen einer Verordnungsermächtigung nicht zu rechnen. Eine Verordnungsermächtigung wird auch deshalb kritisch gesehen, weil sie mit einer Verschiebung der Verkehrssicherungspflichten und der Arbeitsbelastung von den Landkreisen und kreisfreien Städten hin zum Land einherginge, ohne dass in der Landesverwaltung sogleich auf vergleichbare Ortskenntnis und Verzahnung mit den Unteren Naturschutzbehörden und anderen Trägern öffentlicher Belange aufgebaut werden könnte.