Die Justizministerin hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 23. Oktober 2018 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/2696 7. Wahlperiode 25.10.2018 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Jacqueline Bernhardt, Fraktion DIE LINKE Ersatzfreiheitsstrafen in Mecklenburg-Vorpommern 2017 und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Bei der Interpretation der vorliegenden statistischen Daten müssen verschiedene Faktoren beachtet werden. So kommt es häufig vor, dass eine Person zu mehreren Geldstrafen verurteilt wird. Gefangene befinden sich nicht selten zur Vollstreckung mehrerer Ersatzfreiheitsstrafen im Justizvollzug. Somit ist die Zahl der Fälle größer als die Zahl der verurteilten Personen. Aus diesem Grund ist es erforderlich, zwischen der Anzahl von Fällen (Verurteilungen) und der Anzahl der Personen (Verurteilten) zu unterscheiden. Weiterhin verbüßen in Mecklenburg-Vorpommern auch Personen eine Ersatzfreiheitsstrafe, die in anderen Bundesländern verurteilt worden sind, da eine Verurteilung in der Regel dort erfolgt, wo die Tat begangen wurde und nicht dort, wo der Täter wohnt (§ 7 Absatz 1 der Strafprozessordnung). Die Vollstreckung der Strafe erfolgt hingegen regelmäßig in der für den Wohnort des Verurteilten zuständigen Justizvollzugsanstalt. Der Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe liegt regelmäßig eine länger zurückliegende Verurteilung einer Geldstrafe zugrunde. Die Versuche, diese Geldstrafe einzutreiben sind oft langwierig, sodass die Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe - als letztes Mittel - erst viele Monate, manchmal Jahre nach der Verurteilung erfolgt. Drucksache 7/2696 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 1. Wie viele Strafgefangene verbüßten im Jahr 2017 in den Justizvollzugsanstalten des Landes Mecklenburg-Vorpommern eine Ersatzfreiheitsstrafe (bitte nach Jahren und Justizvollzugsanstalten aufführen )? a) Wegen welcher Straftaten erfolgten die Verurteilungen? b) Wie hoch waren die ausgeurteilten Geldstrafen? c) Wie hoch ist der Anteil an den Ersatzfreiheitsstrafen an den ursprünglich verhängten Geldstrafen? Insgesamt verbüßten 826 Personen eine Ersatzfreiheitstrafe im angefragten Zeitraum. JVA Bützow 340 JVA Neubrandenburg 109 JA Neustrelitz 10 JVA Stralsund 179 JVA Waldeck 188 Gesamt 826 JVA: Justizvollzugsanstalt; JA: Jugendanstalt Zu a) Verurteilungen wegen der nachfolgend benannten Straftaten lagen im Jahr 2017 den Ersatzfreiheitsstrafen zugrunde. Aus datenschutzrechtlichen Gründen wird auf eine konkrete Zuordnung zu einer JVA/JA verzichtet, da Rückschlüsse auf die verurteilten Personen erfolgen könnten. Straftaten Beleidigung in Tateinheit mit Körperverletzung Betrug Betrug, Unterschlagung Diebstahl Diebstahl geringwertiger Sachen Diebstahl im besonders schweren Fall Erschleichen von Leistungen Fahren ohne Fahrerlaubnis Fahren ohne Fahrerlaubnis, Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz Falsche uneidliche Aussage gefährliche Körperverletzung Körperverletzung Körperverletzung, Beleidigung, Bedrohung, Sachbeschädigung Missbrauch von Notrufen Nötigung Sachbeschädigung Trunkenheit im Verkehr unerlaubter Erwerb von Betäubungsmitteln Unterschlagung Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2696 3 Straftaten Unterschlagung u. a. Urkundenfälschung Vergehen gegen das Aufenthaltsgesetz Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz Verstoß gegen das Straßenverkehrsgesetz Verstoß gegen die Abgabenordnung Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz u. a. Verstoß gegen das Tierschutzgesetz Verstoß gegen das Waffengesetz Vortäuschen einer Straftat Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte Fischwilderei Beleidigung Diebstahl und Unterschlagung geringwertiger Sachen Hehlerei Umweltgefährdende Abfallbeseitigung Erpressung u. a. Computerbetrug Beleidigung u. a. Bedrohung u. a. Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis Hausfriedensbruch Unbefugter Gebrauch eines Fahrzeuges u. a. Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort ohne Personenschaden Missbrauch von Notrufen, Beeinträchtigung von Unfallverhütungs- und Nothilfemitteln Beförderungserschleichung Raub u. a. Verbreitung pornographischer Schriften Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen Exhibitionistische Handlungen Fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs Versuchte Nötigung Führen eines Kfz trotz Fahrverbot Bandendiebstahl Ausbeutung von Prostituierten Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt Unerlaubter Umgang mit explosiven Stoffen Einschleusen von Ausländern Entziehung elektrischer Energie Jagdwilderei Insolvenzverschleppung Beischlaf zwischen Verwandten Unerlaubter Umgang mit gefährlichen Abfällen Begünstigung Drucksache 7/2696 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Straftaten Strafvereitelung Veruntreuung Vortäuschen einer Straftat Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz Veränderung amtlicher Ausweispapiere Sexueller Missbrauch von Kindern Zu b) Im Jahr 2017 betrug die Summe der ausgeurteilten Geldstrafen, zu deren Ersatz Freiheitsstrafen angetreten wurden, eine Höhe von insgesamt 895.085 Euro. JVA/JA in Euro JVA Bützow 322.625 JVA Neubrandenburg 97.389 JA Neustrelitz 5.279 JVA Stralsund 256.389 JVA Waldeck 213.403 Zu c) Im Jahr 2017 sind in Mecklenburg-Vorpommern 12.217 Verurteilungen zu Geldstrafen erfolgt. In insgesamt 779 Fällen wurde eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt. Davon sind 603 Fälle, die durch eine Staatsanwaltschaft in Mecklenburg-Vorpommern, und 176 Fälle, die von Staatsanwaltschaften anderer Bundesländer vollstreckt wurden (siehe Vorbemerkung). 2. Wie hoch war der Anteil der Häftlinge mit Ersatzfreiheitstrafe an der Gesamtzahl der Strafgefangenen (Stichtag sei der 1. jedes Quartals)? Angaben in Prozent 01.01.2017 01.04.2017 01.07.2017 01.10.2017 JVA Bützow 6,92 10,94 8,13 7,47 JVA Neubrandenburg 6,02 22,50 21,88 13,16 JA Neustrelitz 0,00 1,82 0,87 0,00 JVA Stralsund 17,83 21,62 17,43 14,75 JVA Waldeck 7,19 16,41 5,51 5,23 Gesamt Durchschnitt 7,60 13,14 8,96 7,63 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2696 5 3. Wie hoch liegen derzeit die Haftkosten je Strafgefangener in den Strafvollzugsanstalten in Mecklenburg-Vorpommern? Im Jahr 2017 betrug der Tageshaftkostensatz für einen Strafgefangenen 161,62 Euro. 4. In wie vielen Fällen überstiegen die Haftkosten die Höhe der Geldstrafe , an deren Stelle die Ersatzfreiheitsstrafe getreten war? Die Haftkosten überstiegen im Jahr 2017 bei allen 826 Gefangenen die Höhe der Geldstrafen. 5. Welche Kosten fielen in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2017 durch die Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen insgesamt an? Im Jahr 2017 betrugen die Kosten für die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafen 4.495.298,68 Euro. Dabei wurde der Tageshaftkostensatz von 2017 zugrunde gelegt. 6. In wie vielen Fällen konnten in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2017 Ersatzfreiheitsstrafen durch freie Arbeit im Sinne der Verordnung über die Abwendung der Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe durch freie Arbeit erreicht werden? Wie hoch ist der Anteil an den verhängten Ersatzfreiheitsstrafen? Im Jahr 2017 konnte in 805 Fällen die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe durch freie Arbeit abgewendet werden. Dem stehen 779 Fälle gegenüber, in denen eine Ersatzfreiheitsstrafe tatsächlich verbüßt wurde. Drucksache 7/2696 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 6 7. Sieht die Landesregierung andere Möglichkeiten, die Zahl der Ersatzfreiheitsstrafen zu reduzieren? Wenn ja, welche? 8. Wie ist der Sachstand der im Rahmen der 87. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister gebildeten Bund-Länder- Arbeitsgruppe „Prüfung alternativer Sanktionsmöglichkeiten - Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen gemäß § 43 StGB“? Die Fragen 7 und 8 werden zusammenhängend beantwortet. Möglichkeiten, die Zahl der Ersatzfreiheitsstrafen zu reduzieren, werden von der benannten Bund-Länder-Arbeitsgruppe erörtert. Die Arbeitsgruppe hat mitgeteilt, dass sie bestrebt sei, im Herbst 2018 einen Abschlussbericht vorzulegen. Dieser liegt der Landesregierung bisher nicht vor. Das Ergebnis bleibt abzuwarten.