Die Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 23. November 2018 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/2704 7. Wahlperiode 26.11.2018 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Jacqueline Bernhardt, Fraktion DIE LINKE Einsatz von Familienhebammen in Mecklenburg-Vorpommern 2018 und ANTWORT der Landesregierung Familienhebammen sind eine wichtige und unerlässliche Unterstützung von Familien im Rahmen der „Frühen Hilfen“ und werden von der Landesregierung als Angebote unter anderem für Familien, Mütter und Väter kommuniziert , die in besonderen oder schwierigen Lebenssituationen im Kontext der Geburt und Erziehung intensive Unterstützung benötigen. Nach Aussagen der Landesregierung liegen jedoch „Weder landesweit noch bundesweit (…) valide Studien zur Ermittlung des Bedarfs an Frühen Hilfen vor.“ (siehe Kleine Anfrage „Einsatz von Familienhebammen sowie Familien-, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen im Jahr 2017“ vom 29. März 2018, Drucksache 7/1796). Damit ist der Landesregierung bis dato nicht bekannt, wie viele Familien, Frauen und Männer, die tatsächlich Unterstützung im Rahmen der „Frühen Hilfe“ benötigen bzw. anfragen, auch tatsächlich Hilfe erhalten. 1. Wie viele Familienhebammen (FHB) und Familien-, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen (FGKiKP) sind in Mecklenburg- Vorpommern im Jahr 2018 mit welchem Stundenumfang im Einsatz? Grundlage für die Beantwortung dieser Frage sind die Daten aus dem aktuellen Förderverfahren 2018. Es sind nur Planwerte aus dem Antragsverfahren bekannt, der Umfang des tatsächlichen Einsatzes ergibt sich erst nach dem Abschluss der Verwendungsnachweisprüfung in 2019. Drucksache 7/2704 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 In einem Landkreis ist eine fest angestellte Familien-, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin (FGKiKP) mit 28 Wochenarbeitsstunden tätig. In den anderen kreisfreien Städten und Landkreisen sind 40 Familienhebammen (FHB) und fünf FGKiKP für Familien im Einsatz. Diese Fachkräfte haben mit dem jeweils zuständigen Gesundheitsamt Leistungsvereinbarungen abgeschlossen, die die Grundlage für ihren Einsatz bilden. Der geplante Umfang des Einsatzes wird in den Leistungsvereinbarungen zwischen den Vertragspartnern ausgehandelt und mit den Förderanträgen mitgeteilt; im Regelfall bis zu sechs Stunden in der Woche. 2. Wie haben sich die insgesamt zur Unterstützung der Familien geleisteten Stunden in Mecklenburg-Vorpommern seit 2008 entwickelt (bitte in Form einer tabellarischen Gegenüberstellung für die einzelnen Jahre auflisten)? Die Entwicklung der zur mittelbaren und unmittelbaren Unterstützung der Familien der durch das Land geförderten Stunden stellt sich wie folgt dar: Jahr Gesamtförderung in Euro Vergütung je Stunde in Euro Anzahl der abgerechneten Stunden 2008 38.053,00 30,00 1.269 2009 108.168,00 30,00 3.606 2010 168.778,80 36,00 4.689 2011 275.332,40 36,00 7.649 2012 322.280,20 36,00 8.953 2013 311.649,59 36,00 8.657 2014 330.242,40 36,00 9.174 2015 364.393,50 39,00 9.344 2016 313.220,00 39,00 8.032 2017 300.358,05 39,00 7.702 2018* 341.459,68 39,00 8.756 * gemäß Bewilligungssumme für das laufende Jahr Den tätigen Fachkräften werden in Umsetzung des Landesprogramms FHB/FGKiKP Leistungen für die notwendige Fahrzeit zur Familie, für die Netzwerkarbeit sowie für die Inanspruchnahme von Supervisionen vergütet. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2704 3 3. Wie viele Familien wurden im Jahr 2017 durch wie viele Familienhebammen und Familien-, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen betreut (bitte nach Familienform sowie einzeln für die Landkreise und kreisfreien Städte auflisten)? Im Rahmen des durch das Land geförderten Einsatzes von FHB/FGKiKP ergibt sich folgender Betreuungsumfang: kreisfreie Stadt/ Landkreis Anzahl betreuter Familien in 2017 (gem. VN-Sachberichten) Anzahl FHB/FGKiKP (gem. VN-Sachberichten) Landeshauptstadt Schwerin 58 5 Hanse- und Universitätsstadt Rostock 88 10 Ludwigslust-Parchim 6 5 Mecklenburgische Seenplatte 10 2 Nordwestmecklenburg 42 1 Rostock 42 9 Vorpommern-Greifswald 54 7 Vorpommern-Rügen 47 9 insgesamt 347 50* * Es gibt zwei FHB/FGKiKP, die in zwei Kreisen gleichzeitig tätig waren, diese sind in der Tabelle doppelt erfasst. Hinsichtlich der Frage nach den Familienformen liegen der Landesregierung keine statistischen Daten vor. 4. Wie viele Anträge bzw. Anfragen auf Unterstützung durch Familienhebammen sind den jeweiligen Gesundheitsämtern der Landkreise und kreisfreien Städte in den Jahren 2016, 2017 und 2018 zugegangen? a) In wie vielen Fällen (absolut und prozentual) konnten Familienhebammen vermittelt werden? b) Wie vielen Anfragen und Anträgen konnte aus welchen Gründen nicht entsprochen werden? 5. Wie viele Familien, die in Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen der „Frühen Hilfen“ Unterstützung benötigen bzw. anfragen, konnten zeitnah und umfassend durch Familienhebammen unterstützt werden (bitte in prozentualen und absoluten Zahlen darstellen)? 6. Wie viele Familien mussten wie lange auf Unterstützung warten bzw. haben aus welchen Gründen (noch) keine Unterstützung erhalten? Die Fragen 4, a), b) sowie 5 und 6 werden zusammenhängend beantwortet. Drucksache 7/2704 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 In den nachfolgenden Tabellen werden die an das Gesundheitsamt gemeldete Anzahl von Familien in den Jahren 2016 bis 2018, die einer niedrigschwelligen Betreuung und Begleitung bedürfen, sowie die Vermittlung von Hilfsangeboten dargestellt. Vorangestellt sei, dass es sich bei dem Landesprogramm FHB/FGKiKP um ein freiwilliges und niedrigschwelliges Angebot im Rahmen der Frühen Hilfen handelt, bei dem als Zugangsvoraussetzungen kein Antragsverfahren der Familie und keine Dokumentationspflicht zu Anfragen auf Unterstützung seitens des Gesundheitsamtes besteht. 2016 kreisfreie Stadt/Landkreis Fälle gesamt 2016 Vermittlung absolut Vermittlung in Prozent Landeshauptstadt Schwerin 67 67 100 Hanse- und Universitätsstadt Rostock 40 40 100 Ludwigslust-Parchim Keine Angaben Mecklenburgische Seenplatte 23 23 100 Nordwestmecklenburg Keine Angaben Rostock 63 63 100 Vorpommern-Greifswald 41 40 98 Vorpommern-Rügen 20 Neuanfragen 15 75 2017 kreisfreie Stadt/Landkreis Fälle gesamt 2017 Vermittlung absolut Vermittlung in Prozent Landeshauptstadt Schwerin 58 58 100 Hanse- und Universitätsstadt Rostock 66 (plus 22 Fälle aus 2016 übernommen ) 63 95 Ludwigslust-Parchim Keine Angaben. Mecklenburgische Seenplatte 10 10 100 Nordwestmecklenburg Keine Angaben Rostock 42 42 100 Vorpommern-Greifswald 27 27 100 Vorpommern-Rügen 26 Neuanfragen 20 77 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2704 5 2018 kreisfreie Stadt/Landkreis Fälle gesamt 2018 Vermittlung absolut Vermittlung in Prozent Landeshauptstadt Schwerin Keine Angaben Hanse- und Universitätsstadt Rostock 28 (plus 26 Fälle aus 2017 übernommen ) 9 an FHB/FGKiKP 11 an andere Hilfesysteme 72 Ludwigslust-Parchim Keine Angaben Mecklenburgische Seenplatte 5 5 100 Nordwestmecklenburg Keine Angaben Rostock 34 26 76 Vorpommern-Greifswald 20 19 95 Vorpommern-Rügen 26 Neuanfragen 26 100 Von acht angefragten kreisfreien Städten beziehungsweise Landkreisen liegen der Landesregierung Rückmeldungen von sechs Gebietskörperschaften vor. Die unterschiedliche Art der Rückmeldungen (Alt- und Neufälle, nur Neuanfragen) erschwert die Vergleichbarkeit der Daten. Gründe, die die Arbeit im Landesprogramm beeinflussen und in der Folge für Wartezeiten auf Unterstützungsangebote aus dem Landesprogramm FHB/FGKiKP beziehungsweise die Verweisung auf andere Hilfesysteme führen, sind sehr vielfältig. Genannt seien hier insbesondere: - Engpässe bei der Versorgung durch freiberufliche Hebammen aufgrund von Teilzeitarbeitsmodellen oder aber auch aufgrund einer Arbeitsverlagerung (Erweiterung Tätigkeitsspektrum in Bezug auf originäre Aufgaben gemäß Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), zum Beispiel zusätzliche Kursangebote wie Babyschwimmen, Babymassage, Ernährungskurse für Säuglinge und Kleinkinder, etc.), - weniger Beschäftigungskapazitäten der Fachkräfte (sowohl der frei niedergelassenen als auch der in einem Arbeitsverhältnis stehenden Fachkräfte), - individuelle Faktoren (Umzug in eine andere Region beziehungsweise in ein anderes Bundesland, Schwangerschaft und Elternzeit, landkreisübergreifende Doppelbeschäftigung oder berufliche Neuorientierung), - Komplexität und der Schwierigkeitsgrad eines bestehenden Falles, der eine andere Art der fachlichen Prävention/Intervention erfordert, - bestehender Verwaltungsaufwand (Führung einer Dokumentation, Abrechnung der erbrachten Leistung, Beachtung neuer Datenschutzbestimmungen, Beachtung von Fristen), - unterschiedliche Erwartungen über die Höhe des Honorars, - zuwendungsrechtliche Bedenken der kreisfreien Städte und Landkreise gegenüber Festanstellung von Fachkräften am Gesundheitsamt Drucksache 7/2704 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 6 Dennoch kann den Familien in den überwiegenden Fällen zeitnah Unterstützung angeboten werden. Weitere örtliche Hilfsmechanismen wie Familienpaten, Willkommensangebote, die unterschiedlichen regionalen Angebote der Bundesstiftung Frühe Hilfen sind Zusatzangebote, auf welche die Fachkräfte hinweisen und die durch die Familien in Anspruch genommen werden können. 7. Wenn der Landesregierung keine Zahlen zu Bedarfen und Inanspruchnahme von Familienhebammen vorliegen, a) was wird die Landesregierung unternehmen, um zeitnah zu Informationen und Erkenntnissen zu gelangen? b) aus welchen Gründen hat die Landesregierung bislang darauf verzichtet , Zahlen zu Bedarfen und Inanspruchnahme von Familienhebammen in Erfahrung zu bringen, um die Situation in Mecklenburg -Vorpommern realistisch einschätzen und bewerten zu können? Die Fragen 7, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Der Landesregierung liegen Daten zur Inanspruchnahme von FHB/FGKiKP in den kreisfreien Städten und Landkreisen vor; auf die Antworten zu den Fragen 1 bis 4 wird verwiesen. 8. Wie viele Personen mit welchen Berufen bzw. Qualifikationen wurden und werden in den Jahren 2016 bis 2018 für den Einsatz als Familienhebammen in Mecklenburg-Vorpommern weitergebildet? Die Landesregierung hat von September 2015 bis Juli 2016 eine Fortbildung nach den Kompetenzprofilen „Familienhebammen“ und „Familien-Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen “, welche durch das Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) erarbeitet wurden, angeboten . Zwei Hebammen und sieben Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen beziehungsweise Kinderkrankenschwester wurden für den Einsatz als Familienhebammen beziehungsweise Familien-Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen weitergebildet. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2704 7 9. Welche Pläne zur Fortführung und gegebenenfalls einem Ausbau der Weiterbildung für Familienhebammen und Familien-, Gesundheitsund Kinderkrankenpflegerinnen zum Einsatz in den Familien gibt es in Mecklenburg-Vorpommern für die nächsten Jahre? Die Landesregierung plant auch weiterhin Fortbildungen für Hebammen und Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen beziehungsweise Kinderkrankenschwestern zur Qualifizierung als Familienhebamme beziehungsweise als Familien-Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen anzubieten. Gegenwärtig liegen jedoch nur vereinzelt Interessenbekundungen zur Qualifizierung vor. 10. Ist der Landesregierung bekannt, dass ab 2019 ein massiver Abbau von Familienhebammen unter anderem in Rostock geplant ist? Was sind die Ursachen dafür? Der Landesregierung ist bekannt, dass weniger Fachkräfte für das Landesprogramm FHB/FGKiKP zur Verfügung stehen; auch, dass in der Hanse- und Universitätsstadt Rostock FHB/FGKiKP ihre Tätigkeit im Landesprogramm beenden wollen. Die konkrete Anzahl der Fachkräfte ist der Landesregierung bisher noch nicht mitgeteilt worden. Ursachen hierfür sind insbesondere die sinkende Anzahl von freiberuflichen Hebammen, die dem Landesprogramm zur Verfügung stehen, die bestehenden Arbeitsbelastungen bei festangestellten Fachkräften im Gesundheitsbereich, die bestehenden weiten Wege im Sozialraum, die unterschiedlichen Erwartungen über die Höhe der Vergütung sowie die Forderung nach Kontinuität und Sicherheit in der Beschäftigung bei Hebammen. Im Weiteren wird auch auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Die Landesregierung hat 2016 das Landesprogramm FHB/FGKiKP dahingehend verändert, dass auch festangestellte FHB/FGKiKP in den Gesundheitsämtern der Landkreise und kreisfreien Städte im Rahmen des zur Verfügung stehenden Finanzbudgets förderfähig sind. In einem weiteren Schritt hat die Landesregierung zum 1. Januar 2019 die Rahmenbedingungen des Landesprogramms angepasst. So erfolgen eine Honorarerhöhung um sieben Prozent auf 42 Euro pro Stunde und die Anrechnung der Supervisionszeiten als Arbeitszeit (sechs Stunden jährlich). Somit werden den Fachkräften Zeiten für Qualifikation, Professionalisierung und Psychohygiene angerechnet und vergütet.