Der Minister für Landwirtschaft und Umwelt hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 9. November 2018 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/2715 7. Wahlperiode 12.11.2018 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Sandro Hersel, Fraktion der AfD Aussichtsplattform am Königsstuhl und ANTWORT der Landesregierung 1. Wie positioniert sich die Landesregierung zum gescheiterten Bürgerentscheid im Hinblick auf die Pläne zur Errichtung einer Aussichtsplattform /-brücke am Königsstuhl? Die Landesregierung steht für Bürgernähe bei politischen Entscheidungen und befürwortet grundsätzlich die unmittelbare Einbeziehung der Bürger bei kommunalen Entscheidungen. Dies geschieht in einem definierten rechtlichen Rahmen, der auch die Grenzen der Bürgerbeteiligung bestimmt. Im Hinblick auf den Bürgerentscheid zur Errichtung der Aussichtsplattform am Königsstuhl war der vom Gesetzgeber gesteckte Rahmen überschritten. Der Bürgerentscheid hätte in unzulässiger Weise in bestehende Verträge der Stadt Sassnitz mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern und dem WWF Deutschland eingegriffen. Außerdem fehlte das für einen Bürgerentscheid notwendige Mindestquorum der Stimmberechtigten. 2. Welche Vertreter der Landesregierung haben sich wann mit dem Bürgermeister der Stadt Sassnitz über das Bauvorhaben ausgetauscht? Eine Begutachtung des Königsstuhls durch Experten des Geologischen Dienstes Mecklenburg- Vorpommern sowie durch das Ingenieurbüro Baugrund Stralsund Ingenieurgesellschaft mbH kam bereits im Jahr 2012 zu dem Ergebnis, dass eine dauerhafte Standsicherheit der Zuwegung zum Königsstuhl nicht gewährleistet ist. Drucksache 7/2715 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Seit diesem Zeitpunkt trafen sich regelmäßig Vertreter der Landesregierung mit dem Bürgermeister der Stadt Sassnitz und dem WWF-Deutschland, um eine Problemlösung zu besprechen. Das Thema wurde seit 2012 auch auf allen Sitzungen des Nationalparkbeirates in Anwesenheit eines Vertreters des Referates Großschutzgebiete im Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt behandelt. Am 20. November 2017 hat der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit zwei Zuwendungsbescheide an den Bürgermeister von Sassnitz übergeben. Bei diesem Termin wurde der Minister durch den Projektanten über das Projekt Königsstuhl informiert. 3. Wie ist der gegenwärtige Planungsstand der zu errichtenden Aussichtsplattform ? a) Wie hoch werden die Kosten sein? b) Wer wird diese Kosten tragen? c) Mit welchen konkreten Vor- oder Nachteilen für die Einwohner von Sassnitz und der umgebenden Gemeinden rechnet die Landesregierung bei einer Umsetzung des Bauprojektes? Die Stadt Sassnitz hat einen Bauantrag beim Landkreis gestellt. Eine Baugenehmigung liegt noch nicht vor, da verschiedene Antragsunterlagen vom Landkreis Vorpommern-Rügen nachgefordert oder aber noch nicht von der Stadt eingereicht wurden. Von der Stadt beauftragt ist ein Windgutachten, das dem Bauantrag noch anzufügen ist. In der Vergabevorbereitung ist ein zusätzliches detailliertes Baugrundgutachten für den Geländeabschnitt, der den Pylon aufnehmen wird. Ein Landschaftspflegerischer Begleitplan, der unter anderem eine FFH-Verträglichkeitsprüfung beinhaltet, wurde dem Landkreis Vorpommern-Rügen in der vergangenen Woche übergeben. Zu a) Die Kosten für die Aussichtsplattform werden nach bisheriger Schätzung circa 7 Millionen Euro brutto betragen. Zu b) Es wurden von der Landesregierung Fördermittel in Aussicht gestellt. Über die Höhe der Förderung und über die Höhe des Eigenanteils, der von der Stadt Sassnitz und/oder der Nationalpark-Zentrum Königsstuhl Sassnitz gemeinnützige GmbH getragen werden muss, kann erst nach verbindlicher Finanzierungszusage Auskunft gegeben werden. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2715 3 Zu c) Die Einwohner der Stadt Sassnitz sind in hohem Maße von der Akzeptanz und dem Erscheinungsbild des Nationalparks Jasmund betroffen. Dieser generiert erhebliche Beschäftigungsimpulse in der Region und ist der zentrale wertbildende Faktor für die Einwohner und die Tourismuswirtschaft. Die Erlebbarkeit des Königsstuhls ist in diesem Kontext eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Besucherlenkung. 4. Rechnet die Landesregierung mit einem stärkeren Besucheraufkommen nach Abschluss der angedachten Baumaßnahmen? Wer wird die Einnahmen aus den Eintrittsgeldern bekommen? Seit der Gründung des Nationalparkzentrums Königsstuhl gemeinnützige GmbH im Jahr 2004 besuchten rund vier Millionen Gäste die Einrichtung, das entspricht circa 350.000 Gästen pro Jahr. Höhere Besucherzahlen werden langfristig nicht erwartet und auch nicht angestrebt. Damit fallen auch keine zusätzlichen Einnahmen aus Eintrittsgeldern an. Mit den Einnahmen aus den Eintrittsgeldern deckt die Nationalparkzentrum Königsstuhl gemeinnützige GmbH die Kosten der Umweltbildung, der Gästeinformation und der Gästebetreuung sowie der Erhaltung der baulichen Anlagen. 5. Wie lässt sich das Ziel, mit der geplanten Schwebeplattform mehr Touristen in den Nationalpark zu locken, mit der Aussage des Nationalparkamtes vereinen, wonach „intensiver Tourismus mit starken Auswirkungen auf die natürliche Entwicklung“ nicht „mit dem Nationalpark- und Welterbezielen“ vereinbar sei? Sieht die Landesregierung darin eine Gefahr, dass eine weitere Ausweitung des Tourismus im Nationalpark den Status als Weltnaturerbe gefährdet? Die Betretbarkeit der Aussichtsplattform auf dem Königsstuhl ist eine elementare Säule für die Besucherlenkung, die Öffentlichkeitsarbeit sowie die Umweltbildung im Nationalpark Jasmund und im UNESCO-Weltnaturerbe. Nur durch eine Konzentration der Gäste des Nationalparks im Besucherzentrum ist es möglich, Schäden an der Natur zu begrenzen und über den Nationalpark und das Welterbe zu informieren. Drucksache 7/2715 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 6. Wie viele Besucher kamen nach Kenntnis der Landesregierung in den vergangenen zehn Jahren in den Nationalpark Jasmund (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Die Erfassung sozioökonomischer Daten für Nationalparke ist sehr aufwendig und kostenintensiv . Für den Nationalpark Jasmund gibt es daher nur eine Erfassung aus den Jahren 2013/2014. Hierbei wurden an fünf ausgewählten Stellen die Besucher erfasst und befragt. In der Summe wurden an diesen fünf Stellen 679.000 Besucher pro Jahr errechnet. Aus der Kenntnis, in welcher Höhe Besucherströme in dieser Erfassung aller Voraussicht nach nicht berücksichtigt werden konnten, wird seitens der Nationalparkverwaltung von rund einer Million Besucher pro Jahr im Nationalpark Jasmund ausgegangen. 7. Ab welcher Besucherzahl rechnet die Landesregierung mit einer Beeinträchtigung der natürlichen Entwicklung des Nationalparks, die mit den Welterbezielen nicht mehr vereinbar ist? Eine absolute Zahl kann durch die Landesregierung nicht genannt werden, da diese sehr vom Erfolg der Besucherlenkung abhängig ist. Solange es gelingt, die Besucherströme auf einige unbedenkliche Punkte, wie zum Beispiel das Nationalparkzentrum Königsstuhl, zu konzentrieren , ist mit keiner Beeinträchtigung des Schutzgebietes zu rechnen (siehe auch Antwort zu Frage 5). In diesem Kontext kommt der Erlebbarkeit des Königsstuhls eine herausragende Bedeutung zu. 8. Wurde die UNESCO nach Kenntnis der Landesregierung in die Planungen für die Schwebeplattform am Königsstuhl einbezogen? a) Wenn ja, wie schätzt die UNESCO das Bauvorhaben ein? b) Wenn nicht, wann soll dies geschehen? Die Einbeziehung der UNESCO erfolgte im Jahr 2014 nach Vorlage einer ersten Grobplanung für die neue Aussichtsplattform über dem Königsstuhl. Zu a) In ihrem Antwortschreiben bestätigt die UNESCO die Verträglichkeit der geplanten Neuerrichtung der Aussichtsplattform mit den Richtlinien des Welterbeabkommens. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2715 5 Zu b) Entfällt. 9. Wie positioniert sich der WWF nach Kenntnis der Landesregierung zum Bauvorhaben einer Schwebeplattform am Königsstuhl? Der WWF Deutschland ist mit 70 Prozent Mehrheitsgesellschafter der Nationalpark-Zentrum Königsstuhl Sassnitz gemeinnützige GmbH. 30 Prozent werden von der Stadt Sassnitz gehalten. Der WWF Deutschland ist über die Gremien des Zentrums (Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung) von Beginn an in die Planungen der Aussichtsplattform involviert und unterstützt das Vorhaben. 10. In welchem Umfang werden die Bauarbeiten für das geplante Bauvorhaben in die Natur eingreifen? Ist nach Einschätzung der Landesregierung die Fällung von Bäumen notwendig? Jedes Bauvorhaben sowie die derzeitige Besucherinfrastruktur (Besucherplattform mit Geländer, Treppen, Bohlenstegen) greift in die Natur ein. Im Zuge der notwendigen Verkehrssicherung werden Gefahren beseitigt, Bäume müssen beschnitten oder gefällt werden. Mit dem geplanten Bauwerk soll im Bereich des Nationalparkzentrums ein Pylon gestellt werden, an dem frei eine Brücke in Form eines geschwungenen Weges hängt. Dieser Weg reicht bis auf den Königsstuhl. Dazu muss durch Bohrungen in den Boden eingegriffen werden. Die Bohrungen für das Fundament und die Anker befinden sich gemäß der Unterlagen außerhalb des Gleitkreises dieses Uferbereichs. Dort befinden sich bereits ähnlich tiefe Bohrungen, die das Nationalparkzentrum Königsstuhl mit Erdwärme versorgen. Im Zuge der Baumaßnahme müssen einige Bäume gefällt werden. Neben Jungwuchs handelt es sich dabei um 19 geschützte Einzelbäume, darunter ein Altbaum. Die Fällung dieser Bäume wird gemäß der gesetzlichen Bestimmungen kompensiert.