Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 5. Dezember 2018 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/2748 7. Wahlperiode 06.12.2018 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Christel Weißig, Fraktion Freie Wähler/BMV Aktuelle Situation der Akut-Psychiatrischen Stationen der Universitätsmedizin Rostock und ANTWORT der Landesregierung Am 27. Oktober 2017 berichtete die Ostsee-Zeitung über massive Probleme in der Patientenversorgung auf den Akut-Psychiatrischen Stationen PS1 und PS2 der Universitätsmedizin Rostock. In der daraufhin einberufenen „Aktuellen Stunde“ wurde vonseiten der Landesregierung versichert, sich dieser Problematik anzunehmen. Quelle: http://www. ostsee-zeitung.de/Region-Rostock/Rostock/Platznot-in-der-Psychiatrie 1. Was kann über die derzeitige Situation auf den Stationen PS1 und PS2 berichtet werden? Die Versorgung der Patientinnen und Patienten auf den Stationen PS1 und PS2 ist gewährleistet. Die seitens der Landesregierung und der Universitätsmedizin Rostock ergriffenen Maßnahmen greifen. Drucksache 7/2748 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 2. Wie konnten die in der Vergangenheit angesprochenen Probleme in der Patientenversorgung bis zum jetzigen Zeitpunkt beseitigt werden? Welche Maßnahmen sind geplant? Wie bereits in der Antwort der Landesregierung zu Frage 7 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 7/1215 ausgeführt, ist die stationäre Kapazität der Universitätsmedizin Rostock mit Wirkung zum 1. Januar 2017 um 14 Plätze erweitert worden. Zugleich sind 20 weitere Betten umgewidmet worden. Dies geschah mit „Bescheid über die Aufnahme in den Krankenhausplan 2012 des Landes Mecklenburg-Vorpommern“ vom 6. November 2017. Gleichzeitig wurden die erforderlichen baulichen Maßnahmen ergriffen, um eine zusätzliche Station betreiben zu können, und es wurde damit begonnen, das hierfür zusätzlich erforderliche Personal einzustellen. Dieses arbeitet bereits jetzt auf Stationen, wo ein personeller Mehrbedarf besteht, also insbesondere auf den Akutstationen PS1 und PS2. Neben dem zusätzlich eingestellten und dem bisherigen Pflegepersonal, den Ärztinnen und Ärzten, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern sowie Ergo- und Physiotherapeutinnen und Ergo- und Physiotherapeuten sind auf diesen beiden Stationen zusätzlich jeweils ein Psychologe beziehungsweise eine Psychologin tätig. Dies hat zu einer spürbaren Entspannung der Situation geführt. Die Station PS2 wurde zudem um einen zusätzlichen sogenannten „Timeout -Raum“ erweitert, was die Behandlung akuter Patientinnen und Patienten deutlich erleichtert. Weiterhin wurde die bisher offen geführte gerontopsychiatrische Station PS4 in eine fakultativ geschlossene Station umgewandelt. Die hierzu erforderlichen Umbaumaßnahmen, wie zum Beispiel ein geschützter Garten im Außenbereich, sind abgeschlossen, sodass jetzt auf dieser Station auch Patientinnen und Patienten behandelt werden können, die früher notwendig auf den Stationen PS1 oder PS2 untergebracht werden mussten. Eine weitere Maßnahme, die voraussichtlich im Januar 2019 abgeschlossen sein wird, ist die Eröffnung einer weiteren zusätzlichen und neuen gerontopsychiatrischen Station. Diese Station wird mit knapp einer Million Euro aus Eigenmitteln der Universitätsmedizin Rostock finanziert und soll vor allem dazu dienen, den gestiegenen Bedarf an Behandlungsplätzen für ältere Menschen zu befriedigen. Zusätzlich wird dadurch erreicht, dass sich die Stationen PS1 und PS2 überwiegend jüngeren hochakuten psychiatrischen Patientinnen und Patienten widmen können, ohne zusätzlich sehr pflegeintensive gerontopsychiatrische Patientinnen und Patienten versorgen zu müssen. Weiterhin sind Maßnahmen zur Verbesserung der Notaufnahme geplant, sodass die Stationen PS1 und PS2 weniger stark in diese Akutversorgung mit einbezogen werden müssen. Darüber hinaus wurden die Aktivitäten der „Arbeitsgruppe zur Reduktion von Zwangsmaßnahmen “ verstärkt, einschließlich eines intensivierten interdisziplinären Fort- und Weiterbildungsangebots für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie beispielsweise ein Deeskalationstraining . Geplant sind außerdem systematische und regelmäßige Supervisionen für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2748 3 3. An wie vielen Tagen im Jahr lag die Patientenbelegung auf den Stationen PS1 und PS2 über der Anzahl der Planbetten? Wie bereits in der Antwort der Landesregierung zu Frage 2 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 7/1215 ausgeführt, hat die Landesregierung keine eigene Kenntnis von der monatlichen prozentualen Bettenauslastung der Stationen PS1 und PS2, da sie diese Daten nicht erhebt. Die Universitätsmedizin Rostock hat hierzu Folgendes mitgeteilt: „Die Stationen P1 und P2 sind fast täglich mit mindestens einem Patienten rechnerisch ‚überbelegt‘, weshalb ja die Kapazitätserweiterung erfolgt. Konkret war dies 2017 auf der P1 an 320 und auf der P2 an 301 von 365 Tagen der Fall. Per 31. Oktober 2018 kam dies auf der P1 an 287 und auf der P2 an 268 von 304 Tagen vor. Allerdings sind beide Stationen sowohl baulich als auch personell (siehe oben erwähnte, bereits erfolgte Einstellung zusätzlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) so ausgestattet, dass sie erhöhte Belegungszahlen mit einzelnen zusätzlichen Patientinnen und Patienten bewältigen können. Als Sofortmaßnahme wurden auf den Stationen P1 und P2 zusätzliche Betten aufgestellt. Da diese Maßnahme nur temporär ist und mit Eröffnung der neuen Station nicht mehr erforderlich sein wird, gehen diese zusätzlich aufgestellten Betten nicht in die Belegungsstatistik ein. Mit der Eröffnung der zusätzlichen neuen Station im Januar 2019 sollten regelmäßige Überbelegungen der Vergangenheit angehören.“ 4. Gab es seit 2017 eine Aufstockung der Bettenanzahl auf den Stationen PS1 und PS2? a) Wann wurde eine solche beantragt? b) Wenn ja, in welcher Höhe pro Station? Die Fragen 4, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Die Krankenhausplanung ist gemäß Ziffer 5.2 des Krankenhausplans 2012 des Landes Mecklenburg-Vorpommern, der unter dem Link https://www.regierung-mv.de/Landesregierung /wm/gesundheit/Gesundheitsversorgung/Krankenhauswesen/ einsehbar ist, seit dem Kalenderjahr 2017 als sogenanntes Amtsverfahren ausgestaltet. Dies bedeutet, dass die Träger keine Anträge auf Aufnahme in den Krankenhausplan stellen müssen, sondern das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit auf Grundlage der ihm vorliegenden Auslastungszahlen ein Verfahren auf Erhöhung oder Absenkung der Kapazität von Amts wegen einleitet. Wie bereits in der Antwort der Landesregierung zu Frage 7 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 7/1215 ausgeführt, ist die stationäre Kapazität der Universitätsmedizin Rostock mit Wirkung zum 1. Januar 2017 um 14 Plätze erweitert worden. Zugleich sind 20 weitere Betten umgewidmet worden. Dies geschah mit „Bescheid über die Aufnahme in den Krankenhausplan 2012 des Landes Mecklenburg-Vorpommern“ vom 6. November 2017. Ein weiteres Verfahren, welches unter anderem die Erhöhung der stationären Kapazität für das Kalenderjahr 2018 zum Gegenstand hat, ist noch beim Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit anhängig. Drucksache 7/2748 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Die Aufnahme in den Krankenhausplan erfolgt krankenhaus- und nicht stationsbezogen. Daher kann die Landesregierung zur Anzahl der Betten auf den Stationen keine Aussage treffen. Die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Rostock hat hierzu jedoch das Folgende mitgeteilt: „Am 06.11.2017 wurden der Klinik - wie oben erwähnt - 14 zusätzliche vollstationäre Betten und vier teilstationäre Behandlungsplätze bewilligt. Dieser Bescheid galt rückwirkend ab dem 01.01.2017. Um die Stationen P1 und P2 spürbar und nachhaltig zu entlasten, erschien eine dauerhafte ‚Aufstockung‘ in den vorhandenen Räumlichkeiten nicht sinnvoll, da dadurch eine zusätzliche Belastung eintreten würde. Statt die neu bewilligten Betten zusätzlich auf den Akutstationen aufzustellen, sollen diese dazu genutzt werden, eine neue zusätzliche gerontopsychiatrische Station einzurichten. Die hierzu erforderlichen baulichen Maßnahmen werden voraussichtlich im Januar 2019 abgeschlossen sein.“ 5. Wurde der Personalschlüssel auf den Stationen PS1 und PS2 aufgrund der höheren Belegung angepasst? a) Wenn ja, wie viele Stellen wurden in Vollzeit bzw. in Teilzeit neu geschaffen? b) Auf welcher Grundlage? Die Fragen 5, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Wie bereits in der Antwort der Landesregierung zu den Fragen 6, a), b) und 7 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 7/488 ausgeführt, liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse über den konkreten Personalschlüssel der geschlossenen Stationen der Universitätsmedizin Rostock vor. Die Universitätsmedizin Rostock hat jedoch mitgeteilt, dass der Personalschlüssel auf den Stationen PS1 und PS2 angepasst wurde. Nach Auskunft der Universitätsmedizin Rostock wurde im pflegerischen Bereich jeweils ein zusätzlicher Mitarbeiter beziehungsweise eine zusätzliche Mitarbeiterin eingestellt, nachdem je 1.0 VK (eine Vollzeitkraftstelle) zusätzlich geschaffen wurde. Darüber hinaus werden jetzt regelmäßig Sitzwachen beschäftigt. Außerdem ist jetzt jeder Station ein fester Mitarbeiter beziehungsweise eine feste Mitarbeiterin aus dem Bereich Psychologie zugeteilt. Die Anpassung des Personalschlüssels erfolgte auf der Grundlage der Verordnung über Maßstäbe und Grundsätze für den Personalbedarf in der stationären Psychiatrie (Psych-PV) und entsprechender Stellenausschreibungen. 6. Wie viele dieser Stellen konnten mit gefordertem Fachpersonal besetzt werden? a) Gab es Abstriche bei der erforderlichen Qualifikation? b) Wenn ja, welche? Die Fragen 6, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2748 5 Wie bereits in der Antwort der Landesregierung zu den Fragen 6, a), b) und 7 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 7/488 ausgeführt, liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse über den konkreten Personalschlüssel der geschlossenen Stationen der Universitätsmedizin Rostock vor. Dies schließt die Kenntnis über die jeweilige Qualifikation ein. Die Universitätsmedizin Rostock hat jedoch mitgeteilt, dass alle Stellen mit dem erforderlichen Fachpersonal besetzt und Abstriche in der Qualifikation nicht vorgenommen wurden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 5, a) und b) verwiesen. 7. Können die Maßgaben des Urteils des BVerfG zur Eins-zu-Eins- Betreuung von fixierten Patienten auf den Stationen PS1 und PS2 personell sichergestellt werden? a) Wenn ja, wie werden diese Betreuungen abgedeckt? b) Durch wen werden diese Betreuungen abgedeckt? Die Fragen 7, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Die sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ergebende grundsätzliche Pflicht zur Eins-zu-eins-Betreuung von fixierten Patientinnen und Patienten kann durch die Universitätsmedizin Rostock sichergestellt werden. Hierzu wurden nach Mitteilung der Universitätsmedizin Rostock einerseits zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt und andererseits das Budget für „studentische Hilfskräfte“ von sechs auf acht aufgestockt. Die Betreuung der fixierten Patientinnen und Patienten erfolgt durch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus dem Bereich Pflege, die insbesondere im Nachtdienst durch Medizinstudierende („studentische Hilfskräfte“) unterstützt werden. 8. Wie viele Fixierungen wurden durch ärztliche und oberärztliche Anordnungen, auch ohne die Erfüllung der Maßgaben des Urteils des BVerfG zur Eins-zu-Eins-Betreuung von fixierten Patienten, durchgeführt ? Wie steht die Landesregierung zu diesen Praktiken? In der Universitätsmedizin Rostock wurden in der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie sowie in der Klinik für Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatik und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter im Kalenderjahr 2017 insgesamt 262 Fixierungen und in der ersten Jahreshälfte 2018 insgesamt 99 Fixierungen durchgeführt. Die Universitätsmedizin Rostock hat mitgeteilt, dass bei diesen Fixierungen eine Eins-zueins -Betreuung sichergestellt war. Seit der Verkündung des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 24. Juli 2018 - 2 BvR 309/15 -) wird zudem auch die zusätzliche Anforderung des Richtervorbehalts eingehalten. Die Landesregierung hält dies für beanstandungsfrei. Auf die Antwort zu Frage 7 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 7/2455 wird insoweit verwiesen. Drucksache 7/2748 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 6 9. Ist bekannt, dass im Sommer dieses Jahres die Station PS1 teilweise, aus Personalmangel der Notaufnahme, zusätzlich die psychiatrische Notaufnahme auf Station PS1 mit übernehmen musste, obwohl sie personell und räumlich dafür nicht ausgestattet ist, sodass Notaufnahmepatienten , deren Angehörige und stationäre Patienten sich die Räumlichkeiten teilten, während der stationseigene Park aus Sicherheitsgründen für alle Patienten auf Anordnung verschlossen bleiben musste? Wie beurteilt die Landesregierung diese Maßnahmen, auch mit Rücksicht auf die Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Patienten und des Datenschutzes? Die Behandlung von psychiatrischen Notfallpatientinnen und Notfallpatienten auf der Akutstation PS1 erfolgte im Rahmen eines auf wenige Tage begrenzten Versuchs zur Verbesserung der Versorgungssituation, Vereinfachung der Abläufe und Entlastung des Personals. Dieser Versuch erfolgte vor dem Hintergrund, dass ohnehin viele akutpsychiatrische Patientinnen und Patienten vom Rettungsdienst absprachegemäß unmittelbar und direkt auf die Stationen PS1 und PS2 eingeliefert werden. Um den Patientinnen und Patienten und dem Pflegepersonal die belastende und teilweise gefährdende Verlegung von der Notaufnahme auf die geschützten Stationen zu ersparen, wurde eine regelhafte Generalisierung dieser Praxis erprobt. Es sollte zudem auch die Anzahl der Patientinnen und Patienten reduziert werden, die unbemerkt und ohne vorher ärztlich gesehen worden zu sein, die Notaufnahme wieder verlassen. Der Datenschutz war während der Testphase gewährleistet. Auch hatten die Patientinnen und Patienten der geschlossenen Station in dieser Zeit täglichen Zugang zum Außenbereich von mindestens einer Stunde. Die Landesregierung begrüßt alle Maßnahmen, die der Verbesserung der Qualität und der Effizienz der Versorgung dienen. Der auf wenige Tage begrenzte Versuch der Universitätsmedizin Rostock stellt nach Ansicht der Landesregierung eine solche Maßnahme dar. 10. Wie viele Übergriffe auf das Pflegepersonal gab es im Jahr 2017 und 2018 auf den Stationen PS1 und PS2? Die Landesregierung hat keine eigene Kenntnis von der Anzahl der Übergriffe auf das Pflegepersonal, da sie diese Daten nicht erhebt. Die Universitätsmedizin Rostock hat hierzu Folgendes mitgeteilt: „Im Jahr 2017 gab es insgesamt sechs Übergriffe auf den Stationen P1 und P2, die zu einer Vorstellung des betroffenen Pflegepersonals beim Durchgangsarzt führten. Diese Zahl liegt für das Jahr 2018 bisher bei zwei. Darüber hinaus haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unabhängig von ihrer Berufsgruppenzugehörigkeit die Möglichkeit, als besonders belastend empfundene Vorfälle zu melden, auch wenn es hierbei zu keinen körperlichen Übergriffen kommt (zum Beispiel Beschimpfungen). Solche Vorfälle wurden 56 Mal (2017) beziehungsweise 61 Mal (2018) gemeldet. Aktuell erfolgt eine systematische Evaluation dieser Daten im Rahmen einer Dissertation.“