Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 14. Dezember 2018 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/2861 7. Wahlperiode 18.12.2018 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Christel Weißig, Fraktion Freie Wähler/BMV Deponie Ihlenberg bei Schönberg und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Das im Umweltrecht verankerte Vorsorgeprinzip beinhaltet den nicht lediglich reaktiven, sondern vorausschauenden, also „vorsorglichen“ Schutz des Menschen vor Umweltgefahren. Die rechtlichen Regelungen sind nach dem allgemeinen Wissensstand so ausgerichtet, dass Umweltbelastungen nicht entstehen können beziehungsweise möglichst gering gehalten werden. Daher ist grundsätzlich davon auszugehen, dass dem Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt Genüge getan ist, wenn die rechtlichen Anforderungen eingehalten werden. Das Abfallrecht, das auch für die Zulassung und Überwachung von Deponien die erforderlichen Regeln bereithält, ist nach dem Vorsorgeprinzip aufgebaut. Der gesamte Prozess von der Einsammlung über die Behandlung bis hin zur Beseitigung von Abfällen auf Deponien muss so ausgerichtet sein, dass Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit vermieden werden. Drucksache 7/2861 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 1. Welche Erhebungen und Erkenntnisse über gesundheitsschädliche Auswirkungen auf die anwohnende Bevölkerung im Zusammenhang mit der Sondermülldeponie am Ihlenberg gibt es seit ihrem Bestehen bis zum jetzigen Zeitpunkt? Aufgrund der Vermutung einer Häufung von Krebserkrankungen in der Umgebung der Deponie Ihlenberg wurde in Absprache mit der Bürgerinitiative, dem Beirat für Umweltfragen der Deponie Ihlenberg, der Ärztekammer, dem Umwelt- und dem Sozialministerium und dem Betreiber bereits 2004 beschlossen, eine epidemiologische Studie durchzuführen. Die Studie wurde als modulare Studie durch das Institut für Community Medicine der Universität Greifswald durchgeführt. Im ersten Modul wurden mögliche arbeitsplatz- und umgebungsbezogene Risikofaktoren und die Schadstoffpfade zusammengestellt und bewertet (veröffentlicht 2006). Das zweite Modul sollte klären, ob eine mögliche Erhöhung der Krebshäufigkeiten bei ehemaligen und aktiv beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Deponie Ihlenberg vorliegt (veröffentlicht 2008). Im dritten Modul, das für die Fragestellung relevant ist, wurde die Erkrankungs- und Sterbehäufigkeit an Krebserkrankungen in der Bevölkerung der Umgebung der Deponie Ihlenberg untersucht (veröffentlicht 2007). In einem 20-Kilometer-Radius um die Deponie wurden die Mortalität (Sterblichkeit) und die Inzidenz (Erhöhung der Neuerkrankungshäufigkeit ) der Bevölkerung für Krebserkrankungen bewertet. Im Ergebnis der durchgeführten epidemiologischen Studie besteht keine signifikante Erhöhung von Krebserkrankungen in diesem Bereich. Weiterhin ermittelt das Gemeinsame Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der Freistaaten Sachsen und Thüringen (GKR) epidemiologisch Trendentwicklungen bei Krebserkrankungen. Die Erhebung der Daten erfolgt auf Kreisebene. Gemäß dem aktuellsten Landesbericht (veröffentlicht 2016) „Krebs in Mecklenburg-Vorpommern“ liegt die Häufigkeit von Krebserkrankungen im Landkreis Nordwestmecklenburg im untersuchten Zeitraum bei allen Krebsarten unter dem Landesdurchschnitt . 2. Ist seit dem Bestehen im Umfeld der Deponie bei Schönberg ein Anstieg an Krebs-, Autoimmunerkrankungen, Fehlgeburten oder Behinderungen bei Neugeborenen zu verzeichnen (bitte nach Jahren und Diagnose aufschlüsseln)? Zu den Erkenntnissen über Krebserkrankungen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Darüber hinaus veröffentlicht das GKR Kreisdatenblätter zu Krebsneuerkrankungen und Krebstodesfällen nach Alter und Geschlecht - so auch für den Landkreis Nordwestmecklenburg - auf der Homepage www.berlin.de/gkr. Im Übrigen weisen die allgemeinen Erhebungen im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung Daten auf Landesebene aus. Der Landesregierung liegen daher keine Daten vor, die auf ein erhöhtes Auftreten von Autoimmunerkrankungen, Fehlgeburten oder angeborene Behinderungen im Umfeld der Deponie bei Schönberg hindeuten. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2861 3 3. Welche Art der Prophylaxe gibt es, um eventuelle gesundheitliche Schäden der anwohnenden Bevölkerung durch den Betrieb dieser Sondermülldeponie rechtzeitig zu erkennen und zu vermeiden? Die Deponie Ihlenberg wird nach dem Stand der Technik betrieben und im Rahmen der abfallrechtlichen Vorschriften überwacht. Eine Prophylaxe gegen gesundheitliche Schäden der Bevölkerung in der Umgebung der Deponie Ihlenberg besteht im ordnungsgemäßen Betrieb der Deponie, der unter anderem durch ein umfassendes Überwachungsmanagement belegt wird (vergleiche Vorbemerkung). 4. Wer überprüft die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben in der Deponie Ihlenberg zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung? Für die Überwachung der Deponie Ihlenberg sind mehrere Fachbehörden zuständig. Das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Westmecklenburg ist für die Zulassung von Änderungen der Deponie und für die Überwachung des Deponiebetriebes zuständig. Gemeinsam mit der unteren Wasserbehörde des Landkreises Nordwestmecklenburg erfolgt die Überwachung der Gewässer einschließlich des Grundwassers. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales überwacht die Einhaltung der einschlägigen Arbeitsschutzvorschriften auf der Deponie. Das Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern ist als notifizierende Behörde für die Genehmigung und die Überwachung der grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen zuständig. 5. Wie häufig und welche Art von Kontrollen werden in der Deponie Ihlenberg durchgeführt? Das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Westmecklenburg führt auf der Deponie Ihlenberg mindestens einmal im Jahr eine umfassende Überwachung nach der europäischen Industrieemissionsrichtlinie (IED) durch. Zu diesen Terminen werden auch die anderen zuständigen Behörden eingeladen. Gegenstand dieser Überwachungen sind zum Beispiel die Prüfung der Genehmigungen auf Aktualität und gegebenenfalls notwendige Änderungen, Prüfung der Aktualität der Fachkunde und Zuverlässigkeit des Personals sowie die überschlägige Prüfung der Messungen und Kontrollen, die vom Betreiber durchgeführt werden müssen (unter anderem Sickerwasser, Grundwasser, Oberflächenwasser, Deponiegas). Weiter wird das Deponieverhalten im Hinblick auf Setzungsmessungen, Bewuchs- und Erosionsschäden beurteilt. In einem weiteren Prüfschritt werden die angenommenen und abgegebenen Abfallmengen zur Beseitigung und zur Verwertung dahingehend geprüft, ob die archivierten Untersuchungsergebnisse vollständig und plausibel sind. Dazu werden die Register des Betreibers zur Annahmekontrolle der Abfälle geprüft und mit den eigenen Daten der Überwachungsbehörde abgeglichen. Drucksache 7/2861 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Als letzter Prüfgegenstand sind im Rahmen dieser IED-Überwachungen auch die Aufzeichnungen und Auswertungen von besonderen Vorkommnissen zu nennen. Darüber hinaus werden weitere Überwachungsmaßnahmen vor Ort zum Beispiel zur Bauüberwachung bei Bauvorhaben auf der Deponie oder aus aktuellem Anlass bei Vorgängen durchgeführt, die nach dem Abfallrecht die Mitwirkung der zuständigen Behörde erfordern. Der Deponiebetreiber selbst führt eine umfangreiche Eigenüberwachung durch und dokumentiert die Ergebnisse dieser Kontrollen. In erheblichem Umfang werden die Ergebnisse der Kontrollen der Umweltmedien auch auf freiwilliger Basis auf der Website des Betreibers (www.ihlenberg.de) veröffentlicht. Einen erheblichen Teil der vom Deponiebetreiber selbst zu leistenden Kontrollen nehmen die nach der Deponieverordnung vorgeschriebenen Annahmekontrollen ein. Die Deponieverordnung legt fest, in welchen Abständen und in welchem Umfang Kontrollanalysen durchzuführen sind. Bei Bedarf werden diese Abstände durch das zuständige Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt in den Zustimmungen zur Abfallannahme weiter verdichtet. 6. Wie viele und welche Zwischenfälle gab es seit dem Bestehen dieser Deponie bis heute, die zu einer Gefahr für die anwohnende Bevölkerung hätten werden können oder wurden (bitte nach Jahr und Art des Zwischenfalls aufschlüsseln)? Die zuständigen Behörden werten seltene Vorkommnisse wie Brände oder Starkregenereignisse verantwortungsvoll aus und leiten daraus bei Bedarf entsprechende Handlungsempfehlungen oder Anordnungen für den Deponiebetreiber ab. Aufgrund der Geringfügigkeit und aufgrund des Abstandes zur Wohnbebauung bestand bisher kein Handlungsbedarf, um Gefahren für die Bevölkerung abzuwehren. 7. Welche Bestrebungen seitens der Landesregierung gibt es, den Standort am Ihlenberg als Sondermülldeponie aufzugeben? Die Landesregierung wird im 2. Quartal 2019 den Entwurf eines Konzeptes zur weiteren Neuausrichtung der Unternehmenspolitik der IAG - einschließlich eines Schließungsszenarios und eines Schließungsfolgen- und Nachsorgekonzeptes - vorlegen.