Die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 14. Dezember 2018 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/2887 7. Wahlperiode 18.12.2018 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Jörg Kröger, Fraktion der AfD Provenienzerschließung und Restitution in der DDR und in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) entzogener Kunst und ANTWORT der Landesregierung 1. Wie viele Restitutionsansprüche auf Kunstwerke und Antiquitäten wurden im Rahmen offener Eigentumsfragen aus der Zeit von SBZ und DDR seit 1990 bis 2018 gegenüber der Landesregierung beziehungsweise den Ministerien von Mecklenburg-Vorpommern geltend gemacht (bitte auflisten nach Datum, Art des Anspruchs und Ergebnis des Verfahrens)? a) Durch wen wurden diese Restitutionsanträge bearbeitet? b) Nach welchem Verfahren wurden die Anträge bearbeitet? c) Wie plant die Landesregierung, zukünftig mit solchen Restitutionsansprüchen umzugehen? Zuständig für die Restitution - auch - von Kunstwerken und Antiquitäten waren zunächst die bei den Kreisen angesiedelten Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen (ÄRoV) sowie das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen (LARoV). Zum 1. August 2011 wurden die Restaufgaben dieser Ämter auf das Finanzministerium übertragen. Rechtsgrundlage für die Restitution von Enteignungen in der Zeit der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) ist das Ausgleichsleistungsgesetz (§§ 5 und 6 - AusglLeistG), für die Zeit der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz - VermG). Drucksache 7/2887 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Statistisch erfasst wurden insgesamt 110 als „Kunst“ bezeichnete Restitutionen nach dem Vermögensgesetz. In der Statistik zum Ausgleichsleistungsgesetz wurden entsprechend der gesetzlichen Vorgabe des § 5 Absatz 1 AusglLeistG lediglich „bewegliche Sachen“ erfasst, die neben Kunstgegenständen zum Beispiel auch normalen Hausrat erfassen. Hierzu gibt es 4.710 Vorgänge. Die Anträge waren bis zum 31.05.1995 zu stellen. Die Bearbeitung erfolgte - unter Beteiligung der Besitzer/Verfügungsbefugten - im Rahmen des durch das Vermögensgesetz vorgesehen Verfahrens. 2. Wie hat sich das Land Mecklenburg-Vorpommern mit den Antragstellern in den Jahren 1990 bis 2018 geeinigt? Gemäß § 31 Absatz 5 VermG hat die Behörde in jedem Stadium des Verfahrens auf eine gütliche Einigung zwischen dem Berechtigten und dem Verfügungsberechtigten hinzuwirken. Soweit derartige Einigungen erfolgt sind, wurden sie durch entsprechenden Bescheid bestätigt. Im Übrigen erfolgte bei Vorliegen der Voraussetzungen (rechtzeitiger Antrag, festgestellte Berechtigung) ein Restitutionsbescheid. Bescheide, die aufgrund einer Einigung ergingen, sind nicht separat statistisch erfasst. 3. Warum ist das Land Mecklenburg-Vorpommern erst im Jahr 2015 im Rahmen des Beschlusses des Stiftungsrates des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste vom 22. Januar 2015 in Fragen zur Kulturgutentziehung in SBZ und DDR politisch aktiv geworden? Die Prämisse der Frage ist nicht zutreffend. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat die Restitution von Kunstgegenständen und Antiquitäten entsprechend den gesetzlichen Vorgaben von Anfang an betrieben. Das Staatliche Museum (SMS) ist seit circa der Mitte der 1990er Jahre zur Aufarbeitung der Bestände der herzoglichen Familie in der SBZ aktiv gewesen. Was die Zeit der DDR betrifft, so war das Staatliche Museum über die Konferenz Nationaler Kultureinrichtungen seit 2012 in Aufarbeitungsfragen zu diesem Kontext involviert. Im Rahmen dieser ersten Aufarbeitungsschritte wurde versucht zu klären, welche Entziehungstatbestände vorliegen können und welche juristischen Schlussfolgerungen für Rückforderungen bestehen. Eine weitere Erforschung dieser Materie erfolgte zum damaligen Zeitpunkt der Konferenz Nationaler Kultureinrichtungen nicht, weil die Beauftragte für Kultur und Medien, als Förderin der Konferenz Nationaler Kultureinrichtungen, diese Arbeiten im Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste zusammenziehen wollte. Eine besondere öffentliche Wahrnehmung der Maßnahmen des Landes Mecklenburg- Vorpommern zum Beginn des Jahres 2015 stand unter anderem im Zusammenhang mit dem Auslaufen der Frist nach § 5 Absatz 2 Satz 1 AusglLeistG. Damit endete am 1. Dezember 2014 der unentgeltliche öffentliche Nießbrauch für zur Ausstellung für die Öffentlichkeit bestimmtes Kulturgut. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2887 3 4. Wie viele Kunstobjekte (Grafiken, Gemälde, Skulpturen, Antiquitäten) wurden in der Zeit von 1945 bis 1990 in die Sammlung des Staatlichen Museums Schwerin aufgenommen? a) Wie viele Fälle ungeklärter Herkunft gibt es darunter? b) Wie viele Fälle davon sind durch DDR-Staatsorgane oder angegliederte Organisationen, wie die „Kunst und Antiquitäten GmbH“, in die Sammlung gelangt? Zu 4 und a) Die Zugangsbücher geben Auskunft über die Objekte, die an das Schweriner Museum gelangt sind. Dabei handelt sich um folgende Größenordnungen: Zeitraum Anzahl der Neuerwerbungen 1945 - 1949 213 1950 - 1959 902 1960 - 1969 2.136 1970 - 1979 2.978 1980 - 1989 3.198 Gesamt 9.445 Ein großer Teil besteht aus graphischen Objekten, dann folgen Gemälde; Objekte aus dem Kunsthandwerk und Münzen/Medaillen sind weniger vertreten. Es fällt auf, dass der Großteil der Stücke von Künstlerinnen und Künstlern direkt erworben wurde. Aufgrund einer vorläufigen Einschätzung bieten sich nur bei wenigen Objekten Hinweise auf die Einflussnahme durch die DDR-Staatsorgane. Zu b) Da vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste bis zum heutigen Zeitpunkt keine vergleichbaren Förderprogramme angeboten werden, wie es sie zur Erforschung der Nationalsozialismus -verfolgungsbedingt entzogenen Kunstgüter gibt, und zudem noch keine Ergebnisse zur Grundlagenforschung vorliegen, kann die Frage zum derzeitigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden. Um hier voranzukommen, haben die Staatlichen Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern derzeit ein Antragsverfahren beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste laufen, mit dem geklärt werden soll, wo die relevanten Aktenbestände zu finden sind, die Aufschluss über etwaige entzogene Kunstgüter im Bestand geben können. Erst danach kann mit der konkreten Erforschung der Bestände begonnen werden. Drucksache 7/2887 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 5. Hat die Landesregierung Zugriff auf Informationen zu den Ankaufsmodalitäten und -informationen von Kunstobjekten aus den Sammlungen der Kunsthalle Rostock sowie dem Kulturhistorischen Museum Rostock in der Zeit von 1945 (Kunsthalle Rostock ab 1964) bis 1990? Wenn ja, welcher Art sind diese Informationen? Nein. Es handelt sich um Einrichtungen in der Trägerschaft der Hanse- und Universitätsstadt Rostock. 6. Welche Zwischenergebnisse liegen der Landesregierung aktuell zu den Pilotprojekten des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste zur Grundlagenforschung über Kulturgutverluste in der SBZ und der DDR „Aktion Licht“ sowie zum Kooperationsprojekt in Zusammenarbeit mit der BStU zur Erstellung eines Spezialinventars zu Kulturgutentziehungen vor? Wie auf der Internetseite der Stiftung Kulturgutverluste nachzulesen, ist für beide Pilotprojekte eine Laufzeit bis September 2019 geplant. Ein Zwischenbericht liegt nicht vor. 7. Welchen Anteil hat das Land Mecklenburg-Vorpommern an den Pilotprojekten des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste zu Kulturgutentziehungen in der SBZ und der DDR? a) Wie viele Mitarbeiter aus Mecklenburg-Vorpommern sind daran beteiligt? b) Welches Budget hat Mecklenburg-Vorpommern für diese Projekte bewilligt? Die Fragen 7, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Die Themen der Fragen 6 bis 8 werden ausführlich auf der Internetseite des Deutschen Zentrums für Kulturgutverluste erläutert: https://www.kulturgutverluste.de/Content/03_Forschungsfoerderung/DE/Foerdergrundlage- SBZ-DDR.html. Das Land Mecklenburg-Vorpommern ist an den genannten Pilotprojekten nicht beteiligt, da es sich um Projekte des Hannah-Ahrend-Institutes für Totalitarismusforschung e. V. an der Technischen Universität Dresden, des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR und des Museumsverbandes des Landes Brandenburg e. V. handelt. Der Museumsverband M-V und die Staatlichen Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern (siehe Antwort 4 b) bereiten jeweils einen Projektantrag zu diesem Themenbereich vor. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/2887 5 8. Wie wird die in den „Grundlinien zur Erforschung der Kulturgutentziehungen in SBZ und DDR“ des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste vom 6. Februar 2017 geplante Projektförderung der Forschung zu Einzelobjekten oder Objektgruppen in Museen, Bibliotheken und Archiven künftig finanziert? Warum werden die entsprechenden Institutionen nicht explizit zur Aufarbeitung verpflichtet? Die Mittel des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste werden aus dem Haushalt der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien bereitgestellt. Wie in der Fördergrundlage zur Erforschung von Kulturgutentziehungen in SBZ und DDR des Deutschen Zentrum Kulturgutverluste ausgeführt, ist eine Prüfung von Beständen in öffentlichen Einrichtungen erst sinnvoll und erfolgversprechend, wenn durch Grundlagenforschung die Strukturen und die Mechanismen zu staatlich organisierter unrechtmäßiger Entziehung von Kunst- und Kulturgut in der DDR bekannt sind. Erst durch die Ergebnisse der Grundlagenforschung können Institutionen identifiziert werden, bei denen eine weitere Prüfung sinnvoll und Erfolg versprechend erscheint. 9. Wie steht die Landesregierung zur Aussage in den „Grundlinien zur Erforschung der Kulturgutentziehungen in SBZ und DDR“, „dass es nicht um Restitutionen, sondern um Forschungen und deren Förderungsmöglichkeiten geht“? Der Auftrag der „Grundlinien zur Erforschung der Kulturgutentziehungen in der SBZ und DDR“ ist, Aussagen zu einem Förderkonzept für Forschungen über im Zusammenhang mit Verfolgungs- und Willkürmaßnahmen in der SBZ/DDR entzogene oder abhanden gekommene Kulturgüter zu treffen.