Der Minister für Landwirtschaft und Umwelt hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 7. Februar 2019 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/3086 7. Wahlperiode 11.02.2019 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Jens-Holger Schneider, Fraktion der AfD Küstenschutz in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Die mit dem Sturmtief „Zeetje“ einsetzende Sturmflut führte in Teilen des Landes, wie in Warnemünde und Wismar, zu den höchsten Pegelständen seit Jahrzehnten (Ostsee-Zeitung und NDR vom 3. Januar 2019). Zu verzeichnen sind Schäden, wie an der im letzten Jahr errichteten Aufschüttung in Zempin auf Usedom in Höhe von 550.000 Euro (Ostsee-Zeitung vom 3. Januar 2019). In den Kaiserbädern Heringsdorf, Ahlbeck und Bansin auf Usedom und in Göhren auf Rügen brachen die Dünen bis zu 2,5 Meter hoch ab (NDR vom 3. Januar 2019 und Ostsee-Zeitung vom 4. Januar 2019). Der Minister für Landwirtschaft und Umwelt, Dr. Till Backhaus, sieht den Küstenschutz gut aufgestellt. „Diese Wasserstände können durch die Küstenschutzanlagen des Landes überall beherrscht werden.“ (Ostsee- Zeitung vom 3. Januar 2019). In den Gemeinden Mesekenhagen, Neuenkirchen und Lubmin im Landkreis Vorpommern-Greifswald fordern die Bürgermeister und der Feuerwehrchef eine Verstärkung des Deichschutzes (Ostsee-Zeitung Greifswalder Zeitung vom 3. Januar 2019). Drucksache 7/3086 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 1. Welche Maßnahmen wurden an den Küsten beziehungsweise Küstenabschnitten des Landes ergriffen, um vor Sturmfluten zu schützen (bitte Maßnahmen an Küstenabschnitten der letzten zehn Jahre nach Landkreis und Gemeinde sowie kreisangehöriger und kreisfreier Stadt benennen)? a) Welche Maßnahmen hielten den Sturmfluten nicht stand (bitte Maßnahmen an Küstenabschnitten der letzten zehn Jahre nach Landkreis und Gemeinde sowie kreisangehöriger und kreisfreier Stadt benennen )? b) Wenn keine weiteren Maßnahmen daraufhin ergriffen worden sind, warum nicht? In den Jahren 2009 bis 2018 wurden folgende Küstenschutzmaßnahmen realisiert: lfd. Nr. Baumaßnahme - Maßnahmenbezeichnung Landkreis Gemeinde 1 Dünenverstärkung durch Aufspülung NWM Poel 2 Deichverstärkung NWM Dassow 3 Dünenverstärkung durch Aufspülung LRO Rerik 4 Buhnenbau Kühlungsborn LRO Kühlungsborn 5 Buhnenbau Börgerende LRO Börgerende 6 Molensanierung Auslassbauwerk Conventer Niederung LRO Börgerende 7 Ufermauersanierung LRO Nienhagen 8 Auslauf- und Absperrbauwerk Torfkanal LRO Graal-Müritz 9 Dünenverstärkung durch Aufschüttung LRO Graal-Müritz 10 Buhnenbau Graal-Müritz LRO Graal-Müritz 11 Buhnenbau Warnemünde HRO Warnemünde 12 Dünenverstärkung durch Aufspülung HRO Hohe Düne 13 Maßnahmen zur Verbesserung des Sturmflutschutzes von Warnemünde (Geländeaufhöhung, Straßenaufhöhung, Ufermauerneubau, Verschlußelemente Kanalauslauf) HRO Warnemünde 14 Hochwasserschutzwand Weißes Kreuz HRO Rostock 15 Sturmflutschutz Greifswald mit - Sperrwerk - Boddendeich Wieck - Boddendeich Eldena - Boddendeich Ladebow - Wegeaufhöhung Jager - Wegeaufhöhung Neuenkirchen VG Greifswald 16 Hafenmole Barth VR Barth 17 Neuorganisation Küstenschutzsystem Ostzingst VR Zingst 18 Deichverteidigungsweg Zingst-Ost (Boddendeich-Riegeldeich) VR Zingst 19 Deichinstandsetzung Seedeich Wustrow VR Wustrow 20 Aufspülung Ahrenshoop/Vordarß VR Ahrenshoop 21 Dünenverstärkung durch Aufspülung Zingst Ost VR Zingst 22 Buhnenbau Ahrenshoop/Vordarß VR Ahrenshoop Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3086 3 lfd. Nr. Baumaßnahme - Maßnahmenbezeichnung Landkreis Gemeinde 23 Buhnenbau Wustrow VR Wustrow 24 Speicher Prohn - Verstärkung seeseitiger Damm mit Umbau Auslaufbauwerk VR Prohn 25 Buhnenbau Glowe VR Glowe 26 Deichbau Waase Süd VR Ummanz 27 Ufersicherung Lohme VR Lohme 28 Deichbau Gager VR Gager 29 Dünenverstärkung durch Aufspülung Göhren Süd/Lobbe VR Göhren/Lobbe 30 Buhnenbau Neuendorf/Hiddensee VR Hiddensee 31 Ertüchtigung Boddendeich Vitte VR Hiddensee 32 Ertüchtigung Boddendeich Neuendorf/Hiddensee VR Hiddensee 33 Spundwandbau Peenemünde VG Peenemünde 34 Deicherhöhung Boddendeich Usedom VG Usedom 35 Ertüchtigung Boddendeich Koserow VG Koserow 36 Deichertüchtigung Polder 7 Ueckermünde VG Ueckermünde 37 Sturmflutschutz Ueckermünde Polder 13 Altes Bollwerk VG Ueckermünde 38 Deichbau Kröslin VG Kröslin 39 Deichbau Anklam Deich in Kombination mit Ortsumgehung Anklam VG Anklam NWM = Nordwestmecklenburg LRO = Landkreis Rostock HRO = (kreisfreie) Stadt Rostock VG =Vorpommern-Greifswald VR = Vorpommern-Rügen Die Fragen 1 a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Küstenschutzanlagen, die dem Schutz im Zusammenhang bebauter Gebiete dienen, werden für Sturmfluten mit einem Wiederkehrintervall von 200 Jahren bemessen. Die 2017 und 2019 eingetretenen Sturmfluten hatten Wiederkehrintervalle von circa 20 Jahren. Daher haben alle Küstenschutzanlagen diesen Sturmfluten standgehalten. Nach der Sturmflut 2017 war lediglich an drei Dünenabschnitten die Wiederherstellung der aufgebrauchten Verschleißteile notwendig (Graal-Müritz, Lobbe Thiessow, Glowe). Die Sedimentumverteilung aus den Verschleißteilen der Dünen in den Strand und den Vorstrand stellt aber keinen Schaden dar, sondern gehört zum Wirkprinzip der Dünen, um in rückgängigen Küstenabschnitten das vorherrschende Sedimentdefizit zu kompensieren. Drucksache 7/3086 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 2. An welchen Küstenabschnitten plant die Landesregierung Maßnahmen zum Schutz vor Sturmfluten (bitte Maßnahmen an Küstenabschnitten nach erwarteten Kosten aufschlüsseln und dem Landkreis, der Gemeinde sowie kreisangehörigen und kreisfreien Stadt zuordnen)? Die geplanten Küstenschutzmaßnahmen für den Zeitraum 2014 bis 2020 enthält das Themenheft „Geplante Küstenschutzmaßnahmen“ des Regelwerkes Küstenschutz des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern aus dem Jahre 2013. Der Auszug aus dem Regelwerk gibt die geplanten Küstenschutzmaßnahmen von 2014 bis 2020 wieder: Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3086 5 Drucksache 7/3086 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 6 Das Regelwerk ist unter folgendem Link verfügbar: http://www.stalumv .de/mm/Themen/K%C3%BCstenschutz/Regelwerk-K%C3%BCstenschutz- Mecklenburg%E2%80%93Vorpommern/. An der Fortschreibung für die Zeit 2021 bis 2030 wird aktuell gearbeitet. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3086 7 3. An welchen Küstenabschnitten sind keine Maßnahmen zum Schutz vor Sturmfluten geplant (bitte Küstenabschnitte nach Landkreis und Gemeinde sowie kreisangehöriger und kreisfreier Stadt benennen und jeweils begründen)? Die Pflichtaufgabe Küstenschutz ist per Gesetz auf den Schutz im Zusammenhang bebauter Gebiete beschränkt. Daher werden für alle Küstenabschnitte, von denen keine Gefahr für diese Gebiete ausgeht, durch das Land keine Küstenschutzmaßnahmen geplant. Eine Benennung aller betreffenden Küstenabschnitte ist angesichts der Gesamtküstenlänge von 1.945 Kilometern nicht möglich. 4. Welche Schäden verursachte die Sturmflut Anfang dieses Jahres an den Küstenschutzanlagen und an den nicht durch Küstenschutzanlagen gesicherten Küstenabschnitten des Landes (bitte Schäden an Küstenschutzanlagen und nicht durch Küstenschutzanlagen gesicherten Küstenabschnitten nach Landkreis und Gemeinde sowie kreisangehöriger und kreisfreier Stadt benennen und in Euro aufschlüsseln)? Die Sturmflut vom 2. Januar 2019 verursachte an den Landesküstenschutzanlagen nur geringfügige Schäden, die durch Unterhaltungsmaßnahmen beseitigt werden. Es kam aber an fast allen Landesküstenschutzdünen zu Sandumlagerungen in den Strand- und Vorstrandbereich. Diese werden aber, wie bereits zu Frage 1 a) und 1 b) dargelegt, nicht als Schäden bewertet. Aktuell werden die Dünenabschnitte mit überdurchschnittlich abgearbeiteten Verschleißteilen vermessen. Sofern Verschleißteile aufgebraucht sein sollten, werden diese durch Aufspülung im Rahmen von Investitionsprojekten wiederhergestellt werden. Eine Auflistung der an den nicht durch Küstenschutzanlagen gesicherten Küstenabschnitten eingetretenen Schäden liegt der Landesregierung nicht vor. Es wird jedoch eingeschätzt, dass die Schäden deutlich geringer ausgefallen sind als nach der Sturmflut im Januar 2017. 5. Wann haben Überprüfungen und Instandsetzungsarbeiten an den Küstenschutzanlagen stattgefunden (bitte Überprüfungen und Instandsetzungsarbeiten an den Küstenschutzanlagen der letzten zehn Jahre nach Landkreis und Gemeinde sowie kreisangehöriger und kreisfreier Stadt benennen und in Euro aufschlüsseln)? Der Bestand der Landesküstenschutzanlagen wird durch die Staatlichen Ämter für Landwirtschaft und Umwelt (StÄLU) unterhalten. Zur Unterhaltung gehört auch die regelmäßige Überprüfung des Anlagenzustandes und die darauf basierende Planung von Unterhaltungsleistungen . Drucksache 7/3086 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 8 Die Unterhaltungsleistungen werden, mit Ausnahme der Unterhaltung der Küstenschutzanlagen auf der Insel Hiddensee, die ein eigener Bauhof realisiert, öffentlich ausgeschrieben. Die Ausschreibung und Abrechnung erfolgt für den gesamten Anlagenbestand des jeweiligen StALU. Eine Aufschlüsselung nach Landkreisen Gemeinden ist daher nicht möglich. Im Zeitraum 2009 bis 2018 wurden folgende Mittel (Angabe in Tausend Euro) für die Unterhaltung der Landesküstenschutzanlagen eingesetzt: Jahr StALU WM StALU MM StALU VP 2009 73 385 934 2010 90 350 846 2011 29 400 967 2012 34 382 1.117 2013 48 309 1.023 2014 100 370 887 2015 117 355 642 2016 71 500 741 2017 70 715 989 2018 54 377 1.182 StALU WM = Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt Westmecklenburg StALU MM = Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres Mecklenburg StALU VP = Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt Vorpommern 6. Wo bestehen Risikogebiete für Hochwasser in Mecklenburg- Vorpommern (bitte Risikogebiete den Küstenschutzanlagen zuordnen und nach Landkreis und Gemeinde sowie kreisangehöriger und kreisfreier Stadt aufschlüsseln)? Die Ausweisung der Risikogebiete an der Küste von Mecklenburg- Vorpommern erfolgte mit der Umsetzung der europäischen Hochwasserrisikomanagementrichtlinie im Jahre 2013. Die Karten der Risikogebiete können unter folgendem Link eingesehen werden. Den Karten sind auch die vorhandenen Küstenschutzanlagen und die betroffenen Landkreise und Gemeinden zu entnehmen: https://www.lung.mv-regierung.de/insite/cms/umwelt/wasser/hochwasserrisikomanagementrichtlinie /hwr_hochwassergefahrenkarten.htm Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3086 9 7. Wie bewertet die Landesregierung die Aussage des Ministers für Landwirtschaft und Umwelt, dass diese Wasserstände durch die Küstenschutzanlagen des Landes überall beherrscht werden können? Die Aussage entspricht der Realität. Wie bereits zu den Fragen 1 a) und b) ausgeführt, sind die Landesküstenschutzanlagen für die Beherrschung wesentlich stärkerer Sturmflutereignisse ausgelegt . Ein Anlagenversagen bei den eingetretenen Wasserständen wäre daher allenfalls bei den Landesküstenschutzanlagen möglich, bei denen noch Sanierungs- beziehungsweise Ausbaubedarf besteht. Dies betrifft aber keine Anlagen an der Außenküste. Und in den Bodden- und Haffgewässern blieb die Sturmflut schwächer, sodass auch dort alle Landesküstenschutzanlagen die eingetretenen Wasserstände beherrschten. 8. Wie haben sich die Investitionen des Landes und Bundes in den Küstenschutz Mecklenburg-Vorpommerns entwickelt (bitte für die letzten zehn Jahre beziffern und begründen)? a) Inwieweit sind die Kommunen an Investitionen in den Küstenschutz beteiligt beziehungsweise generieren Mittel aus dem eigenen Haushalt ? b) In welcher Höhe erhalten Kommunen Mittel aus dem Landes- und Bundeshaushalt für den Küstenschutz (bitte Mittel der letzten zehn Jahre nach Landkreis, Gemeinde als auch kreisangehöriger und kreisfreier Stadt beziehungsweise nach Zuwendungsgeber- und empfänger jeweils in Euro aufschlüsseln)? Jahr Investitionssumme (in Tausend Euro) Begründung für reduzierte Investitionssumme 2009 17.561 2010 18.544 2011 21.283 2012 24.041 2013 13.535 Unzureichender Planungsvorlauf 2014 17.454 2015 13.736 Unzureichender Planungsvorlauf 2016 14.310 2017 10.862 Unzureichender Planungsvorlauf 2018 20.943 Die aufgelisteten Investitionen betrafen ausschließlich Küstenschutzanlagen, die dem Schutz im Zusammenhang bebauter Gebiete dienen (gesetzliche Pflichtaufgabe). Die investierten Mittel stammen vollständig aus der Bund-Länder Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“, die zu 70 % vom Bund und zu 30 % vom Land finanziert wird. Drucksache 7/3086 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 10 Zu a) Eine Beteiligung der Kommunen an den Küstenschutzinvestitionen für den Schutz im Zusammenhang bebauter Gebiete erfolgt nicht, da es sich um eine gesetzliche Pflichtaufgabe handelt, die bis zur Gründung von Küstenschutzverbänden dem Land obliegt. Zu b) Mittel für den Küstenschutz wurden an Kommunen bisher nicht ausgereicht. Seit 2016 sieht die Richtlinie für die Förderung nachhaltiger wasserwirtschaftlicher Vorhaben zwar auch die Förderung investiver Vorhaben des Küstenschutzes vor, bisher wurden aber von den Kommunen noch keine Vorhaben umgesetzt. Aktuell sind zwei Vorhaben im Antragsverfahren. 9. Aus welchen Gründen wurde das am 6. Mai 2009 durch den Minister für Landwirtschaft und Umwelt, Dr. Till Backhaus, vorgestellte „Regelwerk Küstenschutz Mecklenburg-Vorpommern“ nicht bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt fortgeschrieben? a) Für welche Küstenabschnitte wurden bis dato lokale Küstenschutzkonzeptionen erstellt und fortgeschrieben (bitte erstellte Konzepte und deren Fortschreibung nach Küstenabschnitt jeweils zeitlich benennen und begründen)? b) Aus welchen Gründen wurden für Abschnitte keine Küstenschutzkonzeptionen erstellt und fortgeschrieben (bitte jeweils nach Küstenabschnitt begründen)? Wie bereits zu Frage 2 ausgeführt, wurde und wird das Regelwerk fortgeschrieben. Zu a) Küstenschutzkonzeptionen wurden für den Küstenabschnitt Fischland bis Vordarß 2003, die Insel Hiddensee 2006 und die Halbinsel Mönchgut, Teilbereich Klein Zicker, 2007 erarbeitet. Die Küstenschutzkonzeptionen wurden jeweils für einen Zeitraum von 20 Jahren aufgestellt. Einer Fortschreibung bedurften sie daher noch nicht. Zu b) Küstenschutzkonzeptionen wurden zuerst für Küstenabschnitte mit besonderen küstenschutzfachlichen Herausforderungen erarbeitet. Zurzeit ist die Küstenschutzkonzeption für die Außenküste der Insel Usedom in der Bearbeitung.