Der Minister für Landwirtschaft und Umwelt hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 26. Februar 2019 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/3108 7. Wahlperiode 27.02.2019 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Beate Schlupp, Fraktion der CDU Erarbeitung des FFH-Gebietsmanagementplans GgB DE 2645-301 „Serrahn“ und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Ausgangslage zur Gewässernutzung im Teilgebiet Serrahn des Müritz-Nationalparks: Das Gebiet gemeinschaftlicher Bedeutung (GGB) DE 2645-301 „Serrahn“ ist weitgehend (96 %) deckungsgleich mit dem Teilgebiet Serrahn des Müritz-Nationalparks. Dessen wichtigste Zweckbestimmung ist gemäß § 3 Nationalparkverordnung (NLP-VO) eine freie, vom Menschen unbeeinflusste Naturentwicklung. Stoffliche Nutzungen natürlicher Ressourcen jedweder Art widersprechen grundsätzlich diesem Schutzzweck, zum Beispiel auch die Entnahme von Fischen. Sie beeinflussen beziehungsweise verhindern den Ablauf natürlicher Entwicklungen. Darüber hinaus steht die Fischerei dem Verbot gemäß § 6 Absatz 1 Ziffer 7 NLP-VO - freilebenden Tieren nachzustellen, sie mutwillig zu beunruhigen, sie zu füttern, zum Fangen der Tiere geeignete Vorrichtungen anzubringen, diese Tiere zu fangen oder zu töten - entgegen. Eine fischereiliche Nutzung ist deshalb im Nationalpark nur in Ausnahmefällen möglich. Als Bestandschutz ist gemäß § 7 Absatz 1 Ziffer 4 NLP-VO außerhalb der Kernzonen (Schutzzone I) die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung (inklusive Fischerei) der bisher genutzten Flächen möglich. Dieser Bestandschutz ermöglicht die Ausübung der Fischerei in der Entwicklungs- und Pflegezone, nicht jedoch für die Gewässer in der Kernzone. Ein derzeit noch genutztes Gewässer in der Kernzone ist der Schweingartensee. Er ist zudem Teil des seit 2011 nominierten UNESCO-Weltnaturerbegebietes. Drucksache 7/3108 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Der Schweingartensee ist Eigentum des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Er wurde 2003 mit einer Laufzeit von 18 Jahren verpachtet, somit endet der Pachtvertrag zum 31. Dezember 2020. Aus der Präambel des Vertrages geht hervor, dass der See in der Kernzone des Nationalparks liegt und somit eine wirtschaftliche Nutzung ausgeschlossen ist. Weiter ist darin festgehalten, dass die dennoch stattfindende Verpachtung erfolgt, um dem Pächter die Möglichkeit einer längerfristigen Anpassung seines Unternehmens an die veränderte Situation zu ermöglichen. Der Pachtvertrag eröffnet die Möglichkeit einer begrenzten Angelnutzung (nur vom Ostufer in einem festgelegten Abschnitt, maximal 30 Jahresberechtigungen). Die Nutzungseinstellung nach dieser 18-jährigen Frist war gleichzeitig Grundlage für die Erteilung einer Befreiung gemäß § 8 NLP-VO als zwingende Voraussetzung für die Ausübung der Fischerei in der Kernzone, da durch diese Befristung die gesetzlich geforderte Vereinbarkeit mit dem Schutzzweck, die die Erteilung einer Befreiung erst ermöglicht, mittelfristig erreicht wird. Aus vorgenannten Gründen verfolgt das Nationalparkamt (NPA) das Ziel, den Schweingartensee nach Auslaufen des Vertrages Ende 2020 nicht weiter zu verpachten. 1. Wie ist der Stand der Erarbeitung des Managementplanes zum o. g. FFH-Gebiet? Die inhaltliche Erstellung des Planentwurfes ist abgeschlossen. Er wurde im August 2018 vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt geprüft. Vom 1. Dezember 2018 bis 15. Januar 2019 erfolgte nach ortsüblicher Bekanntmachung eine Auslegung mit der Gelegenheit zur Stellungnahme. Derzeit werden die Stellungnahmen ausgewertet. Der vollständige Plan ist unter http://de-2645-301.umweltplan.de/texte/ einsehbar. 2. Welche Arten und Lebensraumtypen sollen im o. g. Gebiet geschützt werden? a) Wie ist deren aktueller Erhaltungszustand zu bewerten? b) Welche Rolle spielen sie zur Erhaltung der Art oder des Lebensraumtypes insgesamt? Folgende Arten und Lebensraumtypen (LRT, mit EU-Code) sollen im Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung DE 2645-301 „Serrahn“ geschützt werden: - Mopsfledermaus - Teichfledermaus - Großes Mausohr - Biber - Fischotter Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3108 3 - Schlammpeitzger - Steinbeißer - Kammmolch - Rotbauchunke - Große Moosjungfer - Breitrand - Schmalbindiger Breitflügel-Tauchkäfer - Eremit - Bauchige Windelschnecke - Wolf - LRT 3130 - Nährstoffarme bis mäßig nährstoffreiche Stillgewässer mit Strandlings-/ Zwergbinsenrasen - LRT 3140 - Nährstoffarme bis mäßig nährstoffreiche Stillgewässer mit Armleuchteralgen - LRT 3150 - Natürliche und naturnahe nährstoffreiche Stillgewässer mit Laichkraut- oder Froschbiss-Gesellschaften - LRT 3160 - Dystrophe Seen und Teiche - LRT 3260 - Fließgewässer mit flutender Wasservegetation - LRT 6230 - Artenreiche montane Borstgrasrasen (und submontan auf dem europäischen Festland) auf Silikatböden - LRT 6410 - Pfeifengraswiesen - LRT 7140 - Übergangs-/Schwingrasenmoore - LRT 7150 - Torfmoor-Schlenken - LRT 7210 - Kalkreiche Sümpfe mit Cladium mariscus - LRT 7230 - Kalkreiche Niedermoore - LRT 9110 - Hainsimsen-Buchenwälder - LRT 9130 - Waldmeister-Buchenwälder - LRT 91D0 - Moorwälder - LRT 91E0 - Auen-Wälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior Zu 2 a) Der Erhaltungszustand wurde aktuell für folgende Arten und Lebensraumtypen mit „hervorragend “ bewertet: - Kammmolch - Breitrand - Schmalbindiger Breitflügel-Tauchkäfer - Bauchige Windelschnecke - LRT 3140 - Nährstoffarme bis mäßig nährstoffreiche Stillgewässer mit Armleuchteralgen - LRT 9110 - Hainsimsen-Buchenwälder - LRT 9130 - Waldmeister-Buchenwälder - LRT 7230 - Kalkreiche Niedermoore Drucksache 7/3108 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Der Erhaltungszustand wurde aktuell für folgende Arten und Lebensraumtypen mit „gut“ bewertet: - Mopsfledermaus - Großes Mausohr - Fischotter - Steinbeißer - Rotbauchunke - LRT 3150 - Natürliche und naturnahe nährstoffreiche Stillgewässer mit Laichkraut- oder Froschbiss-Gesellschaften - LRT 7140 - Übergangs-/Schwingrasenmoore - LRT 7150 - Torfmoor-Schlenken - LRT 7210 - Kalkreiche Sümpfe mit Cladium mariscus - LRT 91E0 - Auen-Wälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior Der Erhaltungszustand wurde aktuell für folgende Arten und Lebensraumtypen mit „durchschnittlich oder beschränkt“ bewertet: - Biber - Eremit - LRT 3130 - Nährstoffarme bis mäßig nährstoffreiche Stillgewässer mit Strandlings-/ Zwergbinsenrasen - LRT 3160 - Dystrophe Seen und Teiche - LRT 3260 - Fließgewässer mit flutender Wasservegetation - LRT 91D0 - Moorwälder - LRT 6230 - Artenreiche montane Borstgrasrasen (und submontan auf dem europäischen Festland) auf Silikatböden - LRT 6410 - Pfeifengraswiesen Für folgende Arten wurde der Erhaltungszustand nicht bewertet: - Teichfledermaus (keine aktuellen Nachweise) - Schlammpeitzger (keine aktuellen Nachweise) - Große Moosjungfer (vorhandene Datenlage nicht ausreichend) - Wolf (landesweite Bearbeitung) Zu 2 b) Die für das Gebiet genannten Arten und Lebensraumtypen spielen eine wichtige Rolle für das europaweite Schutzgebietsnetz Natura 2000. Sie leisten den notwendigen Beitrag des Landes für das Netz. Von besonderer Bedeutung sind darüber hinaus die folgenden Arten und Lebensraumtypen: - Eremit - Breitrand - Schmalbindiger Breitflügel-Tauchkäfer - LRT 91D0 - Moorwälder - LRT 7210 - Kalkreiche Sümpfe mit Cladium mariscus - LRT 91E0 - Auen-Wälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3108 5 3. Welche Maßnahmen sind zur Umsetzung der FFH-Richtlinie im o. g. FFH-Managementplan vorgesehen? Zur Umsetzung der FFH-Richtlinie sind folgende Maßnahmen im Managementplan vorgesehen : - Erhalt störungsarmer Bereiche - Verzicht auf weitere (touristische) Erschließung - Schutz durch die Umsetzung der Nationalpark-Verordnung - Besucherlenkung - Angelnutzung lenken - Einstellung der Fischerei- und/oder Angelnutzung - Kontrolle und gegebenenfalls Unterbindung nicht genehmigter Angelnutzung - Erhalt des vorhandenen Wasserstandes - keine weiteren Entwässerungsmaßnahmen einschließlich der Wiederinbetriebnahme von Entwässerungsanlagen - Erhalt naturnaher Ufer- und angrenzender Pufferstrukturen - Erhalt des Gewässers mit seiner natürlichen Trophie - Untersuchung zur LRT-Einstufung des Gewässers; gegebenenfalls Maßnahmenableitung - Anhebung des Wasserstandes - Renaturierung begradigter oder verbauter Fließgewässerabschnitte - Förderung der Eigendynamik - Minderung der Nähr- und Schadstofffrachten beziehungsweise Einträge - Ermittlung der Ursachen für den ungünstigen Erhaltungszustand; gegebenenfalls Ableitung von Maßnahmen - Monitoring - keine Intensivierung der fischereilichen Nutzung - Erhalt des extensiv genutzten Einzugsgebietes - keine Intensivierung der Badenutzung - Fortführung extensive Grünlandnutzung - Monitoring, (gegebenenfalls Änderung des Pflegeregimes) - Anlage/gegebenenfalls Erweiterung von Pufferflächen ohne oder mit extensiver Nutzung - Verzicht auf Gewässerunterhaltung - Einschränkung der Zugänglichkeit der Uferzone für Weidetiere - Belassen umgestürzter Höhlenbäume am Standort - Beachtung der Vorgaben des Pachtvertrages, angemessener Einsatz von Fanggeräten zur Vermeidung von Fischotterverlusten - Meldung von Fischotter-Totfunden im Bereich von Fischreusen - Herstellung beziehungsweise Verbesserung der Durchgängigkeit - Bau beziehungsweise Verbesserung von Leiteinrichtungen und Durchlassanlagen an Straßen/Bahnanlagen - Belassung beziehungsweise Förderung einzelner Gehölzgruppen - spezifische Artenschutz-Maßnahme (Herausnahme alter Höhlenbäume (aus Verkehrssicherungspflicht ) unter fachlicher Begleitung eines Sachverständigen) - Überprüfung des Fischbestandes - Erhalt von Höhlenbäumen - Erhalt von mindestens fünf Habitatbäumen pro Hektar (ha) (im Durchschnitt) - Verzicht auf flächigen Insektizideinsatz - Zulassen der natürlichen Sukzession der als Lebensräume waldbewohnender Anhang II-Arten geeigneten Wälder Drucksache 7/3108 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 6 4. Inwieweit und aus welchen Gründen sollen das Befahren der Gewässer und die Fischerei in diesem Gebiet eingeschränkt werden? Der Plan enthält folgende Maßnahmen mit Relevanz für die Fischerei und das Angeln: - Erhaltungsmaßnahmen - Alle Gewässer: Keine Intensivierung der fischereilichen Nutzung. Gegebenenfalls festgestellte Totfunde von Ottern in Reusen sind durch die Fischer zu melden. Sollte sich diesbezüglich ein Problemstandort herauskristallisieren, sind in gemeinsamer Abstimmung Alternativen vorzusehen. - Schweingartensee (LRT 3130, EHZ: C): Einstellung der Fischerei und Angelnutzung - Plasterinsee (LRT 3140, EHZ: B): Einstellung der Fischerei nach Ablauf des Pachtvertrags (seit 2013 zwischen Pächter und Verpächter einvernehmlich abgestimmt) - Großer Lanz (LRT 3140, EHZ: B): Kontrolle der Bade- und Angelstellen, gegebenenfalls Maßnahmen zur Lenkung dieser Nutzungen - Kleiner Lanz (LRT 3160, EHZ: C) Einstellung der Angelnutzung (dazu gab bei der Beratung im Mai 2018 durch den Fischereipächter Zustimmung) - Vorrangige Entwicklungsmaßnahmen - Alle Gewässer Überprüfung und Bewertung der Fischzönose, gegebenenfalls Regulierung benthivorer Arten. Damit gibt es für die GGB-Gewässer außerhalb des NLP mit Ausnahme der zum Schutz und zur notwendigen Zustandsverbesserung des Kleinen Lanz als LRT 3160 vorgesehenen Einstellung der Angelnutzung (der durch den Bewirtschafter zugestimmt wurde) keine Einschränkungen für das Befahren oder die Fischerei. Für die Gewässer innerhalb des NLP begründen sich die Maßnahmen neben der notwendigen Zustandsverbesserung des LRT 3130 aus der Umsetzung der fachgesetzlichen Vorgaben und Ziele der NLP-VO. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3108 7 5. Wie wurden die bisherigen Nutzer (Fischer, Angler) in die Erarbeitung des Planes einbezogen? Das NPA pflegt einen intensiven und kontinuierlichen Austausch mit den bisherigen Nutzern im Nationalpark. Dies geschieht zum Beispiel individuell bei den Pachtverhandlungen zu den Gewässern. Viele der oben genannten Maßnahmen sind seit längerem mit Pächtern und Nutzern vereinbart (siehe auch Antwort Frage 4). Gleichzeitig ist der Landesfischereiverband im Kuratorium des Nationalparks vertreten. Das Kuratorium hat eine Einbindung in die FFH-Managementplanung als Arbeitskreis jedoch abgelehnt. Das NPA bietet jährlich eine Diskussionsveranstaltung zur Saisonauswertung für die Landnutzer an, diese wurde genutzt, um die FFH-Managementplanung vorzustellen. Darüber hinaus wurde der FFH-Managementplan an drei Terminen öffentlich vorgestellt und diskutiert. Bei den oben genannten Veranstaltungen waren auch Vertreter der oben genannten Nutzergruppen vertreten. Zur Abstimmung der konkreten Maßnahmen erfolgte am 16. Mai 2018 ein Nutzergespräch für die Fischerei und Gewässernutzung, bei dem speziell die Maßnahmen mit Bezug zur Fischerei vorgestellt und diskutiert wurden. Weitere Gespräche sind im Laufe des Jahres 2019 vorgesehen . 6. Inwieweit sollen Nutzungseinschränkungen ausgeglichen werden? Zum Ausgleich von Einschränkungen kommt die zwischen dem Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern und dem Landesverband der Binnenfischer 2004/2005 abgestimmte Pachtabschlagstabelle zur Anwendung. Im Fall von Nutzungseinstellungen werden Übergangsfristen gewährt, um dem Pächter die Möglichkeit einer längerfristigen Anpassung seines Unternehmens an die veränderte Situation zu ermöglichen. Konkret sind dies beim Plasterinsee 8 Jahre und beim Schweingartensee 18 Jahre.