LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN 7. Wahlperiode Drucksache 7/3176 13.03.2019 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Bernhard Wildt, Fraktion Freie Wähler/BMV Gewalt an Schulen und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Notfällen an Schulen ist mit einem Höchstmaß an Sensibilität zu begegnen. Alle gemeldeten Vorfälle werden in der obersten Schulaufsicht zur Kenntnis genommen, schulaufsichtlich und (sofern angezeigt) schulpsychologisch begleitet. Die Unfallkasse Mecklenburg-Vorpommern wertet das Schulunfallgeschehen und das Schulwegeunfallgeschehen auf der Basis des ihr zur Verfügung stehenden Datenbestandes aus. Seit Beginn des Schuljahres 2016/2017 erfasst die Unfallkasse MecklenburgVorpommern bei der sogenannten ersten Anlage eines Falldokumentes verschiedene dort enthaltene Angaben zum Unfallgeschehen beziehungsweise Wegeunfallgeschehen. Die Auswertung dieser Angaben lässt Rückschlüsse auf Unfallort und Unfallart zu. 1. Welche organisatorischen und inhaltlichen Regelungen/Meldepflichten existieren derzeit für den Umgang mit Gewalt unter Schülern und gegenüber Lehrkräften für die öffentlichen Schulen? Die öffentlichen Schulen sind verpflichtet, Notfälle gemäß Notfallplan MecklenburgVorpommern der zuständigen Schulbehörde sowie dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur umgehend zu melden. Die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 11. März 2019 beantwortet. Drucksache 7/3176 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Die Landesregierung erfasst Daten zu meldepflichtigen Vorfällen nach der Verwaltungsvorschrift für den Umgang mit Notfällen an den öffentlichen Schulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Der Notfallplan Mecklenburg-Vorpommern dient der Gewährleistung eines landeseinheitlichen Standards im Umgang mit Notfällen an den öffentlichen Schulen durch verbindliche Handlungsanweisungen und abgestimmte Maßnahmen der Verantwortungsträger, insbesondere Schule - Polizei - Jugendamt. Der Notfallplan steht allen öffentlichen Schulen unseres Landes als elektronisches Dokument zur Verfügung. Für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung (sogenannte Allgemeine Unfallversicherung) besteht im Falle eines Arbeitsunfalls oder eines Wegeunfalls eine Anzeigepflicht beim zuständigen Unfallversicherungsträger, wenn diese zu einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Kalendertagen oder zum Tod der versicherten Person führen. Für den Bereich der sogenannten Schülerunfallversicherung besteht eine Anzeigepflicht für Unfälle, wenn diese ärztlich behandelt werden müssen oder zum Tod führen. 2. Wie hat sich die Gewaltsituation an den öffentlichen Schulen in den Schuljahren 2016/2017 und 2017/2018 dargestellt? Wie viele Gewalttaten mit Verletzungen von Schülern oder Lehrkräften, die eine ärztliche Behandlung erforderten, wurden in den Schuljahren jeweils angezeigt? In der Statistik zu den meldepflichtigen Vorfällen wurden in der Kategorie „Gewalt/ Körperverletzung“ 174 Vorfälle im Schuljahr 2016/2017 und 242 Vorfälle im Schuljahr 2017/2018 gemeldet. Es wird darauf hingewiesen, dass die oben genannte Kategorie keine Unterscheidung hinsichtlich der Schweregrade von Körperverletzung aufweist. Das Schulunfallgeschehen und das Schulwegeunfallgeschehen werden für die eigene Präventionstätigkeit durch die Unfallkasse Mecklenburg-Vorpommern ausgewertet. Für die Darstellung der Gewaltsituation auf der Ebene der Schulamtsbereiche und die entsprechenden Erläuterungen wird auf die Antworten der Landesregierung zu den Kleinen Anfragen auf Drucksache 7/1874 und auf Drucksache 7/2739 verwiesen. In der Antwort zu Frage 2 werden in der Rubrik „Unfallart Schulunfall“ und „Unfallart Schulwegeunfall“ dort jeweils in Ziffer 2 „Verletzungen durch Gewalteinwirkung“ aufgeführt und die Anzahl der Fälle bezogen auf die Schulamtsbereiche zugeordnet. Unter den Begriff der Verletzungen durch Gewalteinwirkung fallen Verletzungen durch Stöße und Schläge, ein Zusammenstoßen mit anderen Personen, das Anstoßen an Gegenständen, das getroffen werden von Gegenständen oder zum Beispiel von Fahrzeugen sowie Gewalteinwirkung durch andere Personen im engeren Sinn. 2 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3176 Bezüglich des Unfallgeschehens der angestellten Lehrkräfte an öffentlichen Schulen ergeben sich insoweit ergänzend folgende Angaben: Schuljahr 2016/2017 2017/2018 Anzahl der Arbeitsunfälle 18 10 Dem Justizministerium liegen keine statistischen Daten vor, die eine Beantwortung der aufgeworfenen Fragen ermöglichen könnten. Soweit mit der Frage 2 nach einer Gesamtzahl zu Gewalttaten mit Verletzungsfolgen bei Schülerinnen und Schülern oder Lehrkräften gefragt wird, die eine ärztliche Behandlung erforderlich machten, erfolgt hierzu keine gesonderte statistische Erfassung. Angaben hierzu könnten nur im Rahmen einer Auswertung aller für den Bezugszeitraum in Frage kommenden Verfahren in den staatsanwaltlichen Sachgebieten 20, 21 oder 90 getätigt werden. Für den Bezugszeitraum würde dies mehrere hundert Verfahren betreffen, in denen händisch nach den Tatorten (Schule), den Beteiligten (Schülerinnen und Schüler/Lehrkräfte) und den Folgen der Tat (ärztliche Behandlung) ausgewertet werden müsste. Die diesbezüglichen Akten müssten demzufolge im Hinblick auf die Beantwortung dieser Frage mit einem ungewissen zeitlichen Aufwand einzeln durchgesehen und händisch ausgewertet werden. Der sich ergebende Sichtungsaufwand ist mit der aus Artikel 40 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern folgenden Pflicht zur unverzüglichen Beantwortung Kleiner Anfragen nicht zu vereinbaren. 3. Wie hoch waren die Folgekosten für die medizinische Behandlung von Schülern, die Opfer von Gewalt an der Schule wurden, in den Schuljahren 2016/2017 und 2017/2018? Die Kosten der Unfallkasse Mecklenburg-Vorpommern für die medizinische Behandlung von Schülerinnen und Schülern, die in oben beschriebenem Sinne Opfer von Gewalt wurden, stellen sich für den Bereich der öffentlichen Schulen (ohne Wegeunfälle) wie folgt dar: Schuljahr 2016/2017 2017/2018 Höhe der Kosten (in Euro) rund 198.000 rund 155.600 4. Wie stellt sich die Situation für Lehrkräfte dar? Wie viele Lehrer waren aufgrund von Angriffen zeitweise arbeitsoder dienstunfähig? Die Kosten der Unfallkasse Mecklenburg-Vorpommern für die medizinische Behandlung von angestellten Lehrkräften, die in oben beschriebenem Sinne Opfer von Gewalt wurden, stellen sich für den Bereich der öffentlichen Schulen (ohne Wegeunfälle) wie folgt dar: 3 Drucksache 7/3176 Schuljahr 2016/2017 2017/2018 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Höhe der Kosten (in Euro) rund 1.700 rund 88.050* * Der Anstieg der Kosten im Schuljahr 2017/2018 resultiert aus zwei Ereignissen mit hohem Kostenaufwand. Zur Arbeitsunfähigkeit angestellter Lehrkräfte ergeben sich für den Bereich der öffentlichen Schulen folgende Angaben: Schuljahr 2016/2017 2017/2018 Anzahl arbeitsunfähiger Lehrkräfte 6 4 5. Welche Präventionsziele und Strategien werden verfolgt, um die Gewalt an Schulen zu reduzieren? Nach welchen Verfahren werden die Ausgangssituation und Handlungsbedarfe an den einzelnen Schulen ermittelt? Das Präventionsziel folgt dem Ansatz, dass „nur in zwischenmenschlichen Beziehungen, die durch eine selbstverständliche Achtung gegenüber jeder Person und durch Verlässlichkeit geprägt sind, sich solche Haltungen verändern können. Interessengegensätze und Konflikte eine normale Erscheinung zwischen Menschen - sind in angemessener und friedlicher Weise auszutragen. Elternhäuser und Schulen sind in der Verantwortung, Kindern und Jugendlichen behilflich zu sein und angemessene Strategien der Konfliktbewältigung zu entwickeln“ (Handreichung für den Umgang mit Gewaltvorfällen an den öffentlichen Schulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Mittl.bl. BM M-V 2006 S. 405). Dies geschieht unter zu Hilfenahme verschiedenster Institutionen sowie Programme und Projekte wie zum Beispiel Erwachsen werden, Klasse 2000, Schulen ohne Rassismus, Lions Quest, Fit for Life, Soziales Lernen, Streit-Schlichter-Programm oder dem Anti-Mobbing-Koffer. Das Unterstützungssystem des Instituts für Qualitätsentwicklung Mecklenburg-Vorpommern unterstützt die Schulen durch Beratung vor Ort und bietet innerhalb von Abrufveranstaltungen, schulinternen Fortbildungen, den Sommerakademien oder in Kooperation mit freien Trägern der außerschulischen Bildungsarbeit vielfältige Fortbildungen zu zentralen Themen an wie zum Beispiel Deeskalationstraining, Methodentrainings, Gesprächsführung, Umgang mit Regeln oder Kinderschutz in der Schule. Mit Vertretern der betreffenden Schulen und Sachkostenträgern wird das Unfallgeschehen der jeweiligen Schule - soweit erforderlich - anlassbezogen beziehungsweise im Rahmen einer Beratung bei Bedarf näher ausgewertet. Im Rahmen von allgemeinen Schulungsveranstaltungen der Unfallkasse wird das jeweilige Unfallgeschehen auf größerer Ebene ebenfalls näher ausgewertet. Dies bezieht bei Bedarf auch die Gewaltsituation an den Schulen beziehungsweise den Umgang mit schwierigen Schülerinnen und Schülern ein. Diese Auswertungen selbst werden statistisch jedoch nicht erfasst. 4 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3176 Die Schulen arbeiten in eigener Verantwortung mit den örtlich zuständigen Polizeidienststellen zusammen. Bei der Präventionsarbeit an Schulen bezieht die Polizei in erster Linie Erziehungsberechtigte und Lehrkräfte als Multiplikatoren ein. Die verschiedenen - auch mit Partnern durchgeführten - polizeilichen Aktivitäten werden auf der Homepage der Landespolizei (https://www.polizei.mvnet.de/Pr%C3%A4vention/Kinder-und-Jugend/) beispielhaft vorgestellt. Polizeiliche Gewaltpräventionsaktivitäten an und in Schulen erfolgen grundsätzlich auf Anforderung der Schule. 6. Wie hoch waren die finanziellen Mittel pro Schüler, die den öffentlichen Schulen in den Schuljahren 2016/2017 und 2017/2018 für Projekte der Gewaltprävention vom Land zur Verfügung gestellt wurden? Wie sehen die Planungen für 2019 aus? In den Haushaltsjahren 2016 bis 2018 standen gemäß Haushaltsplan jeweils Mittel in Höhe von 80.000,00 Euro im Jahr für Projekte zur Bildung für nachhaltige Entwicklung, Demokratie-, Rechts- und Friedenserziehung, politische Bildung und Gewaltprävention an Schulen zur Verfügung. Für 2019 werden ebenfalls 80.000,00 Euro zur Verfügung gestellt. Die Projektmittel können für Projekte an öffentlichen und privaten Schulen genutzt werden. Antragsteller können juristische Personen des öffentlichen Rechts (zum Beispiel Träger von Schulen), juristische Personen des privaten Rechts (zum Beispiel gemeinnützige Vereine und Institutionen) sowie natürliche Personen mit Sitz und Wirkungskreis in Mecklenburg-Vorpommern sein. Darüber hinaus haben Vereine und Organisationen, die Schulen in der Präventionsarbeit gegen Gewalt unterstützen, auch die Möglichkeit, finanzielle Hilfen aus dem Förderprogramm des Landesrates für Kriminalitätsvorbeugung in Anspruch zu nehmen. Im Haushalt des Ministeriums für Inneres und Europa (Titel 0401 685.64) stehen jährlich insgesamt 350.000 Euro für die Förderung von Projekten zur Kriminalitätsvorbeugung zur Verfügung. 5