Der Minister für Inneres und Europa hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 21. März 2019 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/3199 7. Wahlperiode 22.03.2019 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Thomas de Jesus Fernandes, Fraktion der AfD Antisemitismus in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Laut dem Ministerium für Inneres und Europa wurden in Mecklenburg- Vorpommern im vorherigen Jahr nach vorläufigen Daten 54 antisemitische Straftaten registriert. 2017 waren es noch 44 derartige Straftaten (Nordkurier vom 11. Februar 2019). 1. Wie hat sich die Anzahl der antisemitischen Straftaten von 2010 bis 2018 entwickelt (bitte aufschlüsseln nach Jahren, jüdische Gemeinden, Herkunft der Täter)? Die erfragten Angaben ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle. Eine Erfassung der jeweiligen jüdischen Gemeinde erfolgt in der Landespolizei nicht. Jahr Anzahl der antisemitischen Straftaten Staatsangehörigkeiten der ermittelten Tatverdächtigen 2010 32 deutsch und kasachisch 2011 14 deutsch 2012 17 deutsch 2013 30 deutsch 2014 30 deutsch und syrisch 2015 19 deutsch 2016 39 deutsch und bosnisch- und herzegowinisch 2017 46 deutsch, russisch, aserbaidschanisch 2018 56 deutsch, polnisch, staatenlos Drucksache 7/3199 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Zum besseren Verständnis ist anzumerken, dass die in den Vorbemerkungen zur Frage 1 laut Nordkurier genannte Anzahl der Straftaten für 2017 und 2018 nicht mit denen übereinstimmen, die in der Tabelle aufgeführt sind. Bei den in der Tabelle genannten Zahlen handelt es sich jeweils um Gesamtzahlen. Bei den Zahlen des Nordkuriers könnte es sich jeweils um antisemitische Straftaten mit Motivation -Rechts- handeln, auch wenn der Wortlaut der Vorbemerkungen die Bezugnahme auf Gesamtzahlen vermuten lässt. 2. Welche Kenntnisse liegen der Landesregierung zu den Gründen der zunehmenden antisemitischen Vorfälle vor? Was unternimmt die Landesregierung dagegen? Hierzu liegen der Landespolizei keine validen Angaben vor. Mit Bekanntwerden von Sachverhalten, die den Anfangsverdacht einer Straftat begründen, sind die Ermittlungsbehörden veranlasst, diese im Rahmen der geltenden Gesetze aufzuklären und zu verfolgen. 3. Welche Programme zur Bekämpfung des Antisemitismus in Mecklenburg-Vorpommern gibt es (bitte aufschlüsseln nach Haushaltstitel , Fördersumme, Förderzeitraum)? Ein eigenes Programm zur Auseinandersetzung mit Antisemitismus in Mecklenburg- Vorpommern existiert nicht. In den Projekten und Maßnahmen des Landesprogrammes „Demokratie und Toleranz gemeinsam stärken!“ ist die Auseinandersetzung mit Antisemitismus ein Arbeitsfeld. 4. Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung aus der Studie „Diskriminierung und Hasskriminalität gegenüber Juden in den EU- Mitgliedstaaten: Erfahrungen und Wahrnehmungen im Zusammenhang mit Antisemitismus“ der Europäischen Grundrechteagentur, die letztes Jahr veröffentlicht wurde? Grundsätzlich sind jedwede Veröffentlichungen, die der Landesregierung zugänglich gemacht werden, Bestandteil einer praxisorientierten Auswertung und somit als Grundlage für die sachbezogene Beurteilung geeignet. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3199 3 5. Plant die Landesregierung im kommenden Haushaltsentwurf eine Erhöhung des Finanzrahmens für bestehende bzw. neue Programme zur Bekämpfung des Antisemitismus mit ein? a) Wenn ja, wie viele Fördermittel sollen über welchen Förderzeitraum in bestehende und neue Programme fließen (bitte nach Haushaltstitel aufschlüsseln)? b) Wenn nicht, warum nicht? Die Fragen 5, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Über die Frage, ob eine Erhöhung des Finanzrahmens für bestehende beziehungsweise für neue Programme erfolgen soll, ist seitens der Landesregierung noch nicht entschieden. Das Verfahren zur Aufstellung des kommenden Haushaltsplans ist noch nicht abgeschlossen. 6. Wird sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass in kommenden Erhebungen und Veröffentlichungen der Polizeilichen Kriminalstatistik die Praxis, „fremdenfeindliche sowie antisemitische Straftaten dem Phänomenbereich PMK-rechts zuzuordnen, wenn keine gegenteiligen Tatsachen zur Tätermotivation vorliegen“, geändert wird? Wenn nicht, warum nicht? Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) dient der Beobachtung der Kriminalität insgesamt. Sie erfasst als Ausgangsstatistik die der Polizei bekannt gewordenen Straftaten erst nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen vor Aktenabgabe an die Staatsanwaltschaft oder an das Gericht. Demzufolge erfasst die PKS die in einem Kalenderjahr polizeilich abgeschlossenen Taten unabhängig vom Zeitpunkt der Tatbegehung. In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) sind - mit Ausnahme der (echten) Staatsschutzdelikte - auch die Straftaten enthalten, die als Politisch motivierte Kriminalität (PMK) erfasst werden. Straftaten, die aus einer politischen Motivation heraus begangen werden, werden darüber hinaus gesondert im Kriminalpolizeilichen Meldedienst Politisch Motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) erfasst. Anders als bei der PKS handelt es sich hierbei um eine Eingangsstatistik , bei der die Straftaten bereits mit Aufnahme der polizeilichen Ermittlungen und damit bereits beim ersten Anfangsverdacht erfasst werden. Stellen sich Fälle aufgrund der weiteren polizeilichen Ermittlungsarbeit als Fehlmeldungen heraus oder sind sie falsch kategorisiert worden, müssen sie nachträglich korrigiert werden. Die Erfassung antisemitischer sowie fremdenfeindlicher Straftaten ohne Hinweise auf die Tätermotivation unter dem Phänomenbereich PMK -rechts- ist somit keine Regelerfassung. Die auf Grundlage bundesweit gültiger Grundsätze getroffene phänomenologische Zuordnung antisemitischer und fremdenfeindlicher Straftaten ist auch unter Berücksichtigung der Fallzahlen aus statistischer Sicht als sachgerecht zu bezeichnen.