Die Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 11. April 2019 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/3212 7. Wahlperiode 15.04.2019 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Thomas de Jesus Fernandes, Fraktion der AfD Fund eines Säuglingsskeletts in Rostock und ANTWORT der Landesregierung „Die Kriminalpolizei in Rostock hat am vergangenen Wochenende in einer Plattenbauwohnung im Stadtteil Schmarl bei einer Durchsuchung das Skelett eines Säuglings entdeckt. Eine dort lebende 27-jährige Frau soll - so der Vorwurf - das Kind in der Wohnung geboren und dort „aufbewahrt“ haben.“ (Nordkurier - Kripo Rostock entdeckt Skelett von totem Säugling). 1. Hat das zuständige Jugendamt von Missständen und Schwierigkeiten in der betroffenen Familie gewusst? a) Wenn ja, wann ist das Jugendamt auf die Familie aufmerksam geworden? b) Hatte die Familie selbst um Hilfe gebeten oder wurde das Jugendamt von sich aus tätig? c) Werden oder wurden die beiden anderen Kinder der Mutter vom Jugendamt betreut? Die Fragen 1, a), b) und c) werden zusammenhängend beantwortet. Die Hanse- und Universitätsstadt Rostock hat gegenüber der obersten Landesjugendbehörde keine Stellungnahme abgegeben, die über die Berichterstattung in den Medien hinausgeht. Drucksache 7/3212 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 2. Hat die Landesregierung mit Blick auf die Jugendämter und den geschilderten Fall bereits Schlussfolgerungen gezogen? Wenn ja, welcher Art? Die Landesregierung evaluiert derzeit die Vollzugsabläufe im Kinderschutz. Die Evaluierung ist noch nicht abgeschlossen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Sind der Landesregierung seit 2017 Fälle in Mecklenburg- Vorpommern bekannt, in denen ein Teil der Familie in Obhut des Jugendamtes genommen wurde, andere Familienmitglieder auf Grundlage einer Neubewertung jedoch bei den Eltern verblieben? Wenn ja, um wie viele Familien handelt es sich? Eine Statistik über Daten im Sinne der Fragestellungen wird von der Landesregierung nicht geführt. Deshalb wurden die Landkreise und kreisfreien Städte um Mitteilung diesbezüglicher Erkenntnisse gebeten. Von acht Gebietskörperschaften haben fünf Landkreise wie folgt Stellung genommen: Landkreis/ kreisfreie Stadt Antwort Ludwigslust- Parchim Es kann durchaus Fälle geben, in denen ein Kind in Obhut genommen wird, während ein Geschwisterkind im Haushalt verbleibt. Zum Beispiel kann ein Kind massive Verhaltensauffälligkeiten haben und nicht mehr durch die Eltern steuerbar, ein weiteres Kind aber unauffällig sein. Weitere Konstellationen sind denkbar. Eine Datenlage zu solchen Sachverhalten liegt uns allerdings nicht vor. Mecklenburgische Seenplatte Vom 01.01.2017 bis zum 20.03.2019 wurden im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte insgesamt 263 junge Menschen nach § 42 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) in Obhut genommen. In 89 Familien verblieben nach der Inobhutnahme von einem oder mehreren jungen Menschen insgesamt 178 Geschwister beziehungsweise Halbgeschwister. Jede Inobhutnahme ist eine vorläufige Krisenintervention zum Schutz der Kinder oder Jugendlichen. Das Jugendamt erhält bei dieser Intervention die Befugnis zum elternunabhängigen unmittelbaren Handeln zum Schutz des Kindes oder Jugendlichen in Eil- und Notsituationen. Dabei bleiben die elterlichen beziehungsweise familiengerichtlichen Entscheidungskompetenzen im Grundsatz bestehen, lassen jedoch individuelle und unverzügliche Hilfestellungen des Jugendamtes zu. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3212 3 Landkreis/ kreisfreie Stadt Antwort Der Inobhutnahme müssen die Sorgeberechtigten zustimmen oder es muss eine familiengerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden. Alle Inobhutnahmen erfolgten unter Beachtung der im Landkreis Mecklenburgischen Seenplatte gültigen Dienstanweisung zum Kinderschutz . In dieser Dienstanweisung ist auch die Inaugenscheinnahme aller Kinder geregelt. Eine Inobhutnahme von Kindern oder Jugendlichen erfolgt in jedem Fall unter Beachtung der individuellen und fallspezifischen Besonderheiten und in der Regel durch das Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte . Landkreis Rostock Für diese Fälle wird keine amtliche Statistik geführt. Seit 2017 waren schätzungsweise 8 bis 10 Familien von einer solchen Fallkonstellation betroffen. Vorpommern- Greifswald Im Landkreis Vorpommern-Greifswald werden keine Statistiken bezüglich der Beantwortung der Frage 3 geführt. Durch den Sozialpädagogischen Dienst des Amtes für Soziales, Jugend und Sport wurden aufgrund der Fragestellung alle Inobhutnahmen des Jahres 2018 geprüft. Aus 20 Familien wurden Kinder/Jugendliche gemäß § 42 SGB VIII in Obhut genommen und andere Kinder/Jugendliche verblieben nach intensiver Prüfung in der Familie. Die Begründungen für den Verbleib von Kindern/Jugendlichen in der Häuslichkeit sind sehr vielfältig , vom Einzelfall und von der gesamten Familiensituation abhängig . Vorpommern- Rügen Im Landkreis Vorpommern-Rügen sind uns Fälle bekannt, in denen ein Teil der Familie in Obhut des Jugendamtes genommen wurde, andere Familienmitglieder jedoch bei den Personensorgeberechtigten verblieben . Hierbei handelt es sich im Zeitraum 01.01.2017 bis 31.12.2018 um 58 Fälle. 4. Welche Präventionsmaßnahmen plant die Landesregierung in Zukunft in diesem Bereich, um derartige unglückliche Situationen zu vermeiden ? Bei Präventionsmaßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe handelt es sich um sozialpädagogische Angebote, deren Wirksamkeit insbesondere durch die freiwillige Inanspruchnahme ihrer Nutzerinnen und Nutzer beeinflusst wird. Deshalb wirkt die Landesregierung öffentlichkeitswirksam darauf hin (insbesondere im Rahmen der Aktionswoche Kinderschutz), dass diese Leistungen als selbstverständlich wahrgenommen und genutzt werden. Drucksache 7/3212 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Durch die vielfältigen Angebote im Bereich der Frühen Hilfen, wie zum Beispiel Elterncafés, Elternstammtische, Willkommensbesuche oder Projekte, wie „Brücken bauen - Präventiver Kinderschutz“, werden Familien in belastenden Lebenslagen niedrigschwellig beraten und begleitet. Koordinierende und Akteure der Netzwerke Frühe Hilfen unterstützen vor allem werdende Eltern und Familien mit Kleinkindern darin, geeignete Angebote in ihrer Nähe zu finden. Damit soll ihnen der Zugang zu den verschiedenen Unterstützungsformaten erleichtert werden. Darüber hinaus hält die Landesregierung am Landesprogramm Familienhebammen und Familien-Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen fest und pflegt hierzu einen kontinuierlichen Austausch mit den zuständigen Landkreisen und kreisfreien Städten. Für das Jahr 2020 ist geplant, neue Fachkräfte für den Einsatz im Rahmen dieses Programmes zu qualifizieren. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen.