Der Minister für Inneres und Europa hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 25. März 2019 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/3279 7. Wahlperiode 26.03.2019 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Peter Ritter, Fraktion DIE LINKE Spezialisierte Ausbildung der Kriminalpolizei oder Festhalten an Generalistenausbildung und ANTWORT der Landesregierung Am 15. Januar 2019 fand an der Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg eine Veranstaltung unter Teilnahme von Vertretern unter anderem aus Ministerien, Hochschulen, Staatsanwaltschaften, des Bundes und verschiedener Bundesländer statt; Anlass war die Etablierung eines Masterstudienganges für Kriminalistik an o. g. Fachhochschule (vgl. Der Kriminalist, Fachzeitschrift des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, 3/2019, S. 36 f.). Aus den Reihen der Regierungskoalition in Mecklenburg- Vorpommern wurde kürzlich Unverständnis über die bestehende Generalistenausbildung bei der Landespolizei geäußert. Während nun aber Abgeordnete die Sinnhaftigkeit eines Studienganges Kriminalistik prüfen wollen, lehnt der Innenminister des Landes eine Trennung der Ausbildung von Kriminalpolizei und Schutzpolizei ab (vgl. SVZ vom 22. Februar 2019, OZ vom 23. Februar 2019). 1. Haben Vertreter der Landesregierung, von Landesbehörden oder nachgeordneten Einrichtungen an der o. g. Veranstaltung teilgenommen? a) Falls ja, mit welcher Intention und gegebenenfalls mit welchen Ergebnissen? b) Falls nicht, warum wurde auf eine Teilnahme verzichtet? Die Fragen 1, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Drucksache 7/3279 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Aus der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege (FHöVPR) haben die Leiterin der Fachgruppe 3 (Kriminalistik) und der Leiter des Fachbereiches Polizei an der Veranstaltung an der Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg teilgenommen . Ob darüber hinaus noch weitere Bedienstete des Landes anwesend waren, ist der Landesregierung nicht bekannt. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurden die Ziele und das Konzept des geplanten berufsbegleitenden Masterstudienganges Kriminalistik präsentiert. Die einzelnen Module des Studienganges wurden ebenfalls vorgestellt. Schließlich wurde um Unterstützung für die Umsetzung des Studienganges geworben. Anwesende hatten die Möglichkeit, sich an Vertreter der einzelnen Module zu wenden, sich inhaltlich zu orientieren und ihre potentielle Unterstützung zu signalisieren. Die FHöVPR hat die Unterstützung bei der inhaltlichen Ausgestaltung eines Modules in Aussicht gestellt. 2. Wie bewertet die Landesregierung eine spezialisierte Ausbildung der Kriminalpolizei einerseits und die in Mecklenburg-Vorpommern bestehende sogenannte Generalistenausbildung der Polizei andererseits unter fachpolitischen, organisatorischen und weiteren Aspekten im Einzelnen ? 3. Inwiefern ist die 1991 in Mecklenburg-Vorpommern eingeführte Generalisten - bzw. Einheitsausbildung im Polizeivollzugsdienst für alle Dienstzweige der Polizei nach nunmehr knapp drei Jahrzehnten weiterhin fachlich zweckmäßig? 4. Inwieweit ist eine sich seit 1991 an die Einheitsausbildung anschließende Spezialisierung durch Fortbildung für den Dienstzweig der Kriminalpolizei geeignet, für neuartige Aufgabenbereiche, etwa Cyberkriminalität , Wirtschafts- und Organisierte Kriminalität, und neue Kriminalitätsphänomene erforderliche Handlungskompetenzen für gegenwärtige und vor allem künftige Anforderungen wirksamer Kriminalitätsbekämpfung zu vermitteln? Die Fragen 2 bis 4 werden zusammenhängend beantwortet. Wie zehn andere Bundesländer auch bildet das Land Mecklenburg-Vorpommern seinen Nachwuchs für die Landespolizei sowohl mit schutz- als auch mit kriminalpolizeilichen Inhalten aus. Alle Anwärterinnen und Anwärter durchlaufen die gleiche Ausbildung beziehungsweise das gleiche Studium. Gegenstand ist neben der Vermittlung der rechtlichen Grundlagen unter anderem der sogenannte erste Angriff, die Selbstverteidigung oder die Zeugenvernehmung. Alle müssen sich gemeinsam fit halten, alle nehmen an den Praktika in den Dienststellen der Landespolizei teil. Nach Ausbildung und Studium verstärken die Anwärterinnen und Anwärter das Landesbereitschaftspolizeiamt und die Polizeireviere vor Ort. Nach dieser sogenannten Erstverwendung ist eine Tätigkeit in anderen Bereichen möglich, auch im Bereich der Kriminalpolizei . Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3279 3 Die Landespolizei verfolgt das Prinzip des lebenslangen Lernens, weil sich die Anforderungen an den Polizeiberuf fortlaufend ändern. Fähigkeiten und Fertigkeiten der Beamtinnen und Beamten müssen daher fortlaufend in allen Bereichen aktualisiert werden. Während der Ausbildung und des Studiums wird das Grundwissen vermittelt, das im weiteren Berufsleben durch spezifische Fortbildungen aufgabenbezogen vertieft wird. Das bedeutet, dass in der Ausbildung und im Studium alle Bereiche der späteren beruflichen Tätigkeit grundsätzlich abgedeckt werden, um eine ausreichende Basis für eine eventuell erforderliche spätere Vertiefung zu legen. Die Landesregierung hält das derzeit verfolgte Konzept für wichtig und richtig. Denn nur dadurch haben alle Beamtinnen und Beamten die gleiche Ausgangsposition und vor allem das gleiche Grundverständnis von polizeilicher Arbeit. Dieses gemeinsame Grundverständnis, das man durch praktische Erfahrung noch vertiefen muss, erleichtert die Zusammenarbeit innerhalb der Polizei. So wird in der Praxis die ganz überwiegende Zahl der Fälle, die von der Kriminalpolizei bearbeitet werden, von der Schutzpolizei vorermittelt. Dieses Grundverständnis bedingt auch, dass in Ausbildung und Studium auch kriminalistische Themen behandelt werden. Im Bachelorstudiengang gibt es verschiedene Module mit rein kriminalistischer Ausrichtung, wie das Modul Kriminaltaktik/Kriminaltechnik und das Modul Kriminalwissenschaften. Weiterhin werden Wahlpflichtmodule mit kriminalistischer Ausrichtung angeboten, etwa das Modul Kriminalistische Analyseverfahren und das Modul Kriminalistische Bearbeitung von Tötungs-, Sexual- und schweren Gewaltdelikten. In Abhängigkeit der modularisierten Studieninhalte sind kriminalistische Themen in weiteren sechs Modulen sowie zwei Praktika interdisziplinär möglich. Die Studierenden erhalten somit bereits hier einen vertieften Kenntnisstand zu kriminalistischen Studieninhalten. Sie werden dadurch in die Lage versetzt, einen sogenannten ersten Angriff durchzuführen und können zudem die Straftaten auch eigenständig verfolgen, mit denen die Landespolizei besonders häufig konfrontiert wird. Praktische Übungen, wie zum Beispiel Vernehmungstrainings, Tatortarbeiten, Analysen gefälschter Dokumente und von Falschgeld oder auch IT-Ersteinschreiter (Cybercrime) unterstreichen hierbei hinreichend das kriminalistische Profil des Studienganges. Demgegenüber führt eine nach Schutz- und Kriminalpolizei getrennte Spartenausbildung zu starren, voneinander abgegrenzten Bereichen, die sich später auch unabhängig voneinander entwickeln können. Die Landesregierung ist der Auffassung, dass beispielsweise alle Studierenden mit dem Bereich der Internetkriminalität konfrontiert werden sollten. Die Ausbildung auf eine reine „Kriminalistenausbildung“ zu beschränken, greift zu kurz und verhindert einen ganzheitlichen Ansatz, den Studium und Ausbildung gewährleisten sollten. Die Landespolizei hat bisher davon profitiert, dass die Polizistinnen und Polizisten gerade in ihren Anfangsjahren relativ flexibel einsetzbar sind. Damit konnten auch Engpässe ausgeglichen oder überbrückt werden, da die Beamtinnen und Beamte für alle Bereiche der polizeilichen Arbeit ausgebildet sind. Diese Flexibilität in der Personalstruktur würde durch eine Ausbildung getrennt nach Sparten genommen. Drucksache 7/3279 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass es sich bei dem in der Kleinen Anfrage genannten Studiengang um einen berufsbegleitenden Masterstudiengang handelt, der einen Zugang zur Laufbahngruppe (LG) 2 2. Einstiegsamt (EA) (ehemaliger höherer Dienst) ermöglicht. An der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege ist der höchste Abschluss aber der Bachelor. Dieser eröffnet den Zugang zur LG 2. 1. EA (ehemaliger gehobener Dienst). Nach Auffassung der Landesregierung ist eine noch stärkere Spezialisierung im Bachelor- Studium zu früh. Sie sollte erst später in den weiteren Verwendungen und mit den entsprechenden dienstpostenbezogenen Fortbildungen erfolgen. Das ermöglicht vor allem auch einen flexibleren Personaleinsatz als es ihn mit einem starren System der unterschiedlichen Ausbildungen gäbe. Die Landesregierung ist sich bewusst, dass es auch und gerade für den Bereich der Kriminalpolizei wichtig ist, die dort arbeitenden Personen ausreichend zu qualifizieren. Das geschieht in verschiedener Weise. Im Jahr 2018 wurden am Fachbereich Polizei der FHöVPR alleine 93 kriminalistisch ausgerichtete Fortbildungslehrgänge durchgeführt, mit denen auch auf die Verwendung in ausgewählten speziellen kriminalpolizeilichen Tätigkeitsfeldern vorbereitet wird. Darüber hinaus gibt es Spezialfortbildungen zu einzelnen Ermittlungsbereichen oder Deliktsfeldern der Kriminalpolizei, die aufgrund der teilweise geringen Anzahl aus einzelnen Ländern nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, sondern im Rahmen der kriminalpolizeilichen Spezialfortbildungen im Nordverbund oder bundesweit ausgerichtet und angeboten werden, zum Beispiel am Bundeskriminalamt und anderen (nicht)polizeilichen Einrichtungen, zum Beispiel am Kriminalistischen Institut Jena. Schließlich wurde aufgrund der ausdrücklichen Bitte aus dem Bereich der Kriminalpolizei an der FHöVPR ein modular aufgebauter Lehrgang für Beamtinnen und Beamte der Schutzpolizei aufgelegt, der diese besser auf eine Tätigkeit in der Kriminalpolizei qualifizieren soll. Dieser Lehrgang ermöglicht einen Dienstzweigwechsel von der Schutz- in die Kriminalpolizei. Er wird laufend an die aktuellen Entwicklungen beziehungsweise an die Herausforderungen für den Staat und die Gesellschaft sowie auch an die neuartigen Aufgabenbereiche der Kriminalpolizei angepasst. Mit diesen Angeboten wird sichergestellt, dass die Ressourcen der Fortbildung wirklich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu Gute kommen, welche auch tatsächlich in den entsprechenden Aufgabenbereichen eingesetzt werden. Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass es auch Bereiche gibt, bei denen Fachleute von außen eingestellt und zu Polizistinnen und Polizisten weitergebildet wurden und werden. Das spezielle Fachwissen, das sie mitbringen, zum Beispiel im IT-Bereich und in der Betriebsbereitschaft , kann auch durch eine rein kriminalistische Ausbildung nicht ersetzt werden. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3279 5 5. Unter welchen Umständen ist die Landesregierung bereit, die Sinnhaftigkeit eines Studienganges Kriminalistik (auch) unter Aspekten einer fachlichen Zweckmäßigkeit ergebnisoffen zu prüfen? 6. Mit welchen Maßnahmen im Einzelnen wird die Landesregierung die öffentlich angekündigte Absicht von Abgeordneten der CDU-Landtagsfraktion unterstützen, prüfen zu wollen, ob es sinnvoll sei, einen Studiengang Kriminalistik an der Verwaltungsfachhochschule in Güstrow einzuführen? Fragen 5 und 6 werden zusammenhängend beantwortet. Der erwähnte Studiengang ist, wie bereits angemerkt, ein berufsbegleitender Masterstudiengang . Die überwiegende Mehrheit polizeilicher Arbeit wird jedoch von Kolleginnen und Kollegen der LG 1. 2. EA (ehem. mittlerer Dienst) und LG 2. 1. EA (ehemaliger gehobener Dienst) geleistet. Der Anteil der LG 2 2. EA (ehemaliger höherer Dienst) beträgt in der Landespolizei 1,5 Prozent. Es bedarf keines weiteren Studienganges für die LG 2 2. EA, da an der Deutschen Hochschule der Polizei ein Masterstudiengang existiert, über den die Landespolizei ihren Nachwuchs für die LG 2 2 EA (ehemaliger höherer Dienst) qualifiziert. Dieser enthält sowohl bei den von allen zu absolvierenden Modulen als auch im Wahlpflichtbereich Module mit kriminalistischem /kriminalwissenschaftlichem Inhalt. Sollten für den Bereich der LG 2 2. EA (ehemaliger höherer Dienst) weitere Bedarfe bestehen, die eine Ausbildung erfordern, wie sie in der Kleinen Anfrage dargestellt wird, werden die verschiedenen Optionen geprüft werden, wie darauf reagiert werden kann. Die Beteiligung an einem berufsbegleitenden Studiengang wäre eine Option. Die Landespolizei sieht die Optimierung der Aus- und Fortbildung im Hinblick auf die sich ändernden gesellschaftlichen Anforderungen als eine Daueraufgabe an, der sie sich mit der FHöVPR auch fortlaufend widmet.