Der Minister für Inneres und Europa hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 25. März 2019 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/3294 7. Wahlperiode 27.03.2019 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Karen Larisch, Fraktion DIE LINKE Abschiebehafteinrichtung Glücksstadt und ANTWORT der Landesregierung 1. Wie ist der Stand der Umsetzung der Pläne, die ehemalige Marinekaserne in Glücksstadt als Abschiebehafteinrichtung für abgelehnte, ausreisepflichtige Asylbewerberinnen und Asylbewerber im Zuständigkeitsbereich der Bundesländer Schleswig-Holstein, Hamburg sowie Mecklenburg-Vorpommern in Betrieb zu nehmen? Die Landesregierung weist zunächst darauf hin, dass es sich bei der geplanten Abschiebungshafteinrichtung nicht um eine Einrichtung handelt, die explizit für „abgelehnte, ausreisepflichtige Asylbewerberinnen und Asylbewerber“ betrieben werden wird. Vielmehr werden dort vollziehbar ausreisepflichtige Ausländerinnen und Ausländer inhaftiert, für die ein unabhängiges Gericht auf Antrag einer zuständigen Ausländerbehörde hin, als „ultima ratio“ und nach Prüfung und Bejahung der strengen Haftvoraussetzungen, die Abschiebungshaft angeordnet hat. Am 8. März 2018 wurde zwischen Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg- Vorpommern eine Kooperation beim Vollzug der Abschiebungshaft beschlossen und vereinbart , dass Schleswig-Holstein zu diesem Zweck eine Abschiebungshafteinrichtung in Glückstadt errichten wird. Die Planung und Konzeptionierung der Einrichtung sind noch nicht vollständig abgeschlossen. Derzeit befinden sich die Innenressorts der beteiligten Länder - unter Einbeziehung der Finanzressorts - in Verhandlungen über die abzuschließende Verwaltungsvereinbarung, die die gemeinsame Nutzung der Einrichtung regeln soll. Drucksache 7/3294 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 In dieser Vereinbarung werden sowohl Fragen zu operativen Aspekten des Betriebs als auch zu den Kosten von Herrichtung und Betrieb der Einrichtung geregelt. Die Vereinbarung soll so zeitnah wie möglich ausverhandelt und zum Abschluss gebracht werden. 2. Für wie viele Personen sind die Kapazitäten insgesamt ausgerichtet? Wie viele der vorhandenen Plätze stehen davon Mecklenburg- Vorpommern zur Verfügung? Insgesamt sind 60 Unterbringungsplätze geplant. 20 dieser Plätze sollen Mecklenburg- Vorpommern zur Verfügung stehen. 3. Personen welchen Geschlechts und welchen Alters sollen dort auf Grundlage welcher Bestimmungen und nach welchen Maßstäben untergebracht werden? Die Landesregierung weist zunächst darauf hin, dass es sich erfahrungsgemäß bei dem überwiegenden Teil der in Abschiebungshaft genommenen Personen um Männer handelt. Die Einrichtung soll gleichwohl, neben der Inhaftierung von Männern und in deutlich geringerer Fallzahl, auch die - räumlich getrennte - Inhaftierung von Frauen ermöglichen. Gemäß § 62 Absatz 1 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes können in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist, Minderjährige und Familien mit Minderjährigen in Abschiebungshaft genommen werden. Die Einrichtung wird, sollte dies erforderlich sein, auch über die Möglichkeit verfügen, in diesen Ausnahmefällen die Abschiebungshaft zu vollstrecken. Die rechtlichen Grundlagen für die Anordnung und den Vollzug der Abschiebungshaft finden sich im Wesentlichen in den entsprechenden Regelungen des Aufenthaltsgesetzes, in der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (EU-Rückführungsrichtlinie) sowie - nach dessen Inkrafttreten - im geplanten Gesetz über den Vollzug der Abschiebungshaft in Schleswig-Holstein (Abschiebungshaftvollzugsgesetz SH). Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3294 3 4. Durch welche Standards soll sich die Unterbringung der Abschiebehäftlinge deutlich von der Unterbringung wegen einer Strafhaft unterscheiden ? An welcher Stelle werden diese Standards festgelegt? Die Abschiebungshaft dient allein der Vorbereitung und Sicherung aufenthaltsbeendender Maßnahmen und hat keinen Strafcharakter. Der Vollzug wird sich insofern auch nicht nach den gesetzlichen Regelungen über den Strafvollzug, sondern im Wesentlichen nach dem - bereits aufgeführten - geplanten Abschiebungshaftvollzugsgesetz SH richten. Das Gesetz soll spezifische , auf den Vollzug von Abschiebungshaft zugeschnittene Vorschriften enthalten und insbesondere die Rechte und Pflichten der Untergebrachten regeln. Es hat die Zielrichtung, die Vollzugsbedingungen möglichst so auszugestalten, dass die durch den Freiheitsentzug bedingten Beeinträchtigungen auf das Maß beschränkt sind, welches aufgrund des Zwecks der Haft beziehungsweise der Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung in der Einrichtung unbedingt erforderlich ist („Wohnen minus Freiheit“). Neben dem geplanten Abschiebungshaftvollzugsgesetz SH gelten in diesem Zusammenhang insbesondere die den Vollzug der Abschiebungshaft regelnden Normen des Aufenthaltsgesetzes sowie der EU-Rückführungsrichtlinie. 5. Wie wird dafür Sorge getragen, dass auf die besonderen und individuellen Belange der inhaftierten Personen eingegangen werden kann? Da die Planung und Konzeptionierung der Einrichtung noch nicht abgeschlossen sind, kann die Landesregierung hierzu noch keine verbindliche Aussage treffen. 6. Inwiefern werden Kultur- und Sprachmittlerinnen und Kultur- und Sprachmittler, Psychologinnen und Psychologen sowie sozialpädagogische Fachkräfte zum Einsatz kommen? Da die Planung und Konzeptionierung der Einrichtung noch nicht abgeschlossen sind, kann die Landesregierung hierzu noch keine verbindliche Aussage treffen. Drucksache 7/3294 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 7. Wird es ein einrichtungsbezogenes Schutzkonzept für die Abschiebehafteinrichtung für besonders vulnerable Personen geben? Da die Planung und Konzeptionierung der Einrichtung noch nicht abgeschlossen sind, kann die Landesregierung auch hierzu noch keine verbindliche Aussage treffen. Selbstverständlich ist jedoch, dass den rechtlichen Erfordernissen zur Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse schutzbedürftiger Personen - insbesondere aus dem Aufenthaltsgesetz sowie der EU-Rückführungsrichtlinie - in vollem Umfang entsprochen werden wird. 8. Inwiefern soll sich in der Abschiebehafteinrichtung an den Sicherheitsstandards des Justizvollzugs orientiert werden? Die Sicherheitsstandards werden sich an den Erforderlichkeiten der Außen- und Innensicherung orientieren. Hierbei werden auch die Erfahrungen anderer Länder bei der Errichtung und dem Betrieb von Abschiebungshafteinrichtungen berücksichtigt werden. Auf der Grundlage des derzeitigen Planungstandes können weitergehende Angaben noch nicht gemacht werden. 9. Wie viele Angestellte des Landes Mecklenburg-Vorpommern mit welchen Zuständigkeitsbereichen sollen dauerhaft sowie zeitweise dort eingesetzt werden? Ein dauerhafter Einsatz von Landespersonal des Landes Mecklenburg-Vorpommern in der Abschiebungshafteinrichtung ist derzeit nicht vorgesehenen. Die Zuführung der Abschiebungshäftlinge in die Einrichtung beziehungsweise aus der Einrichtung heraus wird in der Regel durch Landespersonal aus dem Bereich des Landesamtes für Innere Verwaltung beziehungsweise der Landespolizei durchgeführt werden. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3294 5 10. Wie viele abgelehnte, ausreisepflichtige Asylbewerberinnen und Asylbewerber gab es im Vergleich der Jahre 2015 bis 2018 sowie zu Beginn des Jahres 2019 in Mecklenburg-Vorpommern? Auf die nachfolgende Übersicht wird verwiesen. Die Angaben sind dem Ausländerzentralregister entnommen. Stichtag Anzahl der ausreisepflichtigen Personen mit einem abgelehnten Asylantrag 31.12.2015 1.132 31.12.2016 1.423 31.12.2017 2.040 31.12.2018 2.319 28.02.2019 2.335