Die Justizministerin hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 21. März 2017 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/330 7. Wahlperiode 22.03.2017 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Jacqueline Bernhardt, Fraktion DIE LINKE Finanzierung und Absicherung der psychosozialen Prozessbegleitung und ANTWORT der Landesregierung 1. Wie hoch wären in den jeweiligen Jahren seit 2013 die Kosten für die psychosoziale Prozessbegleitung gewesen, wenn bereits von Anfang an das jetzt angedachte/praktizierte Modell der Fallpauschalen angewandt worden wäre (bitte für alle Prozessbegleiterinnen separat angeben)? Eine solche hypothetische Berechnung vermag die Landesregierung nicht mit hinreichender Genauigkeit vorzunehmen. § 6 des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren (PsychPbG) unterscheidet für die Höhe der Vergütung danach, ob die Prozessbegleitung - im Vorverfahren, - im gerichtlichen Verfahren im ersten Rechtszug oder - nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens stattfindet. Im Rahmen des Projekts der Justiz Mecklenburg-Vorpommern zur psychosozialen Prozessbegleitung erfolgt demgegenüber eine stellenbezogene Förderung. Nach den in § 6 PsychPbG genannten Verfahrensstadien wird dabei nicht unterschieden. Auch aus der im Rahmen des Projekts durchgeführten statistischen Erfassung der Prozessbegleitungen können keine hinreichend sicheren Rückschlüsse auf die Vergütung gezogen werden, die bei hypothetischer Anwendung des § 6 PsychPbG angefallen wäre. Denn diese Erfassung unterscheidet lediglich nach den Verfahrensstadien vor, während und nach der Hauptverhandlung. Diese sind mit den Verfahrensstadien des § 6 PsychPbG nicht deckungsgleich. Drucksache 7/330 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 2. Welche konkreten Tätigkeiten sind von den drei Pauschalen des § 6 PsychPbG abgedeckt? a) Sind der Zeitaufwand für Netzwerkarbeit, Supervision und Arbeit mit den Angehörigen der Opfer mit erfasst? b) Wenn nicht, wie werden diese finanziert? c) Inwieweit sind Tätigkeiten der Prozessbegleiter in Fällen erfasst, in denen es nicht zur Anklageerhebung kommt? Die Landesregierung verweist auf den Wortlaut des § 6 PsychPbG. Danach sind mit der Vergütung zum einen die mit der Wahrnehmung der Aufgaben als psychosozialer Prozessbegleiter erfassten Tätigkeiten abgedeckt (§ 6 Satz 1 PsychPbG). Ferner sind die Ansprüche auf Ersatz anlässlich der Ausübung der psychosozialen Prozessbegleitung entstandener Aufwendungen und Auslagen sowie Ansprüche auf Ersatz der auf die Vergütung entfallenden Umsatzsteuer abgegolten (§ 6 Satz 2 PsychPbG). Zu a) Der Zeitaufwand für Netzwerkarbeit und Supervision ist nicht erfasst. Der Zeitaufwand für die Arbeit mit Angehörigen ist erfasst, soweit diese Arbeit zur Wahrnehmung der Aufgaben als beigeordneter psychosozialer Prozessbegleiter gehört. Zu b) Im Rahmen des Projekts der Justiz Mecklenburg-Vorpommern zur psychosozialen Prozessbegleitung erfolgt übergangsweise noch bis 30.06.2017 eine stellenbezogene Förderung. Im Rahmen der Förderrichtlinie können die Fördermittel auch für Tätigkeiten verwendet werden, die von § 6 PsychPbG nicht erfasst sind. Zu c) § 6 Satz 1 Nummer 1 PsychPbG regelt die Vergütung für die Prozessbegleitung im Vorverfahren . Die Anklageerhebung wird in dieser Vorschrift nicht als Voraussetzung für den Vergütungsanspruch genannt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/330 3 3. Wie viele Anträge auf Zulassung zur psychosozialen Prozessbegleitung liegen derzeit vor? a) Wie viele Anträge wurden bereits bewilligt? b) In welchen Orten sind Prozessbegleiterinnen tätig oder werden tätig sein, deren Anträge bereits bewilligt wurden? c) Wie viele von ihnen waren bereits zu Zeiten des Modellprojekts als psychosoziale Prozessbegleiter tätig? In Mecklenburg-Vorpommern wurden bislang acht Anträge auf Anerkennung als psychosoziale Prozessbegleiterin/psychosozialer Prozessbegleiter gestellt. Zu a) Von den acht Anträgen wurden sechs Anträge positiv beschieden. Zu b) Die anerkannten psychosozialen Prozessbegleiter/Prozessbegleiterinnen haben ihre Niederlassungen in Bergen auf Rügen, Neubrandenburg, Rostock, Schwerin, Stralsund und Wackerow. Zu c) Von den sechs anerkannten psychosozialen Prozessbegleitern/Prozessbegleiterinnen waren drei bereits zuvor im Rahmen des Projektes der Justiz Mecklenburg-Vorpommern zur psychosozialen Prozessbegleitung tätig. 4. Wie wird eine landesweit flächendeckende Versorgung mit psychosozialen Prozessbegleitern sichergestellt? a) Welche Dichte an psychosozialen Prozessbegleitern wird von der Landesregierung als ausreichend erachtet (pro Landgerichtsbezirk, Amtsgerichtsbezirk, Landkreis etc.)? b) Wie stellt die Landesregierung die psychosoziale Prozessbegleitung in für die Opfer zumutbarer Weise sicher, wenn in bestimmten Regionen oder Bereichen keine qualifizierten psychosozialen Prozessbegleiter gefunden werden oder diese ihre Tätigkeit beenden ? Drucksache 7/330 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Zu 4, a) und b) Die Landesregierung geht davon aus, dass - wie auch bei anderen nicht staatlich angestellten Beteiligten an gerichtlichen Verfahren, wie etwa Rechtsanwälten und Betreuern - ausreichend anerkannte psychosoziale Prozessbegleiter/Prozessbegleiterinnen zur Verfügung stehen werden. Die im Rahmen des Projektes statistisch erhobenen Fallzahlen haben sich uneinheitlich entwickelt. Hierzu verweist die Landesregierung auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage auf Landtagsdrucksache 7/165. Diese Zahlen stellen daher keine verlässliche Grundlage für eine Schätzung dar, in welchen Regionen wie viele psychosoziale Prozessbegleiter/ Prozessbegleiterinnen erforderlich sein werden. Jede/Jeder Verletzte kann sich im Übrigen an die Staatsanwaltschaft oder an das Gericht wenden, um anhand der dort vorhandenen Verzeichnisse eine anerkannte psychosoziale Prozessbegleiterin/einen anerkannten psychosozialen Prozessbegleiter nachgewiesen zu erhalten. 5. Sieht die Landesregierung die Unterschiede in Anforderungsprofil und Zeitaufwand zwischen der Begleitung Minderjähriger und Erwachsener (bitte erläutern)? Ja. Unterschiede ergeben sich nach Auffassung der Landesregierung schon aus den Rechtsfolgen der Minderjährigkeit. Im Übrigen hängen Anforderungsprofil und Zeitaufwand jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab. 6. Erwartet die Landesregierung in Zukunft im Bereich der psychosozialen Prozessbegleitung eine Abkehr vom bisher praktizierten Träger basierten Modell? Wenn ja, welches Modell erwartet die Landesregierung? Psychosoziale Prozessbegleitung kann sowohl trägerbasiert als auch trägerunabhängig angeboten werden. In welchem Umfang von den mehreren möglichen Modellen zukünftig Gebrauch gemacht wird, lässt sich nach Auffassung der Landesregierung derzeit nicht vorhersagen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/330 5 7. Plant die Landesregierung über die Bekanntmachung im Gesetz- und Verordnungsblatt hinaus weitere Maßnahmen, um den Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung bekannt zu machen? Welche finanziellen Mittel sind für etwaige Kampagnen eingeplant? Der Internetauftritt des Justizministeriums enthält zahlreiche Informationen über die psychosoziale Prozessbegleitung. Außerdem beteiligt sich das Justizministerium in Zusammenarbeit mit den anderen Landesjustizverwaltungen und mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz an der Entwicklung eines Merkblatts zur psychosozialen Prozessbegleitung. Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern verbreitet zudem das jüngst aktualisierte Opfermerkblatt, das ebenfalls in Zusammenarbeit mit den anderen Landesjustizverwaltungen und mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ausgearbeitet und inzwischen in 22 Sprachen übersetzt worden ist. Im Opfermerkblatt wird auch auf die psychosoziale Prozessbegleitung eingegangen. Für Mecklenburg-Vorpommern sind dazu bislang Übersetzungskosten in Höhe von 270 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer entstanden. Aufgrund anstehender Aktualisierungen sind weitere Übersetzungskosten in geringerer Höhe zu erwarten. 8. Inwieweit ist die psychosoziale Prozessbegleitung mit dem Landesprogramm für den Kinderschutz verknüpft? Das Landesprogramm bündelt die bestehenden Aktivitäten und Planungen im Kinderschutz und dokumentiert wichtige Handlungsfelder. Darin enthalten ist die psychosoziale Prozessbegleitung . Sie wird als eine wichtige Maßnahme zum Schutz von Kindern und Jugendlichen aufgeführt. 9. Wie stellt sich in den jeweiligen Jahren seit 2012 die Entwicklung der Straftaten dar, die zur Inanspruchnahme einer psychosozialen Prozessbegleitung berechtigen (bitte nach Art der Straftat und für die jeweiligen Landgerichtsbezirke separat darstellen)? Diese Angaben sind der Landesregierung nicht möglich. Der in § 406g Absatz 3 der Strafprozessordnung (StPO) statuierte Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung knüpft an die in § 397a Absatz 1 StPO genannten Straftaten an. Statistische Angaben über die Entwicklung dieser Straftaten liegen der Landesregierung nicht vor. Die Eingangszahlen bei den Staatsanwaltschaften werden statistisch nach Sachgebieten erfasst. Diese Sachgebiete sind mit dem Straftatenkatalog des § 397a Absatz 1 StPO nicht deckungsgleich. Sie geben über die Eingangsentwicklung der Straftaten nach § 397a Absatz 1 StPO daher keinen hinreichend genauen Aufschluss.