Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 15. Mai 2019 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/3502 7. Wahlperiode 20.05.2019 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Eva-Maria Kröger, Fraktion DIE LINKE Digitalisierung im Tourismus und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Die Digitalisierung verändert die Gesellschaft und die Tourismusbranche mit hoher Dynamik. Zunehmend schnellere Reiseentscheidungen bei kürzeren Aufenthalten, immer neuen Trends und stärkerer Emotionalisierung bei wachsenden Ansprüchen an Qualität und Individualisierung stellen die Branche vor Herausforderungen. Gleichzeitig bietet die Digitalisierung viele noch ungenutzte Chancen, die - eine gut ausgebaute Infra- und Angebotsstruktur vorausgesetzt - eine weiterhin positive Entwicklung des für Mecklenburg-Vorpommern wichtigen Wirtschaftszweiges ermöglichen. 1. Wie hat und wie wird die Digitalisierung den Tourismus und die Tourismuswirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern verändern? Der digitale Wandel konzentriert sich in Bezug auf die touristischen Unternehmen derzeit auf die Kommunikation, die Vertriebsoptimierung, die Digitalisierung interner Prozesse sowie die Umsetzung von Innovationen in Service und Dienstleistungen. Im Destinationsmanagement wird es das Ziel sein, durch digitale Angebote das analoge Urlaubserlebnis weiter zu verbessern. Drucksache 7/3502 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Schlüsselfaktoren sind dabei das Wissen über die spezifischen Bedürfnisse der Reisenden, ausreichend Kompetenzen im Umgang mit den zur Verfügung stehenden digitalen Kanälen und die Fähigkeit, Emotionen zu wecken. Die Aufgabe für Destinationsmanagement- Organisationen (DMO) ist die Steuerung der Datenfülle und deren kontinuierliche Pflege sowie die Erfolgsmessung auf Basis aussagefähiger Kennzahlen. 2. Ist die Tourismuswirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern auf die Veränderungen durch die Digitalisierung eingestellt und vorbereitet? Tourismus und Gastgewerbe sind in Mecklenburg-Vorpommern wichtige Wirtschaftsbranchen . Die Unternehmen des Clusters Handel/Gastgewerbe liegen im ‚Digitalisierungsvergleich Mittelstand‘ 2018 mit 52 Punkten einen Punkt über dem Bundesdurchschnitt. Das Cluster Dienstleistung liegt mit 54 Indexpunkten zwei Punkte unter dem Bundesdurchschnitt von 56 Punkten. Viele kleine Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern sind vergleichsweise wenig digitalisiert. Unternehmen mit bis zu 49 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erreichen lediglich 47 Indexpunkte. (Quelle: Telekom, techconsult) Das Projekt ‚Mittelstand 4.0 - Kompetenzzentrum Rostock‘ - ein Projekt im Rahmen der Förderinitiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur Förderung der Digitalisierung im Mittelstand - will die digitale Kompetenz von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Mecklenburg-Vorpommern erhöhen. Mit Hilfe innovativer Digitalisierung und Vernetzung sollen kleine und mittlere Unternehmen des Landes in die Lage versetzt werden, ihre bestehenden Marktpositionen zu festigen und darüber hinaus auch weitere Geschäftsfelder zu erschließen. In der ersten Phase liegt der Schwerpunkt auf den Anwendungsfällen Medizintechnik und Tourismus. 3. Welche Förderprogramme stehen explizit für die Förderung der Digitalisierung in der Tourismuswirtschaft bereit (bitte Programme einzeln benennen, Höhe des Fördervolumens und bereits bewilligte Maßnahmen benennen)? Es wurden bisher keine Landesprogramme explizit für die Förderung der Digitalisierung in der Tourismuswirtschaft aufgelegt. Allerdings gibt es zwei Förderprogramme, die gegebenenfalls besondere Unterstützung bei Digitalisierungsmaßnahmen in Tourismusunternehmen geben können: Die Qualifizierung des eigenen Personals wird insbesondere auch im Zusammenhang mit Digitalisierungsmaßnahmen immer wichtiger. Im Rahmen der Qualifizierungsrichtlinie können Unternehmen fast aller Branchen Förderung in Form von Bildungsschecks für branchenübergreifende (zum Beispiel IT, Sprachen, Ausbildereignungsprüfung etc.) und branchenspezifische Fortbildungsmaßnahmen ihrer Beschäftigten erhalten (Förderung 50 beziehungsweise 75 Prozent als De-minimis Förderung, maximal 500 Euro pro Bildungsscheck beziehungsweise maximal 3.000 Euro bei abschlussorientierten Bildungsschecks). Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3502 3 Darüber hinaus können Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft mit überregionalem Absatz bei sogenannten unternehmensspezifischen Maßnahmen eine 50 prozentige Förderung für die Kompetenzfeststellung der Beschäftigten (Beratung), die Analyse des Qualifizierungsbedarfs der Arbeitsplätze in dem Unternehmen (Beratung) oder für die berufliche Qualifizierung ihrer Beschäftigten (Schulung) erhalten, sofern ein externer Dienstleister beauftragt wird. Insgesamt stehen in der aktuellen Förderperiode des Europäischen Sozialfonds (ESF) (2014-2020) 6 Millionen Euro für Maßnahmen im Rahmen der Qualifizierungsrichtlinie zur Verfügung. Darüber hinaus können kleine und mittlere Unternehmen bei kleineren Einstiegs- und Umstiegs-Investitionen zum Thema Digitalisierung unterstützt werden. Im Rahmen der sogenannten Digi-Trans-Richtlinie des Ministeriums für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung werden mit insgesamt 6 Millionen Euro über die Laufzeit von drei Jahren Zuschüsse von bis zu 10.000 Euro und in Ausnahmefällen bis zu 50.000 Euro (maximal 50 Prozent der förderfähigen Kosten bei kleinen, maximal 35 Prozent bei mittleren Unternehmen) gewährt. Die Richtlinie ist mit Wirkung vom 22. Oktober 2018 in Kraft getreten und tritt am 31. Dezember 2021 außer Kraft. Gefördert werden Startups und vorhandene Unternehmen, die über innovative Ideen für neue, digitale Geschäftsmodelle und über Lösungen für die Umstellung von analogen auf digitale Prozesse verfügen und entsprechende Einstiegs- und Umstiegsinvestitionen zu tätigen haben. Dies schließt auch KMU in der Tourismusbranche ein. 4. Welchen Investitionsbedarf sieht die Landesregierung in der Tourismuswirtschaft hinsichtlich der Digitalisierung in den kommenden zehn Jahren? Der Investitionsbedarf der touristischen Unternehmen und Leistungsanbieter entspricht den in der ‚Digitalen Agenda für Mecklenburg-Vorpommern‘ der Landesregierung beschriebenen Aufgabenstellungen anderer dienstleistungsbezogener Branchen. Neben Investitionen in die technische Ausstattung aller Unternehmensbereiche wird die komplett digitalisierte Vermarktung der Angebote im Vordergrund stehen. Der ‚menschliche Faktor‘, die Betreuung des Gastes im direkten Kontakt, wird aber auch in zehn Jahren eine zentrale Rolle spielen. Diese wird zunehmend individualisiert und wissensbasiert, je nach den Interessen der Gäste, erfolgen. 5. Wann wird die Landesregierung eine Digitalisierungsstrategie für den Tourismus vorlegen, wie sie in der Landestourismuskonzeption angekündigt ist? Die Begleitung des Digitalisierungsprozesses gehört zu den Kernaufgaben des Umsetzungsmanagements der Landestourismuskonzeption. Drucksache 7/3502 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Das Strategiefeld Digitalisierung soll dabei mit den Zukunftsfeldern Arbeitsmarkt, Infrastruktur inklusive erneuerbare Energien, Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel und Mobilität, Organisation und Finanzierung sowie Innovation und Qualität verknüpft werden. Die Umsetzung der Konzeption ist dabei als fortlaufender und flexibler Prozess zu verstehen, da sich der Markt insbesondere in diesem Bereich rasant entwickelt. Dazu zählt auch die Überprüfung der Möglichkeiten der Landesregierung zur Unterstützung der Entwicklung einer Digitalisierungsstrategie im Tourismus. 6. Wie bewertet die Landesregierung den Stand in Mecklenburg- Vorpommern bei der digitalen Gästeinformation? Die digitale Information von Gästen und Besuchern für das Urlaubsland kann in Bezug auf die Präsenz und das Informationsangebot des Tourismusverbandes MV (TMV) e. V. positiv eingeschätzt werden. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl privater, regionaler und örtlicher Informationsangebote mit unterschiedlichsten Ansätzen. Zusätzlich zur mehrsprachigen Website ‚auf-nach-mv.de‘ bedient der Landestourismusverband weitere endkundenorientierte Portale (zum Beispiel Kinder - www.spielstrand.de, Blog - mvnow.auf-nach-mv.de; gesundheitstouristische Angebote - www.gesundes-mv.de). Darüber hinaus gibt es Kooperationsprojekte wie zum Beispiel bike-berlin-copenhagen.de oder deutschlands-seenland.de. Der TMV e. V. betreibt zudem eine von vielen Akteuren (Regionen, Orte, Unternehmen) genutzte Datenbank mit mehreren tausend Ausflugszielinformationen und Beherbergungsanbietern sowie einem angeschlossenen Veranstaltungskalender. Diese Datenbasis bildet die zentrale Informationsquelle für viele Off- und Online-Medien und stellt damit aktuelle und hochwertige Informationen für Endkunden sicher. Die Domain ‚auf-nach-mv.de‘ hatte 2018 mehr als 1,3 Millionen Besucher und 3,2 Millionen Seitenaufrufe. Die ‚MV-Kampagne‘ als größte geschlossene touristische Marketingkomponente in Deutschland generiert eine qualifizierte Reichweite von mehr als 18 Millionen Kontakten, darunter einen erheblichen digitalen Anteil über große Portale wie urlaubsguru.de oder marcopolo.de. Insgesamt beläuft sich die Bruttogesamtreichweite im Bereich Online auf circa 85 Millionen pro Jahr. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3502 5 7. Wie fördert die Landesregierung Fortschritte bei der digitalen Gästeinformation ? Zur „Digitalen Agenda MV“ der Landesregierung gehören unter anderem Untersuchungen wie das Standortkonzept für HotSpots in Tourismusregionen, mit denen die Errichtung eines öffentlichen und kostenfrei zugänglichen WLAN in Tourismusregionen unterstützt werden soll, um die Information für Besucher weiter zu verbessern. Die laufende Untersuchung bezieht sich vorzugswiese auf unterversorgte Standorte im Binnenland, wie Plätze in kleineren Städten mit touristischem Potential, auf touristisch stark nachgefragte Schlösser und Gutshäuser, auf Wasserstraßen mit hoher touristischer Bedeutung sowie auf touristische Sehenswürdigkeiten mit Verweildauer. 8. Mittel in welcher Höhe stehen den Tourismusorganisationen zur Verfügung , um auf Änderungen der Digitalisierung zu reagieren (bitte einzeln angeben, was in welcher Höhe zur Verfügung steht)? Durch die Digitalisierung bedingte Änderungen im Markt- und Arbeitsumfeld werden vom Tourismusverband MV e. V. grundsätzlich aus dem normalen Haushalt bestritten. Reduziert auf technische Entwicklungen stehen dafür circa 20.000 Euro netto pro Jahr bereit. Für die Digitalisierung der Geschäftsprozesse und des touristischen Marketings, insbesondere in der Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Partnern, können im Einzelnen Projektförderungen umgesetzt werden. Die Landesregierung und der TMV e. V. haben darüber hinaus keine detaillierten Einblicke in die Digitalisierungsbudgets und eventuelle Sondervorhaben der regionalen und kommunalen Tourismusorganisationen (insgesamt mehr als einhundert Organisationseinheiten). 9. Aus welchen Gründen bietet der Tourismusverband Mecklenburg- Vorpommern keine eigene App zur Nutzung von Informations- und Anwendungszwecken an? Die Hauptmarketingaufgabe des TMV e. V. besteht darin, neue Gäste für das Land zu gewinnen. Maßnahmen, die bei im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern vorhandenen Gästen greifen, liegen stärker im Fokus regional oder lokal agierender Akteure und Unternehmen. Insbesondere Apps erfordern nach der ersten technischen Erstellung einen erheblichen, kontinuierlichen Pflege- und Marketingaufwand, um sie zum Erfolg zu führen. Der TMV e. V. kooperiert dabei mit Anbietern von Apps, die App-Marketing und App- Vertrieb eigenwirtschaftlich erfüllen. Dies führt dazu, dass die wertvollen Informationen, die von den Touristikern in der gemeinsamen Datenbank gesammelt werden, in Apps wie der DB-Ausflug-App, der Ostsee-App oder auch der Outdooractive-App zu Informations- und Anwendungszwecken den Urlaubern zur Verfügung stehen.