Der Minister für Landwirtschaft und Umwelt hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 20. Mai 2019 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/3503 7. Wahlperiode 23.05.2019 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Eva-Maria Kröger, Fraktion DIE LINKE Digitalisierung in der Landwirtschaft und ANTWORT der Landesregierung 1. Welche Bedeutung misst die Landesregierung dem Veränderungsprozess durch die Landwirtschaft 4.0 bei? Zu den Bereichen der Digitalisierung der Landwirtschaft unter der Überschrift: Landwirtschaft 4.0 werden insbesondere Precision (Livestock) Farming, Fernerkundung (Drohnen, Sentinel, Sensorik) sowie Automatisierung und Robotik gerechnet. In diesen technischen Bereichen vollziehen sich gegenwärtig erhebliche Umwälzungen. Angesichts der Auswirkungen misst die Landesregierung diesem Prozess eine hohe Bedeutung zu. 2. Rechnet die Landesregierung durch die Digitalisierung in der Landwirtschaft mit Produktionssteigerungen? Wenn ja, wie hoch werden diese in den kommenden zehn Jahren ausfallen ? Im Rahmen der Digitalisierung in der Landwirtschaft werden vor allem im Bereich Agrotechnik und Produktionsprozesssteuerung Effektivitätssteigerungen erwartet. Diese werden auch einen gewissen produktionssteigernden Effekt bewirken, der jedoch nicht beziffert werden kann. Drucksache 7/3503 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 3. Kann nach Ansicht der Landesregierung die Digitalisierung in der Landwirtschaft helfen, den Einsatz von Pestiziden, Fungiziden und Düngemitteln effizienter und umweltschonender zu gestalten? Die Digitalisierung in der Landwirtschaft wird dazu beitragen, den Einsatz von Pestiziden, Fungiziden und Düngemitteln zielgenauer, effizienter und damit umweltschonender zu gestalten. 4. Gibt es Forschungsprojekte in Mecklenburg-Vorpommern zum Thema Digitalisierung in der Landwirtschaft und zu dem Einsatz von Pestiziden , Fungiziden und Düngemitteln? Wenn ja, werden diese von der Landesregierung unterstützt? Die in Mecklenburg-Vorpommern etablierten und aus dem Landeshaushalt grundfinanzierten Agrarforschungseinrichtungen befassen sich in ihrer Forschung mit den genannten Themenbereichen und werden insofern dabei von der Landesregierung maßgeblich unterstützt. Hinzu kommen Forschungstätigkeiten, die im Rahmen von mit Drittmitteln finanzierten Projekten ganz oder teilweise durch das Land mitfinanziert werden. Im Folgenden werden beispielhaft einige Forschungsthemen der Agrarforschungseinrichtungen im Land dargestellt. Hochschulen des Landes Die Hochschulen des Landes befassen sich aktuell mit den nachfolgend aufgeführten Forschungsprojekten zur Digitalisierung in der Landwirtschaft und im Zusammenhang mit dem Einsatz von Pestiziden, Fungiziden und Düngemitteln. Der zweite Satz der Fragestellung wurde im Hinblick auf eine projektbezogene Förderung interpretiert. Universität Rostock Thema Laufzeit Landesförderung ja/nein Untersuchungen zur Sikkation mit Perlagonsäure 01.05.2019 - 31.12.2019 nein Landwirte-Netzwerk - Mehrjahres-Analyse der Pflanzenschutzstrategien (MAPS) 01.04.2019 - 31.03.2022 nein Wetscapes, P8 - Landnutzung (Exzellenzforschungsprogramm des Landes M-V) 01.01.2017 - 31.03.2021 ja (Europäischer Sozialfonds) Anwendung und Kombination von Störungen und Konkurrenz in einem agrar-ökologisch basiertem Management von ausdauernden Unkräutern 01.04.2019 - 30.04.2022 nein Herbizitwirkungen in Blühmischungen - Untersuchungen in Feldversuchen, Auswertung und Interpretation 01.01.2018 - 31.12.2020 nein Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3503 3 Hochschule Neubrandenburg Thema Laufzeit Landesförderung ja / nein Computergestützte Ausweisung von Verdachtsflächen für Kohlhernie im Winterraps durch Geodatenfusion 2017 nein Die Erwerbssituation von Frauen in ländlichen Regionen unter dem Einfluss der Digitalisierung der Arbeitswelt (Teilprojekt II) 2016 - 2017 nein Grundlegende Anforderungen der Digitalisierung ‚4.0‘ an die Unternehmensführung in der Landwirtschaft 2017 nein (Bundesförderung) Schutz der Gesundheit durch Einsatz biologischer Fungizide in der Landwirtschaft - Anwendung von Trihydroxy-octadecensäuren (TriOH) als natürliche Pflanzenschutzmittel zur Sicherung einer gesunden Ernährung (OxiLiFungi) 01.02.2015 - 31.10.2018 nein (Bundesförderung) Geplant: „PhysicsForFood“ (Einsatz physikalischer Methoden im Pflanzenschutz in der Forschung, Entwicklung, Innovation und dem Transfer) im Rahmen des Wettbewerbs „WIR- Wandel durch Innovation in der Region“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung voraussichtlich: 01.07.2019- 31.12.2022 (optional bis 31.12.2024) nein (ggf. Bundesförderung ) Darüber hinaus erfolgt an der Hochschule Neubrandenburg zum Thema „Digitalisierung in der Landwirtschaft“ die laufende Befassung mit folgenden Forschungsthemen: - Nutzung von Daten der Fernerkundung (Satellit, Flugzeug, Drohne, Schlepper-gestützte Sensorik) für GPS-Ackerbau - Fusion von landwirtschaftlichen Geodaten unter Berücksichtigung von Unsicherheit, Mehrdeutigkeit und Unvollständigkeit für die Digitalisierung der menschlichen Erfahrung - smarte Microgrids - Excel-basiertes Programm zur Optimierung der Umsatzbesteuerung - Beratungstools zur Ermittlung der optimalen Nutzungsdauer für Biogasanlagen - Pedometer - Einsatz bei Milchkühen; Datenerfassung und Auswertung mit dem Programm Cows&More - Digitalisierungsstrategie zur Bewertung von Tierwohl (Datenerfassung und Auswertung mit dem Programm Cows&More, -Pedometer - Einsatz bei Milchkühen) - Digitalisierung im Ackerbau (Vernetzungsstrategie John Deere, Telematics/Easy Claas) - Automatisierung/Informatisierung in der Milchviehhaltung (Precision Livestock Farming) - digitalisierte, computergestützte Datenerhebungen im Rahmen von Umfragen, zum Beispiel Impliziter Assoziationstest oder Discrete Choice Experiments mit spezieller Software - Themen: Konsumentenverhalten, Bio, Regionalität, Tierwohl Drucksache 7/3503 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Leibniz-Institut für Nutztierbiologie (FBN) Dummerstorf Das Leibniz-Institut für Nutztierbiologie FBN Dummerstorf arbeitet mit modernsten Methoden zur Erforschung der Biologie des Nutztieres. Dabei sind neue Informations- und Kommunikationstechnologien (IT) inzwischen unverzichtbar, angefangen von der digitalen Erfassung und Dokumentation von Laborergebnissen bis hin zur (berührungslosen) Erfassung von Verhaltens- und Stoffwechselparametern der Tiere in ihrem natürlichen Umfeld. Zunehmend werden demzufolge am FBN Verfahren der Digitalisierung durch modernste IT und unter Einsatz künstlicher Intelligenz (selbstlernende Systeme) angewendet beziehungsweise häufig mit Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft (weiter-)entwickelt, um das möglichst ungestörte natürliche Verhalten des Nutztieres zu erfassen und im Zusammenspiel mit weiteren biologischen Parametern auszuwerten. Von besonderer Bedeutung sind dabei auch Hochdurchsatzverfahren mit effizienten Auswertungsalgorithmen. Diese Verfahren sind wesentlicher Bestandteil von nationalen wie internationalen Forschungsprojekten. Ziel ist es stets, Lösungsansätze für die moderne Tierhaltung (Precision Livestock Farming) zu entwickeln. Zahlreiche solcher Projekte werden über die Grundfinanzierung hinaus im Wettbewerb eingeworben und mit Hilfe von Drittmitteln finanziert. Mittel aus dem Land sind beispielsweise für folgende Projekte eingeworben worden: - Signalfütterung: Praxiserprobung einer automatisierten Konditionierung, um Sauen gezielt zur individuellen Fütterung bei Gruppenhaltung aufzurufen. Diese am FBN entwickelte und patentierte Methode reduziert Tierverluste und verbessert das Wohlbefinden der Tiere. Das Projekt wird aus Landesmitteln des EIP-Agri-Programms finanziert. Projektpartner: Gut Sternberg GmbH & Co. KG; LMS Agrarberatung GmbH. - AUTOGERI-FBN: Hierbei handelt es sich um ein automatisiertes, patentiertes System zur Unterstützung der Gesundheitskontrolle bei Rindern. Am FBN finden die Auswahl der Sensortechnik, die Datenerhebung, der Abgleich von physiologischen Parametern mit elektronischen Sensordaten und die Erprobung an der Milchkuh statt. Finanziert wird das Projekt vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit. Projektpartner: Universität Rostock, Fakultät für Informatik und Elektrotechnik, Institut IAE; automation&software Günter Tausch GmbH Neubrandenburg. - TRISCHA: Trittschallanalyse zur Früherkennung von Klauenerkrankungen bei Rindern. Es erfolgt eine elektronische Aufzeichnung von Schallwellen, die ein Rind erzeugt, wenn es sich in den Melkstand begibt, Unregelmäßigkeiten treten dann auf, wenn das Tier versucht, ein (entzündetes) Gliedmaß möglichst vorsichtig aufzusetzen. Die Evaluierung der entwickelten Trittmustermessanlage und Trittmusterauswerteanlage ist konkretes Teilziel des derzeitigen Projektes, das aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) finanziert wird. Das Rostocker Unternehmen argus electronic gmbh hat die technische Entwicklung und Umsetzung übernommen. Die eingesetzte Methodik ist urheberrechtlich geschützt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3503 5 Das FBN ist besonders bei Projekten, die die Digitalisierung im Focus haben, bestrebt a) die Ergebnisse urheberrechtlich zu schützen (derzeit elf Patente beziehungsweise Patentanmeldungen mit Digitalisierungsbezug) und b) bei der Umsetzung regionale Unternehmen einzubeziehen (neben den zuvor aufgeführten: Airsense GmbH Schwerin, HaSoTec GmbH Rostock, Pironex GmbH Rostock). Landesforschungsanstalt In der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern werden in der aktuellen Forschungsphase 2019/2020 folgende Forschungsthemen zum Thema Digitalisierung in der Landwirtschaft und zum Einsatz von Pflanzenschutz und Düngung bearbeitet: Forschungsvorhaben Nummer Kurzthema Laufzeit 1/05 Optimierung Anbauverfahren Mähdruschfrüchte seit 2000, unbefristet 1/32 N-Strategien bei Winterraps und Winterweizen seit 2012, unbefristet 1/39 Arbeitszeitanalysen in der Milchproduktion 2019 - 2020 2/02 Dauerversuch Grundnährstoffe seit 1998, unbefristet 2/56 N-Effizienz in Fruchtfolgen seit 2014, unbefristet 2/58 Euter- und Klauengesundheit in AMS-Betrieben AMS = Automatische Melksysteme 2013 - 2018 2/72 Optimierung der Tierumwelt unter Berücksichtigung des Stallklimas 2015 - 2019 2/74 Optimierung der Tierumwelt mit Hilfe von Verhalten und der Physiologie 2015 - 2019 2/76 Gesunderhaltung von Milchkühen 2017 - 2022 4/34 Anbautechnik Mais 2020 - 2023 4/35 Anbauverfahren Öko-Zuckerrüben 2018 - 2021 5/07 Integriertes Unkrautmanagement im Gemüsebau 2011 - 2019 5/13 Bekämpfung tierischer Schädlinge im Gemüsebau 2017 - 2021 9/08 Wertschöpfungskette Öko-Zuckerrüben 2018 - 2021 10/01 N-Düngungsstrategien (WRRL) 2015 - 2021 10/02 Düngung mit Biogasgärresten (WRRL) 2015 - 2021 10/05 EIP Sickerwasser (Drainfit) 2016 - 2019 10/06 Lysimeter (WRRL) seit 2015, unbefristet 10/08 N-Effizienz Freilandgemüse 2017 - 2021 Ein Teil wird über Förderprogramme des Bundes und/oder des Landes finanziert. Der Hauptanteil der personellen und finanziellen Projektkosten wird jedoch durch Haushaltsmittel des Landes (EPL 08 Geschäftsbereich des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt) getragen. Drucksache 7/3503 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 6 5. Welchen Investitionsbedarf sieht die Landesregierung in der Landwirtschaft in Bezug auf Landwirtschaft 4.0 in den kommenden zehn Jahren? Bei allen Ersatz- und Neuinvestitionen werden durch die Landwirte neue und modernste Technologien eingekauft oder über die Ersatz- und Neuinvestitionen der Dienstleistungsunternehmen den Betrieben zur Verfügung stehen. Eine Quantifizierung des Investitionsbedarfes ist jedoch nicht möglich, da zahlreiche betriebliche und übergeordnete Bedingungen Einfluss haben. 6. Welche Förderprogramme in welcher Höhe stehen bereits heute und in den kommenden Jahren zur Verfügung? Das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt stellt über das Agrarinvestitionsförderprogramm (AFP) jährlich rund 10,7 Millionen Euro für die Förderung von Investitionen landwirtschaftlicher Betriebe zur Verfügung. Zur Unterstützung landwirtschaftlicher Betriebe bei der Diversifizierung sind rund 420.000 Euro jährlich veranschlagt. Unter Bezugnahme auf Frage 3 wird beispielhaft darauf verwiesen, dass mit dem AFP unter anderem besonders umweltschonende Pflanzenschutzgeräte gefördert werden, die die Abdrift ohne Wirksamkeitseinbußen um mindestens 90 Prozent gegenüber herkömmlichen Sprühgeräten verringern können oder auch Geräte zur mechanischen Unkrautbekämpfung für Reihenkulturen, die über eine elektronische Reihenführung (mittels Globalem Positionsbestimmungssystem , Ultraschall oder optischer Sensoren) verfügen. Des Weiteren unterstützt das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Unternehmen bei der Weiterbildung ihrer Beschäftigten über die Qualifizierungsrichtlinie. Im Rahmen dieser Richtlinie können Unternehmen fast aller Branchen Förderung in Form von Bildungsschecks für branchenübergreifende (Digitalisierung, Sprachen, IT, Verwaltung, Ausbildereignungsprüfung etc.) und branchenspezifische Fortbildungsmaßnahmen ihrer Beschäftigten erhalten. Insgesamt stehen in der aktuellen ESF-Förderperiode (2014 bis 2020) 6 Millionen Euro für Maßnahmen im Rahmen der Qualifizierungsrichtlinie zur Verfügung. Darüber hinaus stehen in der aktuellen ELER-Förderperiode landwirtschaftlichen Unternehmen und ihren Beschäftigten grundsätzlich die Förderprogramme des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt „Wissenstransfer und Info-Maßnahmen“ sowie „Beratungsleistungen Landwirtschaft“ für den Wissenstransfer und Fachberatungen mit Bezug zur Digitalisierung zur Verfügung. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3503 7 7. Wie wird sich Landwirtschaft 4.0 auf die Zahl der Beschäftigten in der Landwirtschaft auswirken? Es ist einerseits zu erwarten, dass durch Landwirtschaft 4.0 die Zahl der Beschäftigten in der Landwirtschaft weiter sinken wird. Andererseits wird nur durch Digitalisierung und Investitionen in Automatisierung zu verhindern sein, dass einzelne Betriebe Erwerbszweige durch Mangel an entsprechendem Personal gänzlich aufgeben müssen. Somit sichert Landwirtschaft 4.0 auch Arbeitsplätze im ländlichen Raum.