Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 8. Mai 2019 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/3508 7. Wahlperiode 10.05.2019 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Eva-Maria Kröger, Fraktion DIE LINKE Industrie 4.0 und ANTWORT der Landesregierung 1. Wie bewertet die Landesregierung die Fortschritte beim Thema Industrie 4.0 in den Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern? Die Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern ist überwiegend kleinteilig strukturiert und weist noch eine geringe Industriedichte auf. Es sind insbesondere die großen Unternehmen im produzierenden Gewerbe, die ihre Produktionsketten digitalisieren und vernetzen und damit schon in der Digitalisierung gut vorangeschritten sind, während die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) oft noch Nachholbedarf im Bereich der Digitalisierung haben. Die Landesregierung hat im Mai 2018 eine „Digitale Agenda für Mecklenburg-Vorpommern“ verabschiedet. Die darin beschlossenen Maßnahmen dienen insbesondere der Unterstützung der kleinen und mittleren Unternehmen und werden sukzessive umgesetzt, um gegebenenfalls vorhandene Rückstände abzubauen und die regionale Wirtschaft zukunftsfähiger aufzustellen. Diese Maßnahmen ergänzen oder erweitern die bereits vorhandenen Förder- und Unterstützungsmöglichkeiten auf Landesebene und die vielfältigen Förderprogramme auf Bundesebene. Auch wenn Fortschritte/Erfolge zu verzeichnen sind, ist diesem Zukunftsthema weiterhin ein hoher Stellenwert einzuräumen. Drucksache 7/3508 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 2. Welche Unternehmen würde die Landesregierung als Vorzeigeunternehmen im Bereich Industrie 4.0 in Mecklenburg-Vorpommern bezeichnen? Wahrgenommen wird, dass bei der Entwicklung und Bereitstellung von Technologien für Industrie 4.0 die Firma Trebing & Himstedt Prozeßautomation GmbH & Co. KG überdurchschnittlich aktiv ist. Für die Anwendung entsprechender Lösungen können in den Branchen beispielhaft folgende Unternehmen aufgeführt werden: - Handwerk: Tischlerei Eigenstetter GmbH, Treppenbau Plath GmbH, - Automobilzulieferer: Webasto Neubrandenburg GmbH, Lang Metallwarenproduktion Neubrandenburg GmbH, - maritime Industrie: MV Werften, Mecklenburger Metallguß GmbH. Die Benennung der Unternehmen stellt keine Wertung dar und ist beispielhaft zu verstehen. 3. Wie hoch wird nach Einschätzung der Landesregierung der Investitionsbedarf in Mecklenburg-Vorpommern in den nächsten zehn Jahren sein, um Industrie 4.0 auch in Mecklenburg-Vorpommern umzusetzen? Wie wird die Landesregierung diesem Investitionsbedarf begegnen? Aus Sicht des Landes besteht ein hoher Investitionsbedarf für den Bereich Industrie 4.0 und Digitalisierung, da diese Schlüsseltechnologien zukunftsweisend und unabdingbar für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sind. Zahlen liegen hierzu nicht vor. Die Landesregierung hat, um dem Investitionsbedarf im Bereich Digitalisierung und Industrie 4.0 angemessen zu begegnen, als eine Teilmaßnahme der Digitalen Agenda die „Richtlinie zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation (F&E&I-Richtlinie)“ erweitert. So können als neuer Fördertatbestand „Investitionen in Folge von Prozessinnovationen“ gefördert werden. Zudem wurde die Zielgruppe des bestehenden Fördertatbestandes „Förderung von Prozessinnovation“ vom verarbeitenden Gewerbe auf die gesamte gewerbliche Wirtschaft erweitert. 4. Investitionsförderungen in welcher Höhe hat die Landesregierung für die Umsetzung von Industrie 4.0 in den letzten zehn Jahren ausgereicht (bitte geförderte Maßnahme, Fördermittelempfänger und Förderhöhe im Einzelnen und in Jahresscheiben angeben)? Bewilligungen für Investitionen in Folge von Prozessinnovationen im Rahmen der erweiterten F&E&I-Richtlinie erfolgten noch nicht. Eine separate statistische Erfassung von Industrie-4.0-Anwendungen im Zusammenhang mit der Förderung eines Gesamtinvestitionsvorhabens im Rahmen der Gemeinschaftsaufgaben zur Verbesserung der Regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW) wird nicht vorgenommen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3508 3 5. Welche konkreten Maßnahmen hat die Landesregierung umgesetzt, um die Digitalisierung in der Produktion zu befördern (bitte verausgabte und veranschlagte Mittel je Maßnahme darstellen)? Um Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern bei der Digitalisierung in der Produktion beratend zu unterstützen, hat die Landesregierung die Akteure des Kompetenzzentrums Mittelstand 4.0 „DigiMed & Tour“ erfolgreich bei der Etablierung dieses Zentrums in Rostock unterstützt. Im Ergebnis profitiert die Wirtschaft des Landes dabei von einer Bundesförderung für das Zentrum in Höhe von circa 3,5 Millionen Euro, ohne erforderliche Kofinanzierung durch das Land. Weiterhin wurde in der Technologieförderung der Bereich der Förderung von Prozessinnovationen für den Fördertatbestand Einführung von Industrie-4.0-Lösungen geöffnet. Zusätzlich wurde in die F&E&I-Richtlinie der Fördertatbestand der Investitionen in Folge von Prozessinnovationen aufgenommen. Die zur Umsetzung der gesamten F&E&I-Richtlinie bereitgestellten Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) betragen im aktuellen Förderzeitraum 2014 bis 2020 218 Millionen Euro. Eine explizite Zuordnung eines Betrages für Prozessinnovationen ist nicht möglich. Um Unternehmen die Möglichkeiten von Industrie-4.0-Lösungen zu demonstrieren und entsprechende Projekte im Bereich der wirtschaftsnahen Forschung zu stärken, unterstützt die Landesregierung die Errichtung eines Pilot- und Demonstrationszentrums Industrie 4.0 bei der Fraunhofereinrichtung für Großstrukturen in der Produktionstechnik in Rostock mit Investitionszuschüssen von 13,5 Millionen Euro bei einer Gesamtinvestition von 16 Millionen Euro. Darüber hinaus bietet die „Richtlinie zur Förderung der berufsbegleitenden Qualifizierung von Beschäftigten in Unternehmen (Qualifizierungsrichtlinie)“ den Unternehmen die Möglichkeit, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die neuen Anforderungen im Rahmen der Digitalisierung im Unternehmen vorzubereiten. Insgesamt stehen im Rahmen der Qualifizierungsrichtlinie für alle Maßnahmen im Förderzeitraum 2014 bis 2020 6 Millionen Euro aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) zur Verfügung. 6. Welche Forschungsprojekte, die landesseitig gefördert wurden, gab es im Bereich Industrie 4.0 in Mecklenburg-Vorpommern (bitte Höhe der Förderung mit angeben)? Die Digitalisierung durchdringt nahezu alle Forschungsbereiche und hält Einzug in die technologischen Prozesse bei der Herstellung von Produkten und der Produkte selbst. Laut Analyse der geförderten F&E&I-Vorhaben wurden im Zeitraum von 2014 bis 2017 für 159 Projekte mit deutlichem Bezug zur Digitalisierung rund 55,7 Millionen Euro Fördermittel ausgereicht. Drucksache 7/3508 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 7. In welcher Form werden die Umstellung und die Investition in automatisierte Fertigungsanlagen gefördert (bitte Förderprogramme und jeweilige Mittelausstattung der Programme angeben)? Die Landesregierung hat als eine Teilmaßnahme der Initiative zur Digitalisierung in der Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern die Richtlinie zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation erweitert. So können als neuer Fördertatbestand „Investitionen in Folge von Prozessinnovationen“ gefördert werden. Zudem wurde die Zielgruppe des bestehenden Fördertatbestandes „Förderung von Prozessinnovation“ vom verarbeitenden Gewerbe auf die gesamte gewerbliche Wirtschaft erweitert. Insbesondere KMU werden dadurch dabei unterstützt, ihre Produktionsprozesse zu analysieren, „digitale“ Lösungsvorschläge (Prozessinnovationen) zu erarbeiten und diese in Pilotprojekten umzusetzen. Dazu wird die Inanspruchnahme externen Sachverstandes gefördert (KMU bis zu 50 Prozent, große Unternehmen mit bis zu 15 Prozent, maximal 200.000 Euro). Im Zusammenhang mit Prozessinnovationen sind damit auch Analysen und Beratungen im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Beschäftigten im Unternehmen förderfähig (Technikfolgenabschätzung). Förderung von Prozessinnovationen können nunmehr insgesamt von gewerblichen Unternehmen (vorher nur verarbeitendes Gewerbe) in Anspruch genommen werden (damit zum Beispiel auch Dienstleistung und Bauunternehmen antragsberechtigt). Durch die Erweiterung der Förderrichtlinie wird als neues Instrument auch die Förderung von Investitionen möglich, die der Umsetzung von vorher durchgeführten Prozessinnovationen dienen. Dazu erhalten KMU der gewerblichen Wirtschaft einen Zuschuss von bis zu 50 Prozent der förderfähigen Ausgaben (maximal 100.000 Euro) zum Beispiel für Maschinen, Anlagen, Robotik, Automatisierungstechnik wie Sensorik oder Datenübertragungstechnik. Die zur Umsetzung der gesamten F&E&I-Richtlinie bereitgestellten Mittel betragen für den aktuellen ESF Förderzeitraum (2014 bis 2020) 218 Millionen Euro, eine explizite Zuordnung eines Betrages für Prozessinnovationen erfolgt nicht. Investitionen in automatisierte Fertigungsanlagen können auch im Rahmen von GRW-förderfähigen Investitionsvorhaben mit Zuschüssen gefördert werden. Eine explizite Zuordnung eines Betrages für Investitionsvorhaben mit Industrie-4.0-Anwendungen wird im Rahmen der GRW nicht vorgenommen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3508 5 8. Kann sich die Landesregierung insgesamt einen Digitalisierungsbonus in der Förderkulisse des Landes vorstellen, beispielsweise im Bonussystem der GRW-Förderung (bitte Förderprogramm benennen und Möglichkeiten eines Digitalisierungsbonus angeben)? Das Kriterium Digitalisierung findet bereits im Bonussystem der GRW Berücksichtigung. In das Bonuskriterium „besonders innovativ“ (Punkt 5.7 e der GRW-Landesrichtlinie) fließt auch der Digitalisierungsgrad des Investitionsvorhabens ein und kann als Grundlage für eine Erhöhung des Basisfördersatzes mit herangezogen werden. 9. Bis zu welchem Jahr werden wo im Land Beratungsstrukturen für die Wirtschaft im Bereich Digitalisierung aufgebaut worden sein? Am 1. Oktober 2017 hat das Kompetenzzentrum Mittelstand 4.0 am Standort Rostock seine Arbeit aufgenommen (siehe Antwort zu Frage 5). Die Fraunhofereinrichtung für Großstrukturen in der Produktionstechnik in Rostock arbeitet bereits seit Jahren im Bereich der Digitalisierung und nutzt gemeinsam mit Unternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern die F&E&I-Fördermöglichkeiten des Landes zum Beispiel im Rahmen von Verbundvorhaben. Die Bauarbeiten für das neue Demonstrations- und Pilotzentrum haben im März 2019 begonnen, mit der Fertigstellung wird 2021 gerechnet. Aber bereits jetzt schon verfügen die beiden Fraunhoferstandorte „Großstrukturen in der Produktionstechnik“ und das „Institut für graphische Datenverarbeitung“ in Rostock über Demonstrationslabore im Bereich Industrie 4.0, welche für Unternehmen aus dem Land offen stehen. Darüber hinaus fördert die Landesregierung seit dem 1. April 2019 ein Arbeit-4.0-Kompetenzzentrum „Digitalisierung in der Arbeitswelt Mecklenburg-Vorpommern“, das sozialpartnerschaftlich getragen ist. Das Kompetenzzentrum „Arbeit 4.0“ soll die Arbeitsmarktakteure im Land bei der Gestaltung des digitalen Wandels unterstützen und dazu beitragen, Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen in Unternehmen zukunfts- und wettbewerbsfähig auszurichten. Drucksache 7/3508 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 6 10. Sind der Landesregierung Initiativen, wie das Betriebssiegel „Demografiefest 4.0 - Sozialpartnerschaftlicher Betrieb“ in Niedersachsen bekannt? a) Wie bewertet die Landesregierung solche Initiativen? b) Hat die Landesregierung bis heute eine Einführung eines solches Siegels geprüft? c) Wenn ja, mit welchem Ergebnis und wenn nicht, aus welchen Gründen nicht? Die Landesregierung hat Kenntnis vom Zertifikat „Demografiefest 4.0 - Sozialpartnerschaftlicher Betrieb“. Zu a) Die Landesregierung begrüßt Initiativen, die die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, die Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitskräften und sozialpartnerschaftliche Strukturen stärken. Zu b) und c) Zu den Projektaufgaben des von der Landesregierung geförderten Arbeit 4.0-Kompetenzzentrum „Digitalisierung in der Arbeitswelt Mecklenburg-Vorpommern“ zählt es, die Übertragbarkeit derartiger Initiativen auf Mecklenburg-Vorpommern zu prüfen.