Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 16. Mai 2019 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/3528 7. Wahlperiode 20.05.2019 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Horst Förster, Fraktion der AfD Masernimpfungen und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Die Einführung einer Impfpflicht gegen Masern, also die Verpflichtung bedrohter Teile der Bevölkerung sich gegen Masern impfen zu lassen, könnte auf § 20 Absatz 7 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) gestützt werden. Voraussetzung hierfür wäre allerdings, dass die epidemische Verbreitung einer übertragbaren Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen wahrscheinlich ist (so auch das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer Impfpflicht: Wissenschaftlicher Dienst (WD 3 - 3000 - 019/16)). Durch eine Impfpflicht gegen eine bestimmte Erkrankung sollen zwei Ziele erreicht werden. Zum einen werden die geimpften Personen selber vor der Erkrankung und ihren Komplikationen geschützt und zum anderen werden auch die Menschen geschützt, die aufgrund bestehender medizinischer Kontraindikationen oder ihres Lebensalters nicht geimpft werden können (zum Beispiel Personen mit Erkrankungen des Immunsystems, Säuglinge). Ihr Schutz entsteht dadurch, dass die Immunität gegen einen Krankheitserreger in der Bevölkerung durch die Impfungen so ausgeprägt ist, dass der Erreger sich nicht oder nur sehr schwer ausbreiten kann (Herdenimmunität). Drucksache 7/3528 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Nachdem der Landtag in Brandenburg sich für eine Masern-Impfpflicht für Kinder in Kindergärten ausgesprochen hat, wird eine solche auch in Mecklenburg-Vorpommern diskutiert. 1. Hält die Landesregierung eine Impfpflicht angesichts der entstandenen Impflücken für erforderlich und durchsetzbar? Die Notwendigkeit und rechtliche Durchsetzbarkeit des Erlasses einer Rechtsverordnung nach § 20 Absatz 7 IfSG, durch welche bedrohte Teile der Bevölkerung an der Schutzimpfung gegen Masern teilzunehmen hätten, wird derzeit aus fachlicher Sicht für Mecklenburg- Vorpommern nicht gesehen, da die Voraussetzungen für den Erlass einer solchen Verordnung , das Auftreten einer übertragbaren Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen und die Gefahr einer epidemischen Verbreitung dieser Krankheit, zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gegeben sind. 2. Wie hoch ist die Impfquote gegen Masern bei a) Kindergartenkindern, b) Schulanfängern, c) Erwachsenen in Mecklenburg-Vorpommern? Zu a) Masern-Impfquoten der Kindergartenkinder in Mecklenburg-Vorpommern 2013/2014 Die prozentualen Angaben in den Spalten für 15 Monate und 24 Monate alte Kinder beziehen sich auf den Jahrgang 2014, die Angaben in den Spalten für 36 Monate alte Kinder auf den Jahrgang 2013. Durch die 1. Masernimpfung werden in Mecklenburg-Vorpommern 96,2 % der Zweijährigen und 98,1 % der Dreijährigen erreicht. Das heißt in absoluten Zahlen, nur 487 Kinder bei den Zweijährigen beziehungsweise 239 Kinder bei den Dreijährigen sind nicht gegen Masern geimpft einschließlich der Kinder, die aufgrund bestehender medizinischer Kontraindikationen nicht geimpft werden können. Daher bestehen im Verhältnis zur Gesamtzahl der jährlich geborenen Kinder von etwa 1.2500 nur geringe Impflücken in dieser Altersgruppe. Impfdosen 1. Impfung 2. Impfung Alter in Monaten 15 24 36 24 36 Impfquote in % 89,5 96,2 98,1 71,9 86,3 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3528 3 Zu b) Masern-Impfquoten der Einschüler in Mecklenburg-Vorpommern Schuljahr 2017/2018 Impfdosen 1. Impfung 2. Impfung Impfquote in % 98,0 95,5 Impfquote in absoluten Zahlen 12.212 11.899 Der Impfstatus wurde von insgesamt 13695 Schulanfängern in Mecklenburg-Vorpommern untersucht, von denen 12461 einen Impfpass vorgelegt haben. Mecklenburg-Vorpommern ist neben Brandenburg das einzige Bundesland, das in der Altersgruppe der Einschüler die für die Masern-Eliminierung empfohlene Impfquote von 95 % bei der zweiten Masernimpfung erreicht (Stand: 2017/2018). Zu c) Es liegen der Landesregierung keine Daten zu Impfquoten gegen Masern bei Erwachsenen in Mecklenburg-Vorpommern vor. Die für Deutschland derzeit aktuellsten verfügbaren Daten zu Masern-Impfquoten unter Erwachsenen stammen aus dem bundesweiten Survey DEGS1 (Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland) aus dem Zeitraum 2008 bis 2011: 79,8 % der 18- bis 29-Jährigen, 46,7 % der 30- bis 39-Jährigen beziehungsweise 25,1 % der 40- bis 49-Jährigen hatten jemals in ihrem Leben eine Impfdosis erhalten. Ein hoher Anteil von gemeldeten Masernerkrankungen in der Altersgrupp der 20- bis 39-Jährigen (2015: 29 %; 2016: 25 %) bestätigt das Bestehen von Impflücken in dieser Altersgruppe. 4. Wie viele Masernfälle hat es in den Jahren 2013, 2014, 2015, 2016, 2017 und 2018 in Mecklenburg-Vorpommern insgesamt gegeben (bitte für jedes Jahr einzeln darstellen und unterteilen in Minderjährige und Erwachsene)? Ist daraus ein Zusammenhang zwischen der Migration und der Häufigkeit des Auftretens der Krankheit abzuleiten? In der folgenden Tabelle werden die in den Jahren 2013 bis 2019 in Mecklenburg- Vorpommern aufgetretenen Erkrankungen, gegliedert nach Altersgruppen, dargestellt. Alter 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Gesamt < 1 1 1 1 bis 4 3 3 5 bis 9 1 1 10 bis 14 4 4 15 bis 19 1 4 5 20 bis 24 1 1 1 3 25 bis 29 2 1 3 30 bis 39 1 1 Gesamt 1 1 16 1 1 1 21 Drucksache 7/3528 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Im Jahr 2015 wurden die meisten Masern-Fälle in den letzten Jahren verzeichnet. Acht Fälle davon sind einem Ausbruchsgeschehen in der Erstaufnahmeeinrichtung Horst zuzuordnen. Alle übrigen Erkrankten waren deutscher Herkunft und wiesen nicht zusammenhängende Infektionsquellen auf. In drei Fällen konnte ein Zusammenhang mit einem Ausbruch in Berlin, zu dem insgesamt 1.242 Meldungen für 2015 eingingen, hergestellt werden. Da in den Jahren 2013, 2014, 2016, 2017 und 2018 jeweils nur eine Erkrankung auftrat, lassen sich daraus keine Schlüsse auf einen Zusammenhang mit Migration ableiten. Dass die Herdenimmunität in unserem Land funktioniert, zeigt sich daran, dass seit Jahren in Mecklenburg-Vorpommern nur Einzelfälle von Masern-Erkrankungen ohne Folgeerkrankungen aufgetreten sind. 5. Gibt es Erkenntnisse über ein gehäuftes Auftreten von Masernerkrankungen an bestimmten Orten oder in bestimmten Einrichtungen, z. B. Gemeinschaftsunterkünften von Migranten oder privaten Kindereinrichtungen mit stärkerer Ablehnung von Impfungen (z. B. Waldorf- Kindergärten)? 2015 kam es zu der in Frage 4 beschrieben Häufung von Masernerkrankungen in Horst. In Kindereinrichtungen wurden keine Häufungen verzeichnet. 6. Wird der Impfstatus bei Migranten überprüft? a) Werden diese besonders darauf hingewiesen, dass Schutzimpfungen sinnvoll sein können? b) Wenn ja, in welcher Form? Bei der Erstuntersuchung nach § 62 Asylgesetz wird der Impfstatus der Asylbewerber soweit möglich überprüft. Allerdings können die untersuchten Personen teilweise keinen Impfausweis vorlegen. Die Fragen a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Im Rahmen der medizinischen Untersuchung in den Erstaufnahmeeinrichtungen werden Migranten über Sinnhaftigkeit von Schutzimpfungen aufgeklärt, erste Impfungen angeboten und durchgeführt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3528 5 7. Werden Migranten Schutzimpfungen, insbesondere für deren Kinder, angeboten? a) Wenn ja, in welchem Umfang? b) Wenn ja, werden solche Angebote angenommen? Die Fragen 7, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Impfungen werden gemäß den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) für Migranten in Erstaufnahmeeinrichtungen angeboten und durchgeführt. Diese umfassen Impfungen gegen Diphtherie, Pertussis, Tetanus, Poliomyelitis, Hämophilus influenzae Typ b, Hepatitis B, Masern, Mumps, Röteln, Varizellen und Influenza. Es existiert ein eigens durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales erstelltes Merkblatt zur Durchführung öffentlich empfohlener Schutzimpfungen gemäß STIKO-Empfehlungen für Asylbewerber in Erstaufnahmeeinrichtungen Mecklenburg-Vorpommern. 8. Gibt es bei Migranten eine registrierte höhere oder niedrigere Erkrankungsquote bei Masern? Wenn ja, wie stellt sich diese dar? Hierzu können keine Aussagen getroffen werden. In Abhängigkeit von den Durchimpfungs- /Durchseuchungsraten des jeweiligen Herkunftslandes und des Kontaktes auf der Fluchtroute können Asylsuchende eine unterschiedliche Empfänglichkeit für Masern haben und damit potentiell Erkrankende darstellen. 9. Beabsichtigt die Landesregierung, unabhängig von einer Impfpflicht Maßnahmen zu ergreifen, um eine Ausbreitung der Masernerkrankungen zu verhindern? Wenn ja, welche? Die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern sind grundsätzlich offen gegenüber Impfungen eingestellt, dies zeigte sich im Rahmen der Impfkampagne des Landes. Im Zeitraum von Oktober bis Dezember 2018 wurden zusätzlich zu den wöchentlich angebotenen Impfsprechstunden der Gesundheitsämter 54 Impfaktionen im Land durchgeführt. Insgesamt konnten allein in diesem Zeitraum 3.446 zusätzliche Impfungen durchgeführt werden. An diesen Erfolg soll im Rahmen der Fortführung der Impfkampagne angeknüpft werden. Zudem ist weiterhin eine sachliche Aufklärung in den Medien und durch die Ärzte und Gesundheitsämter über den individuellen und epidemiologischen Nutzen von Impfungen erforderlich. Hierzu wird die Internetseite der Impfkampagne des Landes Mecklenburg-Vorpommern www.mv-impft.de einen Beitrag leisten. Ziel der Landesregierung ist es, die sehr hohen Impfquoten zu erhalten beziehungsweise weiter zu verbessern.