Der Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 29. Mai 2019 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/3552 7. Wahlperiode 03.06.2019 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Dr. Wolfgang Weiß, Fraktion DIE LINKE Auswirkungen eines Bevölkerungsrückgangs in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung veröffentlichte unlängst die Studie „Die demografische Lage der Nation - Wie zukunftsfähig Deutschlands Regionen sind“. Demnach verliert Mecklenburg- Vorpommern bis 2035 rund 200.000 Einwohner. Lediglich Rostock wird wachsen. 1. Wann wird die 5. Landesprognose zur Bevölkerungsentwicklung vorliegen und veröffentlicht werden? Die 5. Landesprognose zur Bevölkerungsentwicklung bis 2040 ist gegenwärtig in der Ressortanhörung und wird anschließend dem Kabinett vorgelegt. Danach erfolgt eine Veröffentlichung . 2. Was sind die Gründe dafür, dass die 5. Landesprognose zur Bevölkerungsentwicklung nicht wie angekündigt Ende 2018 fertiggestellt bzw. bislang noch nicht veröffentlicht wurde? Bevölkerungsprognosen setzen aktuelle Daten voraus. Die Daten zur Berechnung der 5. Landesprognose für die Jahre 2016 und 2017 lagen erst im Oktober 2018 vor. Auf dieser Datenbasis wurde der Entwurf der 5. Landesprognose noch einmal aktualisiert. Drucksache 7/3552 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 3. Wie könnte sich der zu erwartende Bevölkerungsrückgang auf die Stellung der zentralen Orte auswirken? 4. Wie könnte sich der zu erwartende Bevölkerungsrückgang auf den Zuschnitt und die räumlichen Funktionen der Nahbereiche zentraler Orte auswirken? Die Fragen 3 und 4 werden zusammenhängend beantwortet. Regelungen zur Festlegung Zentraler Orte trifft das Landesraumentwicklungsprogram Mecklenburg-Vorpommern (LEP). Die Festlegung der Zentralen Orte erfolgt sodann im LEP für die Ober- und Mittelzentren sowie in den Regionalen Raumentwicklungsprogrammen für die Grundzentren. Mit dem LEP 2005 reagierte die Landesregierung auf den demografischen Wandel durch eine umfassende Reform des Zentrale-Orte-Systems. Zur Sicherung der Tragfähigkeit des Systems musste die Anzahl Zentraler Orte von ehemals 136 auf 97 reduziert werden, zugleich wurde damit die Tragfähigkeit der verbliebenen Zentralen Orte gestärkt. Mit dem LEP 2016 wurde das Zentrale-Orte-System in der Struktur nach dem LEP 2005 und den zu diesem Zeitpunkt verbindlichen Regionalen Raumentwicklungsprogrammen für die ca. 10-jährige Laufzeit des LEP grundsätzlich festgeschrieben (Kapitel 3.2 Abbildung 5). Die ursprünglich zwingend einzuhaltenden Einwohnerschwellenwerte für die Gemeinde und den Verflechtungsbereich zur Einstufung als Zentraler Ort wurden im LEP 2016 aber in flexiblere „Orientierungskriterien“ umgewandelt. Mit dieser Regelung wurde auf den zu erwartenden weiteren Bevölkerungsrückgang reagiert, indem das Zentrale-Orte-System in seiner bewährten Struktur und Ausprägung weitgehend beibehalten wird. Auch bei weiter sinkenden Einwohnerzahlen ist zu gewährleisten, dass die Zentralen Orte in ihrer Funktion als Versorgungsschwerpunkte aus der Fläche heraus in angemessener Zeit erreichbar sind. Bei einer weiteren Ausdünnung des Zentrale-Orte-Systems könnte diese Zielstellung gefährdet sein. Konsequenz der im LEP 2016 getroffenen Regelungen wird sein, dass die mit dem LEP 2005 festgelegten Einwohnerschwellenwerte zur Festlegung Zentraler Orte perspektivisch in einzelnen Zentralen Orten und Verflechtungsbereichen unterschritten werden könnten. Es wird davon ausgegangen, dass trotz weiterem Bevölkerungsrückgang die Tragfähigkeit der Zentralen Orte nicht gefährdet ist. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3552 3 5. Welche Konsequenzen sind beim kommunalen Finanzausgleich, der bislang auf Basis der Einwohnerzahlen beruht, künftig zu erwarten? Mit der Novellierung des Kommunalen Finanzausgleichs für Mecklenburg-Vorpommern ab 2020 soll auch eine demografische Komponente in den horizontalen Finanzausgleich eingeführt werden. Gemeinden, die über einen Betrachtungszeitraum von zehn Jahren einen überdurchschnittlichen Einwohnerverlust aufweisen, sollen zusätzliche Finanzbedarfe zuerkannt werden, indem diese Einwohnerverluste mit einem Veredelungsfaktor von 35 Prozent zusätzlich Berücksichtigung finden. Bei Gemeinden, die zentralörtliche Funktionen wahrnehmen (Grund-, Mittelund Oberzentren), soll dabei die Entwicklung der Einwohnerzahl des jeweiligen Einzugsbereiches berücksichtigt werden. Die Zuweisungsverluste, die infolge des Einwohnerverlustes eintreten, sollen durch diese Regelung zukünftig deutlich abgemildert werden. 6. Inwieweit werden in Zusammenarbeit mit der kommunalen Ebene bzw. Zweckverbänden Szenarien zur Aufrechterhaltung der Funktion von Anlagen und Einrichtungen der Ver- und Entsorgung sowie der Bezahlbarkeit von Ver- und Entsorgung in ländlichen Räumen erarbeitet bzw. konkrete Maßnahmen zur Sicherung der Funktion sowie Förderung in Erwägung gezogen? Die demografische Entwicklung, wie auch der Klimawandel, sind zwei wesentliche Herausforderungen , denen sich die Siedlungswasserwirtschaft stellen muss. Der demografischen Entwicklung räumlich entgegenwirkend verzeichnet Mecklenburg-Vorpommern im Tourismus weiterhin hohe Übernachtungszahlen. Daraus resultieren saisonal starke Schwankungen im Trinkwasserverbrauch und im Abwasseranfall, die sowohl bei der Auslegung als auch beim Betrieb von Wasserver- und Abwasserentsorgungsanlagen ebenfalls zu berücksichtigen sind. Die Aufgabenträger der öffentlichen Wasserversorgung und die abwasserbeseitigungspflichtigen Körperschaften haben insofern die sich ändernden Randbedingungen unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Gegebenheiten (demografische Schrumpfungsregionen einerseits und Tourismusregionen andererseits) bei den regelmäßigen Fortschreibungen ihrer Trinkwasserversorgungskonzeptionen und Abwasserbeseitigungskonzepte zu beachten. Zur Gebührenstabilität trägt die Nutzung von Kosteneinsparpotentialen durch Effizienzsteigerungen , so zum Beispiel im Bereich des Energieeinsatzes bei. Das Ministerium für Landwirtschaft , Umwelt und Verbraucherschutz M-V hat hierzu 2009 eine Studie zum „Energieeinsatz auf Kläranlagen in Mecklenburg-Vorpommern - Leitfaden zur Optimierung“ veröffentlicht. Auch die 2013 gemeinsam vom Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz M-V und dem Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus M-V veröffentlichte Studie zur „Zukunftsfähige(n) Behandlung und Entsorgung von Klärschlamm in Mecklenburg- Vorpommern“ zeigt Möglichkeiten auf, wie unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Gegebenheiten durch eine Ausweitung der anaeroben Stabilisierung oder dezentralen Trocknung des Klärschlamms Behandlungs- und Entsorgungskosten reduziert werden können. Drucksache 7/3552 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Zur Aufrechterhaltung der Funktion der Wasserver- und Abwasserentsorgungsanlagen wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. Im Bereich Abfallentsorgung organisieren die Landkreise und kreisfreien Städte die dafür erforderlichen Strukturen und Anlagen als Angelegenheit im eigenen Wirkungskreis. Die oberste Abfallbehörde hat Gelegenheit, bei der Erstellung der Abfallwirtschaftskonzepte der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger eine Stellungnahme abzugeben. Dabei werden auch die Verfügbarkeit von Anlagen kritisch betrachtet und bei Bedarf Hinweise auf Anpassungsbedarf gegeben. 7. Inwieweit sind der Landesregierung Maßnahmen und praktische Erfahrungen für eine Kapazitätsreduzierung von Einrichtungen und Anlagen der Ver- und Entsorgung bekannt? Da der Trinkwasserbezug und Abwasseranfall keine statischen Größen sind, müssen Wasserver - und Abwasserentsorgungsanlagen generell in der Lage sein, auf Schwankungen flexibel zu reagieren und somit sowohl Unterlast- als auch Überlastphasen entsprechend abzudecken. Sofern ein langfristiger Unterlastbetrieb nicht zu wesentlichen Betriebsproblemen führt, die mit den vorhandenen Anlagen nicht zu bewältigen sind, ist es unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten günstiger, die vorhandenen Anlagen auch bei zum Teil erhöhten spezifischen Betriebskosten zunächst weiter zu betreiben und bei anstehenden Sanierungen dann über veränderte Dimensionierungen, spezielle Baumaterialien und größere bautechnische Veränderungen zu entscheiden. So wurden bereits Pumpen bzw. Pumpwerke, sofern sie zu erneuern waren, an den erforderlichen Bedarf angepasst und Abwasserkanäle bei einer Umstellung von Misch- auf Trennsystem oder im Rahmen eines notwendigen Neubaus entsprechend neu dimensioniert. Auch wurden Kläranlagen, bei denen der Austausch maschinentechnischer Anlagen oder aber bauliche Maßnahmen notwendig waren, an den tatsächlichen Bedarf angepasst bzw. außer Betrieb genommen und das Abwasser zu einer anderen Kläranlage übergeleitet. So soll auch zukünftig weiter verfahren werden. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger passen im Bereich der Abfallentsorgung den Anlagenbedarf und die Kapazitäten regelmäßig über Ausschreibungen oder in Eigenregie an. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3552 5 8. Welche Auswirkungen könnte eine Unterschreitung einer Mindestauslastung sozialer Infrastruktur zur Aufrechterhaltung von Daseinsvorsorge haben? a) Werden Kriterien wie Erreichbarkeit in einer bestimmten Zeit statt Mindestzahlen (z. B. Mindestschülerzahlen) als maßgeblich erwogen? b) Werden Lösungen erwogen, in denen wegen nicht erreichbarer Rentabilitätsgrenzen Teile der öffentlichen Daseinsvorsorge durch Privatinitiativen ersetzt werden könnten? Mit Blick auf die Weite des Begriffes der sozialen Infrastrukturen wird exemplarisch auf das vom Fragesteller ausdrücklich benannte Schulwesen Bezug genommen Die Sicherung eines vollständigen und unter zumutbaren Bedingungen erreichbaren Bildungsangebotes erfolgt in Mecklenburg-Vorpommern durch das schulgesetzlich geregelte Verfahren der Schulentwicklungsplanung. Die Schulentwicklungspläne umfassen jeweils einen fünfjährigen Planungszeitraum und einen fünfjährigen Prognosezeitraum. Aktuell gelten die durch die Landkreise und die kreisfreien Städte aufgestellten Schulentwicklungspläne für den Planungszeitraum der Schuljahre 2015/2016 bis 2019/2020. Auf Bitten der kommunalen Ebene wurde der Planungszeitraum für diese Schulentwicklungspläne gerade bis zum Ende des Schuljahres 2021/2022 verlängert. In den Schulentwicklungsplänen wird die Bestandsfähigkeit der Schulen anhand der prognostizierten Schülerzahlen bewertet und es werden gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen unter Berücksichtigung des eingangs genannten Zieles festgelegt. Aktuell ist der Bereich der Schulen von moderat steigenden Schülerzahlen gekennzeichnet. Die Unterschreitung einer Mindestauslastung ist somit derzeit kein landestypisches Problem. Zu a) Einer diesbezüglichen Erwägung bedarf es nicht mehr. Im Rahmen der Schulentwicklungsplanung gibt es in Mecklenburg-Vorpommern bereits seit 2005 das Planungskriterium der unzumutbaren Schulwegzeiten. Um diese zu vermeiden, können abgesenkte Schülermindestzahlen in Anspruch genommen werden. Zu b) Für den Schulbereich soll im Rahmen der Schulentwicklungsplanung ein vollständiges und unter zumutbaren Bedingungen erreichbares Bildungsangebot durch die staatlichen Schulträger gewährleistet werden. Eines Ersatzes durch Privatinitiativen bedarf es somit nicht.