Der Minister für Inneres und Europa hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 17. Juni 2019 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/3578 7. Wahlperiode 18.06.2019 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Nikolaus Kramer, Fraktion der AfD Grundlagen der Bekämpfung von Extremismus in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Zu der Antwort der Landesregierung in Drucksache 7/3284 ergeben sich Nachfragen. 1. Ist es der Landesregierung möglich, kontextualisierte hypothetische Einzelbeispiele im Sinne der Frage 3 b) in Drucksache 7/3284 aufzulisten ? a) Wenn ja, welche Beispiele listet die Landesregierung für eine den Bürgern Mecklenburg-Vorpommerns nachvollziehbare Abgrenzung zwischen radikalen und extremistischen Aussagen auf? b) Wenn nicht, welche Entscheidungshilfen benutzt die Verfassungsschutzbehörde Mecklenburg-Vorpommerns, um zwischen radikalen und extremistischen Aussagen rechtssicher unterscheiden zu können? Die Fragen 1, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Für die Bewertung von Aussagen im Kontext einer radikalen oder extremistischen politischen Betätigung bildet das Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Mecklenburg-Vorpommern (Landesverfassungsschutzgesetz) den Rechtsrahmen. Danach sind solche Äußerungen als extremistisch zu bewerten, die erkennen lassen, dass sie auf die Beeinträchtigung oder Abschaffung der in § 6 Absatz 3 des Landesverfassungsschutzgesetzes genannten Rechtsgüter der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet sind. Drucksache 7/3578 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 2. Was sind nach Lesart der Landesregierung radikale Einzelmeinungen von Bürgern des Landes Mecklenburg-Vorpommern (bitte hypothetische kontextualisierte oder kontextfreie Einzelbeispiele angeben)? Die Landesregierung stellt keine Hypothesen zu Meinungsäußerungen auf, die sich noch im Rahmen der durch Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes garantierten Meinungsfreiheit bewegen. 3. In welchen nach Drucksache 7/3284 „wenigen Einzelfällen“ fand eine Verdachtsbeobachtung nur temporär statt (bitte einzelne leicht recherchierbare Beispiele aufführen, sofern nicht alle Einzelfälle benennbar sind)? Aus welchen Gründen wurde die Verdachtsbeobachtung bei diesen recherchierbaren Einzelfällen wieder aufgehoben? Eine Verdachtsfallbeobachtung dient der Feststellung, ob ein Personenzusammenschluss extremistische Bestrebungen im Sinne des § 6 des Landesverfassungsschutzgesetzes verfolgt. Insoweit ist dieses Verfahren stets temporär. Die Nennung einzelner Beispiele verbietet sich aus Rechtsgründen, da sich bei den jeweiligen Strukturen der Verdacht nicht erhärtet hat und damit eine Zuständigkeit des Verfassungsschutzes nicht gegeben ist. 4. Ist die Landesregierung aufgrund ihrer Beantwortung zu Frage 5 der Drucksache 7/3284 der Ansicht, dass das Grundgesetz ethnische Kategorien kennt? a) Wenn ja, was sind solche ethnischen Kategorien? b) Wenn nicht, warum nicht? Die Fragen 4, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Die Landesregierung bezieht sich in ihrer Antwort auf Frage 5 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 7/3284 auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes. Einer weitergehenden Auslegung des Grundgesetzes durch die Landesregierung bedarf es daher nicht. Auf Artikel 116 des Grundgesetzes wird ergänzend hingewiesen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3578 3 5. Ist die Landesregierung der Ansicht, dass die in Drucksache 7/3284 genannte Formulierung im Urteil des Bundesverfassungsgerichts „keinen ausschließlich an ethnischen Kategorien orientierten Begriff des Volkes“ die Existenz einer ethnischen Kategorie im Sinne des Grundgesetzes aufhebt? a) Wenn ja, wodurch hebt diese Formulierung ethnische Kategorien auf? b) Wenn nicht, warum nicht? Die Fragen 5, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Auf die Antwort zu den Fragen 4, a) und b) wird verwiesen. 6. Aus welchen Gründen verweigert die Landesregierung eine Offenlegung ihrer Definition von Ethnizität in Drucksache 7/3284? Warum benutzt die Landesregierung Begriffe wie „ethnische Herkunft“ in ihrem offiziellen Sprachgebrauch, wenn sie diese aber scheinbar in Drucksache 7/3284 nicht definieren kann? Die Antwort zu Frage 5 der Kleinen Anfrage auf Drucksache 7/3284 bezieht sich auf die Feststellungen des Bundesverfassungsgerichtes und nicht auf Bewertungen der Landesregierung . Daher sieht sie keine Notwendigkeit einer ergänzenden Definition ethnischer Kategorien. 7. Wie ist der in Drucksache 7/3284, Seite 5 genannte „gesetzliche Bestrebungsbegriff “ definiert? Auf § 6 des Landesverfassungsschutzgesetzes wird verwiesen. 8. Ist die Landesregierung der Ansicht, dass die Demokratie in Mecklenburg-Vorpommern durch eine wachsende kulturelle Heterogenität gestärkt wird? a) Wenn ja, warum? b) Wenn nicht, warum nicht? c) Warum ist für die Landesregierung die Kulturbestimmtheit des Menschen ein Wert an sich? Die Fragen 8, a, b) und c) werden zusammenhängend beantwortet. Drucksache 7/3578 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Die Landesregierung vertritt die Auffassung, dass sich eine lebendige Demokratie gerade dadurch auszeichnet, dass es in ihr eine ständige geistige Auseinandersetzung zwischen den gesellschaftlichen Gruppen und Interessen gibt. Hierzu gehören auch Diskussionen über kulturelle Fragen, die für die Herausbildung der Identität eines jeden Menschen von zentraler Bedeutung sind. Die Landesregierung verkennt dabei nicht, dass in einer zunehmend pluralen Gesellschaft die Debatte über die kulturelle Verfasstheit unseres Gemeinwesens auch konfliktbehaftet ist und sich durchaus auch Gefährdungen für das friedliche Zusammenleben, den inneren Zusammenhalt und das demokratische Miteinander ergeben können. Dem Respekt vor dem Recht und dem Vertrauen darauf, dass Recht und Gesetz für alle gleichermaßen gelten und durchgesetzt werden, kommt dabei eine entscheidende Bedeutung zu. Auf Artikel 18 (Nationale Minderheiten und Volksgruppen) der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern wird ergänzend hingewiesen. 9. Ist die Landesregierung der Ansicht, dass gemeinsame Sprache, Geschichtsbewusstsein und Werte als konstitutive Elemente des politischen Lebens und somit als Grundlage für kollektive Entscheidungen und ein solidarisches Miteinander von Bedeutung in Mecklenburg- Vorpommern sind? a) Wenn ja, warum? b) Wenn nicht, warum nicht? Die Fragen 9, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Die Landesregierung teilt die Auffassung, dass gemeinsame Werte Grundlage für kollektive Entscheidungen und ein solidarisches Miteinander sind. Dies ergibt sich aus Artikel 5 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Dort heißt es unter anderem, dass sich das Volk von Mecklenburg-Vorpommern zu den Menschenrechten als Grundlage der staatlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit bekennt. Diese Kernelemente der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern entstammen einem gemeinsamen Geschichtsverständnis. Ergänzend wird auf das Landesprogramm „Meine Heimat - Mein modernes Mecklenburg- Vorpommern“ hingewiesen, in dem die Landesregierung unter anderem feststellt, dass die Stärkung der regionalen Kultur (Sprache, Literatur, Kunst und Bildung) wichtig für die Bindung an das Zuhause und die kulturelle Identität ist.