Der Minister für Landwirtschaft und Umwelt hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 2. August 2019 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/3756 7. Wahlperiode 05.08.2019 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Stephan J. Reuken, Fraktion der AfD Insektensterben im Zusammenhang mit Windkraftanlagen und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hat ein zuletzt am 21. Mai 2019 aktualisiertes Faktenblatt „Insektenrückgang - potenzieller Einfluss der Windenergienutzung in Deutschland?“ veröffentlicht . Darin wird betont, dass weder nationale noch internationale Studien zum Insektenrückgang noch eine Meta-Analyse die Windenergie als Ursache oder auch Mit-Ursache benennen. Als Gründe werden unter anderem angegeben, dass a) die Hauptursachen älter sind als der konzentrierte Ausbau der Windkraft während der letzten circa 15 Jahre, b) der Rückgang von Insekten auch in Regionen festzustellen ist, in denen es keine oder nur sehr geringe Windkraftnutzung gibt und c) Insektenverluste auch bei nichtflugfähigen Arten beobachtet werden. Abschließend „sieht das BfN nach derzeitigem Kenntnisstand keinen unmittelbaren Handlungsbedarf .“ Drucksache 7/3756 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Laut einer jüngsten Studie des Deutschen Zentrums für Luftfahrt- und Raumfahrt (DLR) haben Windenergieanlagen einen beträchtlichen Einfluss auf die Insektenpopulation. (https://www.dlr.de/tt/Portaldata/41/Resources/dokumente/st/et_1810_10 _3_Trieb_BCDR_51-55_ohne.pdf). 1. Welche im Antrag der SPD und CDU (Drucksache 7/1817) genannten Maßnahmen und Programme des Landes a) existieren? b) sind geeignet, den Rückgang von Insekten in der Landschaft zu stoppen? 2. Welche Maßnahmen sind seit der Antragsstellung entworfen worden? Die Fragen 1 a), b) und 2 werden zusammenhängend beantwortet. Der Antrag auf Drucksache 7/1817 selbst nennt keine konkreten Maßnahmen und Programme. Vielmehr betont er die Notwendigkeit des Handelns. Der Antrag fordert von der Landregierung unter anderem die Berichterstattung im Agrarausschuss (Ziff. II.1. der Drucksache 7/1817). Diese erfolgt zudem fortlaufend und anlassbezogen . Des Weiteren fordert der Landtag die Landesregierung auf, „sich dafür einzusetzen, dass bundesweit die Forschung zu den Ursachen des Rückgangs der Insektenpopulation vorangetrieben wird und auf Grundlage valider Forschungsergebnisse einheitliche Vorgehensweisen und Standards entwickelt und zeitnah umgesetzt werden, um den Rückgang zu stoppen“ (Ziffer II.2. der Drucksache 7/1817). Die Landesregierung verfolgt dieses Ziel nachdrücklich, zum Beispiel mit einer Initiative zur 90. Umweltministerkonferenz am 8. Juni 2018 in Bremen, die in den von allen Ländern mitgetragenen Beschluss „Schnelle und konsequente Maßnahmen von Bund und Ländern zur Förderung der Insektenvielfalt - Mehr Respekt vor dem Insekt“ mündete. Zudem fordert der Landtag die Landesregierung in dem vorgenannten Antrag auf, „den Bund dabei zu unterstützen, dass die im aktuellen Entwurf des Koalitionsvertrages auf Bundesebene dargestellten Aktivitäten zur Begegnung des Insektensterbens schnellstmöglich umgesetzt werden“ (Ziffer II.3. der Drucksache 7/1817). Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode des Bundestages heißt es auf Seite 139 schließlich: „Wir werden das Insektensterben umfassend bekämpfen. Mit einem „Aktionsprogramm Insektenschutz “ wollen wir die Lebensbedingungen für Insekten verbessern. Wir wollen ein wissenschaftliches Monitoringzentrum zur Biodiversität unter Einbeziehung des Bundesumwelt- sowie des Bundeslandwirtschaftsministeriums aufbauen“ Diese und weitere Maßnahmen der Bundesregierung werden von der Landesregierung politisch unterstützt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3756 3 Darüber hinaus hat die Landesregierung mit der Insektenschutzstrategie „Mehr Respekt vor dem Insekt“ bereits im Frühjahr 2018 als erstes Bundesland in Deutschland einen Prozess initiiert, der sich derzeit in Umsetzung befindet. Neben der Verbesserung des wissenschaftlichen Datenfundaments soll die Initiative die Umsetzung des Aktionsprogramms Insektenschutz der Bundesregierung sowie bestehende Instrumente zum Insektenschutz in Mecklenburg-Vorpommern fachlich und konzeptionell begleiten, ein Insekten-Monitoring aufbauen und etablieren sowie eine digitale und interaktive Potenzialkarte für Insektenschutzmaßnahmen entwickeln und etablieren. Ergänzend sei anzumerken, dass zahlreiche Förderprogramme (zum Beispiel die Vielfältige Kulturen Richtlinie oder die Strukturelementerichtlinie), die Ausgestaltung rechtlicher Instrumente (zum Beispiel das Dauergrünlanderhaltungsgesetz) und sonstige Maßnahmen der Landesregierung (zum Beispiel der Wettbewerb „Bienenfreundliche Kommune“) zum Insektenschutz beitragen. Zudem ist die Landesregierung bestrebt, auch bei der Ausgestaltung der Bundes- und europäischen Gesetzgebung darauf hinzuwirken, dass dem Insektenschutz eine deutlich größere Bedeutung beigemessen wird, wie beispielsweise der Schwerpunkt der Empfehlungen für eine neue Gemeinsame Agrarpolitik, die vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt in der Publikation „Veränderungen anschieben. Vorschläge aus Mecklenburg-Vorpommern für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) nach 2020“ veröffentlicht wurde, erkennen lässt. 3. Welche Forschungseinrichtungen beschäftigen sich mit den Auswirkungen von Windkraftanlagen auf die Fauna, wie z. B. die Insekten? Der Landesregierung sind keine Forschungseinrichtungen bekannt, die sich mit den Auswirkungen von Windenergieanlagen auf die Insektenpopulation beschäftigen. 4. Existieren Untersuchungen zum Populationsrückgang oder der Schädigung von Insekten durch Windkraftanlagen? Wenn nicht, plant die Landesregierung, entsprechende Untersuchungen in Auftrag zu geben? Neben der genannten DLR-Studie sind der Landesregierung keine Untersuchungen bekannt. Die Landesregierung schließt sich der Einschätzung der wissenschaftlichen Fachbehörde BfN an und sieht derzeit keine Notwendigkeit, Ressourcen für weitergehende Untersuchungen in diesem Bereich einzusetzen. Drucksache 7/3756 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 5. Welche konkreten Kenntnisse über den Insektenrückgang liegen der Landesregierung für Mecklenburg-Vorpommern vor (bitte nach Artengruppen unterscheiden)? Hierzu liegen der Landesregierung derzeit keine validen und ganz Mecklenburg-Vorpommern betreffenden Kenntnisse vor. Die Datenlage zu verbessern ist eine der Hauptaufgaben des Monitorings. Ein vom Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie (LUNG) im August 2018 durchgeführter Workshop mit überwiegend ehrenamtlichen Entomologen führte zu dem Ergebnis, dass bei der weit überwiegenden Zahl von Insektenarten zumindest regionale Rückgänge zu beobachten sind. 6. Welche Kenntnisse über den Artenschwund liegen der Landesregierung im Zusammenhang mit Windkraftanlagen in Mecklenburg- Vorpommern vor? Hierzu liegen der Landesregierung derzeit keine Kenntnisse vor. 7. Wie bewertet die Landesregierung die Modellrechnungen der Studie des DLR sowie die Ergebnisse aus der Studie von HALLMANN et al. (2017), die sich hinsichtlich eines grundlegend zunehmenden Rückgangs der Insektenpopulation decken? Die beiden Studien sind aus verschiedenen Gründen nicht vergleichbar. Während die Studie von HALLMANN et al. (2017) den Insektenschwund über mehrere Jahrzehnte feststellt und auch belegt, kann sich die DLR-Studie nur auf die letzten zehn bis maximal 15 Jahre beziehen, da es erst dann zu einem signifikanten Ausbau der Windkraft kam. Auch liegen der HALLMANN- Studie eigene Messungen zugrunde, während die Studie des DLR auf modellhaften Annahmen und Korrelationen basiert, die nach eigenen Angaben der Autoren mit großen Unsicherheiten behaftet sind. Die HALLMANN-Studie wurde durch verschiedene Folgeveröffentlichungen grundsätzlich bestätigt beziehungsweise bestätigte ihrerseits beobachtete Trends. Die DLR-Studie ist bislang die einzige, die einen potentiellen Zusammenhang zwischen dem Rückgang von Insekten und der Windkraftnutzung sieht. Mit Blick auf die Studie des DLR schließt sich die Landesregierung der Einschätzung des BfN an, dass die Studie keine Belege für einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Insektensterben und dem Ausbau der Windenergie erbringt und daher keinen unmittelbaren Handlungsbedarf begründet. Die HALLMANN-Studie führt mehrere Belege zum Einfluss des Klimawandels („Climate change is a well-known factor responsible for insect declines“) auf den Insektenschwund an. Aus Sicht der Landesregierung ist daher auch im Interesse des Insektenschutzes der Umstieg auf eine CO2-neutrale Energieproduktion zu fordern und die Nutzung der Windenergie weiter auszubauen.