Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 5. Juli 2019 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/3766 7. Wahlperiode 09.07.2019 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Holger Arppe, fraktionslos Unseriöse „Kaffeefahrten“ in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung 1. Wie viele sogenannte Wanderlager („Kaffeefahrten“) wurden nach Informationen der Landesregierung im Zeitraum von 2010 bis 2018 in Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt (bitte nach Jahren und Veranstaltungsorten aufschlüsseln)? Welche Informationen hat die Landesregierung bzgl. der Teilnehmerzahl sowie deren Altersstruktur bei derartigen Veranstaltungen? Der Landesregierung liegen folgende nach Landkreisen (ohne große kreisangehörige Städte), kreisfreien Städten und großen kreisangehörigen Städten aufgeschlüsselten Erkenntnisse vor: Drucksache 7/3766 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Wanderlager in Mecklenburg-Vorpommern Landkreise (ohne große kreisangehörige Städte)/kreisfreie Städte/ große kreisangehörige Städte 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Landeshauptstadt Schwerin k. A. k. A. k. A. 10 21 13 38 31 41 Hanse- und Universitätsstadt Rostock 17 15 24 28 27 23 26 17 14 Hansestadt Wismar 11 12 22 10 21 25 19 23 25 Hansestadt Stralsund 45 52 60 63 49 48 37 36 30 Universitäts- und Hansestadt Greifswald k. A. 10 10 18 8 8 3 5 1 Neubrandenburg k. A. k. A. 11 13 10 15 12 10 7 Landkreis Nordwestmecklenburg 9 12 15 5 16 11 12 8 8 Landkreis Ludwigslust-Parchim 29 32 32 22 21 13 18 25 21 Landkreis Rostock 9 15 7 17 19 24 13 14 13 Landkreis Mecklenburgische Seenplatte 29 24 17 16 20 11 11 9 8 Landkreis Vorpommern-Rügen 10 11 16 12 13 17 15 21 13 Landkreis Vorpommern-Greifswald 35 32 30 36 36 33 34 30 29 Summe 194 215 244 250 261 241 238 229 210 Hinsichtlich der Veranstaltungsorte, Teilnehmerzahlen und der Altersstruktur liegt der Landesregierung entsprechendes Datenmaterial nicht vor, da diese Umstände behördlich nicht erfasst werden. 2. Wo befinden bzw. befanden sich die Firmensitze der Veranstalter solcher Wanderlager (bitte nach Bundesländern sowie gegebenenfalls im Ausland liegenden Orten aufschlüsseln)? Im Rahmen der Anzeige nach § 56a der Gewerbeordnung ist die gewerbliche Niederlassung des Veranstalters von Wanderlagern anzugeben. Nach den Erkenntnissen der Landesregierung ergibt sich folgende Aufschlüsselung nach Bundesländern: Bayern 3 Berlin 1 Brandenburg 1 Bremen 1 Hamburg 1 Hessen 4 Mecklenburg-Vorpommern 3 Niedersachsen 14 Nordrhein-Westfalen 4 Rheinland-Pfalz 1 Sachsen 5 Sachsen-Anhalt 5 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3766 3 Schleswig-Holstein 1 Thüringen 1 und im Ausland: Frankreich, Paris 1 3. Wie viele dieser Wanderlager sind vom Veranstalter nicht ordnungsgemäß angemeldet worden (bitte nach Jahren und Veranstaltungsorten aufschlüsseln)? a) Wie viele dieser illegalen Wanderlager sind Gegenstand polizeilicher Ermittlungen geworden? b) Woher kamen bzw. kommen die Veranstalter dieser illegalen Wanderlager? c) Wie viele Teilnehmer hatten diese illegalen Wanderlager? Die Fragen 3, a), b) und c) werden zusammenhängend beantwortet. Der Landesregierung liegt entsprechendes Datenmaterial nicht vor. Verdachtsunabhängige Kontrollen finden bei der Umsetzung von Wanderlagern nicht statt. Eine behördliche Erfassung nicht angemeldeter Wanderlager erfolgt nicht. 4. In wie vielen Fällen wurde wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen § 16 Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ermittelt? In wie vielen dieser Fälle kam es zu einer rechtskräftigen Verurteilung? In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) werden alle Straftaten gemäß dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) (außer § 17 UWG) in einem gemeinsamen Schlüssel erfasst; eine separate Aufschlüsselung nach Fällen gemäß § 16 Absatz 1 UWG ist nicht möglich . Bei den Staatsanwaltschaften werden Verfahren wegen strafbarer Werbung in den Wirtschaftsabteilungen geführt und als Wirtschaftssachen im Sinne des § 74c UWG (Sachgebietsschlüssel 40) oder als sonstige Wirtschaftssachen (Sachgebietsschlüssel 41) erfasst. Darüber hinaus werden Verfahren im Zusammenhang mit sogenannten „Kaffeefahrten“ gegebenenfalls unter dem Gesichtspunkt des Betruges in den Allgemeinen Abteilungen bearbeitet. Allein in den Jahren 2014 bis 2018 wurden mehr als 12.000 Vorgänge als Wirtschaftssachen im Sinne des § 74c UWG und als sonstige Wirtschaftssachen registriert. Die Anzahl der Straftaten, die im Zusammenhang mit „Kaffeefahrten“ begangen wurden, wird nicht gesondert erfasst. Drucksache 7/3766 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 5. Wie viele Strafanzeigen seitens der Teilnehmer solcher „Kaffeefahrten “ gegen deren Veranstalter hat es im genannten Zeitraum gegeben (bitte nach Art der Delikte und Jahren aufschlüsseln)? Wie viele dieser Strafanzeigen führten zu einer rechtskräftigen Verurteilung und/oder Schadensersatzleistungen zugunsten der Kläger? Eine Recherche nach „Strafanzeigen der Teilnehmer von Kaffeefahrten“ ist im Datenbestand der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht vorgesehen. Mögliche Straftaten wie Betrug, Beleidigungen etc. können aufgrund der Vielzahl von infrage kommenden Fällen (bei Betrug jährlich circa 17.000 Fälle) manuell nicht ausgewertet werden. Auch die mögliche Durchsicht aller in Betracht kommenden staatsanwaltschaftlichen Verfahrensakten würde einen händischen Auswerteaufwand begründen, der schon mit der aus Artikel 40 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern folgenden Pflicht zur unverzüglichen Beantwortung Kleiner Anfragen nicht zu vereinbaren ist. 6. Wie wurden bzw. werden die Ermittlungsbehörden unseres Landes in der Regel auf Wanderlager und in diesem Rahmen vorkommende Straftaten bzw. Ordnungswidrigkeiten aufmerksam? a) Welche Behörden sind an der Verfolgung von Straftaten bzw. Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit Wanderlagern beteiligt? b) Entspricht deren personelle Ausstattung aus Sicht der Landesregierung den tatsächlichen Erfordernissen, mithin dem Umfang des Problems? Ermittlungsbehörden werden in dem Bereich reisender Werbeveranstalter in der Regel aufgrund externer Hinweise, insbesondere durch Teilnehmerinnen oder Teilnehmer oder deren Angehörige oder durch Erkenntnisse im Rahmen von Ermittlungen auf Straftaten beziehungsweise Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit Wanderlagern aufmerksam. Zu a) Es sind alle Behörden beteiligt, die allgemein an der Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten mitwirken, das heißt insbesondere Polizei, Staatsanwaltschaft, Ordnungsamt/ Gewerbeamt. Bei Abschluss des Strafverfahrens mit einer Verurteilung erhält das örtlich zuständige Gewerbeamt eine Mitteilung gemäß Nr. 39 der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra), sofern die weiteren dort genannten Voraussetzungen vorliegen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3766 5 Zu b) Erkenntnisse zu Problemen bei der Bearbeitung der eingehenden Strafanzeigen in diesem Phänomenbereich, die auf eine unzureichende personelle Ausstattung zurückzuführen wären, liegen nicht vor. 7. Welche Produkte wurden bzw. werden bei Wanderlagern in Mecklenburg -Vorpommern nach Informationen der Landesregierung in der Regel angeboten? Welche Erkenntnisse gibt es bezüglich des Preis-Leistungs-Verhältnisses bei diesen Produkten? Aus den Anzeigen von Wanderlagern ergibt sich, dass regelhaft Lederbekleidung, Reisen, Textilien, Haushaltswaren und Schreibwaren angeboten werden. Ein Preis-Leistungs-Verhältnis bei diesen Produkten wird nicht behördlich ermittelt. 8. Wie hoch schätzt die Landesregierung die während solcher Wanderlager bzw. „Kaffeefahrten“ generierten Umsätze p. a. ein? a) Entstehen dem Land finanzielle Nachteile durch „Kaffeefahrten“? b) Wenn ja, wie? c) Wenn ja, in welcher Höhe? Die Fragen 8, a), b) und c) werden zusammenhängend beantwortet. Der Landesregierung liegt entsprechendes Datenmaterial nicht vor. 9. Gibt es präventive Maßnahmen seitens der Landesregierung oder anderer Institutionen, um potenzielle Teilnehmer über Wanderlager bzw. „Kaffeefahrten“ und damit verbundene Risiken aufzuklären? a) Wenn ja, welche sind das? b) Wenn ja, wer sind die Akteure? c) An wen können sich Geschädigte wenden, um Hilfe zu erhalten? Zu a) Es gibt innerhalb der Zuständigkeit der Landesregierung keine präventiven Maßnahmen, die ausschließlich die Themen „Wanderlager“ beziehungsweise „Kaffeefahrten“ beinhalten. Drucksache 7/3766 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 6 Im Rahmen der Veranstaltungen der Präventions- und Seniorensicherheitsberater werden beispielsweise Senioren unter anderem über potentielle Risiken (Betrugsmaschen und ähnliches) informiert und entsprechende Verhaltensempfehlungen gegeben. Daneben finden sich in der Broschüre „Senioren - Im Alter sicher leben“ der Polizeilichen Kriminalprävention des Bundes und der Länder (ProPK) entsprechende Informationen zu Haustürgeschäften und Kaffeefahrten, um über damit verbundene Risiken aufzuklären. Die Broschüre wird im Rahmen verschiedener Veranstaltungen der Präventionsberater und Seniorensicherheitsberater an die Senioren ausgereicht. Zu b) Akteure im Rahmen der polizeilichen Präventionsarbeit und somit verantwortlich für die Aufklärung über entsprechende Risiken sind die örtlichen Präventionsberater der Polizeireviere bzw. -inspektionen sowie auch die Seniorensicherheitsberater. Zu c) Die Geschädigten können sich an die örtlichen Polizeidienststellen, die Präventionsberater, die örtlichen Präventionsräte sowie die Verbraucherschutzzentralen wenden, um Fragen zu stellen und/oder Hilfe zu erhalten.