Der Minister für Landwirtschaft und Umwelt hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 20. August 2019 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/3847 7. Wahlperiode 21.08.2019 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Dr. Mignon Schwenke, Fraktion DIE LINKE Entwicklung der Aquakultur in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Der Begriff Aquakultur bezeichnet die kontrollierte Aufzucht und Vermehrung aquatischer Organismen, hier im Besonderen von Fischen. Für die Erhebung statistischer Daten zur Aquakultur, die nach den Vorgaben der europäischen Aquakulturstatistikverordnung (EG 762/2008) erfasst werden, ist das Statistische Landesamt Mecklenburg-Vorpommern gesetzlich zuständig. Das Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern erhebt jährlich von den Aquakulturbetrieben des Landes auf freiwilliger Basis entsprechende Produktionsdaten. Die nachfolgend genannten anonymisierten Angaben wurden diesen Erhebungen entnommen. Drucksache 7/3847 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 1. Wie hat sich der Produktionsumfang der Aquakultur seit 2014 (siehe Drucksache 6/4209) in Mecklenburg-Vorpommern entwickelt? Die folgenden Angaben zum Produktionsumfang basieren auf freiwilligen Angaben der Unternehmen , die zur Erstellung des Binnenfischereiberichtes des Bundes verwendet werden. 2014: 1.170 Tonnen 2015: 1.427 Tonnen 2016: 1.441 Tonnen 2017: 1.323 Tonnen Für 2018 liegen noch keine Angaben vor. Da davon auszugehen ist, dass diese Angaben nicht vollständig sind und den tatsächlichen Produktionsumfang abdecken, sollten die Zahlen lediglich als Richtwerte Verwendung finden. Eine Interpretation der Daten, insbesondere zum quantitativen Anstieg in den Jahren 2015 und 2016, ist somit nur bedingt möglich. 2. Wie viele Aquakulturanlagen sind gegenwertig in Betrieb, mit jeweils welcher Produktion und an welchem Standort? Derzeit gibt es in Mecklenburg-Vorpommern 27 Aquakulturanlagen. Die Produktion erfolgt insbesondere an den Standorten Boeck, der Lewitz, in Broda, Wilsen, Waren, Frauenmark, Strassen, Woltow, Grevesmühlen, Hohen Wangelin, Anklam, Born, Abtshagen, Bentwisch, Teterow, Neustadt-Glewe und Altkalen. 3. Wie viele Aquakulturanlagen befinden sich gegenwertig in der Genehmigung bzw. im Antragsverfahren für jeweils welche Standorte, welchem technologischen Prinzip und welche Fischarten? Da Baugenehmigungen nicht durch die Landesregierung erteilt werden, liegen hierüber keine validen und vollständigen Informationen vor. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3847 3 4. Inwieweit sind unter den Anträgen nach Frage 3 auch solche, die neue Produktionsmethoden anwenden wollen? a) Welche neuen Produktionsmethoden sind das gegebenenfalls? b) Wie unterscheiden sie sich von gängigen Methoden beispielsweise im Hinblick auf den Ressourcenverbrauch (z. B. Futterquotient), Synergieeffekten zwischen Pflanzen und Fisch und/oder Produktivität ? Die Fragen 4, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Bei allen drei Anlagen handelt es sich um Kreislaufanlagen. Da nicht definiert wird, was unter „neuen Produktionsmethoden“ zu verstehen ist, werden im Folgenden alle Anlagen, die nicht Teichwirtschaften, oder reine Durchlaufanlagen sind, als „neue Produktionsmethoden“ ausgelegt. Integrierte Multitrophe Aquakultur (IMTA) Hierbei handelt es sich um Netzgehegeanlagen im Brack- oder Salzwasser, bei denen sichergestellt wird, dass der Eintrag von Stickstoff und Phosphor in das Meer durch die Ausscheidungen der Fische wieder vollständig entnommen wird. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es bisher erst eine Forschungsanlage, mit der dieses Ziel verfolgt wird. Da für „normale“ Netzgehegeanlagen im Gegensatz zu anderen Regionen und Staaten der Europäischen Union in Mecklenburg-Vorpommern keine wasser- und naturschutzrechtlichen Genehmigungen erteilt werden, wird als Alternative für Aquakultur in der Ostsee nur die Entwicklung von IMTA- Anlagen gesehen. Kreislaufanlagen Hierbei handelt es sich um Anlagen, in denen das in der Fischaufzucht genutzte Wasser gereinigt und größtenteils wieder der Fischzucht zugeführt wird. Bei Kreislaufanlagen kann man durch den Einsatz der Technik gegenüber Teichwirtschaften den Platzbedarf deutlich senken. Durch die optimalen Lebensbedingungen sinkt außerdem der Futterbedarf je Kilogramm Zuwachs. Allerdings benötigt man Energie und Wärme, die häufig durch die Abwärme und die Stromproduktion von Biogasanlagen zur Verfügung gestellt wird. Die Aufzucht von Garnelen in Kreislaufanlagen als Frischeprodukt ist eine Alternative zum Import von Frostware aus dem Ausland und bietet die Gewähr eines Lebensmittels, frei von Antibiotika, Malachitgrün und anderen unerwünschten bzw. gesundheitsschädlichen Komponenten . Umweltbelastungen wie die Zerstörung von Mangrovenwäldern oder hohen CO2-Emmissionen durch den Lufttransport werden vermieden. Aquaponik-Anlagen Dies sind Anlagen, in denen das in der Aquakultur genutzte Wasser zur Pflanzenaufzucht verwendet und teilweise sogar wieder der Fischaufzucht zugeführt wird. Hinsichtlich des Ressourcenverbrauchs gelten die gleichen Aussagen wie bei den Kreislaufanlagen. Drucksache 7/3847 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Anlagen zur Aufzucht von Algen, Fischnährtieren und Steinkorallen Durch die Aufzucht von Steinkorallen durch ein Start-up-Unternehmen zum Verkauf in Zoogeschäften für den Bedarf in der Meeresaquaristik wird ein Beitrag zur Reduzierung der Entnahme von Steinkorallen in tropischen Meeren geleistet. 5. In welcher Höhe und bis wann stehen Fördermittel aus Mitteln des Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) zur Verfügung? In welcher Höhe und bis wann wurden Fördermittel bislang bewilligt und abgerufen? In der laufenden siebenjährigen Förderperiode, die Ende 2023 endet, stehen für den Bereich der Aquakultur einschließlich der Förderung von Forschung und Innovationen Mittel aus dem Europäischen Meeres- und Fischereifonds und aus Landesmitteln in Höhe von 27,78 Millionen Euro zur Verfügung. Bewilligt wurden bisher 13,88 Millionen Euro, ausgezahlt werden konnten bisher 920.000 Euro. 6. Welche Forschungsarbeiten zur Aquakultur werden im Land aktuell geleistet, sind in naher Zukunft vorgesehen bzw. wurden seit 2014 (siehe Drucksache 6/4209) abgeschlossen? Die Beschreibung der zurzeit geförderten Forschungsprojekte sowie zum Teil auch deren Ergebnisse sind unter folgendem Link www.aquakultur-mv.de unter der Rubrik „Forschen“ abrufbar. Aus persönlichen Gründen wurde das Projekt „Das Wohlergehen der Fische“ vorzeitig beendet. Alle übrigen Projekte laufen noch. Vorgesehen ist außerdem ein Projekt zur tierschutzgerechten Vermehrung von Garnelen. 7. Welche grundlegenden Erkenntnisse konnten aus der Forschungsarbeit gewonnen werden? Nur mit Hilfe von langwieriger und aufwendiger Forschungsarbeit können derzeit die Grundlagen für kommerziell betriebene Anlagen geschaffen werden, weil Fische und andere aquatische Organismen in anderen Teilen der Welt unter zum Teil sehr einfachen, aber für die Umwelt und die Menschen sehr negativen Bedingungen vermehrt und aufgezogen werden können. Dafür regional Alternativen zu schaffen, gelingt wirtschaftlich derzeit nur mit einem sehr hohen Technikaufwand. Da Transportkosten relativ gering sind, werden 88 Prozent der in Deutschland konsumierten Fischereiprodukte aus Ländern außerhalb der Europäischen Union nach Deutschland importiert. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3847 5 Allerdings erfolgt die Produktion außerhalb der Europäischen Union regelmäßig unter Bedingungen , die in Deutschland zu Recht nicht zulässig und nicht erwünscht sind. Insbesondere im Zanderprojekt wurden die Grundlagen der jahreszeitlich unabhängigen Vermehrung von Zander erarbeitet. Die Zusammenhänge von Handling, Wasserqualität und Stress sowie die Bedeutung der Kenntnisse des Genoms und seiner Funktionen für die Aufzucht vitaler und robuster Fische sind ebenfalls genauso grundlegende Erkenntnisse wie die oben aufgeführte Ermittlung der technischen Maßnahmen zur Sicherstellung einer Aufzucht von Fischen und anderen aquatischen Organismen.