Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 24. Juli 2019 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/3854 7. Wahlperiode 25.07.2019 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Torsten Koplin, Fraktion DIE LINKE Gesundheitsland Nr. 1 und ANTWORT der Landesregierung Das Land Mecklenburg-Vorpommern strebt ausweislich zahlreicher Veröffentlichungen und Bekundungen der Landesregierung an, Gesundheitsland Nr. 1 werden zu wollen. 1. Nach welchen Kriterien bemisst die Landesregierung das Prädikat „Gesundheitsland Nr. 1“? Bei der Formulierung „Gesundheitsland Nr. 1“ handelt es sich nicht um ein Prädikat, das sich nach Kriterien bemisst. Der Begriff resultiert historisch als politische Willenserklärung im Zusammenhang mit der Entwicklung der Branche der Gesundheitswirtschaft in Mecklenburg- Vorpommern. Im Jahr 2004 fand im Rahmen des „Gesprächskreises Ost“ der Bundesregierung eine Diskussion um den Aufbau von Wachstumskernen in den neuen Bundesländern statt. Mecklenburg-Vorpommern wählte hierfür die Branche der Gesundheitswirtschaft. Ein entsprechender Landtagsbeschluss setzte das Thema ganz oben auf die Agenda des Landes. Als strategische Orientierung wurde das Ziel formuliert, Mecklenburg-Vorpommern zum „Gesundheitsland Nr. 1“ zu entwickeln. Fokussiert wurde hiermit auf die Positionierung des Landes als Wettbewerbsregion im nationalen sowie internationalen Kontext bei der Erstellung und Vermarktung von Gütern und Dienstleistungen, die der Bewahrung und Wiederherstellung von Gesundheit dienen. Untermauert wurde das Ziel insbesondere im Rahmen der Erstellung von Masterplänen Gesundheitswirtschaft, die die Entwicklungsstrategien für die Branche in den jeweiligen Zeiträumen aufzeigen. Drucksache 7/3854 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Im Ergebnis des „Gesprächskreises Ost“ beschloss die Bundesregierung zudem, die wirtschaftliche Entwicklung der neuen Bundesländer in diesen Wachstumskernen durch die Veranstaltung themenspezifischer Branchenkonferenzen zu forcieren. Diese sollten den neuen Bundesländern die Möglichkeit geben, jene Wirtschaftszweige vorzustellen, die für ihre Entwicklung die maßgeblichen Schwerpunkte sind. Die Nationale Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern, die in diesem Jahr zum 15. Mal stattfand, ist die einzige aus der Konferenzreihe der „Branchenkonferenzen-Ost“ noch stattfindende Veranstaltung. 2. Wo steht Mecklenburg-Vorpommern aus Sicht im Ländervergleich auf dem Weg „Gesundheitsland Nr. 1“ werden zu wollen bzw. dies bereits zu sein? Ausgehend von der Beantwortung der Frage 1 wird auf die Einordnung der Gesundheitswirtschaft im Ländervergleich eingegangen. Hinsichtlich der angeführten Daten und Auswertungen wird als Quelle auf die Veröffentlichungen des Bundeswirtschaftsministeriums „Gesundheitswirtschaft , Fakten & Zahlen, Ausgabe 2018, Länderergebnisse der Gesundheitswirtschaftlichen Gesamtrechnung“ und „Fallstudie für die Gesundheitswirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern zur Anwendung der multiregionalen Länderergebnisse der GGR“ (WifOR, März 2019) verwiesen . Hiernach hat sich die Bedeutung der Gesundheitswirtschaft für das Land Mecklenburg- Vorpommern weiter deutlich erhöht. Mit einem Bruttowertschöpfungsanteil von aktuell 15 Prozent (2008: 11,9 Prozent) teilt sich das Land den Spitzenplatz im Ländervergleich mit seinem Nachbarn Schleswig-Holstein. In absoluten Zahlen ist die Gesundheitswirtschaft im Zeitraum 2008 bis 2017 um 2,1 Milliarden Euro auf insgesamt 5,8 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung gewachsen, was einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 5,1 Prozent entspricht. Damit ist Mecklenburg- Vorpommern das Bundesland mit der am schnellsten wachsenden Gesundheitswirtschaft. Mit einer absoluten Beschäftigungszahl von 154.000 arbeiten relativ betrachtet 20,6 Prozent der Erwerbstätigen im Land in der Gesundheitswirtschaft. Mit diesem Anteil steht Mecklenburg -Vorpommern an der Spitze der Bundesländer. Die Industrielle Gesundheitswirtschaft (IGW), die insbesondere durch die Gütergruppe der Humanarzneimittel sowie der Medizintechnik geprägt wird, trägt bislang nur zu weniger als einem Zehntel zur Bruttowertschöpfung bei, was absolut und anteilsmäßig den geringsten Wert in Deutschland darstellt. Sie wächst jedoch am drittstärksten im Ländervergleich (7 Prozent durchschnittliches jährliches Wachstum zwischen 2008 und 2017). Die medizinische Versorgung ist das Rückgrat der Gesundheitswirtschaft im Land. Sie sorgt für 62,5 Prozent des Wachstumsbeitrages der Gesundheitswirtschaft (3,6 Milliarden Euro), was den Bundesdurchschnitt um rund 10 Prozentpunkte übertrifft. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3854 3 Im Bereich der stationären Versorgung verfügt das Bundesland über 37 Krankenhäuser mit 10.099 Betten. Damit kommen auf 100.000 Einwohner 627 Betten, was leicht über dem Bundesdurchschnitt von 602 Betten liegt. Ferner ist Mecklenburg-Vorpommern das Bundesland mit den meisten Betten in Vorsorge- und Rehaeinrichtungen (insgesamt 10.419 Patientenbetten , das sind 646 Betten je 1000.000 EW, Deutschland: 199). Die den Tourismus begünstigenden naturräumlichen Gegebenheiten des Landes sind bereits für die medizinische Versorgung - insbesondere im Rahmen der Rehabilitation - ein relevanter Standortfaktor. Darüber hinaus ist der Gesundheitstourismus (im Verbund mit Sport-Dienstleistungen ) überdurchschnittlich ausgeprägt. Gemeinsam tragen sie 0,4 Milliarden Euro oder 7,1 Prozent zur Bruttowertschöpfung der Gesundheitswirtschaft bei (Deutschland: 3,9 Prozent) und wachsen mit 4,9 Prozent deutlich stärker als die Gesamtwirtschaft (2,5 Prozent). Einen erheblichen Anteil leisten hierbei die zahlreichen Heilbäder, Seeheilbäder, Seebäder, Kneipp- Kurorte, Luftkurorte, Erholungsorte und ein bereits zertifizierter Kur- und Heilwald, sowie weitere geplante oder in der Anlegung befindliche Kur- und Heilwälder. 3. Worin sieht die Landesregierung vordringliche Handlungserfordernisse auf dem Weg zur Erlangung des Prädikats „Gesundheitsland Nr. 1“ bzw. zum Erhalt dieses Prädikats? Wie unter Frage 1 erörtert, handelt es sich bei der Formulierung „Gesundheitsland Nr. 1“ um eine politische Willenserklärung. Handlungserfordernisse für die Entwicklung der Branche der Gesundheitswirtschaft werden unter anderem wie folgt gesehen: Trotz einer stetigen Zunahme der Exporte in der Gesundheitswirtschaft wachsen diese national betrachtet vergleichsweise schwach. Die Landesregierung beabsichtigt daher weiter, den Fokus auf eine Internationalisierung der Gesundheitswirtschaft zu legen, hier insbesondere auch in der Baltic Sea Region. Besondere Herausforderungen im Hinblick auf die Versorgungsinfrastruktur und insbesondere auf die Verfügbarkeit von Fachkräften sind mit der demographischen Entwicklung im Land verbunden. So gehört Mecklenburg-Vorpommern zu den Bundesländern mit einer besonders stark alternden Bevölkerung bei einem gleichzeitigen Rückgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. Potenziale für einen Beschäftigungsaufbau werden im Zusammenhang mit der Unterstützung der Start-Up-Szene gesehen, unter anderem durch die Fortführung des Ideenwettbewerbs Gesundheitswirtschaft. Vor dem Hintergrund des ländlich geprägten Charakters des Landes wird die Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft zudem weiter in den Fokus rücken müssen. Eine entscheidende Säule für das Handlungsfeld Gesundheit ist die Gesunderhaltung der Bevölkerung durch Prävention und Gesundheitsförderung. Hierfür stellen die Inhalte des „Landesaktionsplans für Gesundheitsförderung und Prävention Mecklenburg-Vorpommern“ die Grundlage dar. Drucksache 7/3854 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Zudem wurde das Aktionsbündnis für Gesundheit Mecklenburg-Vorpommern gegründet. Das Aktionsbündnis ist ein freiwilliger Zusammenschluss von im Land Mecklenburg-Vorpommern tätigen Akteuren in den Bereichen Gesundheitsförderung und Prävention im Gesundheitswesen , in dem auch das für Gesundheit zuständige Ministerium mitwirkt. Neben der Umsetzung und Weiterentwicklung des Landesaktionsplans hat das Aktionsbündnis die Aufgabe, konkrete Gesundheitsziele sowie Handlungsempfehlungen zur Umsetzung dieser Ziele für Mecklenburg-Vorpommern zu erarbeiten. Am 16. Januar 2017 wurde außerdem eine Landesrahmenvereinbarung zwischen dem Land und den Sozialversicherungsträgern zur Umsetzung der nationalen Präventionsstrategie im Land sowie zur Umsetzung landesspezifischer Gesundheitsziele und Handlungsschwerpunkte unterzeichnet. Wichtiger Ansatzpunkt für den Gesundheitstourismus ist die ressortübergreifende Zusammenarbeit bei der Umsetzung der Landestourismuskonzeption „Branche mit Zukunft gestalten“. Hier werden strategisch und in den Arbeitsfeldern Infrastruktur, Digitalisierung, Qualität sowie Akzeptanz Schwerpunkte für die weitere Entwicklung im Gesundheitstourismus gesetzt. Eine stärker branchenübergreifende Vernetzung der Dienstleister und ihrer Angebote aus den betreffenden Wirtschaftsbereichen gehört ebenfalls zu den Aufgabenstellungen.