Der Minister für Inneres und Europa hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 3. September 2019 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/3972 7. Wahlperiode 04.09.2019 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Jens-Holger Schneider, Fraktion der AfD Bürgerinitiativen gegen Nachzahlungsforderungen von Abwasserbeiträgen und ANTWORT der Landesregierung In den Kommunen des Landes Mecklenburg-Vorpommern organisiert sich Widerstand gegen die Nachzahlung von Abwasserbeiträgen. So wurde bereits am 30. Juli 2018 eine Informationsveranstaltung in Feldberg im Einzugsbereich des Wasserzweckverbandes Strelitz durchgeführt (Nordkurier Strelitzer-Zeitung vom 25. Juli 2018). Dabei hat es sich offenbar um ein Veranstaltungsformat unter Bürgern bzw. Grundstücksnutzern und deren Interessenvertretung ohne die Teilnahme von Vertretern öffentlicher Stellen gehandelt. Wie einem weiteren Bericht zu entnehmen ist, soll eine Prozessgemeinschaft gebildet und eine Musterklage gegen einen Wasserzweckverband angestrebt werden (Nordkurier Strelitzer-Zeitung vom 25. Oktober 2018). Ähnlich verhält sich mit der angestrebten Klage von Gemeinden gegen Wasserzweckverbände. So haben offenbar die Stadt Wesenberg und die Gemeinde Priepert Klage gegen den Wasserzweckverband Strelitz erhoben (Nordkurier Strelitzer-Zeitung vom 5. November 2018). 1. Welche Bürgerinitiativen bzw. Interessenvertretungen wehren sich nach Kenntnisstand der Landesregierung gegen Nachzahlungsforderungen im Abwasserbereich in Mecklenburg-Vorpommern (bitte aufschlüsseln nach Landkreis, kreisfreier und kreisangehöriger Stadt, Amt und Gemeinde sowie dem Aufgabenträger bzw. Abwasserzweckverband zuordnen)? Welche Gemeinden und Abwasserzweckverbände wehren sich gegen die Erhebung von Nachzahlungsaufforderungen im Abwasserbereich? Der Landesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. Drucksache 7/3972 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 2. Sind der Landesregierung Gespräche bzw. Veranstaltungsformate zwischen Aufgabenträgern im Abwasserbereich oder Gemeinden und Bürgerinitiativen/Interessenvertretungen bzw. Gemeindeeinwohnern zu Nachzahlungsforderungen im Abwasserbereich bekannt (bitte die einzelnen Gespräche bzw. Veranstaltungsformate samt Teilnehmern, Inhalten und Ergebnissen auflisten und mit Datum ausweisen)? a) Welche diesbezüglichen Aktivitäten hat die Landesregierung unternommen (bitte die einzelnen Gespräche bzw. Veranstaltungsformate samt Teilnehmern, Inhalten und Ergebnissen auflisten und mit Datum ausweisen)? b) Wenn nicht, warum beabsichtigt die Landesregierung diesbezüglich nicht, aktiv zu werden? c) Welche sonstigen Aktivitäten in Bezug zu Nachzahlungsforderungen im Abwasserbereich hat die Landesregierung bisher unternommen (bitte Aktivitäten benennen und mit Datum ausweisen)? Die Fragen 2, a), b) und c) werden zusammenhängend beantwortet. Die Diskussionen zu Nachzahlungsforderungen im Abwasserbereich betreffen auch Fallkonstellationen, die auf eine Beitragspflicht sogenannter „altangeschlossener“ Grundstücke zurückgehen. Hier verlangt das Oberverwaltungsgericht Greifswald in ständiger Rechtsprechung (siehe zum Beispiel Urteil vom 1. April 2014 - 1 L 142/13; Beschluss vom 21. April 1999 - 1 M 12/99), dass auch die schon in der Vergangenheit, insbesondere zur Zeit der DDR, tatsächlich an eine Wasserversorgung oder Abwasserentsorgung angeschlossenen Grundstücke der Beitragspflicht unterliegen und dass zudem die Anwendung unterschiedlicher Beitragssätze für altangeschlossene einerseits und neu anschließbare Grundstücke andererseits im Grundsatz willkürlich und somit mit dem Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz nicht vereinbar ist. Diese Rechtsprechung ist durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden (Urteil vom 15.4.2015 - 9 C 17/14 -). Die in über 20 Jahren zu diesem Themenfeld von der Landesregierung begleiteten Aktivitäten sind im Einzelnen statistisch nicht erfasst. 3. Welche Kenntnisse über Prozessgemeinschaften, Bürgerinitiativen oder einzelne Bürger, die sich gegen die Nachzahlung von Abwasserbeiträgen wenden, hat die Landesregierung (bitte aufschlüsseln nach Landkreis, kreisfreier und kreisangehöriger Stadt, Amt und Gemeinde sowie dem Aufgabenträger bzw. Abwasserzweckverband zuordnen)? Welche davon haben gegen die Nachzahlung von Abwasserbeiträgen Klage vor den Gerichten des Landes erhoben (bitte Klagen aufschlüsseln nach Landkreis, kreisfreier und kreisangehöriger Stadt, Amt und Gemeinde sowie dem Aufgabenträger bzw. Abwasserzweckverband zuordnen)? Auf die Antworten zu den Fragen 1 und 2 wird verwiesen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/3972 3 4. Welche Gerichtsurteile betreffend die Nacherhebung von Abwasserbeiträgen sind der Landesregierung bekannt (bitte jeweils Urteil und Instanz sowie Datum benennen)? Wie bewertet die Landesregierung die aktuelle Rechtsprechung in Bezug auf Nachzahlungsforderungen von Abwasserbeiträgen im Allgemeinen und für Mecklenburg-Vorpommern (bitte jeweils anhand der einzelnen Gerichtsurteile begründen und die Auswirkungen auf Mecklenburg-Vorpommern aufzeigen)? Die Nacherhebung umfasst begrifflich eine nicht zeitnah nach Entstehen der Beitragspflicht - aber noch innerhalb der Festsetzungsfrist - erfolgende Beitragsforderung durch Bescheid, der den bestehenden Beitragsanspruch erstmals vollständig geltend macht. Derartige Nacherhebungen kommen seit Jahrzehnten bundesweit vor und sind auch Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Verfahren. Die Landesregierung führt zu dieser Rechtsprechung keine eigene Datenbank, in der die von den Verwaltungsgerichten zum Thema der Nacherhebung beantworteten Streitfragen im Einzelnen bewertet werden. 5. Wie positioniert sich die Landesregierung zu Nachzahlungsforderungen von Abwasserbeiträgen in Mecklenburg-Vorpommern (bitte insbesondere vor dem rechtlichen und ökonomischen Hintergrund bewerten)? a) Wie positionieren sich die kommunalen Spitzenverbände des Landes zu Nachzahlungsforderungen im Abwasserbereich? b) Wie bewertet die Landesregierung die einzelnen Positionen? Die Fragen 5, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Die Rechtspositionen einschließlich ihrer Bewertungen ergeben sich aus dem Gesetzgebungsverfahren zum Ersten Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 2016 (GVOBl. S. 584).