Der Minister für Inneres und Europa hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 19. September 2019 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/4055 7. Wahlperiode 19.09.2019 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Torsten Koplin, Fraktion DIE LINKE Schwangere in Erstaufnahmeeinrichtungen und ANTWORT der Landesregierung 1. Wie viele schwangere Frauen sind in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes (Stern-Buchholz, Nostorf-Horst) aktuell und in den Jahren 2015 bis 2018 untergebracht? Die Angaben zu Schwangerschaftsfällen werden nicht statistisch erfasst. Erkenntnisse über Schwangerschaft kann die Erstaufnahmeeinrichtung nur durch Mitteilung durch die schwangeren Frauen oder bei Sichtbarwerden der Schwangerschaft erlangen. Mitteilungen durch Ärzte sind aufgrund der ärztlichen Schweigepflicht ausgeschlossen. Gleichwohl wird über die bekannten Schwangerschaftsfälle eine Kartei geführt, um den besonderen Bedürfnissen dieser Frauen gerecht werden zu können. Aussagen zur Anzahl von Schwangerschaftsfällen können daher nur eingeschränkt getroffen werden. In Nostorf-Horst sind zum Stichtag 31.08.2019 weniger als zehn Schwangerschaftsfälle bekannt, in Stern-Buchholz 19. Bis August 2019 waren in diesem Jahr insgesamt 40 Schwangere in Stern Buchholz untergebracht. Von diesen 40 Frauen haben in diesem Jahr 21 entweder entbunden oder wurden in die Landkreise und kreisfreien Städte verteilt. 2017 waren insgesamt 49 und 2018 insgesamt 45 schwangere Frauen in Stern Buchholz untergebracht. Für Nostorf- Horst liegen keine statistischen Angaben vor. Für die Jahre 2015 und 2016 lassen sich keine Zahlen mehr ermitteln. Drucksache 7/4055 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 2. Welche Mittel stehen den Frauen zur Feststellung einer Schwangerschaft zur Verfügung und wer übernimmt die Kosten? Wenn eine Frau eine Schwangerschaft vermutet, sucht diese den medizinischen Dienst am jeweiligen Erstaufnahmestandort auf und erhält dort eine Überweisung zu einem Gynäkologen. Dieser kann eine Schwangerschaft feststellen und für die Frau werden gleichzeitig die Vorsorgetermine vereinbart. Die Kosten werden vom Land übernommen. 3. Die gesetzlich versicherte Frau hat aus dem SGB V, 24 b ff. während Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett Anspruch auf verschiedene Leistungen, darunter ärztliche Versorgung und Hebammenhilfe. Frauen in den Erstaufnahmeeinrichtungen sind in der Regel nicht gesetzlich versichert. Welche Leistungen werden ihnen zugesprochen (bitte einzeln mit Rechtsgrundlage auflisten)? Die Leistungsansprüche schwangerer Bewohnerinnen der Erstaufnahmeeinrichtung ergeben sich aus § 4 Absatz 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG). Danach sind werdenden Müttern und Wöchnerinnen ärztliche und pflegerische Hilfe und Betreuung, Hebammenhilfe sowie Arznei-, Verband- und Heilmittel zu gewähren. Schwangerschaftsbedingte Mehrbedarfe wie beispielsweise erhöhte Kosten für Nahrungsmittel , Körperpflege, Reinigung der Wäsche, erhöhte Fahrtkosten und Informationsbedarf sind dagegen von § 4 Absatz 2 AsylbLG nicht erfasst. Solche im Einzelfall bestehende, beantragte Mehrbedarfe sind nach § 6 Absatz 1 Satz 2 AsylbLG als Sachleistung (Regelfall) oder als Geldleistung (in Ausnahmefällen) zu decken. Die Bewohner der Erstaufnahmereinrichtung können und sollen Sprachmittler im Zuge medizinischer Behandlungen in Anspruch nehmen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Malteser -Werke verfügen in den für die Erstaufnahmeeinrichtung maßgeblichen Sprachen über die erforderliche Kompetenz. Dies ist auch den Bewohnern der Einrichtung bekannt. Im Übrigen werden die Kosten für notwendige Dolmetscherleistungen im Rahmen von medizinischen Untersuchungen oder Behandlungen durch das Land übernommen. Die Erforderlichkeit eines Dolmetschers ist nicht selten erst im Zuge der Behandlung erkennbar. Soweit ein Dolmetscher nicht unmittelbar und zeitnah hinzugezogen werden kann, wird die Untersuchung/Behandlung unverzüglich fortgesetzt, sobald ein Dolmetscher zur Verfügung steht. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/4055 3 4. Wer stellt sicher, dass die Frauen diese Leistungen auch in Anspruch nehmen können (Zugang zu Arztterminen, Betreuung der Schwangerschaft oder stillen Geburt und des Wochenbetts durch eine aufsuchende Hebammenhilfe, etc.)? Der Zugang zu Arztterminen wird über den medizinischen Dienst am jeweiligen Erstaufnahmestandort gewährleistet. Auch die Ausgabe von Arzneimitteln wird über den medizinischen Dienst organisiert. Die Betreuung der Schwangerschaft oder der stillen Geburt und des Wochenbetts erfolgt durch eine aufsuchende Hebammenhilfe, den medizinischen Dienst oder möglicherweise auch den Betreiber (Malteser). Dies ist abhängig von den Wünschen und Bedürfnissen der jeweiligen Schwangeren. In Stern-Buchholz kommt einmal wöchentlich eine Hebamme in die Einrichtung und betreut die schwangeren Frauen und Wöchnerinnen. In Nostorf-Horst kommt die Hebamme nach Bedarf in die Einrichtung. Sie wird in Abstimmung mit dem medizinischen Dienst bestellt. 5. Kürzlich verstarb in Berlin ein ansonsten gesundes Kind im 9. Monat noch im Mutterleib, weil die Security einer Sammelunterkunft die Situation falsch einschätzte und keinen Notarzt rief. Wer schult das Personal in den Erstaufnahmeeinrichtungen zu geburtshilflichen Notfällen? Während der Öffnungszeiten des medizinischen Dienstes übernehmen ein Arzt oder auch eine der anwesenden Krankenschwestern Entscheidungen in medizinischen Fällen. Außerhalb dieser Zeiten und am Wochenende ist der Betreiber in beiden Einrichtungen (Malteser-Werke) 24 Stunden vor Ort. Die Mitarbeitenden der Malteser-Werke sind entsprechend geschult und sensibilisiert und verständigen in medizinischen Notfällen den Notarzt. 6. Gibt es Verträge mit Kliniken, Hebammenpraxen etc. zur Versorgung der Schwangeren in den Erstaufnahmeeinrichtungen? a) Wenn ja, mit welchen? b) Wenn nicht, in welchen Kliniken gebären die Frauen der Erstaufnahmeeinrichtungen ? Welche Hebammen versorgen diese Frauen? Es existieren keine Verträge, die explizit die Versorgung der Schwangeren in der Erstaufnahmeeinrichtung zum Inhalt haben. Schwangere Frauen der Erstaufnahmeeinrichtung erhalten Krankenbehandlungsscheine für den Besuch von Gynäkologen und zur Entbindung. Sie partizipieren damit am medizinischen Versorgungssystem wie alle Schwangeren. Drucksache 7/4055 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Zu a) Entfällt. Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. Zu b) Die meisten in der Erstaufnahme untergebrachten Schwangeren entbinden in den Kliniken in Hagenow, Crivitz oder Schwerin. Am Standort Stern Buchholz ist für die Versorgung eine Hebamme tätig, die durch den Betreiber vertraglich gebunden ist. In Nostorf-Horst bestehen Kontakte zu mehreren Hebammen , die bei Bedarf konsultiert werden. 7. Schwangere benötigen unter Umständen eine besondere Ernährung. Inwiefern wird diesen Ansprüchen, bspw. bei Schwangerschaftsdiabetes (besondere Diät, mehrere kleine Mahlzeiten, auch nachts), Rechnung getragen? Soweit ärztlicherseits eine besondere Ernährung oder eine diätische Behandlung empfohlen wird, werden durch den Betreiber und den Fachbereich Soziales der Erstaufnahmeeinrichtung die erforderlichen Schritte eingeleitet. Es gehört zum Leistungsportfolio des Versorgungsdienstleisters , im Bedarfsfall die Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtung mit diätischer oder Sonderkost zu versorgen. Vorab wird im Einzelfall mit der Kantine geklärt, welche Spezialessen angeboten werden können (z. B. Diätessen, püriertes Essen, Suppen). Des Weiteren können, laut Vertrag des Landes, Bewohnerinnen und Bewohner in der Einrichtung kochen, wenn sie eine Bescheinigung vom Arzt erhalten haben, dass dies notwendig ist. In den Betreuungspunkten der Häuser wird ebenfalls regelmäßig mit Erwachsenen und Kindern gekocht und gebacken. Das Essen hat an beiden Standorten der Erstaufnahmeeinrichtung eine hohe Qualität. Obst und Gemüse wird zu jeder Mahlzeit zugereicht. Auch die Mitnahme von Obst und Gemüse für Zwischenmahlzeiten ist möglich. Zusätzlich wird morgens am Buffet Müsli angeboten und mittags eine Salatbar, an der sich jeder Asylbewerber frei bedienen kann. Jeden zweiten Abend gibt es eine warme Beikost, z. B. Milchreis, Nudeln. Das in Nostorf-Horst eingesetzte Unternehmen ist auch für die Verpflegung in Reha-Kliniken zertifiziert. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/4055 5 8. Artikel 6 Satz 4 Grundgesetz stellt die Mutter unter den besonderen Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft. Der Anspruch dieses Grundrechtes ist universal und betrifft alle Mütter. Welche Anstrengungen unternimmt die Landesregierung, um diesem Grundrecht auch für Schwangere und Mütter in den Erstaufnahmeeinrichtungen gerecht zu werden? Auf die Antworten zu den Fragen 1 bis 7 wird verwiesen. Den schwangeren Bewohnerinnen der Erstaufnahmeeinrichtung werden umfassender Schutz und Fürsorge durch alle beteiligten Akteure zuteil.