Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 8. Oktober 2019 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/4139 7. Wahlperiode 09.10.2019 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Dr. Mignon Schwenke, Fraktion DIE LINKE Haushaltsnahe Biotonne in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Nach § 11 Absatz 1 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) sind überlassungspflichtige Bioabfälle seit dem 1. Januar 2015 getrennt zu sammeln, soweit dies zur Erfüllung der Anforderungen an eine hochwertige, stoffliche Verwertung nach § 7 Absatz 2 bis 4 KrWG und § 8 Absatz 1 KrWG erforderlich ist. Adressat der Getrenntsammlungspflicht sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. In Mecklenburg-Vorpommern nehmen gemäß § 3 Absatz 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern die Landkreise und kreisfreien Städte diese Aufgabe wahr. Nach § 17 Absatz 1 Satz 1 KrWG sind unter anderem auch Bioabfälle aus privaten Haushaltungen den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu überlassen, sofern die Bürgerinnen und Bürger diese Abfälle nicht auf ihren Privatgrundstücken selbst verwerten, insbesondere kompostieren, können. Da § 11 Absatz 1 KrWG nur eine Getrenntsammlungspflicht, jedoch keine konkrete Erfassungsart vorschreibt, kommen neben der Biotonne auch andere geeignete Sammelsysteme (beispielsweise Container- oder Sacksammlungen) in Betracht. Drucksache 7/4139 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Nach dem Abfallwirtschaftsplan Mecklenburg-Vorpommern 2015 sind Sammlungen von Bioabfällen als Voraussetzung für eine hochwertige Abfallverwertung zu forcieren. Die öffentlich-rechtlichen Entsorger sollten bis 2020 eine Bioabfallerfassung von insgesamt mindestens 70 kg/(EW*a) anstreben. Dafür ist insbesondere der über die Biotonne erfasste Anteil auf 30 kg/(EW*a) zu erhöhen. 1. Wie weit ist die haushaltsnahe Biotonne in den Kreisen und Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern verbreitet? In den beiden kreisfreien Städten Schwerin und Rostock und in vier von sechs Landkreisen besteht ein flächendeckendes Angebot für die getrennte Erfassung von überlassungspflichtigen Bioabfällen über die haushaltsnahe Biotonne. Der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte bietet bisher die Erfassung über die Biotonne nur im städtischen Gebiet (Neubrandenburg) an. Der Landkreis Vorpommern-Greifswald hat noch kein Angebot einer haushaltnahen Biotonne zur Erfassung der überlassungspflichtigen Bioabfälle. Die Ausgestaltung der Abfallbewirtschaftung durch die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ist Teil des grundgesetzlich garantierten kommunalen Selbstverwaltungsrechts und wird im eigenen Wirkungskreis der Landkreise und kreisfreien Städte als Pflichtaufgabe ausgeführt. Pflichtaufgabe im eigenen Wirkungskreis bedeutet, dass die Landkreise und die kreisfreien Städte kraft Gesetzes oder Verordnung zur Aufgabenerfüllung in eigener Verantwortung verpflichtet sind. Die Ausführung der Aufgabe unterliegt der Organisationshoheit der öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger. Das hat zur Folge, dass die Landkreise und kreisfreien Städte zwar nicht über das „Ob“, aber über das „Wie“ der Aufgabenerfüllung im Rahmen der Abfallbewirtschaftung eigenständig entscheiden können. 2. Wie hat sich das durchschnittliche Aufkommen von Bioabfällen in Mecklenburg-Vorpommern pro Einwohner und Jahr entwickelt? Die vom Bundesgesetzgeber geforderte Getrenntsammlung von Bioabfällen und damit die ressourceneffiziente, stoffliche Nutzung dieser Bioabfälle hat in den letzten Jahren auch in Mecklenburg-Vorpommern große Fortschritte gemacht. Im Jahr 2017 wurden im Durchschnitt in Mecklenburg-Vorpommern 52 Kilogramm pro Einwohner an Park- und Gartenabfällen und 29 Kilogramm pro Einwohner an Bioabfällen über die Biotonne durch die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger erfasst. Im Jahr 2015 wurden im Durchschnitt in Mecklenburg-Vorpommern 45 Kilogramm pro Einwohner an Park- und Gartenabfällen und 20 Kilogramm pro Einwohner an Bioabfällen über die Biotonne durch die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger erfasst (Quelle: Daten zur Abfallwirtschaft M-V 2015 und 2017). Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/4139 3 3. Werden in den haushaltsnahen Biotonnen Bioabfälle getrennt oder zusammen erfasst (Speisereste, Grünschnitt, Rasenschnitt u. ä.)? Was in der haushaltnahen Biotonne gesammelt wird, unterliegt der Organisationshoheit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und wird per Satzung geregelt. Grundsätzlich werden aber Grüngut (Garten- und Parkabfälle) gemeinsam mit Biogut (Bioabfall aus der Küche) in der haushaltsnahen Biotonne erfasst. 4. Wie oft werden im Regelfall die haushaltsnahen Biotonnen in Mecklenburg-Vorpommern geleert? Der Abholrhythmus für die haushaltsnahe Biotonne unterliegt der Organisationshoheit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und wird in den Satzung der Landkreise und kreisfreien Städte vorgegeben. Die Nutzer der Biotonne können teilweise den Abholrhythmus aus den per Satzung vorgegebenen Möglichkeiten auswählen. Üblicherweise erfolgt eine 14-tägige Abholung. 5. Wie und zu welchem Prozentanteil wird das Abfallaufkommen aus den haushaltsnahen Biotonnen in Mecklenburg-Vorpommern verwertet (Kompostierung, energetische Verwertung, anderes)? Die getrennt erfassten Bioabfälle aus der haushaltsnahen Biotonne werden zu 100 % einer Verwertung zugeführt. Die Zuführung erfolgt sowohl in Vergärungsanlagen als auch in Kompostierungsanlagen . 6. Gibt es spezielle Voraussetzungen für die Kompostierung des Aufkommens aus den haushaltsnahen Biotonnen? Gibt es Kriterien für die Zertifizierung des Komposts aus Haushaltsbioabfällen ? Bioabfälle (auch aus der Biotonne) dürfen in Biogas- oder Kompostierungsanlagen nur eingesetzt werden, wenn der Einsatz dieser Stoffe von der zuständigen Behörde genehmigt wurde. Materielle Anforderungen ergeben sich aus dem Kreislaufwirtschaftsgesetz, der Bioabfallverordnung , der Düngemittelverordnung sowie der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009, (EU) Nummer 142/2011, aus Vorschriften aus dem Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz sowie den Anforderungen der Tierischen Nebenprodukte-Beseitigungsverordnung. Drucksache 7/4139 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Wird der Kompost oder der Gärrest nach Abschluss der Behandlung als Düngemittel auf landwirtschaftlichen Flächen stofflich verwertet, unterliegt dieser insbesondere den Anforderungen der Bioabfallverordnung und der Düngemittelverordnung. Für Inhalte der Biotonne verweist das Veterinärecht auf die Anforderungen der Bioabfallverordnung. Die Bioabfallverordnung legt dabei einerseits Anforderungen an die Qualität der Bioabfälle fest (seuchen- und phytohygienische Unbedenklichkeit, Schadstoffgehalte, Fremdstoffanteil, Salzgehalt , ph-Wert, Gehalt an organischer Substanz), anderseits regelt die Verordnung auch qualitative Anforderungen hinsichtlich zulässiger Aufbringungsmengen auf landwirtschaftliche Flächen. Die Einhaltung der Anforderungen aus der Bioabfallverordnung ist nachzuweisen. Darüber hinaus können Hersteller von Kompost die Produktion ihrer Erzeugnisse einer freiwilligen Qualitätssicherung unterstellen. Rechtliche Grundlage für die Qualitätssicherung von Bioabfällen ist der § 12 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Das Qualitätszeichen dokumentiert gegenüber Behörden, Verbrauchern und der Öffentlichkeit nicht nur die Einhaltung geltender Rechtsbestimmungen, sondern auch darüber hinausgehende Anforderungen der Qualitätssicherung . Die konkreten Anforderungen der Qualitätssicherung insbesondere zur Minderung von Schadstoffen und zur Gewährleistung der seuchen- und phytohygienischen Unbedenklichkeit bestimmt der Träger der Qualitätssicherung. 7. Gibt es Abnehmer für den aus haushaltsnahen Biotonnen gewonnenen Kompost? Wenn ja, welche sind dies? Die stoffliche Verwertung, auch nach einer energetischen Nutzung, der getrennt gesammelten Bioabfälle erfolgt in Mecklenburg-Vorpommern regelmäßig in Form der Kompostaufbringung auf landwirtschaftliche Flächen. Aufgrund der Vorgaben der novellierten Düngeverordnung ging aber bereits 2017 der Absatz von Kompost aus Kompostierungsanlagen des Landes stark zurück. Wird von den Landwirten zukünftig kein Kompost mehr auf den Flächen eingesetzt, ist mit Entsorgungsengpässen bzw. mit erheblichen Mehrkosten für die Entsorgung von Bioabfällen zu rechnen. Alternativ wird Kompost in Mecklenburg-Vorpommern im Landschaftsbau stofflich verwertet. Auch die Abgabe von Kompost aus der Behandlungsanlage an private Nutzer (zum Beispiel Kleingärtner) oder die Vermarkung als abgesackte Ware (Produkt) über den Einzelhandel sind Möglichkeiten der stofflichen Verwertung auf privaten Flächen. 8. Wie verändern sich die Kosten durch die Einführung haushaltsnaher Biotonnen für die Entsorger und für die Verbraucher? Bei der getrennten Bioabfallsammlung über haushaltsnahe Biotonnen entstehen im Bereich der Abfuhr zusätzliche Sammelkosten gegenüber der ausschließlichen Restabfallabfuhr. Bei den Verwertungs- beziehungsweise Entsorgungskosten ergeben sich aufgrund der in der Regel geringeren Kosten beim Bioabfall gegenüber dem Restabfall Einsparungen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/4139 5 Insgesamt werden die wirtschaftlichen Auswirkungen der Sammlung von Bioabfällen über die Biotonne neben den logistischen Randbedingungen und den gesammelten Bioabfallmassen insbesondere von der Differenz zwischen den Verwertungskosten für den Bioabfall und den Entsorgungskosten für den Restabfall beeinflusst. Die Kosten der Abfallentsorgung aus privaten Haushaltungen werden über Gebühren finanziert. Wie für die Abfallentsorgung insgesamt gibt es auch für die Entsorgung von Bioabfall durch die Landkreise und kreisfreien Städte keine landesweit einheitliche Gebührenregelung. Die Gestaltung der Gebühren zur Finanzierung der Biotonne unterliegt der Organisationshoheit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und wird in den Abfallgebührensatzungen der Landkreise und kreisfreien Städte vorgegeben. Teilweise erheben die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger eine Einheitsgebühr für die Entsorgung von Rest- und Bioabfall, teilweise eine separate Gebühr für Bioabfall. 9. Gibt es eine landesweite Pflicht zur Sammlung von Bioabfällen aus Kleingartenanlagen? Wie ist diese Entsorgung in Mecklenburg-Vorpommern organisiert? Bioabfälle aus privaten Haushaltungen sind den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu überlassen, sofern die Bürgerinnen und Bürger diese Abfälle nicht auf ihren Privatgrundstücken selbst verwerten, insbesondere kompostieren können. Auch Wochenendhäuser fallen unter den Begriff der privaten Haushaltung. In Kleingartenanlagen erfolgt die Verwertung von Bioabfällen regelmäßig nach Kompostierung durch Aufbringen auf die gärtnerisch genutzten Flächen. Bioabfälle, die nicht selbst verwertet werden können oder sollen, sind an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch Nutzung der angebotenen Sammelsysteme zu überlassen. Welche Sammelsysteme zur getrennten Erfassung von Bioabfällen aus Kleingartenanlagen angeboten werden, liegt in der Organisationshoheit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger.