Der Minister für Inneres und Europa hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 15. Oktober 2019 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/4143 7. Wahlperiode 16.10.2019 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Thomas de Jesus Fernandes, Fraktion der AfD Sammlungsgesetz in Mecklenburg-Vorpommern und die Frage nach der Sinnhaftigkeit seiner Abschaffung und ANTWORT der Landesregierung In Deutschland versickern nach Recherchen des ARD-Politikmagazins „Report Mainz“ jährlich bis zu 500 Millionen Euro Spenden in unseriösen Kanälen. Zu dieser Einschätzung gelangt das Deutsche Zentralinstitut für Soziale Fragen (DZI). Der Chef des DZI kritisiert das Abschaffen der Sammlungsgesetze: „Der Staat macht es den Spendenvereinen unnötig leicht.“ Es gibt vermehrt Medienberichte hierzu, dass der Umfang unseriöser Sammlungen deutlich zunimmt. Unseriöse Anbieter zögen demnach leichtgläubigen Menschen das Geld aus der Tasche. Den Schaden haben nicht nur die getäuschten Menschen, sondern auch seriöse Organisationen . (Tagesschau.de - Betrüger kaum zu belangen - Hunderte Spendenmillionen versickern) 1. Wie hat sich das Sammlungswesen seit der Abschaffung des Sammlungsgesetzes im Jahr 2010 in Mecklenburg-Vorpommern verändert, unter dem Aspekt, dass bundesweit vielfach von zunehmend unseriösen Sammlungen berichtet wird, beispielsweise im „Report Mainz, Millionenfacher Spendenmissbrauch“ vom 9. Juli 2019? Der Landesregierung liegen keine Hinweise darauf vor, dass die Aufhebung des Sammlungsgesetzes zu vermehrten Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern geführt hat. Drucksache 7/4143 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 2. Wie bewertet sie mit Blick auf Mecklenburg-Vorpommern, dass laut Recherchen des ARD-Politikmagazins „Report Mainz“ jährlich bis zu 500 Millionen Euro Spenden in unseriösen Kanälen versickern? Hinweise auf eine Kausalität zwischen dem „Versickern“ von Spenden und dem nicht mehr bestehenden Sammlungsgesetz liegen nicht vor. Gegenstand des Sammlungsgesetzes war nicht die Verfolgung von Straftaten (auch nicht in anderen Bundesländern). 3. Wie bewertet die Landesregierung aus ihrer Sicht das in Rheinland- Pfalz praktizierte Sammlungsgesetz, dessen Durchsetzung weiterhin erfolgt, und die Möglichkeit einer entsprechend angepassten Umsetzung in Mecklenburg-Vorpommern? Die Landesregierung hat das Sammlungsgesetz für Rheinland-Pfalz vom 5. März 1970 (GVBl. 1970, 93), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 27. Oktober 2009 (GVBl. S. 358) nicht bewertet. 4. Spricht es nach Auffassung der Landesregierung nicht für ein Sammlungsgesetz und mehr Kontrolle, wenn in Rheinland-Pfalz 160 von 600 Organisationen keine Erlaubnis bekamen und somit die Spendenverwendung nicht eindeutig klar war und mehrere Vereine Unterlassungen abgeben mussten? Es wird auf die Antwort zur Frage 1 verwiesen. 5. Was spricht dagegen, das Gesetz zumindest in Teilen oder weniger stark (wie im Saarland oder Thüringen) wieder anzuwenden, z. B. in der Weise, dass eine Genehmigung nötig ist, bevor auf öffentlichen Plätzen oder von Haus zu Haus Geld gesammelt wird, gleichzeitig aber örtliche Vereine mit ausschließlich lokalen Spendeneinnahmen unter einem bestimmten Wert von der Kontrollpflicht ausgenommen sind? Die Aufhebung des Sammlungsgesetzes hat zu keinen vermehrten Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern geführt. Ferner spricht dagegen, dass das Aufkommen an Straßen- und Haussammlungen abgenommen hat. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/4143 3 6. Wie wird der Schutz der Spender nach Abschaffung des Gesetzes in Mecklenburg-Vorpommern sichergestellt? Die Bürgerinnen und Bürger in Mecklenburg-Vorpommern sind grundsätzlich in der Lage, Sammlungszwecke zu bewerten und eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen. Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) gibt einen Spenden-Almanach und ein Spenden-Siegel-Bulletin heraus. Das DZI Spenden-Siegel ist ein Gütesiegel für Spendenorganisationen . Der Bürger kann sich hier über seriöse Spendenorganisationen informieren. Im Zweifelsfall kann er sich auch kostenfrei an das DZI wenden. Auch die PHINEO gemeinnützige AG (PHINEO gAG) vergibt ein Güte- und Spendensiegel (Wirkt-Siegel) an gemeinnützige Projekte. Der Bürger kann das Wirkt-Siegel als Orientierungshilfe nutzen. Der Deutsche Spendenrat e. V. ist ein Dachverband Spenden sammelnder gemeinnütziger Organisationen in Deutschland. Der Verein stellt Informationen über das Spendenaufkommen in Deutschland im Rahmen der „Bilanz des Helfens“ oder der Studie „Trends und Prognose“ öffentlich zur Verfügung und vergibt zudem ein Spendenzertifikat. Letztlich bietet auch die Initiative Transparente Zivilgesellschaft (ITZ), deren Träger der Transparency International Deutschland e. V. ist, Informationen über 1.000 gemeinnützige Organisationen in Deutschland. Soweit Missbrauchshandlungen im Zusammenhang mit Straßen- und Haussammlungen auftreten, wird diesen mit ordnungsrechtlichen bzw. strafprozessualen Maßnahmen wirksam begegnet. 7. Wie stärkte und stärkt die Landesregierung den Schutz der Spender nach Abschaffung des Gesetzes in Mecklenburg-Vorpommern gegenüber dubiosen Vereinen und weiteren unseriösen Geschäftsmodellen unter Nennung entsprechender Beispiele? Vor und nach der Aufhebung des Sammlungsgesetzes werden die Bürgerinnen und Bürger neben der Verfolgung erkannter Missbrauchshandlungen präventiv über Print- und elektronische Medien auf mögliche missbräuchliche Sammlungen aufmerksam gemacht. Zudem weisen die Ordnungs- und Polizeibehörden auch auf das DZI hin. Drucksache 7/4143 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 8. Wie steht die Landesregierung dazu, möglichst unkompliziert und unbürokratisch zu prüfen, in welcher Höhe die gesammelten Gelder beim Spendenzweck ankommen und nicht zuvor für „Verwaltung“ aufgezehrt werden? Eine generelle Prüfung, in welcher Höhe gesammelte Gelder für die Verwaltung der sammelnden Organisation verwendet werden, ist keine staatliche Aufgabe. Allerdings müssen Organisationen, die im steuerlichen Sinne gemeinnützig sind, ihre Mittel nach § 55 Absatz 1 Abgabenordnung ausschließlich für satzungsmäßige Zwecke verwenden. Daher dürfen bei ihnen die Ausgaben für die allgemeine Verwaltung einschließlich der Werbung um Spenden einen angemessenen Rahmen nicht übersteigen, um die Gemeinnützigkeit nicht zu gefährden. Die satzungsgemäße Verwendung ihrer Mittel ist bei gemeinnützigen Organisationen einer der Prüfungspunkte der Finanzverwaltung im turnusmäßigen Verfahren zur Überprüfung der Gemeinnützigkeit. 9. War durch die Abschaffung des Gesetzes 2010 eine Zunahme von Spenden für Organisationen in Mecklenburg-Vorpommern nachweisbar ? Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. 10. Wird sich die Landesregierung für ein bundesweit einheitlich geregeltes Sammlungsgesetz einsetzen, um Handlungssicherheit und Gerechtigkeit für seriöse Organisationen sowie Spender gleichfalls herzustellen und den Bürgern das Spenden zu vereinfachen, da für diesen nicht mehr wichtig ist, in welchem Bundesland eine Empfängerorganisation sitzt? Die Landesregierung sieht derzeit keine Notwendigkeit für ein bundeseinheitliches Sammlungsgesetz.