Die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 16. Oktober 2019 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/4167 7. Wahlperiode 18.10.2019 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Jörg Kröger, Fraktion der AfD Wendelstein 7-X - Forschungsstand und Verwendung der Haushaltsmittel und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung In dem 1994 gegründeten Institut für Plasmaphysik - Teilinstitut Greifswald wird das Großforschungsexperiment für die Fusionsforschung, der Wendelstein 7-X, betrieben. Im Teilinstitut Greifswald sind rund 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Mit dem Sommerempfang am 19. Juli 2019 feierte das Institut für Plasmaphysik - Teilinstitut Greifswald sein 25-jähriges Bestehen. Am 19. Juli 1994 schlossen das Land Mecklenburg- Vorpommern und die Max-Planck-Gesellschaft den Rahmenvertrag zur Errichtung des Instituts für Plasmaphysik - Teilinstitut Greifswald als zweiten Standort des in Garching beheimateten Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP). Grundlage der Finanzierung bis zur vollständigen Fertigstellung sowie Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des IPP Greifswald ist eine Verwaltungsvereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Freistaat Bayern und Mecklenburg-Vorpommern. 1. In welcher Phase befinden sich die Forschungen zur technischen Nutzung der Kernfusion an der Anlage Wendelstein 7-X gegenwärtig? Wendelstein 7-X befindet sich derzeit in der Komplettierungsphase CP2 (Completion Phase 2). In dieser Phase wird Wendelstein 7-X für den Dauerbetrieb bei hohen Heizleistungen (30 Minuten à 10 Megawatt (MW)) und hohen Plasmadichten weiter ausgebaut. Drucksache 7/4167 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Die Phase beinhaltet unter anderem die Installation des aktiv gekühlten Hochwärmeflussdivertors einschließlich der umfangreichen Kühlwasserverrohrung und der Kryopumpen samt Verrohrung für flüssiges Helium. Die Phase CP2 läuft seit Jahresende 2018 und wird planmäßig bis Juli 2021 andauern. 2. Welche weiteren Projektphasen zur Erforschung der Kernfusionstechnik sind in der Anlage Wendelstein 7-X in Zukunft vorgesehen? Im Rahmen der Betriebsphase OP2 (OP = „Operation Phase“) sollen Plasmen in langen Pulsen mit Heizenergien bis zu 18 Giga-Joule (entsprechend 1800 Sekunden bei 10 Megawatt Mikrowellenheizung) erzeugt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, ohne gleichzeitig die neu eingebauten Komponenten zu gefährden, ist ein gestuftes Vorgehen notwendig. Die Phase OP2.0 dient der vorsichtigen Inbetriebnahme der neuen Komponenten und Diagnostiken im Plasmabetrieb. Daran anschließend sind die Betriebsphasen OP2.1 bis OP2.3 geplant, innerhalb derer die Heizenergien stufenweise von 1 Giga-Joule auf 18 Giga-Joule erhöht werden sollen. OP2.1 soll Ende des Jahres 2021 beginnen, OP2.3 voraussichtlich im Jahr 2023. Für die Zeit danach sind weitere Ausbaumaßnahmen mit jeweils nachfolgenden Experimentierphasen vorgesehen. 3. Inwieweit geben die bisherigen Forschungsergebnisse der Anlage Wendelstein 7-X Anlass zu der Annahme, dass eine kommerzielle Nutzung der Fusionsenergie in absehbarer Zukunft möglich sein wird? a) Wann könnte nach jetzigem Kenntnisstand eine kommerzielle Nutzung der Fusionsenergie möglich sein? b) Welchen Anteil könnte die Fusionsenergie an der Energieversorgung der Zukunft haben? Die Fragen 3, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Bei Wendelstein 7-X handelt es sich um ein Experiment, das der Grundlagenforschung dient und mit dem gezeigt werden soll, dass mit einer optimierten Magnetfeldkonfiguration nach dem Stellaratorprinzip die Erzeugung von reaktorrelevanten Plasmen im Dauerstrichbetrieb möglich ist. Für das Konzept des Stellarators auf dem Weg zu einem zukünftigen Fusionskraftwerk sind die ersten experimentellen Ergebnisse von Wendelstein 7-X in zweierlei Hinsicht äußerst ermutigend: Es konnte gezeigt werden, dass der Bau einer solchen hochkomplexen, supraleitenden Maschine technisch möglich ist und die hohen Qualitäts- und Genauigkeitsanforderungen eingehalten werden können. Zudem bestätigen die bisherigen Ergebnisse experimentell im Wesentlichen die theoretisch berechneten Optimierungsmaßnahmen . Um allerdings reaktorrelevante Plasmen im Dauerstrichbetrieb in Wendelstein 7-X zu untersuchen, ist ein umfangreiches Forschungsprogramm in den Jahren nach der aktuellen Ausbauphase erforderlich. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/4167 3 Die Einschätzung der kommerziellen Aussichten der Fusionsenergie erfordert die Untersuchung weiterer Fragen, die über das physikalisch-technisch fokussierte Forschungsprogramm an Wendelstein 7-X hinausgehen. Viele dieser Fragen werden unter anderem in der Europäischen Roadmap zur Fusionsforschung und dem Programm für das internationale Forschungsprojekt International Thermonuclear Experimental Reactor (ITER) adressiert. Die Europäische Roadmap setzt sich zum Ziel, elektrische Energie mit einem kommerziellen Fusionsreaktor in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts zu produzieren. Da zukünftige Fusionskraftwerke voraussichtlich ähnliche elektrische Leistung wie heute übliche Großkraftwerke (bis 1,5 Gigawatt elektrische Leistung) haben werden, wären sie in der Lage, sich in einen Energiemix aus verschiedenen Quellen einzufügen, die sowohl konventionelle Grundlast-Kraftwerke als auch variable erneuerbare Energiequellen einschließen können. Der Anteil der Fusionsenergie an der Stromversorgung insgesamt wäre hauptsächlich durch die Geschwindigkeit ihres Ausbaus ab der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts begrenzt. Grundsätzlich ist es vorstellbar, dass die Fusionsenergie zum Ende des Jahrhunderts gemeinsam mit erneuerbaren Energien die konventionelle Stromerzeugung aus Kohle und Kernspaltung komplett ersetzen könnte. 4. Wie werden die im Entwurf des Haushaltsplans 2020/2021 als Anteil des Landes an der Finanzierung des laufenden Betriebs des Max- Planck-Instituts für Plasmaphysik, Teilinstitut Greifswald, jährlich vorgesehenen 2.854,0 TEUR (Kapitel 0770, Titel 685.21) im Einzelnen verwendet? Die Mittel werden für Personal- und Sachausgaben für den Standort Greifswald des IPP verwendet und dienen der Kofinanzierung der entsprechenden Bundesmittel (25.686.000 Euro, entspricht 90 Prozent). 5. Wie werden die im Entwurf des Haushaltsplans 2020/2021 als Anteil des Landes an der Finanzierung der Investitionen des Max-Planck- Instituts für Plasmaphysik, Teilinstitut Greifswald, jährlich vorgesehenen 2.433,00 TEUR (Kapitel 0770, Titel 894.21) im Einzelnen verwendet? Die Mittel werden zur Finanzierung aller Investitionen am Standort in Greifswald verwendet. Darunter fallen laufende Investitionen, vor allem aber Investitionen zur Fertigstellung des Experiments Wendelstein 7-X.