Der Minister für Landwirtschaft und Umwelt hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 23. Oktober 2019 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/4191 7. Wahlperiode 23.10.2019 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Christel Weißig, fraktionslos Antibiotikaresistenzen bei Nutztieren in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Antibiotika helfen im Einsatz gegen bakterielle Infektionen. Ein breiter und/oder unsachgemäßer Einsatz von antibiotisch wirkenden Arzneimitteln in der Human- und Veterinärmedizin führt allerdings dazu, dass bakterielle Erreger zunehmend Resistenzen ausbilden. Dabei ist die Bedrohung, die von resistenten Erregern gegenüber Antibiotika ausgeht, kein Problem, das an Ländergrenzen halt macht. Vor allem im Zuge von immer umfangreicher werdenden Reise- und Handelsströmen sowie Transportwegen scheint die Ausbreitung antimikrobieller Resistenzen stetig voranzuschreiten. In Deutschland werden Antibiotikaresistenzen bei Nutztieren in zwei unterschiedlichen Monitoring -Programmen überwacht: Im Nationalen Zoonosen-Monitoring wird die Resistenz von Zoonoseerregern (= bakterielle Erreger von Krankheiten, die zwischen Tier und Mensch übertragbar sind) und von kommensalen Bakterien (= nicht krank machende Bakterien, die Bestandteil der mikrobiellen Flora sind) gegenüber antimikrobiellen Substanzen überwacht. Grundlage hierfür ist die Richtlinie 2003/99/EG in Verbindung mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Erfassung, Auswertung und Veröffentlichung von Daten über das Auftreten von Zoonosen und Zoonoseerregern entlang der Lebensmittelkette (AVV Zoonosen Lebensmittelkette ). Drucksache 7/4191 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Im Zoonosen-Monitoring werden repräsentative Daten über das Auftreten von Zoonoseerregern sowie über diesbezügliche Antibiotikaresistenzen in Lebensmitteln, Futtermitteln und lebenden Tieren erfasst, ausgewertet und veröffentlicht. Die Umsetzung des Nationalen Zoonosen-Monitorings erfolgt unter anderem mit dem jährlich zu erstellenden Zoonosen- Stichprobenplan im Rahmen der amtlichen Lebensmittel- und Veterinärüberwachung der Bundesländer. In dem Programm „GERM-Vet“ werden durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) kontinuierlich klinische Bakterienisolate (= bakterielle Krankheitserreger, die aus klinisch erkrankten Tieren gewonnen wurden) auf ihre Empfindlichkeit gegenüber antibakteriellen Wirkstoffen untersucht und bewertet. 1. Bei wie vielen Nutztieren in Mecklenburg-Vorpommern wurde in den Jahren 2009 bis 2019 eine Antibiotikaresistenz nachgewiesen (bitte nach Jahren, resistentem Erreger, Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)? Die unten aufgeführten Zahlen betreffen alle in Mecklenburg-Vorpommern durch amtliche Untersuchungen nachgewiesenen Erreger der Gruppen MRSA (= Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus), ESBL-bildende E.coli (= Extended-Spectrum Beta-Lactamasen bildende E.coli) und AmpC-bildende E.coli (= AmpC Beta-Lactamasen bildende E.coli) von Nutztieren. Die Probennahmen im Rahmen des Nationalen Zoonosen-Monitorings erfolgen entsprechend dem vorgegebenen Zoonosen-Stichprobenplan - siehe Beantwortung der Frage 6. Proben werden auf der Erzeugerstufe (Kotproben/Staubtupfer), auf dem Schlachthof (Halshautproben Geflügel/Schlachtkörperoberflächenproben Schweine/Kot) als Einzeltier- oder Poolproben sowie im Einzelhandel als Lebensmittelproben entnommen. Zu beachten ist bei den Ergebnissen, dass es sich häufig um Poolproben handelt, sodass sich eine Aussage nur zum Herkunftsbestand der Proben machen lässt und nicht auf Einzeltiere bezogen. Generell erlauben die Angaben zur Herkunft der Proben nur sehr bedingt Aussagen über Ursprung bzw. Eintrag resistenter Bakterien, da die Ausprägung der Tierproduktion als Stufenproduktion und die damit verbundenen Transportbewegungen und Umgruppierungen von Tieren sowie die Gefahr von Kreuzkontaminationen auf Schlachthöfen und in Verarbeitungsbetrieben eine Rolle spielen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/4191 3 Nachweise MRSA-positive Proben Jahr Einzeltier Poolprobe (Herkunft) 2009 15 42 2010 12 28 2011 34 11 2012 22 2013 21 2014 2 LRO 1 LUP 1 NWM 1 VG 2015 2 2 LRO 1 5 LUP 3 2 MSE 1 VG 5 VR 2016 3 LRO 2 5 LUP 1 NWM 1 VG 2017 3 LRO 1 LUP 1 MSE 2018 2 LRO 5 LUP 1 NWM 5 VR 2019* * Für das Jahr 2019 gab es bisher keine Nachweise. Stand 01.10.2019 Nachweise ESBL-bildende E.coli- Proben Jahr Einzeltier Poolprobe (Herkunft) 2013 1 LUP 2014 1 LRO 11 LUP 13 MSE 2 5 NWM 2 VG 2018 1 LRO 1 VG 2019* * Für das Jahr 2019 gab es bisher keine Nachweise. Stand: 1. Oktober 2019 Drucksache 7/4191 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 ESBL/AmpC-bildende E.coli-Proben Jahr Einzeltier Poolprobe (Herkunft) 2016 1 LRO 10 LUP 2 MSE 2 VG 2 VR 33 2017 2 LRO 1 LUP 1 MSE 1 NWM 1 VG 2018 3 LUP 5 MSE 5 NWM 6 VR 24 2019* 1 LRO 1 VG * Stand: 1. Oktober 2019 2. Wie viele Antibiotikaresistenzen traten in Mecklenburg-Vorpommern nachweislich nach Impfungen von Tierbeständen in den Jahren 2009 bis 2019 auf (bitte nach Jahren, Anzahl der Tiere, verabreichtem Impfstoff und Art der Impfung, resistentem Erreger, Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)? Ein Zusammenhang zwischen Impfungen und der Ausbildung von Antibiotikaresistenzen ist der Landesregierung nicht bekannt. Impfungen gelten als ein geeignetes Instrument zur Gesundheitsprophylaxe bei Nutztieren. Damit leisten sie einen Beitrag zur Verringerung des Antibiotikaeinsatzes in Nutztierhaltungen. Als Ursprung für die Ausbildung von Antibiotikaresistenzen gilt der breite und/oder unsachgemäße Einsatz von antibiotisch wirksamen Arzneimitteln bei Mensch und Tier. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/4191 5 3. Wie wurde mit den Tieren verfahren, die in den Jahren 2009 bis 2019 nachweislich eine Antibiotikaresistenz aufwiesen (bitte nach Jahren, Erreger, Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)? Tiere: Spezielle gesetzliche Regelungen zur weiteren Verfahrensweise mit Tieren, bei denen antimikrobiell resistente Erreger festgestellt wurden, gibt es nicht. Bei Tieren, bei denen eine Antibiotikaresistenz im Rahmen eines Therapieversuches festgestellt wird, ist in der Regel davon auszugehen, dass die Therapie mit Hilfe eines auf der Grundlage eines Antibiogramms festgestellten wirksamen Antibiotikums erfolgreich beendet wird. Verendete beziehungsweise euthanasierte Nutztiere sind nach dem Tierische Nebenprodukte- Beseitigungsgesetz ordnungsgemäß zu beseitigen. Lebensmittel tierischen Ursprungs: In der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 werden Sicherheitskriterien für Lebensmittel und Lebensmittelgruppen genannt, deren Nichteinhaltung zum Verbot des Inverkehrbringens führt. Diese Lebensmittelsicherheitskriterien beziehen sich auf die Kontamination von Lebensmitteln mit bestimmten pathogenen bakteriellen Erregern. Lebensmittelsicherheitskriterien, die sich speziell auf den Nachweis von antibiotikaresistenten Erregern im Rahmen beziehen, sind jedoch weder in der europäischen noch in der nationalen Gesetzgebung formuliert. Dementsprechend gibt es keine gesetzlich begründete Reglementierung für solche Lebensmittel. Daten zum weiteren Umgang/zur weiteren Verfahrensweise mit Tieren oder Lebensmitteln tierischen Ursprungs, die nachweislich eine Antibiotikaresistenz aufwiesen, werden nicht erhoben und liegen deshalb nicht vor. 4. Ist der Landesregierung bekannt, ob Produkte von Tieren mit antibiotikaresistenten Erregern im Zeitraum von 2009 bis 2019 in den Handel gelangten, verkauft und zum Verzehr angeboten wurden? Wenn ja, wie oft ist das vorgekommen (bitte nach Jahren, Menge, Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)? Wie in der Beantwortung der Frage 3 ausgeführt, gibt es für Lebensmittel tierischen Ursprungs, bei denen antibiotikaresistente Bakterien festgestellt wurden, kein gesetzlich begründetes Verkehrsverbot . Drucksache 7/4191 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 6 5. Wie viele Menschen infizierten sich in den Jahren 2009 bis 2019 mit antibiotikaresistenten Erregern aus der Tierhaltung (bitte nach Erregern und Jahren aufschlüsseln)? Der Landesregierung liegt kein Datenmaterial im Sinne der Fragestellung vor. Eine Aufschlüsselung von Infektionen mit antibiotikaresistenten Erregern aus der Tierhaltung nach Erregern und Jahren ist daher nicht möglich. 6. Kann eine flächendeckende Kontrolle der Nutztierbestände auf Antibiotikaresistenzen in Mecklenburg-Vorpommern abgesichert werden? Wenn ja, wie und wer ist für diese Kontrollen zuständig? Eine regelmäßige und koordinierte Kontrolle der Nutztierbestände hinsichtlich antibiotikaresistenter Bakterien erfolgt im Rahmen des Nationalen Zoonosen-Monitorings, das auf den Vorgaben der Richtlinie 2003/99/EG basiert. Übergreifendes Ziel ist es, eine umfassende Bewertung der Entwicklungstendenzen von Zoonosen und Zoonoseerregern einschließlich Antibiotikaresistenzen sowie der Quellen von Erkrankungen des Menschen vornehmen zu können. Die Bundesländer entnehmen die Proben nach den Vorgaben des bundesweit gültigen Zoonosen -Stichprobenplans, der vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Abstimmung mit den Bundesländern jährlich neu erstellt wird. Er enthält konkrete Vorgaben über die zu untersuchenden Zoonoseerreger, die zu überwachenden Tierpopulationen, die zu überwachenden Stufen der Lebensmittelkette, die Anzahl der zu untersuchenden Proben, die Probenahmeverfahren und die anzuwendenden Analyseverfahren . Die Bundesländer, das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) und das Robert Koch Institut (RKI) können Vorschläge zum Stichprobenplan machen. Die Zuordnung der Probenzahlen zu den Bundesländern erfolgt für die Ebene der Erzeugerbetriebe nach der Zahl der gehaltenen Tiere beziehungsweise der Haltungsplätze für die betreffende Tierart, für die Schlachthofebene anteilig nach den Schlachtzahlen und für den Bereich des Einzelhandels anteilig nach der Bevölkerungszahl. Zuständig für die Entnahme der Proben in Mecklenburg-Vorpommern sind die Landkreise und kreisfreien Städte. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/4191 7 7. Was plant die Landesregierung, um in Zukunft Antibiotikaresistenzen auf ein Minimum einzudämmen und die Übertragung auf den Menschen zu verhindern? Zum 1. Juli 2014 trat das Antibiotikaminimierungskonzept der 16. Arzneimittelgesetz-Novelle in Kraft, mit dem erstmalig bundesweit - anhand der Größe „Therapiehäufigkeit“ - der Einsatz von Antibiotika in Masttierhaltungen erhoben wurde und wird. Gleichzeitig wurde es nun möglich , Betriebe mit besonders hohen Therapiehäufigkeiten zu detektieren und die Tierhalter zu Maßnahmen im Sinne der Antibiotikaminimierung zu verpflichten. Die in diesem Jahr stattgefundene Evaluierung dieses neuen, gesetzlich verankerten Antibiotikaminimierungskonzeptes bestätigte, dass Erfolge bei der Reduktion des Einsatzes von Antibiotika in Masttierhaltungen erreicht wurden. Die Evaluierung zeigte aber auch, dass diese Erfolge bei den einbezogenen Tierarten unterschiedlich ausgeprägt waren (sehr gute Erfolge in der Mastschweinehaltung - weniger ausgeprägte Erfolge in der Geflügelmast). Die Auswertung der Therapiehäufigkeiten in Mecklenburg-Vorpommern bestätigte diese Entwicklung auch für unser Bundesland. Maßnahmen zur weiteren Antibiotikaminimierung in Tierhaltungen: Mecklenburg-Vorpommern beteiligt sich an der Projektgruppe der Länder zur kurzfristigen Verbesserung und weiteren Ausgestaltung des Antibiotikaminimierungskonzepts auf der Grundlage des Arzneimittelgesetzes. Mecklenburg-Vorpommern arbeitet in der Arbeitsgruppe Tierarzneimittel der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz an der Neuausgestaltung des Tierarzneimittelrechts im Zusammenhang mit dem Geltungsbeginn der VO (EU) 2019/6 mit. Die Landesregierung wird erneut das Gespräch mit der Geflügelwirtschaft Mecklenburg- Vorpommern suchen, um Maßnahmen zur weiteren Antibiotikaminimierung zu vereinbaren. (Bereits in den Jahren 2012 bis 2014 gab es in Mecklenburg-Vorpommern eine Initiative der Landesregierung zur Antibiotikaminimierung in der Geflügelwirtschaft.)