Der Minister für Inneres und Europa hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 11. April 2017 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/439 7. Wahlperiode 13.04.2017 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Prof. Dr. Ralph Weber, Fraktion der AfD In Mecklenburg-Vorpommern geborene Kinder ohne Geburtsurkunde und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Jede Geburt in Deutschland wird personenstandsrechtlich erfasst. Die Beurkundung der Geburt besteht aber nicht in der Ausstellung der Geburtsurkunde, sondern in der Eintragung in das Geburtenregister des Standesamtes. Das Standesamt kann die Beurkundung kurzzeitig zurückstellen, wenn erforderliche Angaben oder Nachweise fehlen. Hierüber kann dem Anzeigenden eine Bescheinigung ausgestellt werden (§ 7 Personenstandsverordnung - PStV). Können auch nach Sachverhaltsermittlung durch den Standesbeamten die Angaben nicht ergänzt werden, ist die Beurkundung ohne diese Angaben vorzunehmen. Werden dem Standesamt keine geeigneten Nachweise zu den Angaben der Eltern (beispielsweise Reisepass) vorgelegt, wird hierüber der erläuternde Zusatz „Identität nicht nachgewiesen“ im Geburtseintrag aufgenommen. Solange dieser Zusatz besteht, dürfen aus diesem Geburtseintrag keine Geburtsurkunden ausgestellt werden. Stattdessen kann als Nachweis der Geburtsbeurkundung ein beglaubigter Registerausdruck gefertigt werden (§ 35 Absatz 1 PStV). Aus diesem ist dann ersichtlich, welche der Angaben nicht nachgewiesen wurden. Kann die Mutter aufgrund fehlender Heiratsurkunde ihren Personenstand nicht nachweisen oder ist aufgrund fehlender Identitätspapiere die Zuordnung einer vorgelegten Heiratsurkunde nicht möglich, können ausschließlich die Angaben der Mutter in den Geburtseintrag aufgenommen werden. Zum Vater erfolgt in einem solchen Fall keine Eintragung, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Mutter mit einem anderen Mann verheiratet ist, der dann allein wegen der bestehenden Ehe gemäß § 1592 des Bürgerlichen Gesetzbuches kraft Gesetzes Vater des Kindes wäre. Drucksache 7/439 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Es ist durch die Medien bekannt geworden, dass ein Teil der in Deutschland geborenen Kinder keine Geburtsurkunde erhält. Zwar ist gemäß § 20 Personenstandsgesetz bei Geburten in Krankenhäusern oder sonstigen Einrichtungen, in denen Geburtshilfe geleistet wird, der Träger der Einrichtung zur Anzeige der Geburt beim Standesamt verpflichtet. Damit erfolgt an sich auch automatisch eine Eintragung ins Geburtsregister . Wollen die Eltern sich dann allerdings eine Geburtsurkunde für ihr Kind ausstellen lassen, können Probleme auftreten, wenn die Eltern des Neugeborenen auf dem Standesamt ihre statusbegründenden Papiere, wie insbesondere einen gültigen Ausweis oder die Heiratsurkunde nicht vorlegen können. So wird bei Nichtvorliegen der Heiratsurkunde nur der Name der Mutter in die Geburtsurkunde eingetragen und eine solche bei fehlenden Ausweispapieren der Eltern nicht oder nur sehr verzögert ausgestellt. Oftmals wird dadurch auch der Zugang zu den an sich gesetzlich vorgeschriebenen Vorsorgeuntersuchungen erschwert oder ganz ausgeschlossen . 1. Welche Möglichkeiten haben Eltern, die beim Standesamt die erforderlichen Papiere nicht vorlegen können, eine Geburtsurkunde zu erhalten? Sofern die Identität der Eltern nicht nachgewiesen werden kann, dürfen keine Geburtsurkunden ausgestellt werden. Stattdessen kann ein beglaubigter Registerausdruck beantragt werden (§ 35 PStV). Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. 2. Haben Kinder, für die keine Geburtsurkunde ausgestellt wurde, in Mecklenburg-Vorpommern Zugang zu Vorsorgeuntersuchungen und Schutzimpfungen? Ja. Als Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung wie beispielsweise Vorsorgeuntersuchungen und Schutzimpfungen sowie bei der Abrechnung mit den Leistungserbringern dient die von der Krankenkasse für jeden Versicherten ausgestellte elektronische Gesundheitskarte (§ 291 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V). Kinder sind in der Regel familienversichert. Die Meldepflichten der Mitglieder der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) zur Durchführung der Familienversicherung ergeben sich aus § 10 Absatz 6 SGB V, der diese verpflichtet, die Familienversicherten mit den für die Durchführung der Versicherung notwendigen Angaben an die zuständige Krankenkasse zu melden. Dies erfolgt auf der Grundlage der vom GKV-Spitzenverband beschlossenen „Einheitlichen Grundsätze zum Meldeverfahren bei der Durchführung der Familienversicherung “. Danach hat das Mitglied die notwendigen Angaben bei Beginn der Familienversicherung unverzüglich mit einem entsprechenden Vordruck (Fragebogen für die Aufnahme in die Familienversicherung) der zuständigen Krankenkasse mitzuteilen. Die Vorlage eines Abstammungsnachweises ist nur erforderlich, wenn die Kinder einen anderen Namen als das Krankenkassenmitglied haben. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/439 3 In § 22 des Bundesmantelvertrages-Ärzte ist geregelt, dass Versicherte mit Anspruch auf Früherkennungsmaßnahmen diesen durch Vorlage der elektronischen Gesundheitskarte oder durch Vorlage eines Anspruchsnachweises nachweisen. Für die erste Untersuchung nach den Richtlinien über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern (U1) erfolgt die Abrechnung danach auf einem mit der elektronischen Gesundheitskarte eines Elternteils ausgestellten Abrechnungsschein. Diese Regelung gilt ebenfalls für die zweite Untersuchung (U2), wenn zum Zeitpunkt der Untersuchung noch keine elektronische Gesundheitskarte für das Kind vorliegt. Die Dokumentation der Befunde zu den Untersuchungen erfolgt in der Patientenakte und im gelben Untersuchungsheft für Kinder. Da die U1 unmittelbar innerhalb der ersten 30 Minuten nach der Geburt des Kindes durchgeführt werden soll, erhalten die Eltern kurz nach der durchgeführten U1 das gelbe Untersuchungsheft mit einer Elterninformation zur Neugeborenen -Erstuntersuchung. Damit ist gewährleistet, dass auch alle weiteren Untersuchungen beim Kinderarzt wahrgenommen werden können, sofern denn eine Krankenversicherung nachgewiesen werden kann. Anspruch auf Schutzimpfungen haben ebenfalls alle krankenversicherten Kinder. Die Dokumentation der durchgeführten Impfungen erfolgt im Impfausweis, der von den Impfärzten ausgestellt wird. Bei den Gesundheitsämtern der Landkreise und der kreisfreien Städte werden auch Impfungen ohne Vorlage der elektronischen Versichertenkarte vorgenommen. Die zu impfenden Personen müssen jedoch Angaben zu ihrem Versicherungsstatus (GKV, Private Krankenversicherung oder Asyl) machen. Solange die Eltern aufgrund ihres Aufenthaltsstatus noch nicht gesetzlich krankenversichert sind, erhalten sie Leistungen nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes, die auch Vorsorgeuntersuchungen und Schutzimpfungen umfassen. 3. Liegen der Landesregierung konkrete Zahlen oder wenigstens Schätzungen vor, wie viele der in Mecklenburg-Vorpommern geborenen Kinder derzeit nicht über eine Geburtsurkunde verfügen? Nein. Gemäß § 62 Absatz 1 des Personenstandsgesetzes werden Personenstandsurkunden auf Antrag erteilt. Es besteht keine Verpflichtung, eine Geburtsurkunde zu beantragen. Eine Erhebung der Zahl von Kindern, die nicht über eine Geburtsurkunde verfügen, erscheint vor diesem Hintergrund nicht sinnvoll und wird daher auch nicht vorgenommen.