Der Minister für Landwirtschaft und Umwelt hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 16. Mai 2017 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/505 7. Wahlperiode 17.05.2017 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Dr. Wolfgang Weiß, Fraktion DIE LINKE Umsetzung des Gerichtsurteils zur Sauen-Haltung in Kastenständen in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Gemäß nationaler tierschutzrechtlicher Mindestanforderungen - sind Jungsauen und Sauen im Zeitraum von über vier Wochen nach dem Decken bis eine Woche vor dem voraussichtlichen Abferkeltermin in der Gruppe zu halten, - ist die Einzelhaltung von Jungsauen und Sauen ab einer Woche vor dem voraussichtlichen Abferkeltermin bis zum Absetzen zulässig, - ist die Einzelhaltung von Jungsauen und Sauen während der Zeit nach dem Absetzen bis vier Wochen nach dem Decken zulässig. Erfolgt die Einzelhaltung während der Zeit nach dem Absetzen bis vier Wochen nach dem Decken in sogenannten „Kastenständen“, müssen diese so beschaffen sein, dass die Schweine sich nicht verletzen können und jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen sowie den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann (§ 24 Absatz 4 Tierschutz- Nutztierhaltungsverordnung). Das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) Magdeburg (3 L 386/14) vom 14.11.2015 legt unter anderem § 24 Absatz 4 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) aus. Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes (3 B 11/16) vom 08.11.2016 bestätigt dieses Urteil des OVG Magdeburg. Drucksache 7/505 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 In den meisten konventionell wirtschaftenden Schweinezuchtbetrieben in Mecklenburg-Vorpommern werden Zuchtsauen während der Trächtigkeit und Säugezeit in Kastenständen gehalten. Während der Trächtigkeit sollen so Rangkämpfe von Sauen unterbunden werden, welche aufgrund der geringen Platzverhältnisse pro Tier immer wieder ausgetragen werden und die Besamungserfolgsquote mindern. In der Abferkelbucht soll der Kastenstand verhindern, dass Ferkel durch die Sauen erdrückt werden. Ziel ist eine geringere Mortalität der Ferkel. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte am 08.11.2016 die Regelungen des Tierschutzgesetzes zur Größe der Kastenstände. Damit ist eine Kastenstandhaltung unzulässig, bei der ein Schwein seine Gliedmaßen in einen benachbarten Kastenstand hineinstrecken müsste, um sich hinzulegen. 1. Wie bewertet die Landesregierung das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes? Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung aus dem Urteil für die Schweinehaltung in Mecklenburg-Vorpommern? Das Bundesverwaltungsgericht hat ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg bestätigt, wonach in einem Kastenstand gehaltenen Sauen die Möglichkeit eröffnet sein muss, jederzeit ungehindert aufzustehen, sich hinzulegen sowie den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken zu können. Das Urteil ist damit rechtskräftig. Es obliegt der Landesregierung nicht, richterliche Entscheidungen zu bewerten. Bund und Länder wollen bei der Umsetzung des Urteils einheitlich vorgehen. Zu dem Zweck führt eine Arbeitsgruppe der Länder Beratungen mit dem Bund. Die Länder streben mehrheitlich, darunter auch Mecklenburg-Vorpommern, eine Änderung der Tierschutz- Nutztierhaltungsverordnung mit dem Ziel an, bei Neu- und Umbauten die Sauenhaltung nur noch in Gruppen zuzulassen und dabei - dem „dänischen Modell“ folgend - die Einzelhaltung in Besamungsständen auf wenige Tage um den Zeitpunkt der Rausche zu begrenzen. In der Übergangszeit sollen für die Sauenhalter wirtschaftlich tragfähige und gleichzeitig tiergerechte Lösungen vorgesehen werden. Mecklenburg-Vorpommern unterstützt einen entsprechenden Beschluss der Agrarministerkonferenz vom 31.03.2017. 2. Wie viele Sauen in wie vielen Betrieben werden in Kastenständen in Mecklenburg-Vorpommern gehalten (bitte nach Landkreisen und in Jahresscheiben von 2006 bis 2016 absolut und prozentual darstellen)? Laut Bericht des Statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern „Viehwirtschaft und tierische Erzeugung - Viehbestände in Mecklenburg-Vorpommern“ vom 3. November 2016 (StatA MV, Statistischer Bericht C313 2016 22) werden in Mecklenburg-Vorpommern aktuell 91.911 Zuchtsauen in 81 Betrieben gehalten. Die Haltungssysteme für die Tiere werden in den Berichten des Statistischen Amtes nicht erfasst. Es liegen der Landesregierung daher keine statistischen Angaben zur Anzahl der Zuchtsauen vor, die im Deckzentrum in Kastenständen gehalten werden. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/505 3 Es kann lediglich die Anzahl der in den Jahren 2012 bis 2016 in den jeweiligen Landkreisen /kreisfreien Städten insgesamt gehaltenen Sauen dargestellt werden. Hierzu wird auf die nachfolgende Tabelle verwiesen. Tabelle: Anzahl der in den Landkreisen gehaltenen Sauen Quelle: Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern Zeichenerklärung des Statistischen Amtes: - nichts vorhanden . Zahlenwert unbekannt oder geheim zu halten Weitere Daten der Landkreise/kreisfreien Städte für deren Zuständigkeit vor Inkrafttreten der Kreisgebietsreform sind den veröffentlichten Berichten des Statistischen Landesamtes zu entnehmen. 3. Wie viele Kontrollen wurden in den Schweine haltenden Betrieben mit Kastenstandhaltung in Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt (bitte nach Landkreisen und in Jahresscheiben von 2006 bis 2016 darstellen)? Für die kontrollpflichtigen Betriebe liegt keine Gliederung nach Haltungssystemen vor. Somit lässt sich nicht feststellen, wie viele der beispielsweise im Jahr 2016 kontrollpflichtigen 1134 Betriebe in ihren Haltungssystemen auch Kastenstände verwenden. Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 4. Sind bei diesen Kontrollen Verstöße gegen die Bestimmungen des Tierschutzgesetzes zur Größe der Kastenstände festgestellt worden? Wenn ja, bitte nach Landkreisen und in Jahresscheiben von 2006 bis 2016 darstellen? Die Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter berichten dem Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt entsprechend der Entscheidung der Europäischen Kommission (2006/778/EG) über Mindestanforderungen an die Erfassung von Informationen bei Kontrollen von Betrieben, in denen bestimmte landwirtschaftliche Nutztiere gehalten werden. Jahr Landkreis/kreisfreie Städte 2016 2015 2014 2013 2012 kreisfreie Städte . . - - - Mecklenburgische Seenplatte 11.458 12.399 12.102 16.587 13.575 Landkreis Rostock 19.904 19.214 20.498 20.290 20.781 Vorpommern-Rügen . . 3.128 3.658 3.772 Nordwest-Mecklenburg 9.419 9.576 13.270 11.327 12.768 Vorpommern-Greifswald 22.129 19.708 15.099 22.553 20.393 Ludwigslust-Parchim 24.502 22.881 26.552 26.059 26.347 Summe 91.911 87.933 90.649 100.474 97.636 Drucksache 7/505 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 In diesem Rahmen wird jährlich über die Anzahl der tierschutzrechtlich durchgeführten Kontrollen und die Anzahl der Verstöße zu übergeordneten Begriffen berichtet. Verstöße werden dabei bestimmten Kriterien zugeordnet. Das sind zum Beispiel Personal, Bewegungsfreiheit, Dokumentation, Gebäude und Unterbringung oder Böden. Eine weitergehende Differenzierung der Beanstandungsgründe ist nicht vorgegeben. Es erfolgt keine gesonderte Erfassung von Beanstandungsgründen nach den Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. Zur Beantwortung diesbezüglicher Fragen bedürfte es daher einer konkreten Abfrage bei den zuständigen Behörden. Dort wäre eine Einzelfallprüfung aller Kontrollen der zurückliegenden Jahre jeweils zu den erfragten Sachverhalten erforderlich, was einen erheblichen Zeitaufwand bedeuten würde und im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage nicht zu leisten wäre. Allein für die Jahre 2012, 2013, 2014, 2015 und 2016 waren 1.739, 1.568, 1.592, 1.474 beziehungsweise 1.134 Betriebe kontrollpflichtig. Davon wurden 157, 267, 212, 151 beziehungsweise 154 Betriebe kontrolliert. Im Kontrolljahr 2016 wurde dabei ein Verstoß gegen das Kriterium „Bewegungsfreiheit“ festgestellt; die Abstellung des Mangels wurde angeordnet, die Durchführung der Maßnahme kontrolliert. 5. Gab es zwischen 2006 und 2016 Auflagen für Schweine haltende Betriebe, zu schmale Kastenstände um- bzw. abzubauen? Ja, in den Landkreisen ergingen tierschutzrechtliche Anordnungen aufgrund zu schmaler Kastenstände. Sofern ein Tierhalter Sauen hält, deren durchschnittliche Körpermaße im Vergleich zu den in den Vorjahren gehaltenen Tieren größer geworden sind, ist er verpflichtet, auf diese Veränderungen entsprechend zu reagieren und die tierschutzkonforme Gestaltung der Haltungseinrichtung zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang notwendige behördliche Anordnungen treffen die Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter in jedem Einzelfall. 6. Gab es in den letzten drei Jahren Hinweise an die zuständigen Behörden oder Anzeigen wegen Verstößen gegen Schweine haltende Betriebe wegen zu geringer Kastenstandgrößen? Wenn ja, wie viele dieser angezeigten Verstöße müssten nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts erneut geprüft und bewertet werden? In den letzten drei Jahren gingen keine Hinweise oder Anzeigen wegen zu geringer Kastenstandgrößen bei den zuständigen Behörden ein. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/505 5 7. Plant das Land ein Förderprogramm zur Schaffung von rechtskonformen Kastenständen, um Schweine haltenden Betrieben den Ausstieg aus der Kastenstandhaltung zu erleichtern? Stallbauten und -modernisierungen in der Sauenhaltung sind als langlebige Investitionen nach dem Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP) förderfähig. Soweit also geplante Stallmodernisierungen zum Ausstieg aus der bisher rechtlich zulässigen Kastenstandhaltung führen und die übrigen Förderbedingungen (zum Beispiel Bodengebundenheit maximal zwei Großvieheinheiten pro Hektar (GV/ha), Erfüllung besonders tierartgerechter baulicher Anforderungen) eingehalten werden, kann schon heute mit einer AFP-Förderung unterstützt werden.