Der Minister für Inneres und Europa hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 22. Mai 2017 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/515 7. Wahlperiode 24.05.2017 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Holger Arppe, Fraktion der AfD Kirchenasyl in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung In der Antwort auf die Kleine Anfrage auf Drucksache 7/349 hat die Landesregierung von 32 Personen berichtet, die sich zum Stichtag 14. März 2017 im Kirchenasyl befanden. Der Aufenthaltsstatus dieser Personen war als „vollziehbar ausreisepflichtig“ festgestellt worden. 1. Wie viele der sich gegenwärtig im Kirchenasyl befindlichen Personen in Mecklenburg-Vorpommern müssten nach der Dublin-III- Verordnung in einen zuständigen Mitgliedsstaat rücküberstellt werden? a) Seit wann befinden sich diese Personen im Kirchenasyl? b) Wie viele Überstellfristen im Rahmen des Dublin-Verfahrens wurden seit 2010 durch praktiziertes Kirchenasyl systematisch überschritten? c) In wie vielen Fällen des Kirchenasyls seit 2010 haben Einzelfallprüfungen begründbare besondere Härten aufgeführt, sodass eine Rücküberstellung zu revidieren war? Mit Stand vom 2. Mai 2017 befinden sich 58 Personen in Mecklenburg-Vorpommern im Kirchenasyl, für die nach der Dublin-III-Verordnung ein anderer Mitgliedstaat zuständig ist. Drucksache 7/515 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Zu a) Folgender Tabelle kann entnommen werden, seit wann sich diese Personen im Kirchenasyl befinden: Kirchenasyl seit Anzahl Personen: August 2016 1 Oktober 2016 6 November 2016 9 Dezember 2016 10 Januar 2017 1 Februar 2017 1 März 2017 13 April 2017 17 Zu b) Die erfragte Angabe wird in den Ausländerbehörden und in dem Landesamt für innere Verwaltung statistisch nicht erfasst. Für eine Beantwortung müssten händisch alle seit 2010 gemeldeten Kirchenasyle konkret auf die Überschreitung der Überstellungsfrist hin überprüft werden. Darüber hinaus wäre der Arbeitsaufwand für eine solche Erfassung so hoch, dass er mit der sich aus Artikel 40 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Landes Mecklenburg- Vorpommern ergebenden Pflicht zur unverzüglichen Beantwortung Kleiner Anfragen nicht zu vereinbaren wäre. Zu c) Die erfragten Angaben liegen der Landesregierung nicht vor, da die Einzelfallprüfungen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vorgenommen werden. Unter Hinweis auf die sehr hohe Arbeitsbelastung im Bundesamt angesichts der gestiegenen Asylzugänge hat das BAMF gegenüber dem anfragenden Ministerium für Inneres und Europa von einem Beitrag zur Beantwortung der Kleinen Anfrage abgesehen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/515 3 2. Wie viele der sich gegenwärtig im Kirchenasyl befindlichen Personen in Mecklenburg-Vorpommern sind aus anderen Gründen als der Dublin-III-Verordnung vollziehbar ausreisepflichtig? Seit wann befinden sich diese Personen im Kirchenasyl? Gegenwärtig befinden sich sechs Personen im Kirchenasyl, die aus anderen Gründen als der Dublin-III-Verordnung vollziehbar ausreisepflichtig sind. Folgender Tabelle kann entnommen werden, seit wann sich diese Personen im Kirchenasyl befinden: Kirchenasyl seit Anzahl Personen: März 2016 1 September 2016 4 November 2016 1 Darüber hinaus befindet sich derzeit eine Person im Kirchenasyl, deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Diese ist somit nicht vollziehbar ausreisepflichtig. 3. Welche Kosten entstehen durch die sich im Kirchenasyl befindlichen Personen für das Land Mecklenburg-Vorpommern? Bei Personen, die sich ins Kirchenasyl begeben, handelt es sich ganz überwiegend um zunächst Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG). Sie hätten allerdings grundsätzlich nur Anspruch auf die eingeschränkten Leistungen nach § 1a Absatz 2 und Absatz 3 AsylbLG (reduziertes physisches Existenzminimum ). Unter Beachtung des Nachranggrundsatzes in § 8 Absatz 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes ist in jedem Einzelfall konkret festzustellen, welche Leistungen die Kirche der schutzsuchenden Person zukommen lässt, denn Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz werden nicht gewährt, soweit der erforderliche Lebensunterhalt (sämtliche durch Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu deckende Bedarfslagen) anderweitig gedeckt wird. Wird der erforderliche Lebensunterhalt ganz oder teilweise anderweitig gedeckt, scheidet die Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz aus. In der deutschen Rechtsordnung findet sich eine Anerkennung des Kirchenasyls nicht. Allerdings wird die Tradition des Kirchenasyls von der Bundesregierung (Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE, Bundestagsdrucksache 18/9894) und auch von der Landesregierung Mecklenburg- Vorpommern respektiert. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und Vertreter der Kirchen haben im Februar 2015 übereinstimmend festgehalten, dass das Kirchenasyl kein eigenständiges, neben dem Rechtsstaat stehendes Institut ist, sich jedoch als christlichhumanitäre Tradition etabliert hat. Vor dem Hintergrund dieser staatlichen Tolerierung des Kirchenasyls kann davon ausgegangen werden, dass die Kirche bei Übernahme einer Person ins Kirchenasyl jedenfalls im Wege der Billigkeit und der Interessengerechtigkeit die Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körperpflege trägt. Drucksache 7/515 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Eine medizinische Versorgung von Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 des Asylbewerberleistungsgesetzes schließt das Asylbewerberleistungsgesetz auch für Personen im Kirchenasyl nicht aus. Diese könnten, wenn nicht die Kirchen sie tragen, letztlich Kosten beim Land verursachen. 4. Wie lautet die aktuelle Zahl der Personen, die gegenwärtig Kirchenasyl in Mecklenburg-Vorpommern genießen? Derzeit befinden sich in Mecklenburg-Vorpommern 65 Personen im Kirchenasyl.