Der Minister für Landwirtschaft und Umwelt hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 2. Juni 2017 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/550 7. Wahlperiode 07.06.2017 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Beate Schlupp, Fraktion der CDU Möglichkeiten der Veränderung bei der Zuordnung zu den Anhängen der Flora- Fauna-Habitat-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie und ANTWORT der Landesregierung 1. Trifft es zu, dass gemäß Artikel 19 der FFH-Richtlinie die Änderungen, die zur Anpassung der Anhänge I, II, III und VI an den technisch und wissenschaftlichen Fortschritt erforderlich sind, vom Rat auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden können? Gibt es zusätzliche Regelungen? Die Aussage ist zutreffend. Weitere Regelungen zur Beschlussfassung des Rates mit qualifizierter Mehrheit sowie zu den Modalitäten für die Abstimmung mit dieser Mehrheit finden sich in Artikel 16 Absatz 3 und 4 des Vertrages über die Europäische Union und in Artikel 238 Absatz 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Drucksache 7/550 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 2. Trifft es zu, dass die Änderung zur Anpassung des Anhangs IV der FFH-Richtlinie an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt vom Europäischen Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig beschlossen werden kann? Gibt es zusätzliche Regelungen? Die Aussage ist nur zum Teil zutreffend. Das Beschlussorgan für die Änderung der Anhänge der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) ist nicht der Europäische Rat (Gremium der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union), sondern der Rat der Europäischen Union (auch Ministerrat genannt). Der Europäische Rat ist nicht an der alltäglichen Rechtsetzung der Europäischen Union beteiligt, sondern dient als übergeordnete Institution dazu, die entscheidenden Kompromisse zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten zu finden und Impulse für die weitere Entwicklung der Europäischen Union zu setzen. Es trifft zu, dass gemäß Artikel 19 Satz 2 der FFH-Richtlinie die Änderungen, die zur Anpassung des Anhangs IV der FFH-Richtlinie an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt erforderlich sind, vom Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig beschlossen werden. Zusätzliche Regelungen sind der Landesregierung nicht bekannt. 3. Inwieweit kann „wissenschaftlicher Fortschritt“ beim Kormoran beispielsweise als Nachweis des Überschreitens der „fischereitwirtschaftlichen Belastungsgrenze“ sowohl für die Küsten- als auch die Binnengewässer interpretiert werden? Es wird davon ausgegangen, dass neben fortschreitenden wissenschaftlichen Erkenntnissen bezüglich der Bestands- und Gefährdungssituation auch die Frage der Schadenssituation verstärkt Eingang in die Gesamtbetrachtung finden kann. 4. Trifft es zu, dass eine Region eines Mitgliedstaates (Bundesland) an die Europäische Kommission das Anliegen, eine Veränderung bei den Anhängen herbeizuführen, vortragen kann? Regionen eines Mitgliedstaates (Bundesland) sind nicht die richtigen Ansprechpartner für die Europäische Kommission. Der Mitgliedstaat als solcher tritt gegenüber der Europäischen Kommission auf. An Rechtsetzungsakten der Europäischen Union wirkt gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes die Bundesregierung mit, nachdem sie zuvor dem Bundestag Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Gemäß Artikel 23 Absatz 4 des Grundgesetzes ist der Bundesrat an der Willensbildung des Bundes zu beteiligen, soweit er an einer entsprechenden innerstaatlichen Maßnahme mitzuwirken hätte oder soweit die Länder innerstaatlich zuständig wären. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 5 und 6 verwiesen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/550 3 5. Inwieweit sieht die Landesregierung Möglichkeiten, die Übertragung des Bibers aus dem Anhang IV der FFH-Richtlinie in den Anhang V zu beantragen? 6. Inwieweit sieht die Landesregierung die Möglichkeit, den Kormoran aus der Anlage 1 der Vogelschutzrichtlinie in die Anlage 2a oder 2b zu überführen? Die Fragen 5 und 6 werden zusammenhängend beantwortet. Ein entsprechender Antrag müsste von der Landesregierung über die Bundesregierung an die Europäische Kommission herangetragen werden. Ob die Europäische Kommission ein Verfahren zur Anpassung der Anhänge IV und V der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie) einleiten würde, vermag die Landesregierung nicht zu prognostizieren. Der Kormoran ist seit mehreren Jahren nicht mehr im Anhang I der Vogelschutzrichtlinie gelistet. Ob die Europäische Kommission auf Antrag der Bundesregierung ein Verfahren zur Aufnahme des Kormorans in den Anhang II Teil A oder Teil B einleiten würde, vermag die Landesregierung ebenfalls nicht zu prognostizieren. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat sich zuletzt im Rahmen der Agrarministerkonferenz am 31. März 2017 in Hannover unter TOP 38 „Umgang mit geschützten Arten“ entsprechend positioniert und den Bund gebeten, sich für eine Überprüfung der Zuordnung des Kormorans zu Anhang II der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 2009/147/EG vom 30. November 2009) beziehungsweise für Wolf und Biber für eine Veränderung der Einstufung von Anhang IV in Anhang V der FFH-Richtlinie einzusetzen. 7. In Artikel 9 Absatz 1 der Vogelschutzrichtlinie wird ausgeführt, dass Ausnahmen von den vorab genannten Bestimmungen zur Abwendung erheblicher Schäden an Wäldern, Fischereigebieten und Gewässern sowie zum Schutz der Pflanzen- und Tierwelt möglich sind. Wie bewertet die Landesregierung diese Möglichkeit hinsichtlich der Reduzierung des Kormoranbestandes? Die in Artikel 9 Absatz 1 der Vogelschutzrichtlinie genannten Möglichkeiten finden im Ergebnis der Umsetzung in nationales Recht ihre Entsprechung in § 45 Absatz 7 des Bundesnaturschutzgesetzes . § 45 Absatz 7 BNatSchG eröffnet die Möglichkeit, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen Ausnahmen von den Verboten des § 44 des Bundesnaturschutzgesetzes (Zugriffsverbote) zuzulassen. Von diesen Möglichkeiten wird hinsichtlich der Art Kormoran gegenwärtig auf dem Wege der Kormoranverordnung vom 5. Juli 2012 (GVOBl. M-V S. 310) sowie auf dem Wege weiterer Ausnahmegenehmigungen zum Abschuss von Kormoranen an Fischteichanlagen Gebrauch gemacht.