Der Minister für Landwirtschaft und Umwelt hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 24. Mai 2017 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/567 7. Wahlperiode 30.05.2017 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Ralf Borschke, Fraktion der AfD Rückgang der Vogelpopulation in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung 1. Welche in Mecklenburg-Vorpommern heimischen Vogelarten sind seit 1950 hierzulande ausgestorben? Gemäß der Roten Liste der Brutvögel Mecklenburg-Vorpommerns (RL Brutvögel M-V), 3. Fassung, Stand Juli 2014, sind nachfolgend aufgeführte Vogelarten seit 1950 in Mecklenburg-Vorpommern ausgestorben. Die angegebene Jahreszahl entspricht dem Jahr des jeweiligen letzten Brutnachweises. Triel Burhinus oedicnemus Mitte 1950er Jahre Blauracke Coracias garrulus 1961 Birkhuhn Tetrao tetrix 1966 Großtrappe Otis tarda 1982 Steinkauz Athene noctua 1995 Seggenrohrsänger Acrocephalus paludicola 1997 Drucksache 7/567 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 2. Welche hier heimischen Vogelarten befinden sich einem kritischen Zustand, welcher kurz- bis mittelfristig den Erhalt der Art gefährdet? Der Fragestellung können insbesondere diejenigen Arten zugeordnet werden, die gemäß der RL Brutvögel M-V in der Kategorie 1 „Vom Aussterben bedroht“ aufgeführt sind. Dies betrifft folgende Arten: Spießente Anas acuta Moorente Aythya nyroca Mittelsäger Mergus serrator Zwergdommel Ixobrychus minutus Schwarzstorch Ciconia nigra Schreiadler Aquila pomarina Kornweihe Circus cyaneus Wiesenweihe Circus pygargus Großer Brachvogel Numenius arquata Bekassine Gallinago gallinago Flussuferläufer Actitis hypoleucos Sandregenpfeifer Charadrius hiaticula Seeregenpfeifer Charadrius alexandrinus Uferschnepfe Limosa limosa Kampfläufer Philomachus pugnax Alpenstrandläufer Calidris alpina Trauerseeschwalbe Chlidonias niger Brandseeschwalbe Sterna sandvicensis Küstenseeschwalbe Sterna paradisaea Sumpfohreule Asio flammeus Ziegenmelker Caprimulgus europaeus Steinschmätzer Oenanthe oenanthe Brachpieper Anthus campestris. 3. Welche Arten verzeichnen seit 1990 einen besonders hohen Rückgang der Population? Welche Arten sind in ihrer Population stark angewachsen? Gemäß der RL Brutvögel M-V weisen folgende Arten einen sehr starken Bestandsrückgang (>50 Prozent in den vergangenen 10 bis 25 Jahren; Symbol „vvv“) beziehungsweise einen starken Bestandsrückgang (>20 Prozent Abnahme in den vergangenen 10 bis 25 Jahren, Symbol „vv“) auf: Art (deutsch) Art (wissenschaftlich) Bestandstrend 10-25 Jahre 1 Alpenstrandläufer Calidris alpina vvv 2 Bachstelze Motacilla alba vv 3 Baumpieper Anthus trivialis vvv Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/567 3 Art (deutsch) Art (wissenschaftlich) Bestandstrend 10-25 Jahre 4 Bekassine Gallinago gallinago vv 5 Blässralle Fulica atra vv 6 Bluthänfling Carduelis cannabina vvv 7 Brachpieper Anthus campestris vv 8 Brandseeschwalbe Sterna sandvicensis vvv 9 Braunkehlchen Saxicola rubetra vv 10 Feldlerche Alauda arvensis vvv 11 Feldschwirl Locustella naevia vvv 12 Feldsperling Passer montanus vvv 13 Fitis Phylloscopus trochilus vvv 14 Gartenbaumläufer Certhia brachydactyla vv 15 Gartenrotschwanz Phoenicurus phoenicurus vv 16 Gimpel Pyrrhula pyrrhula vv 17 Goldammer Emberiza citrinella vv 18 Haubenlerche Galerida cristata vvv 19 Haubenmeise Parus cristatus vv 20 Hausrotschwanz Phoenicurus ochruros vv 21 Haussperling Passer domesticus vvv 22 Heckenbraunelle Prunella modularis vvv 23 Kampfläufer Philomachus pugnax vvv 24 Kiebitz Vanellus vanellus vv 25 Klappergrasmücke Sylvia curruca vv 26 Kleinspecht Dendrocopos minor vv 27 Kornweihe Circus cyaneus vvv 28 Kuckuck Cuculus canorus vv 29 Küstenseeschwalbe Sterna paradisaea vv 30 Lachmöwe Larus ridibundus vv 31 Mehlschwalbe Delichon urbica vv 32 Mittelsäger Mergus serrator vvv 33 Neuntöter Lanius collurio vv 34 Rauchschwalbe Hirundo rustica vv 35 Rebhuhn Perdix perdix vvv 36 Rohrammer Emberiza schoeniclus vvv 37 Rotmilan Milvus milvus vv 38 Saatkrähe Corvus frugilegus vv 39 Sandregenpfeifer Charadrius hiaticula vv 40 Wiesenschafstelze Motacilla flava vv 41 Schwanzmeise Aegithalos caudatus vvv 42 Seeregenpfeifer Charadrius alexandrinus vvv 43 Spießente Anas acuta vv 44 Sprosser Luscinia luscinia vv 45 Steinschmätzer Oenanthe oenanthe vv 46 Stieglitz Carduelis carduelis vvv 47 Sturmmöwe Larus canus vv 48 Sumpfmeise Parus palustris vv Drucksache 7/567 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Art (deutsch) Art (wissenschaftlich) Bestandstrend 10-25 Jahre 49 Teichrohrsänger Acrocephalus scirpaceus vv 50 Trauerschnäpper Ficedula hypoleuca vvv 51 Turteltaube Streptopelia turtur vvv 52 Uferschnepfe Limosa limosa vv 53 Waldbaumläufer Certhia familiaris vv 54 Waldlaubsänger Phylloscopus sibilatrix vvv 55 Waldschnepfe Scolopax rusticola vvv 56 Weidenmeise Parus montanus vvv 57 Weißstorch Ciconia ciconia vv 58 Wendehals Jynx torquilla vvv 59 Wiesenpieper Anthus pratensis vvv 60 Wiesenweihe Circus pygargus vv 61 Ziegenmelker Caprimulgus europaeus vv 62 Zwergdommel Ixobrychus minutus vvv 63 Zwergschnäpper Ficedula parva vv Einen deutlich zunehmenden Bestandstrend (Zunahme >20 Prozent; Symbol „^“) weisen folgende Arten auf: Art (deutsch) Art (wissenschaftlich) Bestandstrend 1 Amsel Turdus merula ^ 2 Bartmeise Panurus biarmicus ^ 3 Baumfalke Falco subbuteo ^ 4 Birkenzeisig Carduelis flammea ^ 5 Blaukehlchen Luscinia svecica ^ 6 Brandgans Tadorna tadorna ^ 7 Dohle Corvus monedula ^ 8 Drosselrohrsänger Acrocephalus arundinaceus ^ 9 Eiderente Somateria mollissima ^ 10 Eisvogel Alcedo atthis ^ 11 Fischadler Pandion haliaetus ^ 12 Flussregenpfeifer Charadrius dubius ^ 13 Gänsesäger Mergus merganser ^ 14 Gebirgsstelze Motacilla cinerea ^ 15 Graugans Anser anser ^ 16 Graureiher Ardea cinerea ^ 17 Grünlaubsänger Phylloscopus trochiloides ^ 18 Grünspecht Picus viridis ^ 19 Höckerschwan Cygnus olor ^ 20 Kleines Sumpfhuhn Porzana parva ^ 21 Kolbenente Netta rufina ^ 22 Kolkrabe Corvus corax ^ 23 Kormoran Phalacrocorax carbo ^ 24 Kranich Grus grus ^ Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/567 5 Art (deutsch) Art (wissenschaftlich) Bestandstrend 25 Mantelmöwe Larus marinus ^ 26 Mittelspecht Dendrocopos medius ^ 27 Nachtigall Luscinia megarhynchos ^ 28 Raufußkauz Aegolius funereus ^ 29 Ringeltaube Columba palumbus ^ 30 Rohrschwirl Locustella luscinioides ^ 31 Schelladler Aquila clanga ^ 32 Schellente Bucephala clangula ^ 33 Schnatterente Anas strepera ^ 34 Schwarzhalstaucher Podiceps nigricollis ^ 35 Schwarzkehlchen Saxicola torquata ^ 36 Schwarzmilan Milvus migrans ^ 37 Schwarzspecht Dryocopus martius ^ 38 Seeadler Haliaeetus albicilla ^ 38 Silbermöwe Larus argentatus ^ 40 Sperber Accipiter nisus ^ 41 Teichralle Gallinula chloropus ^ 42 Tüpfelralle Porzana porzana ^ 43 Turmfalke Falco tinnunculus ^ 44 Uhu Bubo bubo ^ 45 Wacholderdrossel Turdus pilaris ^ 46 Wachtel Coturnix coturnix ^ 47 Wachtelkönig Crex crex ^ 48 Wanderfalke Falco peregrinus ^ 49 Wasserralle Rallus aquaticus ^ 50 Weißbartseeschwalbe Chlidonias hybridus ^ 51 Weißflügelseeschwalbe Chlidonias leucopterus ^ 52 Zwergsumpfhuhn Porzana pusilla ^ 4. In welchen Landschaftsarten sind die höchsten Populationsrückgänge zu beobachten? Welche Ursachen sind hier ausschlaggebend? Aus verschiedenen Quellen - zum Beispiel GRÜNEBERG, C. et al. (2015): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 5. Fassung; WAHL, J. et al. (2015): Vögel in Deutschland - 2014 - ist abzuleiten, dass die Vogelarten des Offenlandes beziehungsweise der Agrarlandschaft besonders deutlich von negativen Bestandsentwicklungen betroffen sind. Die Ursachen sind komplexer Natur und werden ebenfalls unter anderem in den oben angegebenen Quellen beschrieben. Zu diesen Ursachen zählen insbesondere die Verringerung der Habitatqualität und der Habitatdiversität sowie die Verringerung des Nahrungsangebotes. Drucksache 7/567 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 6 5. Inwieweit spielt die Ausbreitung von Beutegreifern und Raubwild eine Rolle für den Rückgang des Bestandes der heimischen Vogelarten? Aufgrund der Vielzahl möglicher Einflussfaktoren und einer darüber hinaus nicht vorliegenden belastbaren Datenlage zur konkreten Bestandsentwicklung von Beutegreifern kann der tatsächliche Einfluss von Beutegreifern auf die Bestandsentwicklungen von Vogelarten nicht konkret bemessen werden. Beutegreifer können jedoch unter bestimmten Bedingungen einen wesentlichen Faktor für den Rückgang beispielsweise bodenbrütender Wiesenvögel (zum Beispiel Limikolen) einschließlich bodenbrütender Koloniebrüter (Möwen, Seeschwalben) darstellen. 6. Welche Maßnahmen werden seitens der zuständigen Stellen ergriffen, um einen effektiven Schutz der Vogelpopulation zu gewährleisten? a) Wird eine intensive Bekämpfung von Raubwild, insbesondere Neozoen und Rabenvögeln, unterstützt? b) Wenn ja, durch welche Maßnahmen? Grundsätzliche, realisierte Maßnahmen zum Schutz von Vogelpopulationen sind beispielsweise der Vollzug der geltenden rechtlichen Grundlagen, die Erarbeitung und die Umsetzung von Managementplänen für Natura 2000-Gebiete, die Realisierung von Agrarumweltmaßnahmen sowie die Förderung spezieller Artenschutzmaßnahmen oder Habitatschutzmaßnahmen. Zu a) Entsprechende Maßnahmen werden - soweit sinnvoll und geboten - unterstützt. Zu b) Es wird insbesondere eine gezielte Reduzierung von Beutegreifern in Gebieten unterstützt, die Konfliktschwerpunkte im Zusammenhang mit sensiblen Brutvogelarten darstellen; dies ist zum Beispiel in Küstenvogelbrutgebieten oder in besonderen Wiesenvogelbrutgebieten der Fall. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/567 7 7. Gab es im Rahmen der großräumigen Wiedervernässung von Moorflächen Begleituntersuchungen hinsichtlich der Auswirkung auf die vor und nach der Maßnahmendurchführung dort vorkommenden Vogelpopulationen? Wenn ja, wie wirken sich solche Maßnahmen auf die Bestände der in Frage 2 erwähnten Vogelarten aus? Entsprechende umfassende Begleituntersuchungen wurden durch die Landesregierung nicht beauftragt. Rückschlüsse lassen sich jedoch aus folgender Veröffentlichung im Ergebnis einer Dissertation ableiten: Herold, Benjamin, 2012: Neues Leben in alten Mooren - Brutvögel wiedervernässter Flusstalmoore. Zürich, Bristol-Stiftung; Bern, Stuttgart, Wien, Haupt Verlag 200 Seiten. So wurde seitens des Autors herausgearbeitet, dass bestimmte Arten, wie Knäkente, Tüpfelralle oder Schilfrohrsänger, sich bereits nach relativ kurzer Zeit wieder als Brutvögel einstellen können. Andere Arten, wie Große Rohrdommel, Kleine Rohrdommel, Kleines Sumpfhuhn oder Trauerseeschwalbe, benötigen in Abhängigkeit von der notwendigen Etablierung entsprechender Habitate höhere Wasserstände und teilweise auch deutlich längere Zeiträume für eine Wiederetablierung.