Die Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 27. Juni 2017 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/602 7. Wahlperiode 27.06.2017 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Dr. Matthias Manthei, Fraktion der AfD Interkulturelle Öffnung in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung 1. Wie bewertet die Landesregierung den Stand der interkulturellen Öffnung im öffentlichen Dienst in Mecklenburg-Vorpommern? Die Landesregierung sieht die interkulturelle Öffnung im öffentlichen Dienst als wichtige Zukunftsaufgabe, die mit Blick auf den wachsenden Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund an der Bevölkerung des Landes im Rahmen der Organisations- und Personalentwicklung umzusetzen ist, um der kulturellen Vielfalt der Bevölkerung gerecht zu werden. Aktuell gibt es für den Bereich der Personalgewinnung keine zentralen Vorgaben der Landesregierung, die auf eine Erhöhung und Erfassung des Anteils der ausländischen Beschäftigten beziehungsweise der Beschäftigten mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst abzielen. Auch an den Hochschulen des Landes wird die interkulturelle Öffnung im Hinblick auf die Internationalität als Wesensmerkmal der Wissenschaft durchweg positiv bewertet. Im Bereich der Ausbildung (Studiengänge und Ausbildungen) werden diverse Ansätze zur Erhöhung der interkulturellen Kompetenz von Auszubildenden und Studierenden verfolgt; daneben wird der Erwerb entsprechender Kompetenzen auch im Rahmen von Fortbildungen berücksichtigt. Drucksache 7/602 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Mit ihrem Fortbildungskonzept setzt die Landesregierung Schwerpunkte im Bereich der Stärkung der Europafähigkeit und der internationalen Kompetenz der Landesverwaltung. Diese Inhalte werden mit entsprechenden zentralen Schulungsangeboten, vornehmlich der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege (FHöVPR) in Güstrow, umgesetzt. Die Landesregierung hat die Notwendigkeit der interkulturellen Öffnung in Aus- und Fortbildung sowie im beruflichen Alltag erkannt und setzt entsprechende Maßnahmen um. 2. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um die interkulturelle Öffnung im öffentlichen Dienst zu vollziehen? Die Landesregierung hat das Amt der Integrationsbeauftragten im Ministerium für Soziales, Integration und Gleichstellung im Dezember 2016 eingerichtet. Bereits im Februar 2016 war das Internetportal www.willkommeninmv.de mit rund 350 Anlaufstellen, darunter Einrichtungen des öffentlichen Dienstes, in sechs verschiedenen Sprachen freigeschaltet worden. Perspektivisch sollen die Anstrengungen im Bereich der Personalgewinnung verstärkt werden. Bereits jetzt werden im Land Werbeveranstaltungen des Zentralen Auswahl- und Einstellungsdienstes der FHöVPR zur Personalgewinnung in Polen und am zweisprachigen Gymnasium in Löcknitz durchgeführt, um polnische Schülerinnen und Schüler zu erreichen. Im Sommer 2015 wurden fünf Polizistinnen und Polizisten aus dem EU-Ausland eingestellt, um interkulturelle Kontakte zwischen den Kolleginnen und Kollegen zu intensivieren und Kooperation mit den EU-Partnerstaaten zu stärken. An den Hochschulen des Landes ist die interkulturelle Öffnung gelebte Praxis. Im akademischen Bereich von Lehre und Forschung sind Professorinnen und Professoren sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutscher und ausländischer Herkunft tätig, die mehrere Sprachen aktiv beherrschen und verschiedene Kulturräume kennengelernt haben. Daneben stellen sich auch die Hochschulverwaltungen auf die internationale Klientel der Studierenden ein, nicht nur in den Akademischen Auslandsämtern (International Houses/International Offices), sondern auch im gesamten Bereich der Studierendenverwaltung. Im Rahmen von Ausbildung und Studium wird die Thematik „Interkulturelle Kompetenz“ im Kontext mit anderen Fächern und deren Inhalten berücksichtigt wie zum Beispiel in den Rechtsbereichen, in politischer Bildung, Kriminalistik, Ethik, Einsatzlehre und einsatzbezogenem Training, Psychologie und Kommunikation. Im Fachbereich Allgemeine Verwaltung (Studiengang „LL.B. - Öffentliche Verwaltung“) finden im Rahmen des Moduls „Die europäische Integration und das verfassungsrechtliche und politische System der Bundesrepublik Deutschland“ neben einer einwöchigen Studienfahrt ins europäische Ausland auch die Vermittlung europarechtlicher Inhalte und Englischunterricht statt. Im Wahlpflichtmodul „Asyl, Ausländerrecht und Integration“ werden Studieninhalte zur Integration von Ausländern vermittelt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/602 3 Im Fachbereich Rechtspflege (Studiengang „Diplom-Rechtspfleger/in (FH)“) spiegelt sich die Thematik „Interkulturelle Öffnung“ vorwiegend in den Studienfächern „Internationales Privatrecht“ (zum Beispiel Nachlassverfahren mit Auslandsbezug), „Familienrecht“ (zum Beispiel Vormundschaft für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge) und „Europarecht“ wider. Am Ausbildungsinstitut für die Kommunal- und Landesverwaltung (Ausbildung zum/zur Verwaltungswirt/in) wird die interkulturelle Kompetenz insbesondere durch das Fach „Staatsund Europarecht“, den Englischunterricht („Verwaltungsenglisch“) sowie durch die einwöchige Ausbildungsfahrt ins europäische Ausland vermittelt. Im Fachbereich Polizei (Studiengang „Polizeivollzugsdienst - B. A.“ und Ausbildung zum/zur Polizeimeister/in) werden die Anwärterinnen und Anwärter in der Ausbildung in verschiedenen Modulen mit einem interdisziplinären Ansatz für einen angemessenen situativen polizeilichen Umgang mit Menschen, unabhängig von deren Kultur und Religion, befähigt. Im Rahmen des Studiums ist die Vermittlung von interkultureller Kompetenz ebenfalls in verschiedenen Modulen verankert, so im Wahlpflichtmodul „Interkulturelle Kommunikation“. Den Schwerpunkt bilden hierbei verhaltensorientierte Situations-Trainings. Im Modul „Internationale Zusammenarbeit“ liegt der Schwerpunkt auf der Vertiefung interkultureller Kompetenzen sowie den Möglichkeiten und Grenzen internationaler Zusammenarbeit, unter anderem im Rahmen auswärtiger Lehrveranstaltungen bei ausländischen Partnerhochschulen in Dänemark, Estland, Lettland, Litauen, Polen und Norwegen. Über die Ausbildung und das Studium hinaus findet für Anwärterinnen und Anwärter sowie Studierende jährlich ein trinationales Seminar mit angehenden französischen und polnischen Polizeibeamtinnen und -beamten ebenso wie ein binationales Seminar zwischen französischen und deutschen in der Ausbildung befindlichen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten statt. Die Seminare dienen dem Kennenlernen der Polizeiarbeit in den Teilnehmerländern und dem kulturellen Austausch. Im Rahmen des Studiums zur Diplom Finanzwirtin/zum Diplom Finanzwirt innerhalb des Geschäftsbereiches des Finanzministeriums findet im Rahmen der Wahlpflichtveranstaltungen eine Studienreise ins europäische Ausland statt. Diese ist grundsätzlich so angelegt, dass die in den Pflichtfächern gelehrten Unterrichtsinhalte, beispielsweise im Staats - und Europarecht, durch die Studienreise vertieft werden. Den Anwärterinnen und Anwärtern soll ermöglicht werden, internationale und nationale Zusammenhänge zu verstehen sowie Beteiligungs- und Stimmrechte zu erkennen. Daneben werden Maßnahmen überwiegend im Bereich der Fortbildung von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes umgesetzt, insbesondere an der FHöVPR. Das Stammpersonal der FHöVPR bildet sich selbst kontinuierlich zur Thematik fort, beispielhaft sei die Teilnahme an einer zweitägigen Fortbildung der Friedrich-Ebert-Stiftung zur Thematik „Frauen aus verschiedenen Kulturkreisen begegnen sich“ genannt. Am Institut für Fortbildung und Verwaltungsmodernisierung der FHöVPR werden Englischfortbildungen in drei unterschiedlichen Niveaustufen und zukünftig auch für höhere Sprachniveaus angeboten. Im Jahr 2016 wurden die Englischkurse von 734 Teilnehmerinnen und Teilnehmern besucht. Drucksache 7/602 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Das Seminar „Ausländerrecht - eine praxis-orientierte und systematische Einführung“ wurde 2016 von 88 Teilnehmerinnen und Teilnehmern besucht. Im Oktober 2017 wird erstmals die Fortbildungsmaßnahme im Rahmen des Konzeptes zur Stärkung der Internationalisierung und Europafähigkeit der Landesverwaltung mit 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in Brüssel stattfinden. Im Fachbereich Polizei wird eine Reihe von Lehrgängen angeboten, die der Entwicklung interkultureller Kompetenz dienen. Die Seminare „Islam - Islamismus - Islamischer Extremismus“, „Sicherheit, Interkulturalität und Integration: Einblicke und Analysen“, „Die Entwicklung des politischen Extremismus und seine polizeirelevanten Konfliktfelder in der Gegenwart“, „Der Islam als Herausforderung/Spannungsfeld Nahost“, „Herausforderung Innere Sicherheit - Radikalisierung im Internet“, „Meine Werte, deine Werte, unsere Werte - Hier stehe ich, kann ich auch anders?“ und das berufsethische Seminar der evangelischen Polizeiseelsorge „Religionsmotor Deutschland“ wurden 2016 von 277 Teilnehmerinnen und Teilnehmern besucht. Für 2017 sind die Fortbildungen „Interkulturelle Einsichten - Das Eigene und das Fremde - Wir sind gleich und doch anders“ sowie „Neue Deutsche - Neues Deutschland“ neu vorgesehen. Bedienstete der Landesjustizverwaltung nutzen neben den Angeboten der FHöVPR zum Erwerb interkultureller Kompetenz auch Angebote der Deutschen Richterakademie für Richter und Staatsanwälte (Tagung Asylrecht, familienrechtliche Tagungen etc.). Für die Beschäftigten in den Finanzämtern des Landes, die aufgrund ihrer Tätigkeit Bürgerkontakt pflegen, hält das Finanzministerium umfangreiche Fortbildungen auch im Bereich der Kommunikation und Kompetenz vor. Da für die Beschäftigten in den Finanzämtern, beispielsweise durch den Umgang mit den sogenannten Reichsbürgern, eine erhöhte kommunikative Kompetenz erforderlich ist, werden in erster Linie Deeskalations- und Kooperationsmaßnahmen geschult. In diesem Rahmen wird auch eine Tagesveranstaltung „Interkulturelle Kommunikation“ angeboten, die das Verständnis für kulturelle Unterschiede fördern soll. Im Geschäftsbereich des Ministeriums für Soziales, Integration und Gleichstellung Mecklenburg -Vorpommern fand im November 2015 ein eintägiges Training in interkultureller Kompetenz für Mitarbeiter der Abteilung Arbeit statt. Darüber hinaus hat eine Reihe von Beschäftigten Sprachkurse absolviert.