Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 7. Dezember 2016 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/65 7. Wahlperiode 09.12.2016 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Helmut Holter und Torsten Koplin, Fraktion DIE LINKE Integrationsprogramme für ältere, erwerbslose Frauen und Männer in Mecklenburg-Vorpommern - Jobcoaches für Ältere und Perspektive 50plus und ANTWORT der Landesregierung Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern hat in ihrer Vereinbarung mit der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit vom 23. Juli 2012 angekündigt, den Einsatz von Jobcoaches für Ältere erproben zu wollen. In das Bundesprogramm Perspektive 50plus (2005 bis 2015) waren nach Angaben der Landesregierung alle Landkreise und Jobcenter in M-V eingebunden. 1. In welchem Zeitraum, an welchen Standorten und mit welchem Personaleinsatz wurde das Modellprojekt „Jobcoach für Ältere“ in Mecklenburg-Vorpommern erprobt? Jeweils ein Projekt „Jobcoach für Ältere“ wurde modellhaft an den Standorten der Jobcenter in Neubrandenburg (Träger: Bildungszentrum für Marktwirtschaft und Datenverarbeitung GmbH) und Stralsund (Träger: Stralsunder Innovation Consult GmbH) mit jeweils einem Beschäftigten ein Jahr lang durchgeführt. In Neubrandenburg erfolgte der Start am 1. Januar 2013, in Stralsund am 1. März 2013. Drucksache 7/65 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 2. Wie stellte sich die Finanzierung des Projektes dar (bitte den absoluten und prozentualen Anteil der Finanzierung durch das Land, den Träger des Projektes und ggf. Dritte insgesamt sowie unterteilt nach Personalund Sachkosten darstellen)? Wer war, ggf. auch ohne Finanzierungsanteil, an der Durchführung und Umsetzung des Projektes beteiligt und durch wen erfolgte die Evaluation des Projektes? Die Förderung des Landes Mecklenburg-Vorpommern erfolgte ausschließlich aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF). Im Einzelnen wurden folgende Ausgaben finanziert (Angaben in Euro): Projekt Neubrandenburg Projekt Stralsund Ausgaben insgesamt 30.776,34 42.253,11 darunter Personalausgaben 27.570,85 37.986,86 Sachausgaben 0 157,78 Indirekte Ausgaben 3.205,49 4.108,47 Finanzierung ESF- Mittel 30.776,34 (100 %) 38.027,80 (90 %) Private Mittel (Träger) 0 4.225,31 (10 %) Quelle: Informationssystem für die Arbeitsmarktpolitik (ISAP) Die Jobcoaches waren organisatorisch eng an die jeweiligen Integrationsteams in den Jobcentern angebunden, um einen möglichst hohen Informationsfluss zwischen allen Prozessbeteiligten zu erreichen. In Neubrandenburg war der Jobcoach auch in den Räumlichkeiten des Jobcenters untergebracht. Eine Evaluation des Projektes erfolgte nicht. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/65 3 3. Welche Zielstellung verfolgte das Projekt? a) Inwieweit wurde die Zielstellung erreicht (bitte die Ergebnisse unter Einbeziehung möglicher Zielvorgaben darstellen)? b) Welche Probleme ergaben sich ggf. bei der Durchführung des Projektes ? Zu 3, a) und b) Das Projekt sollte helfen, die Nachhaltigkeit von neu begonnenen Beschäftigungsverhältnissen Älterer zu erhöhen. Vor dem Hintergrund, dass die Stabilität von Beschäftigungsverhältnissen durch Verhalten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und durch betriebliche Gegebenheiten beeinflusst wird, war es Aufgabe der Jobcoaches engen Kontakt zu den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu halten und initiativ auf die Arbeitgeber zuzugehen. Bei Aufnahme einer Beschäftigung wurde den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Unterstützung durch die Jobcoaches angeboten. Eine Teilnahme am Projekt erfolgte freiwillig. Die Jobcoaches sollten insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen unterstützend wirken. Eine Steigerung der Nachhaltigkeit von neu begonnenen Beschäftigungsverhältnissen konnte nicht nachgewiesen werden. Arbeitnehmerseitig bestand nur ein geringes Interesse zur Nutzung des Angebots der Jobcoaches. Vielfach lagen Vorbehalte in Bezug auf mögliche negative Signale an den Arbeitgeber vor. Eine häufige Bedingung für die Projektteilnahme war, dass kein Kontakt zum Arbeitgeber aufgenommen wird. Eine erfolgreiche Umsetzung des Projektkonzeptes war unter dieser Voraussetzung nicht möglich. Auch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber konnten nur in geringem Umfang für die Teilnahme am Projekt gewonnen werden. Aufgrund der Betriebsgrößen gab es in den Unternehmen häufig keine Personalverantwortlichen, die für diese Aufgabe abgeordnet waren und als Ansprechpartner fungieren konnten. Weiterhin wurde im Regelfall kein Unterstützungsbedarf bei der Einarbeitung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gesehen. Auch die saisonale Prägung vieler Unternehmen war für das Projekt nachteilig. Viele Arbeitsaufnahmen waren ausschließlich auf eine Beschäftigung für die Dauer der Saison ausgerichtet. Aktivitäten der Jobcoaches konnten die Nachhaltigkeit der Beschäftigung in dieser Konstellation nicht verbessern. Darüber hinaus war für die Erfassung, Verarbeitung und Weitergabe von Daten zwischen den Prozessbeteiligten die Einwilligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in eine Datenschutzerklärung notwendig. Wurde der Datenerhebung und -verwendung nicht zugestimmt, war eine Umsetzung des Projekts ebenso nicht möglich. Drucksache 7/65 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 4. Wie bewertet die Landesregierung die Durchführung und Wirksamkeit des Projektes Jobcoach für Ältere? a) Wo wurde die Bewertung bzw. Evaluation des Projektes veröffentlicht? b) Wenn die Bewertung nicht veröffentlicht wurde oder keine Evaluation erfolgte, warum nicht? c) Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung aus der Durchführung des Projektes bezüglich einer möglichen Wiederauflage oder Weiterentwicklung? Zu 4 Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. Zu a) und b) Auf die Antworten zu den Fragen 2 und 3 wird verwiesen. Eine Evaluierung war aufgrund der in der Antwort zu Frage 3 dargestellten Probleme nicht möglich. Insbesondere seitens der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurde keiner Befragung der Arbeitgeber oder der eigenen Person durch Dritte zugestimmt. Zu c) Eine Wiederauflage des Projekts ist derzeit nicht vorgesehen. 5. Mit welchen Ergebnissen für Mecklenburg-Vorpommern wurde die dritte Phase des Bundesprogramms Perspektive 50plus nach Einschätzung der Landesregierung beendet? Wo ist diese nachzulesen bzw. veröffentlicht? 6. Welche ggf. abweichenden Bewertungen gibt es speziell für Mecklenburg-Vorpommern gegenüber der Abschlussdokumentation zum Bundesprogramm? Zu 5 und 6 Die Ergebnisse für die einzelnen Beschäftigungspakte können im Internet unter http://www.perspektive50plus.de/beschaeftigungspakte abgerufen werden. Seitens des Bundes wurden differenzierte Ergebnisse des Bundesprogramms „Perspektive 50plus – Beschäftigungspakte in den Regionen“ für einzelne Bundeländer nicht erhoben, da in den Pakten teilweise Grundsicherungsstellen über Ländergrenzen hinweg kooperierten. Die Landesregierung war weder in die Umsetzung noch in die Auswertung des Bundesprogramms eingebunden. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/65 5 7. Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung aus der Durchführung beider Projekte für eine bessere Integration älterer, arbeitsloser Frauen und Männer in Mecklenburg-Vorpommern? Welchen aktuellen Handlungsbedarf sieht die Landesregierung bei der Verbesserung der Integration in den Arbeitsmarkt für diese Zielgruppe? Das Projekt „Jobcoach für Ältere“ hat nicht zu einer Steigerung der Nachhaltigkeit neu begonnener Beschäftigungsverhältnisse beigetragen. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 3, 3a), 3b) sowie 4 verwiesen. Bezüglich des Bundesprogramms „Perspektive 50plus - Beschäftigungspakte in den Regionen“ sei auf die Antwort zu Frage 5 hingewiesen. Die gute Arbeitsmarktlage und die langjährigen Bemühungen zur Verbesserung der Situation älterer Beschäftigter haben zu einer kontinuierlichen Absenkung der Zahl der älteren Arbeitslosen geführt. So konnte die Erwerbstätigenquote der 55-64-jährigen Frauen und Männer von 2008 bis 2015 von 50,1 % auf 60,4 % gesteigert werden. Das Bündnis für Arbeit sowie das Fachkräftebündnis Mecklenburg-Vorpommern sehen dies sowie die stärkere Sensibilisierung der Unternehmen als den Erfolgsfaktor, den es auch weiterhin zu verfolgen gilt. Die Unternehmen in unserem Land führen Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung der Gesundheit ihrer Beschäftigten sowie zur Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit mit der Pflege von Angehörigen durch. Das Land unterstützt diese Bemühungen unter anderem durch das Aktionsprogramm zur Stärkung der betrieblichen Gesundheitsförderung. Gemeinsam mit Arbeitgebern und der Fachgewerkschaft sollen unter anderem Lösungsansätze mit Blick auf Arbeitszeitgestaltungen, Arbeitsbedingungen und Qualifizierungen konzipiert und erprobt werden. Über das Instrument der Bildungsschecks unterstützt und berät das Land die Unternehmen bei der beruflichen Weiterbildung auch älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Weiterhin können Programme der Bundesagentur für Arbeit wie zum Beispiel zur Weiterbildung Geringqualifizierter und - beschäftigter älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Unternehmen (WeGebAU) genutzt werden. 8. Bis wann will die Landesregierung der Öffentlichkeit ein neues Landesarbeitsmarktprogramm sowie eine neue Vereinbarung zur Weiterentwicklung der Arbeitsmarktpolitik in Mecklenburg- Vorpommern zwischen der Landesregierung und der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit vorstellen? Falls sie dies nicht beabsichtigt, warum nicht? Die Landesregierung plant kein neues Landesarbeitsmarktprogramm, sondern wird entsprechend des mit den Arbeitsmarktakteuren und den Vertretern des Begleitausschusses diskutierten und abgestimmten sowie von der Europäischen Kommission genehmigten Operationellen Programms ESF Mecklenburg-Vorpommern 2014-2020 seine arbeitsmarktpolitischen Schwerpunkte kontinuierlich weiter umsetzen. Drucksache 7/65 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 6 Dies entspricht auch der grundsätzlich im Bündnis für Arbeit und im Fachkräftebündnis Mecklenburg-Vorpommern abgestimmten Strategie. Anpassungen und Feinjustierungen, soweit sie sich aus aktuellen Entwicklungen und der Koalitionsvereinbarung 2016-2021 von SPD und CDU für die 7. Wahlperiode des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern ergeben, werden ebenfalls nach jeweiliger Abstimmung mit dem Begleitausschuss im laufenden Abstimmungs- und Gestaltungsprozess erfolgen. Der Abstimmungsprozess zur Fortschreibung der Vereinbarung zur Weiterentwicklung zwischen Land und Regionaldirektion Nord ist noch nicht abgeschlossen.