Die Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 26. Juni 2017 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/660 7. Wahlperiode 26.06.2017 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Torsten Koplin, Fraktion DIE LINKE Beförderung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen zu ihrer jeweiligen Schule bzw. Werkstatt oder auch im Freizeitbereich und ANTWORT der Landesregierung 1. Welche gesetzlichen bzw. untergesetzlichen Vorschriften regeln in Mecklenburg-Vorpommern die Beförderung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen zu ihrer Schule bzw. Werkstatt oder auch im Freizeitbereich? Im Rahmen der Schulpflicht sind gemäß § 113 Absatz 1 des Schulgesetzes die Landkreise und die kreisfreien Städte Träger der Schülerbeförderung. Die Schülerbeförderung zählt zu ihrem eigenen Wirkungskreis. Auf der Grundlage von § 113 Absatz 2 bis 4 des Schulgesetzes sowie § 92 in Verbindung mit § 5 der Kommunalverfassung regeln die Landkreise und die kreisfreien Städte die Voraussetzungen zur Anerkennung und zur Übernahme der Schülerbeförderung sowie zur Erstattung der notwendigen Aufwendungen auf der Grundlage von Satzungen. Die Satzungen enthalten teilweise auch Verfahrensweisen zur Beförderungs- und Erstattungspflicht für Schülerinnen und Schüler, die wegen einer dauernden oder vorübergehenden Behinderung befördert werden müssen. Drucksache 7/660 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Bei Schülerinnen und Schülern im Leistungsbezug nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) oder mit Anspruch auf Kinderzuschlag beziehungsweise auf Wohngeld, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsganges auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepaketes die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden und es der leistungsberechtigten Person nicht zugemutet werden kann, die Aufwendungen aus dem Regelbedarf zu bestreiten [vergleiche § 28 Absatz 4 SGB II, § 35 Absatz 4 SGB XII, § 6b Absatz 2 Satz 2 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG)]. Außerdem werden Schülerinnen und Schülern im Leistungsbezug nach dem SGB II, dem SGB XII oder mit Anspruch auf Kinderzuschlag beziehungsweise auf Wohngeld durch das Bildungs- und Teilhabepaket die tatsächlichen Aufwendungen für Schulausflüge und für mehrtägige Klassenfahrten anerkannt (vergleiche § 28 Absatz 2 SGB II, § 35 Absatz 2 SGB XII, § 6b Absatz 2 Satz 1 BKGG). Das gilt auch für Schülerinnen und Schüler mit Behinderung, soweit die weiteren Voraussetzungen auf Leistungen nach dem Bildungs- und Teilhabepaket vorliegen. Für den außerschulischen Bereich oder den Freizeitbereich der Schülerinnen und Schüler kommen ferner Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft [§ 54 Absatz 1 Satz 1 SGB XII in Verbindung mit § 55 Absatz 2 Nummer 7 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX)] in Betracht. Der offene Leistungskatalog kann nach Prüfung des Einzelfalles auch die Übernahme von Fahrtkosten zu Freizeitaktivitäten, die den Schülerinnen und Schülern mit Behinderung die Verständigung mit seiner Umwelt erleichtern sollen, umfassen. Die gesetzlichen Grundlagen zur Finanzierung der Beförderungskosten im Bereich der Werkstätten für behinderte Menschen ergeben sich aus den §§ 53 und 54 SGB XII in Verbindung mit § 41 SGB IX und der Verordnung nach § 60 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Eingliederungshilfe-Verordnung). Die Kosten für die Beförderung zum Arbeitsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen sind im jeweiligen Leistungsentgelt der Werkstätten enthalten. Die Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen werden gemäß § 75 Absatz 3 SGB XII zwischen dem Träger der Einrichtung und dem zuständigen Sozialhilfeträger abgeschlossen. Grundlage hierfür bildet der Landesrahmenvertrag für Mecklenburg-Vorpommern nach § 79 Absatz 1 SGB XII für stationäre und teilstationäre Einrichtungen. 2. Welche Stelle ist für die Zulassung von Kraftfahrzeugen und Personal für die Beförderung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in Mecklenburg-Vorpommern zuständig? Gemäß § 3 der Landesverordnung zur Bestimmung der zuständigen Behörden auf dem Gebiet des Straßenverkehrswesens sind die Landräte der Landkreise und die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte zuständig für die Zulassung von Kraftfahrzeugen. Sie sind als Fahrerlaubnisbehörde außerdem für die Erteilung einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 Absatz 1 Fahrerlaubnis-Verordnung zuständig. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/658 3 Nach dem Landkreisneuordnungsgesetz sind die Aufgaben der Zulassungs- und Fahrerlaubnisbehörden in ihrem Gebiet außerdem auf die großen kreisangehörigen Städte Neubrandenburg und die Hansestädte Greifswald, Wismar und Stralsund übertragen worden. Genehmigungsbehörde zur Personenbeförderung im Linienverkehr nach dem Personenbeförderungsgesetz ist das Landesamt für Straßenbau und Verkehr in Rostock. Für den Gelegenheitsverkehr sind die Landräte und Oberbürgermeister der kreisfreien Städte zuständige Genehmigungsbehörde. Die genannten Zuständigkeiten betreffen nicht ausdrücklich die Beförderung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen. 3. Welche Anforderungen an Kraftfahrzeuge und Personal müssen erfüllt werden, um eine Genehmigung für eine solche Beförderung zu erhalten? Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach dem Personenbeförderungsgesetz findet keine gesonderte Fahrzeugprüfung statt. Natürlich muss das für die Beförderung verwendete Fahrzeug von der Zulassungsstelle für den Straßenverkehr zugelassen sein, zum Beispiel mit entsprechenden Umbauten für den Transport von Menschen mit Behinderungen. Unter den in § 48 Absatz 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung genannten Voraussetzungen ist für die Personenbeförderung eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung erforderlich. Das gilt nicht nur für die Beförderung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen, sondern mit den Ausnahmen nach § 48 Absatz 2 Nummer 4 Fahrerlaubnis-Verordnung (Kraftfahrzeugführer außer Taxen und Mietwagen ist im Besitz der Führerscheinklasse D oder D1) für jede Personenbeförderung, wenn in einem Kraftfahrzeug entgeltlich oder geschäftsmäßig Fahrgäste befördert werden oder wenn Fahrgäste befördert werden und für die Beförderung eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz erforderlich ist. Soweit eine solche Genehmigung erforderlich ist, darf diese gemäß § 13 Absatz 1 Satz 1 des Personenbeförderungsgesetzes nur erteilt werden, wenn insbesondere die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit des Betriebes sowie die Zuverlässigkeit und fachliche Eignung des Antragstellers als Unternehmer oder der für die Führung der Geschäfte bestellten Personen vorliegen. Überprüft wird das im Rahmen des Genehmigungsverfahrens unter anderem durch die Anforderung eines polizeilichen Führungszeugnisses sowie eines Auszuges aus dem Fahreignungsregister des Kraftfahrzeugbundesamtes. Gemäß § 2 der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr müssen der Betrieb sowie die Ausrüstung und Beschaffenheit der Fahrzeuge den besonderen Anforderungen genügen, die sich aus dem Vertrauen in eine sichere und ordnungsgemäße Beförderung ergeben. Drucksache 7/660 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 4. Wer trägt die Kosten für die Beförderung? Inwieweit müssen Eigenanteile von den Erziehungsberechtigten der Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen getragen werden? Wie dargestellt sind gemäß § 113 Absatz 1 des Schulgesetzes die Landkreise und die kreisfreien Städte Träger der Schülerbeförderung und insoweit auch Kostenträger für Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen, soweit die Voraussetzungen nach § 113 Absatz 2 bis 4 des Schulgesetzes in Verbindung mit den jeweiligen Satzungen der Landkreise und der kreisfreien Städte im Einzelfall erfüllt sind. Bei Leistungen der Schülerbeförderung nach dem Bildungs- und Teilhabepaket in den Rechtskreisen SGB II und SGB XII gilt gemäß § 28 Absatz 4 Satz 2 SGB II und § 34 Absatz 4 Satz 2 SGB XII der in § 9 Absatz 2 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes genannte Betrag (derzeit 5 Euro monatlich) als zumutbare Eigenleistung. § 6b Absatz 2 Satz 2 BKGG bestimmt für den Rechtskreis Bundeskindergeldgesetz als zumutbare Eigenleistung in der Regel einen Betrag in Höhe von 5 Euro monatlich. Sofern im Rahmen der Leistungen der Bildung und Teilhabe für Schulausflüge und für mehrtägige Klassenfahrten für Schülerinnen und Schüler mit Behinderung ein Bedarf an weiterführenden Leistungen (zum Beispiel die notwendige Nutzung eines besonderen Transportmittels zum Schulausflugsziel mit Begleitperson) notwendig wird, ist hierüber auf Antrag im Einzelfall zu entscheiden. Der Antrag ist beim vorrangigen Leistungsträger (zum Beispiel Krankenkasse) oder beim Sozialhilfeträger zu stellen. Der Sozialhilfeträger entscheidet im Rahmen einer Einzelfallentscheidung über Leistungen der angemessenen Schulbildung als Leistung der Eingliederungshilfe (§ 54 Absatz 1 Nummer 1 SGB XII). Diese Leistung wird einkommens- und vermögensunabhängig gewährt. Hinsichtlich der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft als Leistung der Eingliederungshilfe (§ 55 Absatz 2 SGB IX in Verbindung mit den §§ 53 Absatz 4 und § 54 Absatz 1 Satz 1 SGB XII) erfolgt die Leistungsgewährung im Rahmen einer Einzelfallprüfung zum konkret beantragten Bedarf und nach Prüfung von Einkommen und Vermögen. Im Freizeitbereich tragen grundsätzlich die Schülerinnen und Schüler mit Behinderung beziehungsweise die unterhaltsverpflichteten Erziehungsberechtigten die Fahrtkosten bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Hinsichtlich der Kostentragung für die unentgeltliche Beförderung von schwerbehinderten Menschen wird auf § 151 SGB IX hingewiesen. Bei einem Grad einer Schwerbehinderung von 50 oder mehr und bei erheblicher Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erfolgt eine unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises gemäß § 145 Absatz 1 SGB IX. Die Finanzierung der Beförderungskosten zu den Werkstätten erfolgt durch den zuständigen Rehabilitationsträger. Dies ist in den überwiegenden Fällen der Träger der Sozialhilfe.