Der Minister für Inneres und Europa hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 6. Juli 2017 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/663 7. Wahlperiode 07.07.2017 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Dr. Matthias Manthei, Fraktion der AfD Entwicklung der schweren und organisierten Kriminalität in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Für den Begriff Schwere Kriminalität besteht keine Legaldefinition. Dem gegenüber existiert für die Organisierte Kriminalität (OK) eine bundesweit abgestimmte Definition. Die Beantwortung der Kleinen Anfrage basiert daher auf der Grundlage der als Organisierte Kriminalität erfassten Straftaten und der entsprechenden Statistik. 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Gesamtentwicklung der schweren und organisierten Kriminalität in Mecklenburg-Vorpommern seit dem 01.01.2000? Die Organisierte Kriminalität wird als im höchsten Maße gesellschaftsschädigend eingeschätzt. Die Gesamtentwicklung wird, abgestimmt mit den bundeseinheitlichen und europaweiten Bekämpfungsstrategien, tiefgründig analysiert. Neue Erscheinungsformen werden zeitnah erkannt und im polizeilichen Alltagsgeschehen berücksichtigt. Über den angefragten Zeitraum betrachtet ist ein im Durchschnitt gleichbleibendes Niveau der Organisierten Kriminalität zu konstatieren. Drucksache 7/663 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 2. Wie entwickelte sich in diesem Zeitraum die Anzahl der Delikte im Bereich der schweren und organisierten Kriminalität? Verfahren der Organisierten Kriminalität zeichnen sich ganz überwiegend durch eine komplexe und deliktsübergreifende Tatbegehung aus. Die Anzahl der Verfahren sagt nichts über die Anzahl der Einzelstraftaten aus, die in diesen Verfahren eingebunden sind. Im Langzeitvergleich ist die Anzahl der OK-Verfahren und der darin enthaltenen Delikte im Bereich der Organisierten Kriminalität auf gleichbleibendem Niveau. So wurden jährlich durchschnittlich acht OK-Verfahren, bestehend aus drei bis sieben Deliktsbereichen, durch die Landespolizei bearbeitet. 3. Wie entwickelte sich in diesem Zeitraum die Professionalität der Täter im Bereich der schweren und organisierten Kriminalität? Für die Bestimmung des Professionalitäts- und Organisationsgrades der einzelnen Tätergruppierungen wird in Deutschland ein bundeseinheitliches Klassifizierungssystem angewandt. Hiernach werden Anzahl und Gewichtung genereller Indikatoren punktemäßig gewertet und als „OK-Potenzial“ dargestellt. Je höher die Punktezahl, desto höher ist der Professionalitäts- und Organisationsgrad der Täter (1= sehr gering bis 100 = sehr hoch). Das OK-Potenzial der Verfahren in Mecklenburg- Vorpommern lag im angefragten Zeitraum zwischen 30,7 und 56,7 Punkten. Die Professionalität der Täter entwickelt sich permanent insbesondere mit dem Stand der Technik (Digitalisierung) und der fortschreitenden Globalisierung einerseits und andererseits als eine Reaktion auf die Möglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden sowie des Rechtes. 4. Wie entwickelte sich in diesem Zeitraum die Täterschaft im Bereich der schweren und organisierten Kriminalität (Herkunft, Bandengröße)? Deutsche Täter stellten in jedem Jahr die größte Gruppe der ermittelten Tatverdächtigen. Je Verfahren und Deliktsbereich variierte die Zusammensetzung der Tätergruppen in Stärke und Herkunft. Zum überwiegenden Teil (circa zwei Drittel) bestanden die Gruppen der Tatverdächtigen aus höchstens zehn Personen. Ausnahmen bilden größere Tätergruppen von deutlich über zehn Tatverdächtigen. Diese waren hauptsächlich Deutsche und dem Rockermilieu zuzuordnen. In der Gesamtentwicklung ist erkennbar, dass die Anzahl der Straftaten in den relevanten Deliktsbereichen durch international organisierte Tätergruppierungen zunimmt und immer häufiger internationale Bezüge festgestellt werden. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/663 3 5. Welche sind die drei von schwerer und organisierter Kriminalität am stärksten betroffenen Deliktsbereiche? a) Welche sind die drei am häufigsten betroffenen Deliktsbereiche? b) Welche sind die drei Deliktsbereiche, in denen der größte Schaden entsteht? Die Fragen 5, 5a) und 5b) werden zusammenhängend beantwortet. Die Organisierte Kriminalität umfasst in Mecklenburg-Vorpommern insbesondere die Deliktsbereiche des illegalen Rauschgifthandels und Rauschgiftschmuggels, der Eigentumskriminalität sowie der Kriminalität im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsleben. Im Hinblick auf die erfassten Schäden steht der Kriminalitätsbereich im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsleben an erster Stelle. Hier ist die größte Entwicklung im Deliktsbereich der Wirtschaftskriminalität mit Tatmittel Internet zu verzeichnen. An zweiter Stelle steht die organisierte Eigentumskriminalität. Einen weiteren Deliktsbereich mit hohem Zuwachs stellt Cybercrime dar. Anzumerken ist, dass eine Schadensaufschlüsselung nicht für alle Deliktsbereiche vorliegt. So werden zum Beispiel bei Rauschgifthandel und Rauschgiftschmuggel sowie für Menschenhandel keine Schäden erfasst. 6. Wie entwickelte sich in diesem Zeitraum der durch schwere und organisierte Kriminalität im Land entstandene Schaden? Wie bereits zu Frage 5 ausgeführt, ist zu beachten, dass nicht alle entstandenen Schäden erfasst werden. Ein Entwicklungstrend zu entstandenen Schäden aus Organisierter Kriminalität ist nicht feststellbar. Unter Berücksichtigung, dass nicht in allen Deliktsbereichen Schäden erfasst werden, variieren die Schadensangaben entsprechend der bearbeiteten OK-Verfahren oder Deliktsbereiche erheblich. 7. Wie entwickelte sich in diesem Zeitraum die schwere und organisierte Kriminalität in verschiedenen Landesteilen? Die Auswertung der Verfahren, die im Bereich der Organisierten Kriminalität geführt wurden, ließ keinen regionalen Schwerpunkt erkennen. Bekannt ist dagegen, dass Ballungszentren generell Schwerpunkte darstellen. Dies trifft für Mecklenburg-Vorpommern auf die Städte Rostock, Schwerin und Neubrandenburg zu. Gemessen an der Anzahl der geführten Verfahren ist jedoch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Landesteilen Mecklenburg und Vorpommern feststellbar. Drucksache 7/663 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 8. Wie hat sich die Grenzöffnung vom 21.12.2007 auf die Entwicklung der schweren und organisierten Kriminalität in Mecklenburg- Vorpommern ausgewirkt? Ebenso wie in der Polizeilichen Kriminalstatistik waren auch im Bereich der Organisierten Kriminalität statistisch keine Veränderungen feststellbar. 9. Wie beurteilt die Landesregierung die Entwicklung der Aufklärung von Delikten der schweren und organisierten Kriminalität in Mecklenburg- Vorpommern seit dem 01.01.2000? OK-Verfahren sind durch eine komplexe und deliktsübergreifende Tatbegehung gekennzeichnet . Eine vergleichbare Aufklärungsquote, wie bei Einzeldelikten in der Polizeilichen Kriminalstatistik üblich, wird daher nicht ausgewiesen. 10. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus der in Frage 9 ausgeführten Beurteilung? Eine moderne Bekämpfung der Organisierten Kriminalität im föderalen Kontext erfordert ein flexibles, wirkungsorientiertes und gemeinsam abgestimmtes Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden in Bund und Ländern. Im Abstimmungsprozess zwischen Bund und Ländern können gemeinsame Schwerpunkte gebildet werden, die in die Lage versetzen, flexibler, aktueller und strukturierter OK-relevante, polizeiliche Handlungsfelder von länderübergreifender Bedeutung zu identifizieren und die erforderlichen, konkreten Maßnahmen für eine effektive Bekämpfung zu ergreifen. Mit einer verstärkten Einbindung in die bundes- und europaweiten Strategien zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität werden Grundlagen geschaffen, ein länderübergreifendes und koordiniertes Handeln auf europäischer Ebene zu gewährleisten.