Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 12. Juli 2017 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/710 7. Wahlperiode 13.07.2017 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Holger Arppe, Fraktion der AfD Nutzenmessung von Fördermitteln in der Wirtschaft und ANTWORT der Landesregierung 1. Welche wissenschaftlichen Methoden zur Abschätzung potenziellen Nutzens von Fördermitteln werden vor der Bewilligung von Mitteln angewandt? Die beabsichtigte Wirkungsweise der Förderung der Wirtschaft wird im Rahmen der Bund- Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) als dem zentralen Instrument der Wirtschaftsförderung auf Programmebene festgeschrieben. Mit den Investitionszuschüssen der GRW werden Anreize für Unternehmen geschaffen, die Standortwahl für die Investition zu Gunsten von Mecklenburg-Vorpommern zu treffen oder die am bestehenden Standort geplante Investition größer zu planen, um im Ergebnis mehr zu investieren, als es ohne eine Förderung geschehen wäre. Die beabsichtigten Effekte der Förderung liegen in der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen und der damit einhergehenden Mehrung des regionalen Einkommens und Wohlstandes. Die Erhöhung des regionalen Wohlstandes wird insbesondere dadurch erreicht, dass nur Unternehmen gefördert werden können, deren hergestellte Güter oder erbrachte Leistungen überwiegend (> 50 Prozent) überregional (> 50 Kilometer) abgesetzt werden. Der potenzielle Nutzen lässt sich diesbezüglich empirisch aus der seit über 40 Jahren bestehenden GRW ermitteln. Drucksache 7/710 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 2. Welche wissenschaftlichen Methoden zur Nutzen-, Ergebnis- und Erfolgsmessung von vergebenen Fördermitteln werden angewandt? Durch die Förderung versucht die öffentliche Hand, die Entwicklung der sektoralen oder der räumlichen Wirtschaftsstruktur positiv zu beeinflussen, den Strukturwandel abzufedern und Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen oder zu erhalten. Dabei wird die GRW regelmäßig von externen Gutachtern evaluiert. Beispielhaft sei das Gutachten der Technischen Universität Dortmund aus September 2010 benannt, welches für den Zeitraum 1999 bis 2008 die Effekte der einzelbetrieblichen Förderung auf Beschäftigung und Einkommen untersucht hat. Durch eine mikroökonometrische Wirkungsanalyse wurde untersucht, welchen Einfluss die GRW-Förderung auf die geförderten Betriebe gehabt hat. Im Mittelpunkt stand dabei die (hypothetische) Frage, wie sich der Betrieb entwickelt hätte, wenn er nicht gefördert worden wäre. Wäre diese Entwicklung bekannt, könnte sie mit der tatsächlich eingetretenen Entwicklung verglichen und der Unterschied zwischen hypothetischer und tatsächlicher Veränderung als Effekt der Förderung bewertet werden. Zur Schätzung der (grundsätzlich) unbekannten Entwicklung ohne Förderung wurde das Matching-Verfahren angewendet. Gesucht wurde für jeden geförderten Betrieb ein nichtgeförderter Betrieb, der ihm in den Determinanten seiner Beschäftigungsentwicklung möglichst ähnlich war. Zur Bestimmung der geeigneten Zwillinge boten sich verschiedene Auswahlvarianten an, die in der Untersuchung alternativ eingesetzt wurden. Alle Varianten bestätigen ausnahmslos den Wachstumsvorsprung der geförderten Betriebe. Im Durchschnitt über alle Kohorten lag die jährliche Veränderungsrate der geförderten Betriebe um mindestens 11 Prozentpunkte über der ihrer Zwillinge. Die Gutachter belegen damit eindeutig die positiven Effekte der Investitionsförderung in den strukturschwachen Regionen. Demzufolge hilft die Förderung dabei, wettbewerbsfähige Strukturen aufzubauen, ist Auslöser zusätzlicher Wachstumsimpulse und trägt somit zum Abbau regionaler Disparitäten in Deutschland bei. 3. Wie errechnen sich die wohlfahrtsoptimalen Mengen bei der Vergabe von wirtschaftsbezogenen Fördermitteln in der Haushaltsplanung? Nach welchen ökonomischen Kriterien werden Fördermittel bestimmten Unternehmen, Projekten oder Vereinen zugesagt? Bei der Vergabe von Fördermitteln aus der GRW werden keine wohlfahrtsoptimalen Mengen errechnet. In der Haushaltsplanung des Bundes gehören Mittel, die für die Wirtschaftsförderung verwandt werden sollen, zu den freiwilligen Leistungen des Bundes. Die auf Bundesebene zur Verfügung stehenden Mittel werden nach Festlegung quotal auf die einzelnen Bundesländer verteilt. Die Quote, die auf Mecklenburg-Vorpommern entfällt, beträgt 10,14 Prozent. Die Mittel des Bundes werden in Mecklenburg-Vorpommern - wie in den anderen Bundesländern auch - in dem Verhältnis 1:1 kofinanziert. Ziel der Fördersystematik ist es, die Anreizwirkung der Förderung zu optimieren, um eine möglichst große Hebelwirkung zwischen eingesetzten Fördermitteln und beabsichtigten Förderergebnissen zu erreichen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/710 3 4. Werden die vom Steuerzahler aufgewandten Kosten zur Förderung stets durch einen äquivalenten Nutzen ausgeglichen? a) Ab welchem Nutzengrad gilt eine Förderung als Erfolg? b) Wenn eine Förderung keinen Erfolg erzielt, wer trägt dafür die Verantwortung? Ja, hierzu wird auf die Ausführungen zu Frage 2 verwiesen. Darüber hinaus führt die Förderung zu einem Anstieg der Bruttowertschöpfung, des Wirtschaftswachstums und der Steuereinnahmen . Zu a) Der Nutzengrad wird insbesondere durch die Fördervoraussetzungen und durch die Dauer der Zweckbindung bestimmt. Für eine Zuwendung kommen nur solche Investitionen in Betracht, die ausgehend von den Investitionsausgaben oder von der Zahl der geschaffenen Arbeitsplätze eine besondere Anstrengung des Zuwendungsempfängers erfordern. Dementsprechend sind nur Investitionsvorhaben zuwendungsfähig, bei denen - die Zahl der bei Antragstellung in der Betriebsstätte des Zuwendungsempfängers bestehenden Arbeitsplätze um mindestens 10 Prozent erhöht wird oder - die Investitionsausgaben bezogen auf ein Jahr zum Zeitpunkt der Antragstellung die in den letzten drei Jahren durchschnittlich verdienten Abschreibungen - ohne Berücksichtigung von Sonderabschreibungen - um mindestens 50 Prozent übersteigt. Alle bei dem Zuwendungsempfänger geschaffenen und gesicherten Arbeitsplätze müssen für eine Überwachungszeit von fünf Jahren nach Abschluss des Investitionsvorhabens tatsächlich besetzt oder zumindest auf dem Arbeitsmarkt dauerhaft angeboten werden. Werden die Fördervoraussetzungen erfüllt und bleiben sie während der Zweckbindung erhalten, war die Förderung erfolgreich. Zu b) Werden nach Abschluss des Investitionsvorhabens die dem Zuwendungsbescheid zugrunde liegenden Fördervoraussetzungen nicht erfüllt, wird der Zuwendungsbescheid widerrufen und die bereits gewährten Fördermittel vom Zuwendungsempfänger zurückgefordert. Drucksache 7/710 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 5. Erzeugen die Fördermittelvergaben für bestimmte Branchen eine Wettbewerbsverzerrung gegenüber anderen Branchen? Wenn ja, wie rechtfertigt man solche Förderungen? 6. Erzeugen die Fördermittelvergaben für bestimmte Unternehmen eine Wettbewerbsverzerrung gegenüber anderen konkurrierenden Unternehmen? Wenn ja, wie rechtfertigt man solche Förderungen? Die Fragen 5 und 6 werden zusammenhängend beantwortet. Grundsätzlich gilt nach Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), dass staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar sind, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstaben a und c AEUV kann die Europäische Kommission Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung bestimmter benachteiligter Gebiete innerhalb der Europäischen Union als mit dem Binnenmarkt vereinbar erachten. Diese Beihilfen werden als Regionalbeihilfen bezeichnet. Regionalbeihilfen sollen die Entwicklung benachteiligter Gebiete in der Europäischen Union, insbesondere durch die Förderung von Erstinvestitionen, fördern. Der durch die europäischen Regionalbeihilferegeln vorgegebene (Subventions-) Rahmen wird in Deutschland durch die Förderregeln des GRW-Koordinierungsrahmens umgesetzt. Der GRW-Koordinierungsrahmen regelt die konkrete Regionalförderung, enthält die grundsätzlichen Leitlinien der GRW und legt das Fördergebiet, die Instrumente sowie die Förderregeln und Fördersätze fest. Die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) bildet, gemeinsam mit den von der Europäischen Kommission herausgegebenen Leitlinien für Regionalbeihilfen (Regionalleitlinien), hierbei die beihilferechtliche Grundlage der GRW- Förderung. Eine Förderung im Rahmen der GRW berücksichtigt daher die Anforderungen des Beihilfenrechtes.