Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 5. Dezember 2016 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/72 7. Wahlperiode 06.12.2016 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Torsten Koplin, Fraktion DIE LINKE Telemedizin in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Nach den Landtagswahlen 2011 wurde der Titel „Telematik im Gesundheitswesen“ (im entsprechenden Haushaltstitel mit 200.000 Euro pro Jahr ausgestattet) vom Sozialministerium in das Wirtschaftsministerium übertragen. Im Weiteren wurde die Zweckbestimmung für den Haushaltstitel in „Förderung von Informations- und Kommunikationstechnologien im Rahmen der Gesundheitswirtschaft“ geändert, um einen breiteren Einsatz der Mittel für die Gesundheitswirtschaft zu gewährleisten. In der vergangenen Legislatur forderte der Landtag die Landesregierung auf, das Konzept „Telematik im Gesundheitswesen“ in Mecklenburg- Vorpommern weiterzuentwickeln, den Telemedizinbeirat wieder einzuberufen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um telemedizinische Anwendungen in der ambulanten und stationären Versorgung im Land auszubauen (Drucksache 6/3996). 1. Wie ist der Stand bei der Weiterentwicklung des Konzepts „Telematik im Gesundheitswesen“? Im Rahmen des Konzeptes „Telematik im Gesundheitswesen“ wurden Fragen der telemedizinischen Anwendungen in der ambulanten und stationären Gesundheitsversorgung behandelt. Drucksache 7/72 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 2 Die Fortschreibung dieses Konzeptes bedarf einer sorgfältigen Vorbereitung. In dieser Legislaturperiode ist (auch ausweislich der Koalitionsvereinbarung 2016-2021 von SPD und CDU für die 7. Wahlperiode des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern, Ziffer 349) die Weiterentwicklung des Konzepts „Telematik im Gesundheitswesen. Strategie zur Sicherung und Verbesserung der medizinischen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern. Motto: Lasst Daten reisen, nicht Patienten“ vorgesehen. Darüber hinaus hat das Land Mecklenburg-Vorpommern an der Gesetzgebung zum sogenannten E-Health-Gesetz (siehe Antwort zu Frage 4) mitgewirkt und im Rahmen der Gesundheitsministerkonferenz beziehungsweise der Bund-Länder Arbeitsgruppe Telematik im Gesundheitswesen den weiteren Aufbau der Telematikinfrastruktur unterstützt. 2. Wie ist der Stand hinsichtlich des Telemedizinbeirats? a) Wer ist Mitglied? b) Wie oft hat der Beirat schon getagt? c) Welche Vorstellungen hat der Beirat entwickelt? Zu 2, a), b) und c) Der Telemedizinbeirat, der in der vergangenen Legislaturperiode nicht getagt hat, hatte sich zuvor im Wesentlichen mit Fragen der ambulanten und stationären Versorgung beschäftigt. Fragen der sektorenübergreifenden Versorgung, einschließlich der Telemedizin, hat das beim Sozialministerium in der vergangenen Legislaturperiode eingerichtete Landesgremium nach § 90a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) behandelt. Dieses Gremium hat unter Beteiligung von Vertretern der Ärzteschaft, der Krankenhäuser, der Krankenkassen, der Kommunen und der Patientenschaft zweimal jährlich getagt. Da das Wirtschaftsministerium bislang nicht für das Gesundheitswesen zuständig war, sondern für die Gesundheitswirtschaft, wurden hier Aktivitäten zur Digitalisierung in der Gesundheitswirtschaft in einer entsprechenden Arbeitsgruppe „Digitalisierung in der Gesundheitswirtschaft “ begleitet. Die Arbeitsgruppe ist angebunden an das durch den Ministerpräsidenten eingesetzte Kuratorium Gesundheitswirtschaft, hier an die Strategiegruppe III „Gesundes Alter(n)“. Die Arbeitsgruppe hat etwa zwei Sitzungen im Jahr durchgeführt und wird durch den Projektmanager der BioCon Valley® GmbH geleitet. Zu den Mitgliedern zählen insbesondere Vertreter der Strategiegruppe III sowie auch der Strategiegruppe II „Gesundheitsdienstleistungen “ des Kuratoriums Gesundheitswirtschaft. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/72 3 3. Durch welche Maßnahmen und in welchem Zeitraum soll die telemedizinische Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern ausgebaut werden? Für die Gewährleistung der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung ist nach Maßgabe des Krankenversicherungsrechts (SGB V) die Kassenärztliche Vereinigung zuständig. Die stationäre Versorgung erfolgt durch rechtlich selbstständige Krankenhäuser, die bereits verschiedene telemedizinische Anwendungen nutzen und anbieten. Die ambulanten und stationären Leistungserbringer sind in erster Linie dafür verantwortlich, in die notwendigen technischen Voraussetzungen für die telemedizinische Versorgung in Mecklenburg- Vorpommern zu investieren. Bei der telemedizinischen Versorgung ist zudem zwischen der alle Versicherten umfassenden Regelversorgung und einzelnen Anwendungen, die aufgrund von spezifischen Versorgungsverträgen nur bestimmten Versichertengruppen zugutekommen, zu unterscheiden. Im Hinblick auf den Ausbau telemedizinischer Anwendungen in der Regelversorgung sind Maßnahmen und Zeitpläne durch das Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen (E-Health-Gesetz) vorgegeben worden. Danach sollen ab April beziehungsweise Juli 2017 telemedizinische Leistungen wie die telekonsiliarische Befundbeurteilung von Röntgenaufnahmen und die Online-Videosprechstunde in die vertragsärztliche und damit ambulante medizinische Versorgung integriert werden. Der Bewertungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat dafür den Einheitlichen Bewertungsmaßstab termingerecht anzupassen. Vor diesem Hintergrund unterstützt die Landesregierung verschiedene telemedizinische Projekte der Gesundheitseinrichtungen im Land auch mit finanziellen Mitteln. Ergänzend ist nach der Koalitionsvereinbarung 2016-2021 von SPD und CDU für die 7. Wahlperiode des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern (siehe Ziffer 60) vorgesehen, eine Strategie für den digitalen Wandel in der Gesundheitsversorgung und in der Gesundheitswirtschaft zu initiieren sowie die Entwicklung und den Einsatz von IT-Lösungen zu fördern. 4. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen oder plant sie, in welchem Zeitraum, um die bestehenden unterschiedlichen technischen Standards bei telemedizinischen Anwendungen zu vereinheitlichen ? Digitale Prozesse und Anwendungen in der medizinischen Versorgung werden federführend durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) koordiniert, auf Landesebene durch das bislang zuständige Sozialministerium. Um diese bundesweit auf ein einheitliches und (daten-) sicheres System zu stellen, hat das BMG das über viele Jahre diskutierte E-Health-Gesetz verabschiedet, das im Wesentlichen am 29.12.2015 in Kraft getreten ist. Es enthält einen Fahrplan für die Einführung einer digitalen Infrastruktur mit höchsten Sicherheitsstandards und die Einführung nutzbringender Anwendungen auf der elektronischen Gesundheitskarte. Drucksache 7/72 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode 4 Mit dem E-Health-Gesetz wird auf Basis von Zeitplänen der gematik (Gesellschaft für Telematikanwendungen mbH) und der Industrie ein Zeitfenster für die bundesweite Einführung der Telematik-Infrastruktur festgeschrieben, das Mitte 2016 begann. Zur Vermeidung unwirtschaftlicher Doppelstrukturen und Insellösungen soll die gematik bis Juli 2017 ein elektronisches Interoperabilitätsverzeichnis aufbauen und betreiben. Bis Mitte 2018 sollen dann Arztpraxen und Krankenhäuser flächendeckend an die Telematik-Infrastruktur angeschlossen sein (flächendeckender Roll-out). Das Wirtschaftsministerium arbeitet in einer auf Beschluss der Wirtschaftsministerkonferenz vom 10. Mai 2016 gebildeten länderübergreifenden Ad-hoc-Arbeitsgruppe „Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft“ mit. Aufgaben der Arbeitsgruppe sind: a) den Aufbau des Interoperabilitätsverzeichnisses nach § 291e SGB V innerhalb der nächsten zwei Jahre inhaltlich zu begleiten. b) die Harmonisierung der Interoperabilität auf EU-Ebene zu begleiten, um die Anschlussfähigkeit der deutschen Gesundheits-IT (GIT) und Medizintechnik an die elektronischen Gesundheitsdienste in Europa und internationale Märkte zu unterstützen. c) für den neu zu gründenden Beirat nach § 291b SGB V eine Vertreterin oder einen Vertreter aus den Wirtschaftsressorts der Länder zu benennen, sofern das Bundesgesundheitsministerium diesem Vorschlag der Wirtschaftsministerkonferenz nachkommt. d) die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und Handlungsfelder der Digitalisierung in der Gesundheitswirtschaft zu unterstützen, um deren Produktions- und Wertschöpfungsprozesse , vor allem auch im Verbund mit gesundheitswirtschaftlichen Dienstleistungen zu verbessern und eine bessere Marktdurchdringung zu fördern. 5. Wie soll die Mehrheit der ambulanten Mediziner für die Telemedizin gewonnen werden? Die Weiterentwicklung des Konzeptes „Telematik im Gesundheitswesen. Strategie zur Sicherung und Verbesserung der medizinischen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern“ kann nur unter Einbeziehung der entsprechenden Akteure in der Gesundheitsversorgung erfolgen. Dazu zählen auch die für die Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung zuständige Kassenärztliche Vereinigung, die Krankenhausgesellschaft und die Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern, von denen erwartet werden kann, dass sie die Notwendigkeit der Weiterentwicklung und des Einsatzes der Telemedizin kommunizieren. Überdies setzt auch die Anwendung telemedizinischer Leistungen nach Maßgabe des Krankenversicherungsrechts deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit voraus. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 7. Wahlperiode Drucksache 7/72 5 6. Wie schätzt die Landesregierung die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen der Telemedizin ein? a) Was würde sich bei einem landesweiten Ausbau für die Patienten verbessern? b) Was kann Telemedizin nicht leisten? Zu 6 und a) Der Ausbau der Telemedizin kann gerade für ein dünn besiedeltes Flächenland wie Mecklenburg -Vorpommern, das besonders vom demographischen Wandel betroffen ist, dazu beitragen, die Gesundheitsversorgung flächendeckend zu sichern und weiter zu entwickeln. Vorrangige Einsatzgebiete sind das Hinzuziehen von Spezialisten bei der Beurteilung von Krankheitsbildern sowie die Überwachung des Gesundheitszustandes von chronisch kranken Patienten oder Patientinnen über Telemonitoring. Auch mit der vorgesehenen Online-Videosprechstunde oder mit dem im kommunalen Rettungsdienst vorgesehenen Telenotarzt können vorhandene ärztliche Kapazitäten besser genutzt und Wege- sowie Wartezeiten für die Beteiligten verkürzt werden. Zu b) Telemedizin kommt in den Bereichen nicht zur Anwendung, in denen ein unmittelbarer Arzt- Patienten-Kontakt unerlässlich ist. Nach der ärztlichen Berufsordnung ist zudem bei telemedizinischen Anwendungen zu gewährleisten, dass der Patient oder die Patientin (außer in Notfällen) daneben auch unmittelbar behandelt wird. Telemedizin ist daher eher unterstützend als ersetzend zu sehen.